3933/J XXI.GP

Eingelangt am: 23.05.2002

DRINGLICHE ANFRAGE

gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer

und Genossinnen

an den Bundeskanzler

betreffend völliges Versagen der Bundesregierung in der Arbeitsmarktpolitik

40.000 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr und das Monat für Monat sollten für diese blau-
schwarze Regierung endlich ein Grund sein zu handeln. Ein großer Teil dieses
Arbeitslosenanstiegs ist hausgemacht. Das überfallsartige Hinaufsetzen des Pensionsalters
treibt so genannte Ältere in die Arbeitslosigkeit und versperrt den Zugang für die Jungen auf
den Arbeitsmarkt, der Aufnahmestopp des Bundes führte zu zusätzlichen Arbeitslosen, die
Belastungspakete der Regierung haben die Kaufkraft geschwächt und dadurch zu weniger
Nachfrage in vielen Wirtschaftsbereichen geführt.

Ende April 2002 lag die Zahl der unselbstständig Beschäftigten (ohne geringfügige
Beschäftigungsverhältnisse) mit 3,128.691 (Männer: 1,727.796; Frauen: 1,400.895) um
-1.410 (-0,05 Prozent) unter dem Vorjahreswert. Gleichzeitig waren in Österreich Ende April
231.167 Personen als arbeitslos vorgemerkt, das ist gegenüber Ende April des Vorjahres ein
Anstieg um 20,8 Prozent oder +39.776 Personen.

Diese Bundesregierung schweigt diese katastrophalen Zustände tot, anstatt etwas zu
unternehmen. Die Haider-Schüssel-Koalition hat die weltweite Rezession, die auch Österreich
in hohem Ausmaß betroffen hat, monatelang geleugnet und keinerlei Konzepte vorgelegt,
geschweige denn Gegenmaßnahmen eingeleitet. Im Gegenteil: Blau-schwarz hat die
Arbeitslosenversicherung ausgeräumt und verwendet die Überschüsse zum Stopfen ihrer
Budgetlöcher.

Die Arbeitslosenzahlen explodieren und was tut diese Regierung, sie will arbeitslose
Menschen noch stärker bestrafen. Diese Bundesregierung nimmt dem AMS in dieser
bedenklichen Situation Mittel weg. Es werden in den Jahren 2000 bis 2002 nahezu € 2,69
Mia. (37 Mia. Schilling) aus der Arbeitslosenversicherung abgeschöpft. Diese Eingriffe tragen
die Hauptschuld an der sich abzeichnenden dramatischen Budgetentwicklung im AMS.


Für 2001 ist der Abgang rund € 290,7 Mio. (4 Mia. Schilling) für das Jahr 2002 wird ein
Abgang von mehr als € 290,7 Mio. (4 Mia. Schilling) erwartet.

Obwohl die Arbeitsmarktrücklage für das Jahr 2001 mit € 109 Mio. (1,5 Mia. Schilling)
sofort verfügbaren Barmittel dotiert ist und die Arbeitslosenzahlen explodieren, will diese
Bundesregierung damit das Nulldefizit besichern und die Mittel für Arbeitsmarktprojekte
nicht erhöhen.

Damit werden sämtliche Spielräume für arbeitsmarktpolitisches Agieren aufgegeben. Die
Folge: Steigende Arbeitslosigkeit wird einfach in Kauf genommen, Arbeitslose werden für ihr
Schicksal selbst verantwortlich gemacht und wieder als arbeitsunwillige Ausnützer des
Sozialsystems diffamiert und bestraft. Sie wollen das AMS völlig privatisieren, die
Arbeitslosenversicherung und den Arbeitsmarkt finanziell auszuhungern, um dann den
Arbeitslosenversicherungsbeitrag für Unternehmer einseitig zu senken.

Es geht nicht an, dass diese Bundesregierung nichts für Wachstum und Beschäftigung tut,
aber sehr viel Geld für Abfangjäger und für Werbekampagnen verschwendet. 230.000
Arbeitslosen zahlen die Zeche für dieses Unvermögen!

Trotz der 230.000 Arbeitslosen klagen Österreichs Betriebe über Probleme, qualifizierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Auch der Fachkräftemangel in Österreichs
Wirtschaft macht das Versagen dieser Haider-Schüssel-Koalition in der Arbeitsmarktpolitik
deutlich. Die zentrale Herausforderung ist daher grundsätzlich die Höherqualifizierung der
Arbeitskräfte. Nur so ist die Diskrepanz zwischen bestehenden offenen Stellen und den
arbeitslosen Menschen in unserem Land zu verringern. In der Ausbildung liegt die Zukunft
auch für ältere Arbeitnehmer.

