4011/J XXI.GP

Eingelangt am: 12.06.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

betreffend “Gesetzliche Strafandrohungen gegenüber Arbeitnehmerlnnen"

Der Verfassungsgerichtshof hat vor kurzem eine grundsätzliche Entscheidung
dahingehend getroffen, dass es keine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung
einer Mindeststrafe in der Höhe von S 20.000,-- (€ 1.453,46) für
Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang mit dem Ökopunktesystem gem. § 23
Abs. 1 Z 8 GüterbeförderungsG 1995 idF BGBI. I Nr. 17/1998 gibt.
Durch die Novelle BGBI. I Nr. 106/2001 wurde die Mindeststrafe beseitigt und die
Höchststrafe halbiert - es blieb jedoch die verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit
des jeweiligen LKW-Lenkers, die weiterhin hinterfragt werden muss.

In der gegenständlichen Entscheidung führt der Verfassungsgerichtshof aus,
“dass mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik weder auf das Gewicht und die
Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden
Vorschrift Bedacht genommen, noch auf die konkreten Umstände, unter denen die
Verwaltungsübertretung begangen wurde, noch ausschließlich auf die persönlichen
Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.
Dazu kommt, dass in dem in Betracht kommenden unmittelbar anwendbaren
Vorschriften der Europäischen Union über das Ökopunktesystem die Verpflichtungen
(Gebote und Verbote) in der für Verwaltungsstraftatbestände erforderlichen
ausreichend umschriebenen Weise nur für den Lenker eines Lastkraftwagens, nicht
jedoch für den Transportunternehmer enthalten sind. Die Strafdrohung richtet sich
gegen einen Personenkreis (LKW-Lenker), der an der Begehung der Straftat in der
Regel kein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, vielmehr diesbezüglich nicht selten
unter dem Druck eines Arbeitgebers stehen dürfte, im Hinblick auf die Komplexität
der maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften die Tatbestandsmäßigkeit
seines Verhaltens meist nur in eingeschränktem Maße erkennen bzw. die für die
Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen (zB Ausstattung mit
Ökopunkten) oft gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich treffen kann."

In vielen Rechtsmaterien ergibt sich eine ähnliche Situation, dass eben nicht nur die
ArbeitgeberInnen (bzw. Unternehmen) für Gesetzesverstöße verantwortlich gemacht
werden, sondern (auch) die Arbeitnehmerlnnen, wobei diese aber unter dem Druck
ihres Arbeitgebers stehen.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an alle Mitglieder der
Bundesregierung - so auch an Sie - nachstehende


Anfrage:

1.  In welchen Ihrem Ressort - nach dem Bundesministeriengesetz - zugeordneten
Rechtsmaterien sind gerichtliche Strafen oder Verwaltungsstrafen gegenüber
Arbeitnehmerlnnen vorgesehen (Aufschlüsselung auf die einzelnen
Rechtsmaterien)?

2. Welche Strafen (Strafausmaß) sind für welche Delikte jeweils vorgesehen
(Aufschlüsselung auf die einzelnen Rechtsmaterien)? Welche davon sind durch
Europäisches Recht vorgegeben?

3.  In welchen, Ihrem Ressort durch das Bundesministeriengesetz zugeordneten,
Rechtsmaterien sind sog. “Mindeststrafen" vorgesehen (Aufschlüsselung auf die
einzelnen Rechtsmaterien)? Welche davon sind durch Europäisches Recht
vorgegeben?

4. Welche dieser Mindeststrafen betreffen (u.a. auch) Arbeitnehmerlnnen
(Aufschlüsselung auf die einzelnen Rechtsmaterien)?

5. Welche Haltung nehmen Sie zu “Mindeststrafen" für Arbeitnehmerlnnen,
angesichts der in der Einleitung zitierten höchstrichterlichen Rechtssprechung,
ein?

6.  Streben Sie daher - aus gegebenen Anlass - eine Reform dieser
Strafbestimmungen an?

7. Stehen Sie der Einführung einer Strafbarkeit juristischer Personen
(Unternehmensstrafrecht) positiv gegenüber?

8. Wenn nein, weshalb nicht?