3774/J XXI.GP

Eingelangt am: 18.04.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Ulli Sima

und GenossInnen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend der Umsetzung der EU-Biopatent-Richtlinie “zum Schutz biotechnologischer

Erfindungen" in Österreich

Nach der Empfehlung der Bioethik-Kommission der Bundesregierung zur Umsetzung der
europaweit heftig umstrittenen EU-Biopatentrichtlinie 98/44/EG deutet vieles daraufhin, dass
im Wirtschaftsausschuss Ende Mai tatsächlich ein Beschluss zur Umsetzung in Österreich
gefällt werden sollte. Die “Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen" wurde am 6. Juli 1998 nach
über zehnjährig heftig geführten Debatten verabschiedet. Aufgrund der massiven Proteste
wurde sie bisher erst in zehn der 15 EU-Mitgliedstaaten umgesetzt. Auch in Österreich liegt
sie seit zwei Jahren auf Eis, während die ÖVP nun “Beruhigungspillen" verteilt und
behauptet, Patente auf Leben seien nach einer Umsetzung nicht möglich, kommen von der
FPÖ widersprüchliche Aussagen.

Laut Regierungsvorlage kann alles “das genetische Informationen enthält und sich selbst
reproduzieren kann",
als biologisches Material definiert und patentiert werden. Somit sind
Patente auf Gene, Organe, Tiere und Pflanzen problemlos möglich. Der Passus “auch wenn es
in der Natur schon vorhanden war" gibt einen klaren Einblick in die Intention der
Gesetzesvorlage. Diese Richtlinie schafft ganz klar die Basis für Patente auf Leben. Der
Patentinhaber erhebt “Besitzansprüche" auf etwas, das es seit Millionen Jahren gibt, das
niemand erfinden oder technisch herstellen kann: auf das Leben. Die österreichische
Regierungsvorlage enthält jede Menge Schlupflöcher und birgt zahlreiche Widersprüche in
sich. Die Richtlinie darf in Österreich keinesfalls umgesetzt werden. Die Bundesregierung
muss sich - ähnlich wie Luxemburg - umgehend für eine Neuverhandlung auf EU-Ebene
einsetzen.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie nachstehende

Anfrage:

1)   Sind Sie für die Umsetzung der genannten Bio-Patentrichtlinie in Österreich?

2)  Falls ja, können Sie verantworten, damit der Erteilung von Patenten auf Leben Tür
und Tor zu öffnen?

3)   Sehen Sie Widersprüche in der jetzigen Regierungsvorlage?

4)  Warum wurden Teile des menschlichen Körpers in allen Formen explizit als

patentierbar festgelegt, um wenige Absätze weiter, den menschlichen Körper als nicht
patentierbar einzustufen?


5)  Warum wird in der Regierungsvorlage die Patentierung von Embryonen im Bereich
der wissenschaftlichen Forschung nicht explizit untersagt?

6)  Halten Sie es für verantwortbar, dass somit Verfahren zur Diagnose oder Therapie an
menschlichen Embryonen patentiert werden können?

7)   Können Sie verantworten, dass mit einer Umsetzung der Richtlinie weitgefasste
Pauschal-Patente bei Pflanzen und Tieren erteilt werden?

8)  Halten Sie es für verantwortbar, dass Tiere und Pflanzen patentierbar sind, wenn der
Patentanspruch auf mehrere Tierrassen oder Pflanzensorten angemeldet ist?

9)  Sehen Sie nicht die Gefahr der Abhängigkeit der Bauern, die mit dem Kauf von
patentgeschütztem Saatgut lediglich das Recht erwerben, das Saatgut anzubauen,
während das Saatgut selbst stets im Eigentum des Patent-Inhabers bleibt?

10) Wie reagieren Sie auf Kritik von kirchlicher Seite und auf jene von Seiten der
österreichischen als auch deutschen Ärztekammer, die sich gegen eine Umsetzung
aussprechen?

11) Sehen Sie die Gefahr von Behinderung der Forschung und Verteuerung von
Medikamenten durch Patente?

12) Werden Sie sich für eine Neuverhandlung der Richtlinie auf EU-Ebene einsetzen?

13) Haben Sie schon Gespräche mit Regierungsvertretern anderer EU-Länder in dieser
Angelegenheit geführt?

14) Wenn ja, mit wem und mit welchen Inhalt?

15) Haben Sie Österreichs Bedenken gegen diese Richtlinie auf EU-Ebene schon
deponiert?

16) Falls ja, wann und in welchem Rahmen?

17) Falls nein, warum nicht?