4120/J XXI.GP

Eingelangt am: 09.07.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Finanzierung und Umsetzung der österreichischen Klimaschutzstrategie
zur Erreichung des Kioto-Zieles

Am 17. Juni 2002 wurde im Ministerrat die “Strategie Österreichs zur Erreichung des
Kioto-Zieles (Nationale Klimastrategie 2008/2012)" zustimmend zur Kenntnis
genommen. Durch Umsetzung dieser Strategie auf Bundes- und Länderebene soll
das im Rahmen der EU-Lastenverteilung für Österreich mit minus 13% vorgesehene
Reduktionsziel für Treibhausgase bis zur Zielperiode 2008/2012 auf Basis 1990
erreicht werden.

Die Klimastrategie definiert im Bereich “Anreizfinanzierungen zur Auslösung
klimarelevanter betrieblicher Investitionen im In- und Ausland" einen Bedarf neu
eingesetzter Mittel von bis zu 90 Mio € pro Jahr über den Zeitraum 2001-2010 (s.
Klimastrategie, Seite 69). Zusätzlich besteht im Bereich Wohnbauförderung ein
öffentlicher Finanzierungsbedarf von 250 bis 295 Mio € pro Jahr für thermisch-
energetische und sonstige Maßnahmen im Wohnhausbereich. Zur Erreichung der
Reduktionsziele im Verkehr sind laut Klimastrategie weitere öffentliche Mittel
notwendig (öffentlicher Nahverkehr, Bahninfrastruktur, Radfahrer, Fußgänger), deren
Volumen noch zu evaluieren ist.

Um das österreichische Klimaschutzziel zu erreichen, ist dringender
Handlungsbedarf gegeben. “Mit den bislang gesetzten Maßnahmen kann noch keine
allgemeine Trendumkehr erzielt werden. Die relativ kurze verbleibende Zeit bis zur
Kioto-Verpflichtungsperiode 2008-2012 erzwingt eine rasche Konzeption und
Umsetzung von zusätzlichen Maßnahmen in einem Kioto-Maßnahmenpaket", heißt
es dazu in der nationalen Klimastrategie (Seite 11).

Laut Klimastrategie haben die vorgeschlagenen Klimaschutzmaßnahmen mittel- bis
langfristig neben den positiven Umweltauswirkungen auch positive Auswirkungen für
Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und öffentliche Budgets. “Verzögerungen bei
der Umsetzung bedeuten, dass Reduktionsziele in kürzerer Zeit und zu
möglicherweise wesentlich höheren Kosten erreicht werden müssen", heißt es dazu
in der Klimastrategie. Umso unverständlicher erscheint es, dass im vom BMLFUW
vorgelegten Finanzierungsvorschlag für die kommenden Jahre keine ausreichenden
Mittel für die Umsetzung des Klimaschutzprogramms vorgesehen sind.

Denn der im Rahmen des Ministerratsvortrags vom 17. Juni 2002 vom
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft
vorgeschlagene Stufenplan zur Finanzierung der Klimaschutzmaßnahmen sieht die
Erreichung der jährlich nötigen Finanzierungsmittel von 90 Mio € im Bereich
betrieblicher Investitionen erst ab dem Jahr 2008 vor, obwohl dieser Bedarf in der


Klimastrategie bereits ab dem Jahr 2001 als notwendig erachtet wird. Inklusive der
Jahre 2001/2002 fehlen also gegenüber dem vorgelegten finanziellen Stufenplan
insgesamt 325 Mio. € (ca. 4,5 Mrd. ATS), um die laut Klimastrategie ab 2001 nötige
Finanzierung von 90 Mio. € pro Jahr sicherzustellen. Eine Erreichung des
österreichischen Reduktionszieles scheint unter diesen Bedingungen kaum möglich.

