3871/J XXI.GP
Eingelangt am: 08.05.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Gradwohl
und GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend den Kompensationsgeschäfte beim Ankauf von Abfangjägern
Das Gesamtbudget für die Landesverteidigung beträgt rund 1,75 Mia. Euro (24 Mia. ATS).
Die Personalausgaben liegen bei rd. 60 Prozent (rund 1,05 Mia. Euro [14,4 Mia. ATS]).
Die Vorbelastungen des Budgetkapitels 40 (Militärische Angelegenheiten) betragen - nach Auskunft des
Rechnungshofpräsidenten (26.4.02) - aktuell (2001) rd. 727 Mio. Euro (10 Mia. ATS).
DAS SIND rd. 42 % DES VERTEIDIGUNGSBUDGETS! Wenn nun die Abfangjäger tatsächlich um
1,82 Mia. Euro angekauft werden, steigen die Vorbelastungen daher auf 2, 55 Mia Euro (35 Mia ATS).
DAS SIND rd. 146 % DES VERTEIDIGUNGSBUDGETS!!!!!!!!!!
Das
heißt im Klartext, dass es durch den Ankauf von Abfangjägern keinen
Spielraum für wirklich
notwendige
Beschaffungen im Bereich des Bundesheeres gibt.
Auf der einen Seite
wird unter dem Deckmantel “Null-Defizit" ein radikaler Sozialabbau
durchgeführt auf
der
anderen Seite sollen für Rüstungsausgaben enorme Schulen in die
Zukunft gemacht werden, daher
lehnen
75 Prozent der österreichischen Bevölkerung diese Vorgangsweise ab.
Als wesentliches
Argument für die Beschaffung von Abfangjägern werden von den
Regierungsparteien
immer
wieder die Kompensationsgeschäfte genannt.
Von
maßgeblichen Ökonomen wird diese “VODOO-Ökonomie"
kritisiert. Unter anderem war in der
Tageszeitung
"Die Presse" vom 04.03.2002 zu lesen:
Apropos Gegengeschäfte: Deren praktische
Bedeutung im Beschaffungsvorgang ist zunächst nicht
sehr groß. Denn das Verteidigungsministerium ermittelt den Bestbieter
ohne Berücksichtigung der
Gegengeschäfte aus militärischer Sicht. Erst wenn Angebote in der
Bewertung sehr nahe aneinander
liegen, entscheiden Quantität und
Qualität des Off-Set-Bereichs, also der Geschäfte,
Kooperationen und Beteiligungsangebote.
Von Ökonomen wird die Praxis derartiger
Tauschgeschäfte höchst kritisch beäugt. Von "Vodoo-
Ökonoaie" - aus einen Eüro auf
der Ausgabenseite werden plötzlich zwei Euro auf der
Einnahmenseite - bis hin zur
Freunderlwirtschaft im öffentlichen Bereich oder gar
Parteienfinanzierung ist da die Rede.
Für Helmut Kramer, Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), sind
Kompentationsgeschäfte nur dann tragbar, wenn sie den Absatz
österreichischer Produkte ankurbeln,
für die es keinen funktionierenden Markt gibt. Als Beispiel nennt er die
Rüstungs- und
Luftfahrtindustrie...........................
Überprüfung ist schwierig
Das Problem bei derartigen Transaktionen
liegt insbesondere in der Ex-post- Betrachtung. Ein im
Wirtschaftsministerium eingerichteter Beirat
soll sicherstellen, daß Geschäfte, die auch ohne
Flugzeugkauf über die Bühne gingen, nicht plötzlich zu den
Kompensationen gezählt werden. Ob
diese Trennung in der Praxis exakt
vorzunehmen sind, bleibt offen.
Sogar der Leiter des
industriewissenschaftlichen Institutes (IWI) der Industriellen Vereinigung,
Werner
Clement,
der die so genannte “Volkswirtschaftliche Evaluierung eines
exemplarischen Gripen-Offsetpakets,
am 13.
Juni 2000 durchgeführt hat, kommt in einem Artikel in der Tageszeitung
“Der Standard" zu
folgender
Erkenntnis:
"Der Standard" vom 02.04.2002 Wettbewerbsvorteile durch Abfangjäger? Werner Clemens *
Kompensationsgeschäfte
sind also zwar nicht
"gratis", denn sie erhöhen in
irgendeiner
Form den
Angebotspreis; trotzdem sollte der Nutzen aus diesen Geschäften
für die nationale
Regierung die von den Anbietern zu tragenden Zusatzkosten
übersteigen, sodass Vorteile für beide
Vertragspartner entstehen. Die Voraussetzung ist
allerdings, dass bindende Verträge geschlossen
werden und ein hoch professionelles Controlling die über
die nächsten zwei Jahrzehnte begleitet.
Das
Ausmaß und die Qualität der bisher angebotenen Offset-Geschäfte
erregte sogar den Generalsekretär der
Industriellenvereinigung.
