3751/J XXI.GP

Eingelangt am: 17.04.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Helmut Dietachmayr

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend notwendige Verbesserungen für Zivildiener

Mit der im Juni 2000 in Kraft getretenen Zivildienst-Novelle war der Verpflegungsanspruch
der Zivildiener (ATS 155 pro Tag) über Nacht gestrichen worden. Gleichzeitig war das
monatliche Grundentgelt von 2358 auf 3648 ATS erhöht worden. Mit der Differenz, das
ergibt die inzwischen schon legendären ATS 43 am Tag, mussten sich die Zivildiener nun
ernähren. Etwa 200 Zivildiener sind damals gegen dieses Gesetz, das per 01.01.2001 durch
eine ebenso umstrittene zweite Novelle ersetzt wurde, vor den VfGH gezogen.
Am 06.12.2001 hat der Verfassungsgerichtshofs eine Entscheidung veröffentlicht, in der er
feststellte, dass Teile der Zivildienstgesetz-Novelle 2000 verfassungswidrig waren. Der VfGH
tat dies rückwirkend, da mit 01.01.2001 die ZDG-Novelle 2001 in Kraft trat und in dieser die
verfassungswidrigen Teile nicht mehr enthalten sind.

Es kann sich aber nur ein Bruchteil, der (ehemaligen) Zivildiener über ein verspätetes
Essensgeld freuen: Nur jene ca. 200 junge Männer, die geklagt haben, können
Rückforderungsansprüche an den Bund stellen. Der Rest, etwa 8 000 Männer, schaut durch
die Finger. Es wäre ein Akt der Gerechtigkeit, wenn alle Betroffenen schadlos gehalten
würden, sowie das Verpflegungschaos bereinigt würde. Es hat sich nun die Situation ergeben,
dass sich niemand (weder das Bundesministerium für Inneres, noch die Rechtsträger der
Einrichtungen) für die Rückvergütung der Differenz zuständig fühlt. Wir sind der Meinung,
dass jeder ZDL, der von dieser unsozialen Regelung betroffen war, diese Differenz
rückvergütet bekommen soll.

Es blieb das groteske Bild haften, dass sich Staatsbürger, die einen Pflichtdienst leisten
müssen, ihr tägliches Brot vor den Höchstgerichten erkämpfen müssen.

Zurück bleibt das Chaos, das die letzte Novelle hinterlassen hat. Seit 01.01.2001 liegt die
Verpflegung der Zivis- und zwar in unbestimmter Höhe - in den Händen der Einrichtungen.
Nach der geltenden Rechtslage müssen die Rechtsträger der Einrichtungen dafür Sorge
tragen, dass die Zivildienstleistenden angemessen verpflegt werden. Für diese angemessene
Verpflegung hat sich in OÖ eine Bandbreite von S 39,- (2,83 Euro) bis S 155,-- (l 1,26 Euro)
pro Tag ergeben. Wir sind der Meinung, dass dem Ausdruck “angemessen" ein zu breiter
Rahmen beigemessen werden kann.


Der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst und sollte daher auch dementsprechend behandelt
werden. Das heißt Verkürzung auf 8 Monate und entsprechende Bezahlung.
Eine echte moralische Lösung kann nur sein:  Gleichstellung der Zivildiener mit den
Präsenzdienern, d.h.: € 12,8 pro Tag.

Bedenklich ist auch die Privatisierung der Zivildienerzuweisung:

Die Zivildienstverwaltung wird seit 1. April nicht mehr vom Innenministerium, sondern vom
Roten Kreuz abgewickelt. Die ZivildienstverwaltungsGmbH ist eine hundertprozentige
Tochter des Roten Kreuzes. Eine Kontrolle alle Zivildiener-Zuteilungen durch das Rote Kreuz
ist eine klare Interessenkollision. Es kann nicht sein, dass jene Organisation künftig über die
Zuteilung der Zivildiener entscheidet, die selbst am meisten Zivildiener benötigt, dabei aber
die geringsten Gebühren bezahlt. Eine Privatisierung der Zivildienstverwaltung greift in den
Kernbereich der staatlichen Verwaltung ein. Sie ist deshalb verfassungsrechtlich höchst
bedenklich und ein Signal in die falsche Richtung: Man will ja auch keine private Baubehörde
oder Polizei haben.

Das Rote Kreuz profitiert nicht nur von der Arbeitskraft der Zivildiener, sondern auch vom
Bund: Pro zugewiesenem Zivildiener kassiert es monatlich als sogenannte
Blaulichtorganisation öS 6.000 (436,04 Euro) vom Bundesministerium für Inneres.

Weiters stellt sich das Problem des Datenschutzes, welche Daten z.B.: Strafregisterauszüge?
dieser privaten Einrichtung übermittelt werden sollen.

Außerdem muss sichergestellt werden, dass sich das Unternehmen - welches in großem
Ausmaß Zivildiener einsetzt - selber nicht bevorzugt.

Auch betreffend der Wahl der Vertrauensmänner sind Verbesserungen wünschenswert:
Derzeit darf erst ab 5 ZDL pro Einrichtung ein Vertrauensmann gewählt werden. Aus
Gründen der Demokratie wäre eine Wahl ab 3 ZDL wünschenswert.

Betreffend der Wohnkostenbeihilfe wird von den Zivildienern eine objektbezogene Förderung

vorgeschlagen:

Es sollte das Objekt (Wohnung) und nicht das Subjekt (Mieter) gefördert werden. Der

Vermieter sollte vom BMI jene Miete bekommen, die ihm der ZDL entrichten müsste.