Die Regierung hat bereits im Vorjahr 32.000 Bewilligungen für Saisoniers erteilt, die Folge
war eine steigende Arbeitslosigkeit im Tourismus. Jetzt will die Regierung das
Saisoniermodell auf alle Branchen ausweiten. Das wird zu einem massiven
Verdrängungswettbewerb am Arbeitsmarkt führen und gefährdet tausende Arbeitsplätze. In
der Schweiz sind die negativen sozialen Auswirkungen des Saisoniermodells deutlich zu
sehen. Deshalb rückt die Schweiz bereits von diesem Modell ab. In Österreich will die
Regierung aber noch mehr Billigarbeitskräfte ins Land holen, weil die Wirtschaft das
verlangt.

Die Frauenarbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr um über 17 Prozent angestiegen.
Auch hier sieht die Bundesregierung untätig zu und nimmt vielen Frauen die
Zukunftsperspektive. Erst vor wenigen Tagen hat Bundeskanzler großmundig angekündigt,
die Frauenerwerbsquote bis 2005 auf 65 Prozent zu erhöhen und bezeichnete die Frauen als
die “Hoffnungschancen am österreichischen Arbeitsmarkt".


Diese Aussagen sind ein Hohn für all jene Frauen, die Beruf und Familie, Kind und Karriere,
Karenz und Qualifikation vereinbaren wollen. Denn die Regierung hat bisher die Weichen in
eine völlig falsche Richtung gestellt. Anstatt jungen Frauen den Einstieg, Umstieg und
Wiedereinstieg am Arbeitsmarkt zu erleichtern, wurden sämtliche Aktivitäten für die
Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungseinrichtungen eingestellt.

Besonders dramatisch ist der Zuwachs der Jugendarbeitslosigkeit. Die Jugendarbeitslosigkeit
ist in Österreich neuerlich stärker gestiegen als die Gesamtarbeitslosigkeit.
Immer mehr junge Menschen finden in Österreich keinen Einstieg ins Berufsleben. Es ist eine
Katastrophe, wenn junge Menschen nicht wissen, wie sie sich eine Existenzgrundlage
schaffen sollen. Für das Schicksal dieser jungen Menschen trägt die Haider-Schüssel-
Koalition die Verantwortung.

41.000 junge Menschen im Alter zwischen 15 und 25 sind arbeitslos und bezahlen für das
Nichtstun dieser Bundesregierung. In der Altersgruppe der 19- bis 24-Jährigen ist die
Arbeitslosigkeit sogar um 28 Prozent gestiegen.

Auch die Situation am Lehrstellenmarkt in Österreich ist besonders angespannt. Derzeit
suchen 3.400 junge Menschen eine Lehrstelle - ein Drittel mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig
ist die Zahl der gemeldeten offenen Lehrstellen um 6 Prozent zurückgegangen.
Wirtschaftsminister Bartenstein hat Anfang Februar versprochen, dass jeder Jugendliche
zumindest eine Lehrstelle bekommt. Seither ist nichts passiert! Diese blau-schwarze
Bundesregierung raubt den jungen Menschen in Österreich ihre Zukunft. Hier ist dringender
Handlungsbedarf gefordert.

Auch die Arbeitslosigkeit der über 50-Jährigen steigt weiter an - 17 Prozent mehr ältere
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind im Vergleich zum Vorjahr arbeitslos. Besonders
dramatisch ist der Anstieg bei den über 60-Jährigen um 60 Prozent. Dieser Anstieg ist
hauptsächlich durch die überfallsartige Anhebung des Pensionsalters verursacht.

Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben häufig bereits vor Erreichen des
Pensionsalters keine Chance mehr am Arbeitsmarkt. Diese Bundesregierung verschärft diese
angespannte Situation noch. Überfallsartig wurde das Pensionsantrittalter angehoben. Die
Folge: Der Trend zur Arbeitslosigkeit im Alter nimmt dramatisch zu.

Statt permanent Horrorszenarien bezüglich unseres Generationenvertrags an die Wand zu
malen, soll Bundeskanzler Schüssel endlich Beschäftigungsprogramme für ältere
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer starten und jenen Unternehmen Anreize bieten, die
ältere Menschen eine Beschäftigung bieten bzw. in Beschäftigung halten.


Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern den Bundeskanzler dringend zum
Handeln auf. Aktives Eingreifen der Politik ist das Gebot der Stunde.
Wir wollen eine moderne Wirtschaftspolitik und eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Uns liegen
die Menschen in diesem Land am Herzen. Wir kümmern uns um sichere und
zukunftsorientierte Arbeitsplätze. Wir forcieren eine Wirtschaftspolitik, die für hoch
qualifizierte Arbeitsplätze sorgt und allen Menschen eine Chance zur Qualifikation bietet.

Aus diesem Grund fordern wir  10 Schritte für mehr Beschäftigung und
mehr Arbeitsplätze:

1.    Modernisierung der österreichischen Arbeitsmarktpolitik

•     Sicherung der Finanzierungsgrundlagen für ambitionierte Arbeitsmarktpolitik

insbesondere für Existenzsicherung und Qualifizierung angesichts der aktuellen
Herausforderungen durch den Konjunkturabschwung, den mittelfristigen Anforderungen aus
der EU-Erweiterung, der demographischen Alterung der Erwerbsbevölkerung und der weiter
zunehmenden Flexibilisierung und Dynamisierung der Arbeitsmärkte

•     Aktive Arbeitsmarktpolitik zur Prävention von Arbeitslosigkeit: Auf- und Ausbau
arbeitsmarktpolitischer Instrumente zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit; nachhaltige
Verbesserung der Arbeitsmarktchancen für Arbeit Suchende durch entsprechende
Qualifikationsmaßnahmen (Stabilisierung häufig durchbrochener Erwerbsverläufe)

•     Aktive Arbeitsmarktpolitik als Element (regionaler) Wirtschaftsentwicklung:
gezielte Unterstützung der (regionalen) Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung durch
einen Beitrag zur Beseitigung von Qualifikationsengpässen

•     Aktive Arbeitsmarktpolitik zur Sicherung des Zuganges zum Arbeitsmarkt für alle
Personengruppen (Langzeitarbeitslose, sozial ausgegrenzte Menschen, Migrantinnen,
Ältere, Frauen, Jugendliche, behinderte Menschen)

•     Erhöhte KundInnenorientierung bei der Umsetzung von Arbeitsmarktpolitik
(Verbesserung der Betreuungs- und Beratungsmöglichkeiten für Arbeit Suchende und
Betriebe; konsequente Ausrichtung aller Maßnahmen und Geschäftsprozesse an den
Bedürfnissen der AdressatInnen der Arbeitsmarktpolitik)

•     Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit und Armutsvermeidung (Erhöhung der
Leistungsniveaus; Beseitigung der sozialen Unausgewogenheit des Notstandshilferechts va
der Benachteiligung der Frauen; Zugang zur Arbeitslosenversicherung für atypisch
Beschäftigte)

•     Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit und Förderung der Beschäftigungsfähigkeit:
Ausgestaltung des Leistungsrechtes der Arbeitslosenversicherung zu einem Instrument zur
Förderung der Beschäftigungsfähigkeit (nachhaltige Erhöhung des Qualifikationsniveaus
Arbeit suchender Arbeitnehmerinnen)


2.   Verbesserung der Jugendbeschäftigung - Ausbildungsgarantie für Jugendliche

Während die Arbeitslosigkeit der 15- bis 18-jährigen Jugendlichen im April dieses Jahres mit
4.244 um 616 oder 17,0 Prozent anstieg, entfiel der überwiegende Teil der Zunahme auf die
19- bis 24-Jährigen und zwar +7.136 bzw. +28,8 Prozent auf 31.941 Ende April.
Wir brauchen daher dringend eine Offensive zur Verbesserung der Jugendbeschäftigung. Wir
fordern einen Jugendbeschäftigungsgipfel, der einen rasch umzusetzenden Maßnahmen
katalog ausarbeiten soll.

Weiters fordern wir

•    die uneingeschränkte Fortfuhrung der Maßnahmen des “Auffangnetzes für Jugendliche"

nach dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz

•    ein Ende der Sparpolitik im Bildungsbereich: es ist untragbar, dass berufsbildende Höhere
Schulen junge Menschen abweisen müssen, weil sie nicht genug Geld zur Verfügung
haben.

