3969/J XXI.GP

Eingelangt am: 10.06.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit
betreffend emissionsseitige Luftreinhaltungsvorschriften

1.     Umsetzung der Großfeuerungsanlagen-RL im Luftreinhaltegesetz für
Kesselanlagen (LRG-K)

Die Großfeuerungsanlagen-RL (2001/80/EG) vom 23. Oktober 2001 legt für
Neuanlagen und für bestehende Anlagen Emissionsgrenzwerte fest.
Erwägungsgrund 8 führt dazu aus: “Die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte der
vorliegenden Richtlinie sollte als notwendige, nicht aber als hinreichende Bedingung
für die Einhaltung der Richtlinie 96/61/EG in Bezug auf den Einsatz der besten
verfügbaren Techniken angesehen werden. Ihre Einhaltung kann strengere
Emissionsgrenzwerte, Emissionsgrenzwerte für andere Stoffe und andere Medien
sowie weitere geeignete Maßnahmen erforderlich machen."

Die Großfeuerungsanlagen-RL II vom 23. Oktober 2001 ersetzt die RL 88/609/EG,
aus der sich auch bereits Umsetzungspflichten für Österreich ergeben haben. Das
österreichische LRG-K aus dem Jahre 1988 hat die Emissionsgrenzwerte für
Altanlagen in einer Anlage zum Gesetz festgelegt resp. eingefroren und steht daher
im Widerspruch zur Großfeuerungsanlagen-RL und zur IPPC-RL. Dies ist auch in
den Schlussfolgerungen des Berichtes des Bundesministers für wirtschaftliche
Angelegenheiten an den Nationalrat gemäß § 13 des Luftreinhaltegesetzes vom
Februar 1999 festgehalten: “Die Grenzwerte für Altanlagen sind sozusagen
“eingefroren" und entsprechen daher nicht mehr dem Stand der Technik." Weiters
führt der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in den
Schlussfolgerungen zum genannten Bericht aus: “Aus heutiger Sicht wären auch die
Begrenzung weiterer Schadstoffe und Regelungen für weitere Sonderbrennstoffe
wünschenswert. (...) Weitere Anpassungsschritte für Altanlagen werden auch
aufgrund von EU-Richtlinien erforderlich sein." Durch die Säumigkeit in der
Novellierung des LRG-K und der Durchführungsverordnung werden wichtige
Luftreinhaltemaßnahmen betreffend Dampfkesselanlagen der Elektrizitätswirtschaft
und der Industrie in Österreich auch wider das EU-Recht nicht in die Wege geleitet,
was bereits Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahren ist.


2.      Novellierung der § 82 GewO-VO nach dem Beispiel der neuen TA-Luft

Die deutsche TA-Luft legt unter anderem zum Schutz der Umwelt
Emissionsgrenzwerte für Betriebsanlagen fest. Am 26. April 2002 beschloss der
deutsche Bundesrat die Novellierung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der
Luft. Als Gründe für diese Erneuerung der alten TA-Luft aus dem Jahre 1986 werden
die verschärften Grenzwerte in den Richtlinien der EU, neue wissenschaftliche und
technische Erkenntnisse1 sowie die Beachtung des integrativen Ansatzes des
Umweltschutzes auf genereller Ebene2 angeführt. Eine Allgemeine
Verwaltungsvorschrift habe gegenüber einer Einzelfallentscheidung insbesondere
folgende Vorteile:

•       eine größere Rechtssicherheit durch Vorhersehbarkeit der Anforderungen,

•       die Gleichbehandlung von Anlagenbetreibern und Nachbarn,

•       eine Entlastung von Genehmigungsverfahren, weil die Behörde nicht selbst
Beurteilungsmaßstäbe entwickeln muss.

Der TA-Luft kommt insbesondere hinsichtlich der Altanlagen eine besondere
Bedeutung zu. Denn gerade bei Eingriff in bestehende Rechte, wie es eine
Sanierungsanordnung darstellt, trägt die gute wissenschaftliche Aufbereitung und
Gleichbehandlung aller Anlagenbetreiber zur Akzeptanz und damit Durchsetzung
des neuen Luftreinhaltestandards wesentlich bei. Österreich hat keine
vergleichsweise Norm, obwohl § 82 Gewerbeordnung den Bundesminister für
Wirtschaft und Arbeit zu emissionseitigen Maßnahmen ermächtigt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

1 In der Begründung des Kabinettbeschlusses vom 12.12.2001 wird unter anderem angeführt: “Ziel der
TA Luft ist es, entsprechend dem gesetzlichen Auftrag zur Normkonkretisierung nach § 48 BlmSchG
den zuständigen Behörden - und damit auch den Betreibern von Anlagen - unter Beachtung von
Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft, des Bodenschutzrechtes und anderer Rechtsvorschriften
- den heutigen Erkenntnissen entsprechende bundeseinheitliche Vorgaben für die
immissionsschutzrechtliche Beurteilung von Luftverunreinigungen, insbesondere aus
genehmigungsbedürftigen Anlagen an die Hand zu geben. Die TA Luft verbessert auf diese Weise den
Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft und die Allgemeinheit, entwickelt
die Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen entsprechend dem
fortgeschrittenen Stand der Technik weiter und trägt durch konkrete Vorgaben zu höherer Rechts- und
Investitionssicherheit und damit unmittelbar zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren bei."

