4185/J XXI.GP

Eingelangt am: 10.07.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

betreffend die Gefährdung der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung
aufgrund des Fehlens von Regelungen durch das BMVIT (Bundesministerium für
Verkehr, Innovation und Technologie) über Schienenfahrzeuge

Das einzige staatliche Regelwerk über Emissionen von Schienenfahrzeugen ist die
Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die
Lärmzulässigkeit von Schienenfahrzeugen (Schienenfahrzeug-
Lärmzulässigkeitsverordnung - SchLV) StF: BGBI. Nr. 414/1993. Seit damals hat das
BMVIT (BMÖWV, BMWVK, BMWV) keinerlei Regelwerke über Schienenfahrzeuge
erlassen. Dies trotz des allgemein unbestrittenen Regelungsbedarfs und des
zwischenzeitlich in Kraft getretenen Bundesvergabegesetzes 1997 und 2002.
Inzwischen sind das Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz, das
Schienenverkehrsmarktregulierungsgesetz, das Deregulierungsgesetz, das
Interoperabilitätsgesetz und zahlreiche andere Bestimmungen in Kraft getreten, die
eine weitgehende Öffnung der Schienennetze gewährleisten bzw. gewährleisten
sollen.

Liberalisierung bedeutet Wettbewerb, mit allen positiven und negativen Folgen, und
Wettbewerb heißt Kostendruck. Um die Kosten niedrig zu halten bietet sich der Kauf
billiger Lokomotiven (etwa alter DDR-Loks (“232")) an. Die daraus resultierende
Beeinträchtigung durch Emissionen verursachen betriebswirtschaftlich keine Kosten,
sie stellen daher ein wirksames Wettbewerbsinstrument dar.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.  Stimmt es, dass es für die Emissionen der Verbrennungsmotore von

Schienenfahrzeugen keinerlei Regelungen gibt, weder für Feststoffemissionen
(Ruß, unverbrannte Feststoffe und andere Partikel) noch für gasförmige
Emissionen? Wie hoch ist die bestehende Gesundheitsgefährdung daraus?

2. Welche Grenzwerte für die Emissionen der Verbrennungsmotoren von
Schienenfahrzeugen halten Sie für sinnvoll?


3.  Stimmt es, dass es sogar 2-Takt-Motore bei einzelnen Fahrzeugen

(“Kleinwagen")-gibt? Wie hoch ist die bestehende Gesundheitsgefährdung in
diesem Fall?

4.  Stimmt es, dass es in manchen Werkstätten für Eisenbahnfahrzeuge sogar
Absaugeinrichtungen gibt, damit die zulässigen MAK-Werte (Mittlere
Arbeitsplatzkonzentration) gemäß den geltenden
Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingehalten werden können?

5.  Wie können Sie es verantworten, dass Fahrgäste und Anrainer höheren
Konzentrationen von Luftschadstoffen aus Schienenfahrzeugen ausgesetzt
werden als Arbeitnehmer, weil es seitens des BMVIT keinerlei Regelung gibt?
Was ist mit Werkstätten, die nicht entsprechend ausgerüstet sind?

6.  Stimmt es, dass mit Ausnahme der ÖBB und der Raab-Oedenburg-
Ebenfurther Eisenbahn AG alle Eisenbahnverkehrsunternehmen mit
Österreichkonzession nur über Dieselfahrzeuge verfügen? Was bedeutet dies
für die Gesundheit der Bevölkerung, sollte nicht elektrische Traktion bevorzugt
werden?

7.  Stimmt es, dass viele Eisenbahnunternehmen für Transportleistungen im Netz
der ÖBB gebrauchte Lokomotiven (etwa der uralten DDR-Baureihe 232)
beschafft haben? Sind diese Fahrzeuge nicht aus Gesundheits- und
Umweltperspektive noch gefährlicher als neue Fahrzeuge?

8. Agiert das BMVIT nicht fahrlässig, wenn es beim Wettbewerb von
Eisenbahnunternehmen von Vorteil sein kann, dass Gesundheits- und
Umweltgefährdungen (wie oben beschrieben) zugelassen werden, weil das
BMVIT noch immer keinerlei Grenzwerte festgelegt hat?

9.  Weshalb setzt sich das BMVIT in EU-Gremien und in anderen internationalen
Gremien nicht für die Festlegung von Grenzwerten für die Emissionen von
Schienenfahrzeugen auf internationaler Basis ein? Benötigt das BMVIT
Unterstützung?

10. Setzen Sie sich für die gesundheitsbezogene Festlegung von Grenzwerten
für die Emissionen von Schienenfahrzeugen auf internationaler Basis ein,
wenn ja, wie im einzelnen, und wenn nein, warum nicht?

11. Ist der Eindruck richtig, dass die für Gesundheit, für Wirtschaft (Wettbewerb)
und Verkehr zuständigen Ressorts Gesetze und Verordnungen im Regelfall
erst im Rahmen der Begutachtungsverfahren abstimmen und ihre
Maßnahmen nicht schon im Vorfeld abstimmen, wie die Stellungnahmen der
Ressorts im Rahmen der Begutachtungsverfahren vermitteln?