In der nationalen Klimastrategie ist als eine der Maßnahmen auch eine ökologische
Steuerreform angeführt. “Eine aufkommensneutrale ökologische Steuerreform kann
einen zusätzlichen Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Ziels leisten und die Kosten der
Klimastrategie geringer halten und stellt damit eine gesamtwirtschaftlich effiziente
und ökologisch effektive Maßnahme zur Senkung der CO2-Emissionen dar. Bei
aufkommensneutraler Ausgestaltung sind neben ökologischen Vorteilen auch
positive Effekte auf Wachstum und Beschäftigung zu erzielen. Auch die OECD
empfiehlt den Industrienationen Maßnahmen einer ökologischen Steuerreform zur
Erreichung der Kioto-Ziele in volkswirtschaftlich verträglicher Weise",
heißt es dazu in
der Klimastrategie.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wie soll das österreichische Kyoto-Ziel bis zur Periode 2008/2012 angesichts
der Tatsache erreicht werden, dass der von Ihnen vorgelegte
Finanzierungsplan (Ministerratsbeschluss 17. Juni 2002) gegenüber den in
der Klimastrategie dargestellten Finanzierungserfordernissen einen
Fehlbetrag von 325 Mio. € ausweist und die eigentlich seit 2001 jährlich
nötigen 90 Mio € erst ab 2008 in vollem Umfang vorsieht?

2. Wie begründen Sie Ihren Plan, der vorsieht, die eigentlich ab 2001 nötigen
Finanzmittel von 90 Mio. € erst im Jahr 2008, also im ersten Jahr der Kioto-
Zielperiode, im vollem Umfang zur Verfügung zu stellen?

3. Welche Maßnahmen planen Sie für den Fall, dass das österreichische
Reduktionsziel in der Periode 2008-2012 nicht erreicht wird und wie hoch
schätzen Sie die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten ein? (Bitte
Angabe nach Prozent nicht erreichten Reduktionsziels)

4. Welche konkreten Zusagen, Beschlüsse etc. liegen von Seiten der
Bundesländer vor, um sicherzustellen, dass der öffentliche jährliche
Finanzierungsbedarf von 250-295 Mio. € für thermisch-energetische
Maßnahmen inkl. sonstiger Maßnahmen von Seiten der Bundesländer auch
tatsächlich aufgebracht wird? Bitte listen Sie die relevanten Beschlüsse nach
Datum und Gremium auf und bitte um Beilegung von Kopien der Beschlüsse
im Wortlaut.


5. Halten Sie eine weitgehende Konzentration auf nationale Maßnahmen zur
Erreichung des Kyoto-Ziels angesichts der damit verbundenen inländischen
Wertschöpfung und positiven Arbeitsmarkteffekte für sinnvoll?

6. Wie hoch ist der Prozentsatz des Treibhausgase-Reduktionsbedarfes
gegenüber 1990, der in Österreich über die so genannten “Kyoto-
Mechanismen", also durch Maßnahmen im Ausland erzielt werden soll?

7. Erläutern Sie bitte die zugrundeliegenden Argumente, wonach “der maximale
budgetäre Rahmen für Projekte im Ausland mit 36 Mio. € zu fixieren wäre"
(Klimastrategie, Seite 69).

8. Wann planen Sie einen Beschluss über die Einführung der in der
Klimastrategie als gesamtwirtschaftlich effiziente und ökologisch effektive
Maßnahme zur Senkung der CO2-Emissionen bezeichneten
aufkommensneutralen ökologischen Steuerreform in der Bundesregierung
herbeiführen?

9. Gab es bereits Verhandlungen der Bundesregierung über eine Ökologisierung
des Steuersystems und welche Ergebnisse wurden dabei erzielt ? Welche
nächsten Schritte sind geplant ?

10.Gibt es dazu ein aktuelles Konzept und welche Hauptmaßnahmen enthält
dieses ? Wenn nicht, warum nicht? Ist eine Konzept in Planung und wann ist
mit der Fertigstellung zu rechnen ?

