3767/J XXI.GP
Eingelangt am: 18.04.2002
ANFRAGE
der
Abgeordneten DI Dr. Keppelmüller, Gartlehner
und
GenossInnen
an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft
betreffend
den Entwurf einer Verordnung über Verbote und Beschränkungen
teilflu-
orierter
und vollfluorierte Kohlenwasserstoffe sowie von Schwefelhexafluorid
(HFKW-, FKW-SF6-V) im Hinblick auf österreichische Aspekte
Im Rahmen einer Nationalen Strategie
zur Erreichung des Kyoto-Ziels sollen ua Emis-
sionen der im Kyoto-Protokoll
aufgelisteten Industriegase HFKW (teilfluorierte Koh-
lenwasserstoffe), FKW (vollfluorierte
Kohlenwasserstoffe) sowie Schwefelhexaflourid
(SF(,) bis 2010 reduziert werden.
Im
Rahmen der geplanten Maßnahmen des Bundes zur Erreichung des Kyoto-Ziels
wurde 23. Jänner 2002 der Entwurf der
Verordnung über Verbote und Beschränkungen
teilfluorierter und voll fluoriert er Kohlenwasserstoffe sowie von
Schwefelhexafluorid
(HFKW-, FKW-SF6-V) gemäß der Richtlinie 98/34/EG unter
der Notifizierungsnum-
mer 2002/0037/A der europäischen
Kommission notifiziert. Die Europäische Kommis-
sion und die Mitgliedsstaaten haben die Möglichkeit, zu diesem Entwurf bis
24.4.2002
Stellung zu nehmen. Der Verordnungsentwurf sieht ua vor, dass die Verwendung
und
das Inverkehrsetzen von HFKW, FKW
und SF6 generell verboten werden, soweit nicht
Sonderbestimmungen oder Ausnahmen des
Verordnungsentwurfes greifen. Für die ver-
schiedenen Anwendungsbereiche von
HFKWs werden allerdings unterschiedliche Re-
gelungen, Ausnahmebestimmungen und
Übergangsfristen vorgesehen. § 8 des Verord-
nungsentwurfs behandelt ua die Verwendung von HFKWs und FKWs als Mittel
zur
Brandbekämpfung
(Feuerlöschmittel). Ausgenommen von dem Verbot ist nach
§ 8 Abs 4 die Verwendung von HFKWs zur Befüllung von Anlagen,
deren Errichtung
zum Schutz der Gesundheit von Menschen zwingend erforderlich ist, wenn dieser
Schutz nach dem Stand der Technik
durch die Verwendung anderer Löschmittel oder
anderer
Technologien in Verwendung mit anderen brandschutztechnischen Maßnahmen
nicht
erreicht werden kann. Diese Voraussetzungen sind durch ein Gutachten dem Lan-
deshauptmann
nachzuweisen.
Im Rahmen der Notifizierung hat
Österreich in den Erläuternden Bemerkungen zur ge-
planten
Verordnung sowie in den beigelegten Dokumenten darauf verwiesen, dass es
für
den
Einsatz von HFKWs als Feuerlöschmittel geeignete Alternativen gäbe.
Diese Be-
hauptungen
stützen sich offensichtlich auf die vom damaligen Bundesministerium
für
Umwelt,
Jugend und Familie geförderte und in den Materialien zitierte FKW-
Löschgasstudie der
ECO-Efficient Technologies & Training Forschungs GmbH. Wir
wurden darüber informiert, dass
bezüglich dieser Studie mehrere Gerichtsverfahren an-
hängig sind: Vom HG Wien (GZ 17 Cg 40/01 s) wurde in einer
einstweiligen Verfü-
gung (nicht rechtskräftig)
ausgesprochen, dass die Kernaussage der Studie, der Einsatz
fluorierter Löschmittel sei aufgrund vorhandener Alternativen nicht
mehr notwendig,
unrichtig ist. Mit Beschluss vom 5.2.2002 hat das OLG Wien als Rekursgericht
(GZ 2 R 197/01 g) mit ähnlicher
Begründung der Soltec Systemtechnik Ges.m.b.H. (ei-
ner Brandschutzfirma, die Aerosole anbietet) u.a. verboten, diverse
Aussagen in der
FKW-Löschgasstudie zu behaupten oder
in welcher Form immer (auch über Internet) zu
verbreiten; der ordentliche Revisionsrekurs wurde nicht zugelassen.
Die tatsächliche Menge der HFKWs, die als
Feuerlöschmittel in Löschmittelbehältern
umweltfreundlich gelagert
werden, ist minimal und leistet, da davon nur ein Bruchteil
tatsächlich emittiert wird,
nämlich wenn es brennt, nur einen geringen Beitrag zur öster-
reichischen oder globalen Emission
klimawirksamer Gase. . Wo Feuerlöschmittel zum
Einsatz gelangen, ist notwendigerweise der Schutz menschlichen Lebens
und/oder
wertvoller Sachgüter erforderlich..