2 “Die Richtlinie 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der
Umweltverschmutzung (IVU-RL) zwingt zu einer integrativen, insbesondere medienübergreifenden
Betrachtung bei der Festlegung von Anforderungen in Genehmigungsentscheidungen für
Industrieanlagen. Die Betrachtung kann in jedem Genehmigungsverfahren allein durch die zuständige
Behörde vor Ort erfolgen oder in genereller Weise durch die Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates im Rahmen einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gelenkt werden. Aus
arbeitsökonomischen Gründen und zur Sicherstellung einer bundeseinheitlichen Handhabung haben
sich die für den Vollzug zuständigen Obersten Landesbehörden und die Wirtschaft schon immer für
eine Bundesvorschrift ausgesprochen. Obwohl die bisher geltende TA Luft von 1986 bereits integrative
Elemente enthält, müssen diese ausgebaut werden, um den integrativen Ansatz der IVU Richtlinie
vollständig zu genügen."


ANFRAGE:

A.     Großfeuerungsanlagen-RL

1.      Welche Verstöße gegen die Großfeuerungsanlagen-RL 88/609/EWG wirft die
EU-Kommission Österreich vor? Seit wann bestehen die entsprechenden
Umsetzungspflichten?

2.      Warum wurde der Großfeuerungsanlagen-RL und der IPPC-RL im LRG-K bis
jetzt nicht entsprochen?

3.     Für welche Anlagenarten wird ein besonderer Sanierungsbedarf durch die
Großfeuerungsanlagen-RL 2001/80/EG und die Vorschreibung von
Emissionsgrenzwerten entsprechend dem Stand der Technik, wie es auch vom
Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in den Schlussfolgerungen
des Berichtes aufgrund § 13 LRG-K an den Nationalrat für erforderlich
angesehen wurde und wie es die IPPC-RL verlangt, geschaffen?

4.     Wann werden Sie eine entsprechende Novellierung des Luftreinhaltegesetzes
für Kesselanlagen im Wege der Bundesregierung dem Parlament zur
Beschlussfassung vorlegen?

5.     Wann wird die DVO zum LRG-K entsprechend überarbeitet und novelliert
werden?

B.     TA-Luft und § 82 GewO-VO

6.     Aufgrund § 82 Abs 1 GewO 1994 hat der Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft durch Verordnung für genehmigungspflichtige Arten von
Anlagen, die nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der
medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zum
Schutz der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen und zur Vermeidung von
Belastungen der Umwelt (§ 69a) erforderlichen näheren Vorschriften über die
Bauart, die Betriebsweise, die Ausstattung oder das zulässige Ausmaß der
Emissionen von Anlagen oder Anlagenteilen zu erlassen.

Wurde der Verpflichtung zur Erlassung einer Verordnung aufgrund § 82 Abs 2
GewO für sämtliche im Vergleich zur Schweizer Luftreinhalteverordnung und
der deutschen TA Luft emissionsrelevanten genehmigungspflichtigen Anlagen
nachgekommen? Wenn nicht, warum nicht?

7.      Geben die Emissionsgrenzwerte in den bestehenden Verordnungen aufgrund §
82 Abs 2 GewO 1994 im Vergleich zu den in den BAT Dokumenten (Art. 16 (2)
IPPC-RL) angegebenen mit den best verfügbaren Techniken assoziierten
Emissionskonzentrationen der TA Luft den Stand der Technik wieder? Anhand
welcher Beispiele können Sie dies belegen?

 


8.      Beabsichtigen Sie die Verordnungen aufgrund § 82 Abs 2 GewO 1994 in den
nächsten Jahren zu novellieren bzw sich für eine Novellierung einzusetzen? Bei
welchen Anlagenarten liegt Ihre Priorität?

9.      Falls die in den BAT Dokumenten angegebenen mit den best verfügbaren
Techniken assoziierte Emissionskonzentrationen niedriger sind als in den
Verordnungen nach § 82 Abs 2 GewO 1994, nach welchen
Bewertungsmaßstäben hat die Behörde bei Neugenehmigungen,
Änderungsgenehmigungen und Anpassungen von IPPC Anlagen (81c Abs 2
GewO 1994) vorzugehen? Wie sind die Behörden bisher mit solchen
Divergenzen umgegangen? Wie sollte die Behörde nach Ihrer Ansicht
vorgehen? Wurde den Behörden beispielsweise im Erlasswege mitgeteilt, wie
sie im Falle von Divergenzen vorzugehen haben? Falls es eine solche
Mitteilung gibt, welchen Inhalt hat sie?

10.    Für zahlreiche IPPC Anlagen (wie Kalkherstellung, Papier- und

Zellstoffherstellung, chemische Industrie, Erdölverarbeitung, Herstellung von
Feuerfestprodukten) existieren keine Verordnungen aufgrund § 82 Abs 2 GewO
1994. Wie schätzen Sie insbesondere im Hinblick auf die Heranführung der
Altanlagen an den Stand der Technik (§ 81 Abs 2 GewO 1994) den
Verwaltungsaufwand, die Rechtssicherheit und den bundeseinheitlichen
Vollzug von Einzelfallentscheidungen gegenüber dem Vollzug von
Verordnungen ein?

11.    Ist für Sie ein Modell wie die TA Luft oder die Schweizer

Luftreinhalteverordnung ein geeignetes Instrument zur Entlastung von
Genehmigungsverfahren, Sicherstellung eines bundeseinheitlichen Vollzuges
und Stärkung von Rechtssicherheit? Wenn nicht, warum nicht?

12.   Werden Sie sich auch im Hinblick auf die immer knapper bemessenen
Personalressourcen in den Behörden und der Forderung nach effizienten
Genehmigungsverfahren dafür einsetzen, dass auch in Österreich ein
Instrument ähnlich der TA Luft oder der Schweizer Luftreinhalteverordnung, die
auch Kleinanlagen regelt, ausgearbeitet und beschlossen wird? Wenn ja,
welcher Zeitplan erscheint Ihnen realistisch?