11. Auf welche wissenschaftlichen Grundlagen stützt sich dieses Konzept ?

12.Ein erster umfassender Umsetzungsbericht betreffend allfälliger Anpassungen
des Klimaschutzprogramms soll erst bis Anfang 2005 vorliegen. Halten Sie
diesen langen Zeitraum von zweieinhalb Jahren bis zu einer ersten
Überprüfung der bis dahin umgesetzten Maßnahmen für sinnvoll und wie
begründen Sie diesen oder wäre Ihrer Meinung nach eine erste Überprüfung
bereits nach einem Jahr sinnvoller?

13.Planen Sie, den Nationalrat laufend über den Stand der Umsetzung der
Klimastrategie zu informieren? Wenn ja in welchen Zeitabständen und in
welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

14.In welcher Form werden die themenrelevanten NGOs in Umsetzungsprozess
und Monitoring eingebunden?

15.Zu den einzelnen in der Klimastrategie dargelegten Maßnahmenprogrammen
sind keine Zeitpläne angegeben, wann die Umsetzung der einzelnen
Maßnahmen begonnen und abgeschlossen werden sollen. Existieren
derartige Zeitpläne zur Umsetzung der Maßnahmen? Wenn nein, bis wann
werden sie vorliegen? Wenn ja, bitte um Übermittlung, aufgegliedert nach
Maßnahmenbereich und Einzelmaßnahme.


16.In   welchen   internationalen   und   nationalen   Gesetzen   ist  die   rechtliche
Verbindlichkeit des Kyoto-Protokolls geregelt und wo sind diese einklagbar?

17.Wie ist der Stand der Verhandlungen mit den  Bundesländern  über die
Einführung eines bundesweit einheitlichen Energieausweises ?

18.Wann  und  unter wessen  Beteiligung  haben dazu schon Verhandlungen
stattgefunden und mit welchen Ergebnissen?

19.Wann und unter wessen Beteiligung sind dazu weitere Verhandlungen geplant
und welche Punkte sind dabei noch zu verhandeln ?

20.Welchem Modell soll der bundesweit einheitliche Energieausweis folgen ?

21.Ab wann ist die Einführung eines bundesweit einheitliche Energieausweises
geplant?

22.Wie ist das Programm zur Energieeffizienzsteigerung in Bundesgebäuden
genau gestaltet? Bitte um Darstellung.

23.Wie viele Gebäude mit wie viel Nutzfläche sind davon betroffen ?

24.Wie viele davon sind bereits energetisch untersucht worden ?

25.Bis wann werden alle Gebäude erfasst sein ?

26.Wie viele Gebäude sind bereits in den Bereichen Wärmedämmung der
Gebäudehülle,            Heizungsoptimierung Raumtemperaturregelung
Stromverbrauch energetisch optimiert worden ?

27.Zu welchen Einsparungseffekten aufgegliedert nach Kosten, Energie und CO2
haben diese Maßnahmen bereits geführt ?

28.Gibt es einen Zeitplan zur Bearbeitung der noch nicht erfassten bzw sanierten
Gebäude ? Wenn ja, wie sieht diese Zeitplanung aus ? Wenn es sie nicht gibt,
warum nicht ?

29.Gibt es eine Prioritätenreihung der noch zu sanierenden Gebäude, und wie
sieht diese aus ? Wenn es diese nicht gibt, warum nicht ?

30.Die Ausschreibungskriterien sollen auf ein um ökologische Kriterien
erweitertes Bestbieterprinzip umgestellt werden. Ab wann sollen
Ausschreibungen nach diesem Prinzip getätigt werden?

31.Welche ökologischen und klimaschutzrelevanten Kriterien werden angewandt
werden? (Bitte um Auflistung und Begründung)

32.Gibt es eine Prioritätensetzung unter diesen Kriterien ? Wie sieht diese aus ?
Wenn nicht, warum nicht ?


33.In welchen Bereichen erwarten Sie Mehrkosten durch die Berücksichtigung
Ökologischer- und Klimaschutzkriterien und wie hoch schätzen Sie diese pro
Jahr?

34.In welchen Bereichen erwarten Sie Einsparungen dadurch und wieviel pro
Jahr?