•    die Einführung des Pflichtfachs “Berufsorientierung" in den Mittelstufen.

Zusätzlich fordert die SPÖ eine verbesserte Ausbildung für Lehrlinge und Facharbeiterinnen.
Ein Lehrlingsfonds soll die beste Ausbildung für junge Menschen in den Betrieben sichern.
Betriebe, die zwar keine Lehrlinge ausbilden, aber von gut ausgebildeten Fachkräften
profitieren, sollen einen angemessenen Beitrag in den Fonds einzahlen. Dieses Geld soll dann
jenen Betrieben zugute kommen, die Lehrlinge ausbilden. Damit wäre für mehr
Wettbewerbsgerechtigkeit in der Wirtschaft gesorgt.

Das duale Ausbildungssystem garantiert den hohen Standard von Österreichs Lehrlingen und
sichert damit langfristig unsere Position im Standortwettbewerb. Die SPÖ will daher die
duale Ausbildung ausbauen.

3.   Frauen die Teilnahme am Arbeitsmarkt ermöglichen

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden jungen Frauen die volle Teilnahme
am Arbeitsmarkt ermöglichen. Keine junge Frau in Österreich soll sich um das Wohl ihrer
Kinder sorgen müssen, wenn sie arbeiten gehen will.

Der Wiedereinstieg ins Berufsleben ist für Frauen nach der Karenz mit vielen Hürden
verbunden. Gerade in Zeiten einer angespannten Arbeitsmarktsituation braucht es mehr
Unterstützung für Frauen. Die SPÖ fordert daher verstärkt Wiedereinstiegshilfen auch bereits
während der Karenz und flächendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen.

Im April 2002 waren 104.065 Frauen arbeitslos, davon waren 16.375 unter 25 Jahre alt.
Obwohl der Mangel an Kinderbetreuungsplätzen bekannt und die aktuellen
Arbeitslosenzahlen alarmierend sind, tut die blau-schwarze Regierung nichts. Im Gegenteil:


Durch das Abziehen von AMS-Geldern ins reguläre Budget vergrößert Kanzler Schüssel das
Problem sogar noch.

Frauen, die ihre Berufstätigkeit für die Kinderbetreuung unterbrechen und anschließend in
den Beruf zurückkehren wollen, haben ein Recht auf Unterstützung beim Wiedereinstieg.
Schulungsmaßnahmen und individuelle Beratung sind wichtige Starthilfen. Sie müssen auf
die Bedürfnisse der Frauen abgestimmt sein und ein Sprungbrett ins Berufsleben bieten.
Ebenso entscheidend sind flächendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen, auch für Kinder
unter drei Jahren.

Damit der Wiedereinstieg klappt, brauchen Frauen eine zweite Chance. Wir
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten machen den Frauen in Österreich ein Angebot:

•    Je länger die Berufsunterbrechung zur Kinderbetreuung dauert, desto schwieriger wird die
Rückkehr ins Berufsleben. Die SPÖ setzt sich daher für umfassende Schulungen und
Weiterbildungsmaßnahmen für Frauen ein, um den Wiedereinstieg zu erleichtern.
Notwendig sind Schulungen zur Weiterqualifikation, aber auch Umschulungen in neue
Berufsfelder.

Besonders wichtig dabei ist eine umfassende persönliche und individuelle Beratung, um sich
nach längerer Berufsunterbrechung am Arbeitsmarkt neu orientieren zu können. Nur eine gute
Mischung aus Weiterbildung und persönlicher Beratung kann eine hohe Erfolgsquote beim
Wiedereinstieg garantieren.

•    Die SPÖ setzt sich weiters für Online-Kurse als wichtiges Zusatzangebot ein, die von
zu Hause absolviert werden können. Lernen über das Internet ermöglicht den Frauen, sich
bereits frühzeitig in der Karenz weiterzubilden und sich die Zeit dafür frei einzuteilen. Diese
Online-Kurse könnten von Betrieben aber auch von Weiterbildungseinrichtungen angeboten
werden.

•    Die SPÖ fordert, dass Frauen bereits während der Karenz die Möglichkeit haben, an
innerbetrieblichen Schulungen teilzunehmen. Die Betriebe sind gefordert, sich um die
Schulung ihrer Mitarbeiterinnen auch während der Karenz zu kümmern. Der Vorteil liegt für
beide Seiten klar auf der Hand: Die Frauen bleiben mit den Firmenabläufen vertraut und
verlieren nicht den Kontakt zu den Kolleginnen. Die Unternehmen gewinnen nach dem
Wiedereinstieg eine Mitarbeiterin zurück, die ihre Aufgaben ohne weitere Einschulung sofort
wieder übernehmen kann.