Würden HFKWs verboten werden, gäbe es einige
Anwendungsbereiche, in denen Feuer überhaupt nicht oder nicht rasch
genug (zB
brennbare Flüssigkeiten) gelöscht
werden könnten, was zu einer Bedrohung für Men-
schen und wertvolle Sachgüter (historische Bibliotheken, Computeranlagen,
Spezial-
fahrzeuge, Eisenbahnen etc)
führt.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten aus tiefer Sorge an den Bundesminister
für
Land-
und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft nachstehende
ANFRAGE:
1. Ist Ihnen bekannt,
dass sich zahlreiche namhafte Experten aus den Gebieten Brand-
schutz,
Geophysik, Astrophysik, Medizin, Toxikologie - aus unterschiedlichen Ge-
sichtspunkten
(Wirksamkeit als Löschmittel, keine Auswirkungen auf den Treibhau-
seffekt, medizinische Bedenken gegen Alternativen, etc) - ablehnend zum
geplanten
Verbot
von HFKW als Löschmittel geäußert haben?
2. Wie ist bei
Erlass der Verordnung gewährleistet, dass bei Wegfall hochwirksamer
gasförmiger
Löschmittel in allen Anwendungsbereichen, wo gasförmige
Löschmittel
zum
Einsatz kommen sollen, menschliches Leben, Gesundheit sowie wertvolle
Sachgüter
nicht gefährdet werden und wie ist weiters sichergestellt, dass
österreichi-
schen Unternehmen, nämlich sowohl Anlagenherstellern als auch deren
Kunden, der
öffentlichen
Hand und der Öffentlichkeit nicht Schäden in Millionenhöhe
entstehen?
3. Da in bestimmten Bereichen keine
ausreichenden Alternativen für HFKWs als
Löschmittel vorliegen bzw nicht von
Ihrem Ministerium dargelegt wurden, wie kann
sich der Verordnungsentwurf auf
§ 17 ChemG als Rechtsgrundlage und Ermächti-
gungsnorm stützen?
4. Was werden
Sie gegen das System der Verbote und Ausnahmen unternehmen, das
generell
und in sich unsachlich ist und rechtswidrige, den verfassungsrechtlichen
Gleichheitsgrundsatz verletzende Differenzierungen vornimmt? Wie rechtfertigen
Sie,
dass vom Verbot vorgesehene Ausnahmen im Bereich der Löschmittel wesent-
lich
restriktiver sind (z.B. erforderliches Gutachten) als in anderen Bereichen
(z.B.
Kühl-,
Lösungsmittel), wo lediglich gelockerte Verbote und umfangreiche Ausnah-
men
greifen - dies, obwohl in diesen Bereichen weitaus mehr Emissionen
tatsächlich
stattfinden?
Wie erfolgte die Überprüfung, ob das vorliegende System von Verboten
und
Ausnahmen in Österreich verfassungskonform ist?
5. Wie soll das in der Ausnahmebestimmung
des § 8 Abs 4 des Verordnungsentwurfes
vorgesehene Gutachten an den Landesmann erbracht werden? Wer wird die Kosten
hierfür zu tragen haben und wie soll
ein derartiges Gutachten vom Landeshauptmann
auf seine inhaltliche und fachliche Richtigkeit überprüft
werden?
6. Ist Ihnen bekannt, dass
Österreich entgegen den Bestrebungen innerhalb der Euro-
päischen Kommission eine Verordnung im Alleingang erlassen will, obwohl
bereits
entsprechende Rechtsetzungsvorhaben von der Kommission in Angriff genommen
wurden und der österreichische Entwurf weit über alle geltenden oder
auch nur ge-
planten europäischen Standards hinaus
geht?
7. Wie beurteilen Sie den
Verordnungsentwurf unter dem Aspekt des Deregulierungs-
auftrags (Art 1 § 1 des Deregulierungsgesetzes 2001, BGBl I 151/2001), wonach bei
der Vorbereitung der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft
darauf zu achten ist, dass vorgegebene Standards nicht ohne Grund
übererfüllt wer-
den?
8. Wie rechtfertigen Sie die
Aussagen von Mitarbeitern Ihres Ministeriums zur angeb-
lich nicht vorhandenen Bedeutung der FKW-Löschgasstudie für den
Verordnungs-
entwurf, obwohl die von Österreich im Rahmen der Notifizierung vorgelegte
Beila-
ge ./4 (Studie der Umweltbundesamt-GmbH “Abschätzung der
tatsächlichen und
potentiellen treibhauswirksamen Emissionen von HFKW, FKW, SF^)
ausdrücklich
(Seiten 56 und 63) zur Frage der HFKW-Löschgase und deren Alternativen auf
die
FKW-Löschgasstudie verweist und sonst
keine Unterlagen über die angeblich vorlie-
genden Alternativen angeführt oder vorgelegt werden? Was werden Sie
unterneh-
men, damit die in großen Teilen als unrichtig beurteilte Studie nicht
länger als
Grundlage für den Verordnungsentwurf verwendet wird? Werden Sie dafür
sorgen,
dass sämtliche von Ihrem Ministerium verteilten Exemplare eingezogen und
nicht
länger verteilt werden bzw nicht länger als Grundlage für
Auskünfte an die ratsu-
chende Bevölkerung herangezogen werden?