4169/J XXI.GP

Eingelangt am: 10.07.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Parnigoni

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend zwanghafte Einweisung in eine psychiatrische Klinik

Laut einer Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft im Zuge ihrer Kollegialen
Sitzung vom 8.2.2002 wurde festgestellt, dass die am 16.5.2000 erfolgte zwanghafte
Einweisung des Herrn Ing. Erhard Pichler aus Langenlois in eine psychiatrische Klinik
im Zuge eines Rücktransportes von der Ambulanz des KH St. Polten rechtswidrig
gewesen sei. Dadurch sei ein Missstand im Bereich der Verwaltung im Sinne des Art.
148 a des Bundes-Verfassungsgesetzes aufgetreten. Darüber hinaus habe das
Bundesministerium für Inneres bei aufsichtsbehördlicher Beurteilung dieser
Amtshandlung zu ZI. 6506/878-II/4/01 keine Rechtswidrigkeit erkannt, so der Vorwurf
der Volksanwaltschaft.

Ing. Pichler beklagt in seiner Beschwerde gegenüber der Volksanwaltschaft, dass er an
erwähntem 16.5.2000 durch einen hiezu nicht befugten Arzt in Traismauer auf
Vorliegen einer allfälligen Geisteskrankheit untersucht und anschließend gegen seinen
Willen in Begleitung von Gendarmeriebeamten in das LKH Mauer gebracht worden sei.

Nach § 8 UBG (Unterbringungsgesetzes) darf eine Person aber gegen ihren Willen nur
dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender
Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen
der Unterbringung vorliegen.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres
nachstehende

Anfrage:

1.   Sind Sie der Meinung, dass es sich in oben erwähntem Falle um eine zwanghafte
Einweisung in eine psychiatrische Klinik handelte? Wenn nein, warum nicht?

2.   Wer war mit der Bearbeitung der Beschwerde des oben erwähnten Herrn Ing.
Pichler vom 19.2. 2001 betraut und welche Maßnahmen wurden seitens des BMI
als Aufsichtsbehörde ergriffen bzw. welche Untersuchungen wurden angestellt?


3.   Wurden Sie persönlich von oben erwähntem Fall unterrichtet? Wenn ja, wann
und von wem und welche Maßnahmen ergriffen Sie daraufhin?

4.   War der zweiteinschreitende Arzt Dr. Pramendorfer, der von der Gendarmerie
herbeordert wurde, in offizieller Vertretungsfunktion des zuständigen
Gemeindearztes tätig? Wenn ja, wie kann dies belegt werden und wann und wie
wurde dies vom BMI überprüft? Wenn nein, warum wurde dies von Ihrem
Ministerium als Aufsichtsbehörde nicht beanstandet?

5.   Warum war der zuständige Gemeindearzt bei der Beurteilung dieses oben

skizzierten Falles verhindert bzw. welche Versuche wurden seitens der Exekutive
unternommen, um ihn beizuziehen?

6.   Ist die zwanghafte Einweisung einer Person in eine psychiatrische Klinik mittels
Rezeptformular anstelle einer Parere (Zwangseinweisungsformular) rechtlich
zulässig? Wenn nein, warum hat Ihr Ministerium dies als Aufsichtsbehörde nicht
beanstandet?

7.   Sind Sie der Meinung, dass sämtliche Elemente des Unterbringungsgesetzes von
den amtshandelnden Gendarmeriebeamten vollständig dargestellt bzw. erhoben
wurden? Wenn nein, wer ist schuld an diesem Missstand und was sollten Ihrer
Meinung nach die Konsequenzen aus diesem Fehlverhalten sein?

8.   Sind Sie der Meinung, dass das BMI als Aufsichtsbehörde ihre Sorgfaltspflicht in
diesem Fall vernachlässigt hat? Wenn nein, womit begründen Sie dies?

9.   Ihr Kabinett teilt in einem Schreiben vom 21.3.2001 Herrn Ing. Pichler mit, dass
aus dem Erhebungsergebnis hervorgehe, dass bei der Überprüfung des
Sachverhaltes ein Fehlverhalten der involvierten Gendarmeriebeamten nicht
fesgestellt werden konnte. Welche Erhebungen wurden von wem durchgeführt
und durch welche Fakten kam Ihr Kabinett zu dem Schluss, dass kein
Fehlverhalten vorlag?

10. In welcher Form werden Exekutivbeamte in der Handhabe von
freiheitsentziehenden Maßnahmen geschult?

11. Welche Maßnahmen werden Sie als zuständige Aufsichtsbehörde ergreifen, um
die Gefahr, dass es künftig zu unberechtigten zwanghaften Einweisungen in
psychiatrische Kliniken kommt, zu minimieren?