•    Die SPÖ setzt sich für flächendeckende, qualitativ hochwertige
Kinderbetreuungseinrichtungen in ganz Österreich ein.
Besonderes Augenmerk ist auf
den Ausbau der Betreuung von unter 3-Jährigen zu legen. Für 240.000 Kinder unter drei
Jahren gibt es in Österreich derzeit nur 18.500 Betreuungsplätze.


Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen
an die Arbeitszeiten der Eltern angepasst werden. In Zukunft soll sich keine junge Frau in
Österreich mehr um das Wohl ihrer Kinder sorgen müssen, wenn sie arbeiten gehen will.

•    Das von der blau-schwarzen Bundesregierung eingeführte Kindergeld setzt Anreize für
längere Berufsunterbrechungen. Ohne umfassenden Kündigungsschutz wird das Kindergeld
allerdings zu einem Schleudersitz ohne Fallschirm. Daher setzt sich die SPÖ dafür ein, dass
der Kündigungsschutz an die Bezugsdauer des Kindergeldes angepasst wird (30 Monate),
um den Frauen das Rückkehrrecht auf den Arbeitsplatz zu garantieren.

•    Mitbestimmung bei der Arbeitszeit ist laut einer Erhebung der Bundesarbeiterkammer
die wichtigste Forderung von Frauen mit Betreuungspflichten. Die Erfahrung zeigt:
Dienstpläne, die in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen entstehen, fuhren zu
höherer Motivation und Arbeitszufriedenheit.

Das Recht auf Teilzeit bis zum Schuleintritt des Kindes muss gesetzlich festgeschrieben
werden. Gleichzeitig muss aber ein Rückkehrrecht auf einen Vollzeitarbeitsplatz
vorgesehen sein. Die SPÖ spricht sich für ein partnerschaftliches Modell in der
Erziehungsarbeit aus. Dieser Rechtsanspruch soll nicht nur geblockt, sondern nach Bedarf in
Anspruch genommen werden können.

Frauen wollen Familie und Beruf unter einen Hut bringen. Die gesetzlichen
Rahmenbedingungen sind so zu gestalten, dass dies möglich ist. Die SPÖ wird dafür sorgen,
dass Kind und Karriere vereinbar sind. Das muss in unserer Gesellschaft eine
Selbstverständlichkeit sein.

4.   Verbesserung der beruflichen Qualifikation

Spätestens ab dem 40. Lebensjahr muss in das berufliche Wissen und Können von
Arbeitnehmerinnen investiert werden, damit diese ihre Beschäftigungsfähigkeit im Alter nicht
aus Gründen veralteter Qualifikation verlieren. Die Verlängerung des Verbleibes im
Erwerbsleben
zählt zu den zentralen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Anforderungen der
EU, der Europäische Rat von Stockholm hat den Mitgliedstaaten das Ziel vorgegeben die
Erwerbsquote der älteren Menschen bis 2010 auf 50 Prozent der generellen Erwerbsquote zu
erhöhen. Daher ist ein Programm notwendig, das sich an beschäftigte Arbeitnehmerinnen ab
dem 40.Lebensjahr wendet und diese bei der Finanzierung von beruflichen
Weiterbildungsmaßnahmen (Umschulung, Höherqualifizierung) unterstützt
(Kofinanzierungsmodell unter Berücksichtigung des Einkommens) und auf erkannte
Qualifikationsdefizite auf dem Arbeitsmarkt ausgerichtet ist.


5.   Rechtsanspruch auf berufliche Qualifikation für arbeitslose
Arbeitnehmerinnen

Moderne, zukunftsgerichtete Arbeitsmarktpolitik begreift das Leistungsrecht der
Arbeitslosenversicherung nicht als Sanktionsinstrument für Arbeitslose, sondern nutzt es für
möglichst nachhaltige Reintegration in den Arbeitsmarkt.

Mehr als 80 Prozent der rund 750.000 beim AMS pro Jahr vorgemerkten Arbeit Suchenden
sind binnen drei Monaten vermittelt. Die restlichen 20 Prozent brauchen intensivere Hilfe und
Unterstützung, um wieder eine Beschäftigung zu finden, die ihren Lebensumständen
entspricht. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Qualifikationsdefizite, die diese
Menschen alleine nicht im Stande sind zu beheben.

