3892/J XXI.GP

Eingelangt am: 16.05.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten S i l h a v y


und GenossInnen

an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend Oberst des Bundesheeres oder einer Bürgerwehr?

In Graz hat mit 13.5.2002 eine selbst ernannte “Bürgerwehr" ihre bedenkliche Tätigkeit
aufgenommen. Träger dieser Bürgerwehr ist der Verein “Bürger für Schutz und Sicherheit".
Dessen Obmann, Helge Endres, ist zugleich Oberst des Österreichischen Bundesheeres.
Abgesehen von der Fragwürdigkeit dieser Doppelfunktion beging der Oberst einen
symbolträchtigen und skandalösen Faux-pas: Wie in zahlreichen Medien berichtet wurde,
trug er bei der Antrittspressekonferenz des Vereines seine Dienstuniform des
Österreichischen Bundesheeres.

Wie auf der Homepage des Bundesministeriums für Landesverteidigung nachzulesen ist,
lautet § 34 der Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer wie folgt:

“(1) An Veranstaltungen des Bundes, der Länder oder Gemeinden dürfen Abordnungen des Bundesheeres sowie
einzelne Soldaten in Uniform auf Einladung der Veranstalter teilnehmen oder mitwirken.

(2) An anderen Veranstaltungen dürfen Soldaten in Uniform mit Bewilligung des zuständigen
Militärkommandanten teilnehmen. Diese Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn die Veranstaltung keinen
parteipolitischen Charakter trägt und erwartet werden kann, daß sie einen solchen auch nicht durch die
Veranstalter erhält."

Die Pressekonferenz eines von der FPÖ ideell, personell und finanziell unterstützten
Vereines ist eindeutig als Veranstaltung, die einen parteipolitischen Charakter trägt, zu
interpretieren. Selbst wenn Oberst Endres um eine Genehmigung zum Tragen der Uniform
bei der Pressekonferenz angesucht hätte (laut einem Bericht auf
http://steiermark.orf.at hat
er das verabsäumt), wäre das Tragen der Uniform ein Verstoß gegen die Dienstvorschriften
gewesen.

Medienberichten zufolge hat Korpskommandant Alfred Plienegger erklärt, Endres (der auch
FPÖ-Gemeinderat sowie Mitglied der “Kameradschaft IV" ist) habe lediglich einen “Passus in
der Allgemeinen Dienstvorschrift missverstanden" und habe keinerlei Konsequenzen zu
befürchten. Der Oberst werde künftig bei Veranstaltungen der Bürgerwehr in Zivil auftreten.

Die   unterzeichneten   Abgeordneten   stellen   daher  an  den   Bundesminister für
Landesverteidigung folgende

Anfrage:


1. Welches Strafausmaß, ist für einen Verstoß gegen Paragraph 34 der Allgemeinen
Dienstvorschriften vorgesehen?

2.   Ist die Abhaltung einer Pressekonferenz, bei welcher der Verein “Bürger für Schutz und
Sicherheit" seine Bürgerwehrfunktionen vorstellte, eine Veranstaltung im Sinne des § 34
Abs. 1 oder Abs. 2 ADV (siehe Begründung der Anfrage)?

3. Hat Oberst Endres für die zitierte Pressekonferenz eine Bewilligung zum Tragen der
Uniform beantragt?

4.  Wenn nein: Was werden Sie unternehmen, um den Imageschaden, den das Bundesheer
hierdurch erlitten hat, gut zu machen?

5. Wieso gibt es keinerlei Konsequenzen für Oberst Helge Endres, obwohl er eindeutig
gegen die Dienstvorschrift verstoßen hat?

6. Teilen Sie die oben zitierte Ansicht von Korpskommandant Plienegger in dieser
Angelegenheit?

7. Welchen Passus der Allgemeinen Dienstvorschrift hat Oberst Endres It. seinem
Vorgesetzten missverstanden?

8.  Genügt das Missverstehen einer Dienstvorschrift, um Straffreiheit zu erlangen bzw. nicht
sanktioniert zu werden?

9.  Setzt sich das Österreichische Bundesheer und in weiterer Folge der Bundesminister für
Landesverteidigung mit dieser Entschuldigung des Rechtsbruchs nicht dem Vorwurf aus,
die jenseits des staatlichen Gewaltmonopols agierende “Bürgerwehr" besonders zu
begünstigen und in übergebührlichem Ausmaß zu schützen?

10. Ein Kommentar in der Tageszeitung “Die Presse" deutet Endres' Tragen der Uniform bei
der genannten Veranstaltung als “symbolisches Knabbern am Gewaltmonopol des
Staates", im Sinne eines ersten Schrittes zur Unterwanderung dieses Monopols. Wie
reagiert das Bundesheer auf diese Sichtweise?

11. Halten Sie die Position Endres' als Oberst des österreichischen Bundesheeres mit seiner
Funktion als Obmann des Vereins “Bürger für Schutz und Sicherheit" als Trägerverein
der Grazer “Bürgerwehr" für vereinbar, obwohl der Verein für seine demokratiepolitisch
bedenkliche Tätigkeit von unterschiedlicher Seite massiv kritisiert wird?

12. Hat das Österreichische Bundesheer ein Interesse daran, mit dem Verein “Bürger für
Schutz und Sicherheit" in Verbindung gebracht zu werden?