Entgegen den Ankündigungen des raschen Abbaus von Zivildienern, die sich in der
“Warteschleife" befinden, warten noch immer tausende Zivildienstverpflichtete auf eine
Zuweisung. Aus diesen Gründen fordert die SPÖ eine Verkürzung des Zivildienstes auf acht
Monate, finanzielle Gleichstellung mit den Präsenzdienern sowie keine Privatisierung der
ZiviIdiener-Zuweisungen.
Überlegenswert ist auch, ob die Angelegenheit des Zivildienstes überhaupt im


Kompetenzbereich des Innenministeriums verbleiben sollte. In anderen Staaten ist der
Zivildienst nicht im Bereich des Innenministeriums, sondern im Bereich des
Sozialministeriums angesiedelt, was angesichts der sozialen Tätigkeit der Zivildiener auch
logischer wäre.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für
Inneres nachstehende

Anfrage

1.    Wird das Bundesministerium für Inneres den Zivildienern, die gegen die legendäre 43
Schilling-Regelung vor dem Verfassungsgerichtshof geklagt haben, das vorenthaltene
Geld auszahlen?
a.   Falls ja, ab wann?
b.   Falls nein, warum nicht?

2.    Sind Sie bereit, auch den ca. 8 000 betroffenen jungen Männern, die auch von dieser 43
Schilling-Regelung betroffen waren aber nicht geklagt haben, den entgangenen Betrag zu
bezahlen?

a. Falls nein, warum nicht?
b. Falls ja, ab wann?

3.    Wie hoch wäre die vom Bundesministerium für Inneres zu leistende Summe, falls man
allen Betroffenen der 43-Schilling Regelung (auch jenen, die nicht geklagt haben) eine
entsprechende finanzielle Vergütung zukommen lassen würde?

4.    Ab welchen Betrag ist Ihrer Meinung nach eine “angemessene Verpflegung" möglich?

5.    Stehen Sie dazu, dass der Zivildienst ein “Wehrersatzdienst" ist und daher auch gleiche
Rahmenbedingungen herrschen sollten?

6.    Falls ja, warum sind Sie gegen eine Verkürzung des Zivildienstes auf 8 Monate (obwohl
sie das auch schon selber einmal gefordert haben)?

7.    Wie stehen Sie zur Forderung der Zivildiener, dass entsprechend einer Gleichstellung mit
den Präsenzdienern zur Verpflegung pro Tag € 12,8,-- zur Verfügung stehen sollten?

8.    Welche Kriterien waren für die Übertragung der Zivildienstverwaltung an das Rote Kreuz
und gegen die übrigen Mitbewerber ausschlaggebend?


9.    Welche konkreten Daten der Zivildienstpflichtigen werden an die private
Zivildienstverwaltung weitergegeben?

10. Wie wollen Sie garantieren, dass durch die Weitergabe von Daten an diese private
Organisation der Datenschutz gewährleistet bleibt?

11. Wie wollen Sie ausschließen, dass das Rote Kreuz sich selbst - bei der Zuteilung der
Zivildiener - nicht bevorzugt bzw. eine Art “Freunderlwirtschaft" bei der Zuteilung
eintritt (z.B.: jene Personen werden bevorzugt, deren Eltern oder Geschwister beim Roten
Kreuz als “Freiwillige" tätig sind)?

12. Wie hoch sind die Verwaltungskosten die pro Zivildiener angesetzt werden?

13. Wo wird gespart, wenn mit den veranschlagten Verwaltungskosten pro Zivildiener das
Auslangen nicht gefunden werden kann?

14. Warum sind Sie der Meinung, dass die Privatisierung der Zivildienstverwaltung nicht in
den Kernbereich der staatlichen Verwaltung eingreift?

15. Werden Sie der Forderung der Zivildiener nachkommen, dass künftig eine
Vertrauensmännerwahl ab 3 Zivildienstleistende erfolgen soll?
a. Falls nein, warum nicht?

16. Halten Sie den derzeitigen Zustand für zufriedenstellend, dass im Falle, dass der
Rechtsträger der “angemessenen Verpflegung" nicht nachkommt, der Zivildiener vor
dem Bezirksgericht seine “angemessene Verpflegung" einklagen muss?
a. Falls ja, warum?
b. Falls nein, welche Verbesserungen werden Sie diesbezüglich veranlassen?

17.  Was werden Sie dagegen unternehmen, dass es bei der “angemessenen Verpflegung" eine
Bandbreite von 40-150 Schilling pro Tag gibt, obwohl der VfGH eine Untergrenze von
ATS 155 pro Tag als “angemessene Verpflegung" vorsieht?

18. Welche Schritte werden Sie unternehmen, damit die lausenden Zivildienstpflichtigen, die
sich noch immer in der “Warteschleife" befinden, möglichst rasch “abgebaut" werden?

19. Würden Sie einer Übertragung der Kompetenz “Zivildienstwesen" in den Bereich des
Sozialministeriums befürworten?
a. Falls nein, warum nicht?

c. In welchen Staaten der EU ist das Zivildienstwesen im Bereich des Sozialministeriums
angesiedelt?

20. Wie stehen Sie zum Vorschlag der Zivildiener betreffen der Wohnkostenbeihilfe?


21. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass den Zivildienern und den Präsenzdienern, die
während ihres Dienstes Prüfungen ablegen, die Studiengebühren erlassen werden?
Falls nein, warum nicht?

22. Werden Sie die im Juni 2000 gegründete “ZiviTROIKA" als offizielle
Interessenvertretung aller Zivildiener anerkennen?
Falls nein, warum nicht?

23. Werden Sie die Blaulichtprämie insofern erweitern, dass auch jenen

Trägerorganisationen, die sich der Arbeit mit behinderten Menschen widmen, dasselbe
Zivildienstgeld ausgezahlt wird, wie jenen Organisationen, die im Rettungswesen und in
der Katastrophenhilfe tätig sind?
Falls nein, warum nicht?