3904/J XXI.GP

Eingelangt am: 22.05.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Anton Leikam, Heinz Gradwohl und Genossen


an den Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer

betreffend den beabsichtigten Verkauf der Justizaußenstelle Rottenstein

in Kärnten

Nachdem Justizminister Böhmdorfer in Wien den Jugendgerichtshof aus
parteipolitischen Motiven liquidieren will, steht nun auch in Kärnten die
Justizaußenstelle Rottenstein in der Gemeinde St. Georgen am Längsee aus nicht
nachvollziehbaren Gründen vor der Schließung. Laut Aussagen des Justizministers,
bei einer Pressekonferenz in Kärnten im Beisein von Landeshauptmann Haider am 8.
Mai, besteht die feste Absicht die Justizaußenstelle Rottenstein zu schließen.
Rottenstein ist eine Justizaußenstelle, die von straffällig gewordenen Erwachsenen,
die zu nicht mehr als einem Jahr Freiheitsentzug verurteilt wurden, als
landwirtschaftlicher Betrieb geführt wird. Bis zu 50 Häftlinge werden hier von zehn
Beamten im sogenannten “gelockerten Strafvollzug" betreut. Die in Rottenstein
hergestellten landwirtschaftlichen Produkte finden sowohl in der Justizanstalt
Klagenfurt als auch in anderen österreichischen Justizanstalten Verwendung. Da
diese Form des humanen Strafvollzugs weit über die Grenzen Österreichs hinaus
große Beachtung findet, ist es sehr bedauerlich und sachlich völlig unverständlich,
dass der Justizminister diese vorbildliche Einrichtung als “nicht mehr zeitgemäß und
unrentabel" bezeichnet. Als “Geldverschwendung im großen Stil" ist höchstens die
jetzige Vorgangsweise des Justizministers zu bezeichnen, da in den Jahren 1993 bis
2001 aufgrund von langfristigen Überlegungen rund 140 Millionen Schilling aus
Steuermitteln in die Renovierung der Justizaußenstelle Rottenstein geflossen sind -
Steuermittel, die nun mit einem Schlag “vernichtet" würden. Da sich aus den
Umständen der begründete Verdacht ergibt, dass die Justizaußenstelle Rottenstein
weniger aus sachlichen, sondern vielmehr aus anderen - kaum nachvollziehbaren -
Gründung vor der Schließung steht, stellen die unterfertigten Abgeordneten an den
Bundesminister für Justiz nachstehende

ANFRAGE

1.)     Zahlreichen Medienberichten der letzten Tage und Woche ist zu entnehmen,
dass Sie die Justizaußenstelle Rottenstein schließen wollen, was sind die
Gründe für die beabsichtigte Schließung?

2.)     Seit wann sind Ihnen diese Gründe bekannt?

3.)     Die Schließungspläne bezüglich Rottenstein sind erstmals bei einer
Pressekonferenz am 8. Mai in Kärnten durch Sie publik gemacht worden.
Haben Sie vor dem 8. Mai die Justizaußenstelle Rottenstein persönlich
besucht, um sich vor Ort ein Bild von dieser Einrichtung zu machen?


4.)     Wie viele Schillinge bzw. Euro aus öffentlichen Geldern wurde in den letzten
sieben Jahren in Rottenstein investiert?

5.)     Hat es zum Zeitpunkt dieser Investitionen bereits Pläne gegeben die
Justizaußenstelle Rottenstein wegen “Unrentabilität" zu schließen?

6.)     Ist das Bestehen oder Nichtbestehen von Strafvollzugsanstalten In Österreich
primär von deren Wirtschaftlichkeit abhängig oder spielen auch andere
Interessen eine Rolle?

7.)     Welche Kriterien spielen bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit einer
Justizanstalt eine Rolle?

8.)     Welche Justizanstalten in Österreich erzielen Gewinne?

9.)     Wurde die Justizaußenstelle Rottenstein einer Wirtschaftlichkeitsstudie
unterzogen? Wenn ja, was hat diese ergeben, wer hat sie durchgeführt und
wer hat den Auftrag dazu gegeben?

10.)   Sind sie bereit die Wirtschaftlichkeitsstudie - so es eine solche überhaupt gibt
- dem Parlament vorzulegen?

11.)   Wie waren die landwirtschaftlichen Erträge der Justizaußenstelle Rottenstein
in den Jahren von 1995 bis 2001 getrennt nach den Produkten Milch,
Milchprodukten, Fleisch und Gemüse?

12.)   Wie viel öffentliche Mittel hätten aufgewendet werden müssen, um diese
Produkte am freien Markt zuzukaufen?

13.)    Wurde die Justizaußenstelle Rottenstein im Auftrag des Justizministeriums
bereits einer Schätzung unterzogen? Wenn ja, welchen Wert hat diese
Schätzung erbracht?

14.)   Aufgrund welcher Flächenwidmungen wurde die Schätzung der einzelnen
Teilflächen der Liegenschaft in Rottenstein durchgeführt und aus weichen
Teilbeträgen setzt sich das Schätzungsergebnis zusammen?

15.)   Gibt es bereits Interessenten, die die Liegenschaft Rottenstein erwerben
wollen? Wenn ja, wer sind diese Interessenten?

16.)   Wurde die Bundesimmobiliengesellschaft BIG von Ihnen beauftragt mit
potentiellen Käufern Verkaufsverhandlungen bezüglich Rottenstein zu führen?

17.)   Bis wann soll die Justizaußenstelle Rottenstein geschlossen werden?


18.)    Ist gewährleistet, dass die zehn von einer Schließung betroffenen
Justizwachebeamten in Rottenstein in der Justizanstalt Klagenfurt ihren
derzeitigen dienstrechtlichen Bewertungen entsprechende Arbeitsplätze
erhalten?

19.)   Halten Sie Strafvollzugsanstalten, die im gelockerten Strafvollzug geführt und
wo Häftlinge produktiv tätig werden, für zeitgemäß? Wenn nein, warum nicht?

20.)   Wie viele Freigänge gab es seit 1995 In der Justizanstalt Klagenfurt und wie
viele in der Justizaußenstelle Rottenstein?

21.)   Gibt es europaweit eine Tendenz zu vermehrten Freigängen? Wenn ja, in
welchem Ausmaß?

22.)    Wo in Klagenfurt soll das von Ihnen geplante Freigängerhaus errichtet werden
und wie viel öffentliche Mittel müssen für dieses Projekt investiert werden?

23.)   Ist es vorgesehen, dass in diesem Freigängerhaus in Klagenfurt die Häftlinge
auch produktiv tätig werden und so der öffentlichen Hand beträchtliche
Mehrkosten ersparen?