Aus diesen Gründen ist es notwendig, dass Arbeit Suchende ohne so genannte
“Wiedereinstellungszusage" (also der Vereinbarung des Wiederantrittes der Beschäftigung
beim vorigen Arbeitgeber) ab dem dritten Monat ihrer Arbeitslosigkeit

einen Rechtsanspruch auf die Förderung einer Aus- und Weiterbildungsmaßnahme
auf Basis zwischen AMS und der betreffenden Person vereinbarten und für beide Seiten
verbindlichen Beratungs- und Betreuungsplanes zur Stabilisierung der
Beschäftigungslaufbahn eingeräumt erhalten.

6.   Qualifizierungsoffensive für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Die Einführung eines Bildungsprämienmodells soll dazu führen, dass die enorme Lücke
geschlossen wird, die es im Weiterbildungsbereich in Österreich gibt. Und zwar nicht durch
ein zentralisiertes System der Weiterbildung, sondern durch verbesserte Chancen für jeden
Einzelnen, zu dieser Weiterbildung zu kommen.

Es müssen natürlich auch die erforderlichen Bildungskarenzen zur Verfügung gestellt

werden, damit die Menschen auch die Möglichkeit haben, diese Weiterbildungsformen zu
konsumieren und zu absolvieren, wobei diese Bildungskarenzen bedeutend flexibler
gehandhabt werden sollten, unter anderem weil viele dieser Ausbildungsformen auch während
weiterer beruflicher Tätigkeit absolviert werden können.

7.   Steuererleichterungen für Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen

Die SPÖ will die Steuerlast der Klein- und Mittelbetriebe um eine Milliarde Euro senken.
Unternehmerinnen, die bereit sind zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen, sollen
entlastet werden. Damit werden der österreichischen Wirtschaft echte Wachstumsimpulse
gegeben.


Konkret soll ein “Investitionsfreibetrag NEU" von 30 Prozent den österreichischen
Unternehmerinnen und Unternehmern Neuinvestitionen in ihre Betriebe erleichtern und so die
österreichische Wirtschaft stärken. 30 Prozent jener Neuinvestitionen, die den Durchschnitt
der Investitionen der letzten drei Jahre übersteigen, sollen steuerlich frei bleiben. Das
erleichtert auch die betriebswirtschaftliche Kalkulation.

Ein Stabilitätsfonds soll die Existenz der KMU absichern. Dieser Stabilitätsfonds, etwa im
Rahmen der Finanzierungsgarantiegesellschaft, soll im Wege von Haftungen Bankkredite zu
Bestkonditionen bereitstellen und damit den Unternehmerinnen wirksam, rasch und
unbürokratisch unter die Arme greifen. Durch die Bestimmungen des Basel-II-Abkommens
verteuern sich vor allem Kredite für kleine Familienbetriebe. Gerade sie sind aber der
Lebensnerv unserer Wirtschaft. Wir werden dafür sorgen, dass diese Unternehmen nicht
zusperren müssen, nur weil sie für Großbanken nicht kreditwürdig genug sind.

Die SPÖ will die Chancen der EU-Erweiterung nutzen, aber auch eine gute Vorbereitung
sicherstellen: Flexible Übergangsfristen im Dienstleistungsbereich, ähnlich wie bei der
Arbeitnehmerfreizügigkeit, sollen unseren Unternehmerinnen die Möglichkeit bieten, sich auf
die Erweiterung optimal vorzubereiten. Die SPÖ ist davon überzeugt, dass ein vereintes
Europa für die Österreicherinnen und Österreicher viele Vorteile bringt. Neue Märkte bieten
neue Chancen und Investitionsanreize . Mit ihrem großen Know-how- und ihren hohen
Qualitätsstandards werden besonders KMU von der EU-Erweiterung profitieren.

8.   Steuerentlastung für kleine und mittlere Einkommen

Um die Situation am österreichischen Arbeitsmarkt zu entschärfen, die Konjunktur
anzukurbeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen, schlägt die SPÖ eine Steuerreform vor, die
vor allem kleine und mittlere Einkommen stark entlastet. Damit wird die Kaufkraft der
Österreicherinnen und Österreicher gestärkt.