In der "Neue Kronen-Zeitung" vom 20.04.2002 war zu lesen:
Die Abfangjäger-Gegengeschäfte entpuppen sich vorerst als Flop
Befürchtungen bewahrheiten sich Scheibner dennoch für Kauf
Wien. - Jetzt gibt es eine quasi offizielle Bestätigung, dass die hoch gepriesenen
Abfangjägergeschäfte vorerst noch ein Flop sind. Lorenz Fritz, Generalsekretär der
Projekte, diese seien aber von der Qualität her noch ungenügend.
Was den Industriellen-General stört, ist vor allem dass von den angepeilten Projekten eines
Technologietransfers in Richtung Österreich, der im Rahmen der Gegengeschäfte angestrebt wird,
noch nicht genügend zu sehen ist
In der Meldung Nr. 399 APA WI vom 2002-04-19 13:59:02 ist festgehalten:
Abfangjäger: Schweden-Begeisterung über Kompensationen eher gebremst
Utl.: "Gegengeschäfte müssen auf eigenen Beinen stehen können und sollen nicht nur durch Gripen-
Kauf zustande kommen" =
.................. "Bin Gegengeschäft muss auf eigenen Beinen stehen können. Nur wegen des
Gripen-Kaufes alleine sollte es nicht zustande kommen." Beide Seiten müssten etwas davon haben",
so Freimann, und es sollte über einen längeren Zeitraum - etwa 15
Jahre - abgewickelt werden.
................. "Wir wollen das Geschäft auf jeden Fall machen und haben auch alle möglichen
und unmöglichen Varianten diskutiert, aber man muss auch bedenken: Mit
jeden Transfer von Wissen
und Arbeit besteht auch die Möglichkeit der Schwächung der eigenen
Position." Die schwedische
Wirtschaft und Politik müssten es verantworten, wenn eine Kooperation Jobs
kosten würde. Carr:
"Alle Partner müssten bei dem Geschäft profitieren."
Die Idee des Luft- und Raumfahrtclusters, der rund um die Fliegerwerft
des Bundesheeres in
Zeltweg entstehen soll, ist den schwedischen und britischen Verantwortlichen
bei Gripen, Saab und
Volvo nicht besonders geläufig
...................
In der Meldung Nr. 434 APA WI vom 2002-04-23 14:01:00 ist festgehalten:
Abfangjäger: Eurofighter lockt mit Großauftrag für FACC
................."Gegengeschäfte können nur der Türöffner sein. Der Erfolg muss sich dann beim
Unternehmen selbst einstellen", so Stephan grundsätzlich zu
den Möglichkeiten des Offset. "Man
wird keine Aufträge vergeben, die nicht wettbewerbsfähig sind",
ergänzte auch EADS-Manager Moser.
.................Moser: Verwies auch auf Probleme mit den von Österreich gewünschten
Forschungskooperationen: Angesichts des relativ kleinen Volumens sei es
schwierig, nur mit
derartigen Projekten die geforderten 200 Prozent des Kaufpreises zu erreichen.
Zwischenzeitig wurde die Entscheidung für die Beschaffung von Abfangjägern verschoben
Am Dienstag, den 23.
April 2002, gaben in einem Hintergrundgespräch der Beschaffungsexperte
Herbert
Wagner
vom BMLV und der Leiter der Luftabteilung im Verteidigungsministerium,
Brigadier Erich Wolf,
folgende
Informationen an die Presse weiter:
1. Spätere Entscheidung:
Der kurzfristige Zeitplan
für die Entscheidung wurde nach hinten verschoben: Nun wird im Juni
2002
entschieden nicht wie vorgesehen, am 15 Mai. Im September 2002 soll der Vertrag
unter Dach und Fach
sein.
2. Neuer Zeitplan mit strafferen Lieferfristen:
Nach den neuen Vorgaben, auf deren Basis die Bieter bis 30. April ihre Angebote überarbeiten, sollen nun
schon Mitte 2007 alle 24 Jets für die Luftraumüberwachung im Einsatz stehen (alter Plan 2010).
3.
"Uberbrückungslösung" sollen nun direkt bei einer Luftwaffe
Jets geliehen werden
Der ursprüngliche Zeitplan sah eine Übergangslösung
mit zwölf geleasten Jets vor.
Beschaffungsexperte Herbert Wagner BMLV:
Das europäische Eurofighter-Konsortium hätte mangels einer Zwischenlösung im ersten Angebot eigentlich
aus dem Wettbewerb ausgeschieden werden müssen, räumte Wagner ein
Die Zwischenlösung hätte alleine beim "Gripen " rund eine halbe Milliarde Euro ausgemacht (rund 7
Milliarden Schilling!!!!).
Diese Jets sollen in Zeltweg stationiert werden.
Piloten, Techniker und Bodenpersonal sollen erste Erfahrungen mit dem neuen Gerät sammeln können.
Wie lange man diese Leih-Jets brauchen werde, sei auch von den endgültigen Lieferplänen abhängig und
könne daher noch nicht angegeben werden.