35.Welchen Klimaschutzeffekt erwarten Sie durch Maßnahmen in diesem
Bereich? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren.

36.Welche sonstigen ökologischen Effekte erwarten Sie durch diese Maßnahme
?

37.Welche Maßnahmen sind umgesetzt bzw. geplant, um klimaschutzrelevante
Inhalte wie Ökologie, Klimaschutz und Energieeffizienz im allgemeinen und im
besonderen aktive und passive Sonnenenergienutzung, maximale
Wärmedämmung, Biomasseheizungstechnologien, Umweltbelastung durch
Baumaterialen, moderne Steuerungs- und Regeltechnik verstärkt in die
baurelevanten Bildungsprogramme auf Universitäts-, HTL-, Fach- und
Berufsschulebene zu integrieren ?

38.In welchen Schultypen wurden in den letzten 2 Jahren die Lehrpläne
dahingehend verändert und konkret in welchen Fachbereichen ?

39.In welchen Schultypen gab es keine derartigen Veränderungen und warum
nicht ?

40.Welche Veränderungen sind in diesem Bereich geplant und bis wann ?

41.Wie wird die Behandlung von klimaschutzrelevanten Themen im Bereich der
Allgemeinbildenden Höheren Schulen gefördert ?

42.Inwieweit beziehen die Bundesgebäude Strom, der zur Gänze und
nachweislich aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wurde ? Welcher
Anteil der Bundesgebäude hat diese “Ökostromumstellung" bereits
vorgenommen (Bitte um Angabe nach Prozent) ?

43.Welche Umstiegspläne gibt es für die Gebäude, in denen das noch nicht der
Fall ist ?

44.Gibt es dabei Prioritäten und welche ?

45.Wie groß ist der jährliche Stromverbrauch der Bundesgebäude, und wieviel
CO2 könnte durch einen vollständigen Umstieg auf CO2-neutralen Strom
eingespart werden ?

46.Gab es bereits Verhandlungen mit Anbietern von Strom aus Erneuerbaren
Energiequellen über Belieferung der Bundesgebäude? Wann und mit welchen
Firmen und mit welchem Ergebnis? Wenn nicht, warum nicht?


47.Welche Maßnahmen wurden bisher gesetzt bzw. sind geplant, um die
Versorgung mit Lebensmitteln in Bundesgebäuden wie Krankenhäusern,
Schulen etc. weitgehend auf biologisch erzeugte Produkte umzustellen?

48.Welche Pilotprojekte gab es dazu in den letzten 2 Jahren ? Welche sind in
den nächsten 2 Jahren geplant ? Wenn es keine gab, warum nicht ?

49.Wie hoch ist der derzeitige Prozentsatz von Biolebensmitteln in
Bundesgebäuden?

50.Mit welchen zusätzliche bzw. geringeren Kosten rechnen Sie bei einer
Umstellung der Versorgung in Bundesgebäuden auf biologische Lebenmittel
auf 50%. Ersuchen um Aufschlüsselung nach den Bereichen Gemüse, Obst,
Fleisch, Eier, Getreide, Milchprodukte und vorgefertigte Produkte (wie
Nudeln...) in den Bereichen Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern,
Kasernen.

51.Welche Initiativen gibt es und welche sind geplant um die Länder in ihren
Wirkungsbereichen zum verstärkten Einsatz von Biolebensmitteln zu bringen ?
Wenn es keine gibt, warum nicht ?

Zur Erreichung der Kyoto-Ziele sollen auch Projekte im  Rahmen der Flexiblen
Mechanismen Jl und CDM gefördert werden

52.Welche Erfahrungen/Pilotprojekte gibt es dazu bereits? Ersuchen um
Aufgliederung nach Staaten, Branchen, erzielte Treibhausgasreduktionen,
Höhe des Förderungsanteils, Arbeitsplatzeffekte in Österreich.

53.Welches Potential sehen Sie aus diesen Erfahrungen für die Anwendung
dieser Flexiblen Mechanismen zur Erreichung des österreichischen Kyoto-
Ziels ?