Sozial gerecht ist das SPÖ-Steuerreformmodell, weil damit die kleinen und mittleren
Einkommen um jeweils 1 Milliarde Euro entlastet würden. Nach unseren Vorstellungen
sollen die Einkommensschwächsten im Ausmaß von 850 Euro jährlich (zirka 11.700
Schilling) profitieren, die etwas höheren Einkommen sollen jährlich um 430 Euro (5.917
Schilling) entlastet werden. Weiters ist mit diesem Modell nicht nur eine Reduktion der
Steuerbelastung, sondern auch eine Anhebung der Negativsteuer geplant. So sollen
Bezieherinnen von Niedrigsteinkommen, die bereits heute keine Steuern zahlen, jährlich um
bis zu 110 Euro mehr erhalten.

Wirtschaftlich sinnvoll ist dieses Modell, weil mit der Entlastung der kleinen und mittleren
Einkommen die Kaufkraft gestärkt wird und damit Wachstumsimpulse der heimischen
Volkswirtschaft unterstützt werden.


Die Steuerreform, mit der ein zusätzlicher Wachstumsimpuls von bis zu 700 Millionen
Euro durch die Entlastungen zu erwarten ist, ist durch den Verzicht auf den Ankauf von
Abfangjägern, der Umsetzung der SPÖ-Vorschläge zur Bekämpfung des
Schwarzunternehmerrums, den Verzicht auf die Lohnnebenkostensenkung sowie Verzicht auf
zusätzliche Förderungen in der Landwirtschaft und der Ausweitung des Verteidigungsbudgets
und zu durch erwartende Einsparungen durch die Verwaltungsreform voll finanzierbar . In
letzterer Angelegenheit hat die Vizekanzlerin 500 Millionen Euro angekündigt.

9.   Investitionen in die Infrastruktur

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern seit Monaten Investitionen in die

Infrastruktur, um Beschäftigung und Arbeitsplätze zu schaffen. Aber Blau-Schwarz stellt sich

taub.

Derzeit sind Straßen- und Schienenprojekte im Umfang von € 3,3 Mrd. baureif. Diese

Projekte müssen sofort umgesetzt werden!

Besonders vordringlich sind angesichts der bevorstehenden EU-Erweiterung Investitionen in

die Westbahn und die West-Autobahn. Weiters ist der Ausbau und die General Sanierung jener

Bahnhöfe vorzunehmen, die bereits projektiert sind. Die Investitionen sind über eine

verursachergerechte LKW-Maut zu finanzieren.

10. Bekämpfung von organisiertem Sozial- und Steuerbetrug

Durch organisierte illegale Beschäftigung tritt ein bedeutender volkswirtschaftlicher Schaden
ein. Das Volumen der Wertschöpfung aus Schwarzarbeit wird mit Milliardenbeträgen
veranschlagt. All dies ist begleitet von einer Verdrängung legaler, sozial- und arbeitsrechtlich
abgesicherter Arbeitsverhältnisse in den Schwarzmarkt und begründet Lohndumping durch
illegale Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt. Dies muß durch effiziente Maßnahmen bekämpft
werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler nachfolgende

Anfrage:

1)  Wie wird sich die Gebarung der Arbeitsmarktpolitik 2002 und 2003 entwickeln?

2)  Wird die Bundesregierung die Ankündigung der Absenkung des ALV-Beitrages um 0,5
Prozent vornehmen?

3)  Werden Sie darauf hinwirken, dass der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft die
Auflösung der Arbeitsmarktrücklage von € 109 Mio. für aktive Arbeitsmarktpolitik
vornimmt?

4)  Der Verwaltungskostenersatz des Bundes an das Arbeitsmarktservice ist mit rund
€ 210 Mio. gedeckelt. Davon können schon jetzt Personalkosten nicht bezahlt werden,


daher werden bislang Rücklagen im AMS aufgelöst. Diese Möglichkeit besteht jedoch
letztmalig im Jahr 2002. Wird die Bundesregierung dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage
übermitteln, in der eine Aufstockung des Verwaltungskostenersatzes geplant ist?

a) wenn ja, wie hoch wird aufgestockt?

b) wenn nein, nehmen Sie den notwendigerweise folgenden Personalabbau im AMS
einfach zu Kenntnis?

5)  Werden Sie darauf hinwirken, das der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit heuer
und im nächsten Jahr Maßnahmen für die von der aktuellen Arbeitsmarktentwicklung
besonders betroffenen Gruppe der Arbeitnehmer mit lediglich Pflichtschulausbildung
vornimmt?