4. Eurofighter ist der Ansicht, dass Österreich nicht 24 Jets braucht!!!!!
Die vom Eurofighter-Konsortium angedachte Variante, angesichts der Leistungsfähigkeit könnte
Österreich mit weniger Jets das Auslangen finden, ist für den Brigadier daher nicht denkbar.
5. Weitere Option:
Die Ergänzung der Abfangjäger-Flotte um sechs zweisitzige Jets.
Für die so genannte "Luftraumsicherung" (taktische Aufgaben, aber auch für die Führung eines Verbundes
ein zweiter Mann im Cockpit benötigt).
Diese Maschinen würde das Bundesheer gerne auch für internationale Einsätze anmelden.
6. Lenkwaffen
Selbst bei der Luftraumüberwachung gebe es keine Garantie, dass es nicht zu einem Luftkampf kommen
würde. Und dafür seien
sehr schnell auch weit reichende Lenkwaffen nötig. Dazu komme, dass es
wichtig
sei, ein Waffensystem zumindest im kleinen Ausmaß zu betreiben, um im
Bedarfsfall den Umfang schnell
erweitern zu können. Denn es seien mehrere Jahre nötig, um die Waffen
wirklich zu beherrschen.
Nicht nur die
VODOO-Gegengeschäfte sondern auch der sinnvolle Einsatz von
Abfangjägern wird von
ExpertInnen aus dem Verteidigungsressort bezweifelt. Wie in der Tageszeitung "Kurier"
vom 20.04.2002 zu
lesen
war:
Abfangen in der Luft kaum möglich
"Wenn ein Pilot in Stadtnahe von seiner
Flugroute abweicht, um absichtlich in ein Hochhaus zu
fliegen, ist es nicht mehr möglich, ihn abzufangen", erklärt ein Sprecher des
Verteidigungsministeriums in Wien, der nicht namentlich genannt werden
will. "Dm einen effektiven
Schutz vor solchen Attacken zu gewährleisten, müssten permanent Abfangjäger über einer Stadt
kreisen, wie es bis vor kurzem über den US-Großstädten
der Fall war."
Schlägt die Flugsicherung Alarm, weil eine Maschine vom vorgegebenen Kurs
abweicht, dauert es
in Österreich zwischen 5 und 7 Minuten, bis ein Draken
in der Luft ist. Selbst wenn es sich
zeitlich ausgeht, einen potenziellen
Selbstmordattentäter mit Hilfe eines Abfangjägers
noch zu
erreichen, bleibt das Problem eines Abschusses über
dicht besiedeltem Gebiet.
Nach dem Finanzminister Grasser in der Meldung Nr. 132 APA II von 6. April 2002 sagte:
“Zu erst müssen die Damen und Herren die Hosen runter lassen, dann wird man eine Entscheidung
treffen können", sagte Grasser in Sachen Abfangjäger.
..............."Aber als Finanzminister habe er die Aufgabe, jede Ausgabe auf ihre Sinnhaftigkeit
zu hinterfragen sowie Sparsamkeit sicher zu stellen. “Daher bin
ich jeder neuen Ausgabe gegenüber
Skeptisch", sagte Grasser - und: “Wenn wir entlasten wollen,
können wir nicht dauernd
Mehrausgaben erfinden. Daher passen solche
Beschaffungen nicht in mein Bild. *
stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Landesverteidigung folgende
Anfrage
1. Wie hoch ist der Wert der Gegengeschäfte, die auf
Betriebe in der Region Aichfeld- Murboden entfallen,
aufgeschlüsselt
nach Jahren und Wirtschaftszweigen?
2. Wie viele Arbeitsplätze werden auf Grund der
Gegengeschäfte in der Region Aichfeld- Murboden
geschaffen,
aufgeschlüsselt nach Jahren und Wirtschaftszweigen?
3. Welche Technologiefelder werden auf Grund der
Gegengeschäfte für die Region Aichfeld- Murboden
neu
erschlossen?
4. Wie viele Arbeitsplätze werden auf Grund dieser
“Technologie - Offsets" in der Region Aichfeld -
Murboden
geschaffen, aufgeschlüsselt nach Jahren und Wirtschaftszweigen?
5. Werden Sie dafür Sorge tragen, dass mindestens 10%
der gesamt Beschaffungssumme in “Offsets"
fließen und davon 50% in den ersten 5 Jahren des Kompensationszeitraumes
realisiert werden?
6. Wie hoch sind die Angebotsaufschläge auf Grund der geforderten mindest Kompensationssumme?
7. Wie hoch ist der Nettopreis ohne Kompensationsaufschläge?
8. Sind Sie bereit mit der Typenentscheidung auch eine
Lenkung der angeblichen Kompensationserträge in
die
durch Fluglärm und Abgase der Kampfjets am stärksten belastete Region
Aichfeld - Murboden
vorzunehmen?
9. Werden Sie dem Kauf nur dann zustimmen, wenn ein
großer Teil der angeblichen Kompensationserträge
auf die
durch Fluglärm und Abgase der Kampfjets am stärksten belastete Region
Aichfeld - Murboden
entfällt?