4200/J XXI.GP

Eingelangt am: 11.07.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Verfahren der Staatsanwaltschaft Wien gegen Karl Öllinger

Am 13. April 2002 erstattete ein Beamter der WEGA nach den
Demonstrationen im Zusammenhang mit der Wehrmachtsausstellung und dem
Aufmarsch der Neo-Nazis am Heldenplatz eine Meldung, wonach gegen den
Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger der Verdacht des versuchten
Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269 StGB) bestehen würden.

In dieser Meldung behauptet der Beamte der WEGA: “(Abg. z. NR Öllinger
Karl) versuchte mehrmals an mir vorbeizukommen, indem er mich öfters zur Seite
drängen versuchte, in der unverkennbaren Absicht, so zu der Festgenommenen zu
gelangen. Aufgrund dieser Aktion wurde er von mir mit vorgehaltenem Schild
zurückgedrängt. Da es Öllinger nicht gelang, an mir vorbeizukommen, ergriff er
plötzlich mit beiden Händen meinen Schutzschild und versuchte, mir dieses durch
Gewaltanwendung zu entreißen. [...]

Abg. z. NR Öllinger versuchte offensichtlich durch sein Gewaltanwendung zum
einen die durch mich gesetzte rechtmäßige Amtshandlung, nämlich das
Zurückdrängen anderer Demonstrationsteilnehmer, und zum anderen die
rechtmäßige Amtshandlung des Mjr. A. zu verhindern. Tatsächlich gelang es
anderen Manifestanten, die gemeinsam mit Öllinger in Richtung der Festgenommen
drängten, bis zu dieser zu gelangen und die Fortführung der Amtshandlung von
Mjr. A zu verhindern. Die Festnahme wurde somit unmöglich gemacht und die
Festgenommene konnte entkommen."

Dieser Sachverhalt wurde der Staatsanwaltschaft Wien seitens der
Bundespolizeidirektion Wien (Büro für Staatsschutz) am Nachmittag des 15. April
2002 zur allfälligen strafrechtlichen Beurteilung zur Kenntnis gebracht. Ein weiteres
Ermittlungsergebnis betreffend die Ergebnisse der Einvernahme von zwei WEGA-
Beamten sowie die Personalia von Abg. z. NR Karl Öllinger wurde am 16. April 2002
nachgereicht.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat das Bundesministerium für Justiz vor längerer
Zeit über dieses Strafverfahren informiert und Bericht erstattet. Aufgrund einer
telefonischen Anfrage bei der Staatsanwaltschaft Wien durch den Rechtsanwalt von
Karl Öllinger wurde mitgeteilt, dass - nach bald drei Monaten seit dem Vorfall - nach
wie vor kein Ergebnis vom Ministerium vorliegt und der Akt bei der
Staatsanwaltschaft Wien mit 20. August 2002 kalendiert ist.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.    Wann ist die Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien mit der

ZI. I-2409/STS/02 gegen Abg. z. NR Karl Öllinger bei der Staatsanwaltschaft
Wien eingelangt?

2.    Unter welcher Geschäftszahl laufen die Erhebungen gegen Abg. z. NR Karl
Öllinger bei der Staatsanwaltschaft Wien?

3.    Wer ist in der Staatsanwaltschaft Wien für das Verfahren zuständig?

4.    Wurde das Bundesministerium für Justiz von der Staatsanwaltschaft Wien
von dem Verfahren bereits informiert? Wurde der Bundesminister für Justiz
persönlich von dem Verfahren informiert? Wenn ja, wann?

5.    Welche Ermittlungen wurden von der Staatsanwaltschaft Wien in dem
Verfahren bereits durchgeführt?

6.    Wie wird bei Strafanzeigen gegen Abgeordnete zum Nationalrat
normalerweise vorgegangen?

7.    Wie werden die in der Meldung aufgestellten Behauptungen in

strafrechtlicher Sicht von der Staatsanwaltschaft Wien beurteilt? Wie vom
Bundesministerium für Justiz? Worin liegt die Gewaltanwendung bzw. die
Drohung mit Gewalt und welche Amtshandlung soll dadurch behindert
worden sein?

8.    Was ist die Ursache, dass nach nahezu drei Monaten seit dem Vorfall noch
keine Entscheidung des Bundesministeriums für Justiz vorliegt?

9.    Dauert es in gleichgelagerten Sachverhalten immer derartig lange, bis die
Anzeige zurückgelegt bzw. der Beschuldigte erstmals einvernommen wird?

10.  Sind zu einer abschließenden Beurteilung durch das Bundesministerium für
Justiz noch ergänzende Erhebungen notwendig? Wenn ja, welche?

11. Wie wird das Bundesministerium für Justiz in diesem Verfahren entscheiden
und wann kann mit dieser Entscheidung gerechnet werden?

12. Geht das Bundesministerium für Justiz bei dem angezeigten Sachverhalt
davon aus, dass dieser offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der
politischen Tätigkeit Karl Öllingers steht?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wird eine Entscheidung des Nationalrates eingeholt werden?