6)  Warum reagiert die Bundesregierung nicht auf den regionalen und sektoralen
Arbeitskräftemangel bei gleichzeitig steigender Arbeitslosigkeit ?

7)  Warum setzt diese Bundesregierung keine Maßnahmen berufsbezogener

Erwachsenenbildung um allfällige Qualifikationsdefizite auf dem Arbeitmarkt zu
beseitigen?

8)  Wie hat sich die Altersteilzeit entwickelt?

9)   Welche finanziellen Folgen resultieren daraus für die Gebarung der Arbeitsmarktpolitik
heuer und in den Folgejahren?

10) Wie wird die Bundesregierung ihre Finanzierung sichern?

11) Plant die Bundesregierung die Altersteilzeit fortzuführen?

a) wenn ja, unter welchen Bedingungen?

b) wenn nein, was plant die Bundesregierung an ihre Stelle zur Sicherung der
Beschäftigung Älterer?

12) Welche Maßnahmen und welche Zeitvorgaben setzt sich die Bundesregierung um die
ehrgeizigen Zielvorgaben der Europäischen Räte von Lissabon und Stockholm (Anhebung
des Pensionsantrittsalters, Beschäftigungsquote der 50-65-jährigen auf 50% anheben) in
Österreich zu realisieren?

13) Welche Zwischenziele werden dabei verfolgt?

14) Plant die Bundesregierung in diesem Zusammenhang einen Qualifikationsschwerpunkt
für die heute 40 - 45-Jährigen?

a) wenn ja, welche finanziellen Mittel wird die Bundesregierung dafür bereitstellen?
b) wie viele Personen in dieser Altersgruppe sollen erreicht werden?

15) Warum hat die Bundesregierung bisher keinerlei Maßnahmen gesetzt, um den
Berufseintritt des Schulentlassjahrganges 2002 zu sichern?

16) Werden Sie darauf hinwirken, dass eine Sonderfinanzierung für das AMS zur Umsetzung
des JASG im Herbst 2002 über die für heuer dafür dem AMS zur Verfügung gestellten
ungenügenden € 7,27 Mio. (ATS 100 Mio.) hinaus zur Verfügung gestellt werden?

17) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Sicherung einer Lehrausbildung für
alle Lehrstellensuchenden im Jahr 2003?

18) Wie wird die Finanzierung dafür erfolgen?


19) Werden Sie sich in diesem Fall dafür einsetzten, dass das AMS eine Sonderfinanzierung
für das Jahr 2003 erhält?

20) Welche eigenständigen Maßnahmen plant die Bundesregierung um die Investitionen der
Länder im Hinblick auf die Bereitstellung flächendeckender
Kinderbetreuungseinrichtungen mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten anzukurbeln?

21) Werden Sie sich dafür einsetzten, dass ein Recht auf Teilzeitarbeit bis zum Schuleintritt
des Kindes sowie ein Rückkehrrecht zu einem Vollzeitarbeitsplatz normiert wird?

22) Werden Sie darauf hinwirken, dass der Kündigungsschutz der Dauer des Bezuges von
Kindergeld angepasst wird?

23) Warum setzt diese Bundesregierung keine entsprechenden Maßnahmen um Frauen bzw
Mädchen auch in technischen und besser bezahlten Berufen zu etablieren?

24) Ist die Steigerung der Steuer- und Abgabenquote auf (laut EU-Statistik) 47 Prozent des
BIP und damit auf einen historischen Höchststand für Sie ein Beweis dafür, dass das
“Null-Defizit" - wie von Ihnen mehrfach angekündigt - überwiegend durch
ausgabenseitige Sparmaßnahmen erzielt wurde?

25) In welchem Ausmaß wird die Bundesregierung eine Steuerreform 2003 durch zusätzliche
Staatsschulden finanzieren?

26) Werden Sie sich dafür einsetzen, das bei der geplanten Steuerreform 2003 die Verteilung
der Entlastungseffekte auf Unselbständige und Selbständige deren entsprechenden
Anteilen am Volkseinkommen (2:1) entsprechen?

27) Werden Sie darauf hinwirken, dass nicht nur entnommene Gewinne, sondern auch
zusätzliche Investitionen steuerlich begünstigt werden?

Informeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR
dringlich zu behandeln.