4233/J XXI.GP
Eingelangt am: 11.07.2002
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Muttonen und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend soziale Lage der österreichischen Kunstschaffenden
KünstlerInnen zählen - mit Ausnahme einer kleinen
Gruppe von 1-2%
Spitzenverdienern - zu den einkommensschwächsten Gruppen der
österreichischen
Bevölkerung. Der Großteil der österreichischen Kunstschaffenden
kämpft - obwohl gut
ausgebildet und hochmotiviert - mit extrem schlechten ökonomischen
Bedingungen. Die
wenigen statistischen Erhebungen der letzten Jahre zeigen deutlich auf, dass
die
Mehrzahl der Künstlerinnen über ein geringeres Einkommen als das
durchschnittliche
Unselbständigen-Einkommen verfügt; rund 80 % der Künstlerinnen
bleiben mit ihrem
künstlerischen Einkommen sogar unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz.
Die sozialrechtliche Absicherung der Künstlerinnen ist ausgesprochen
schlecht:
Kollektiv- oder Gesamtverträgen vergleichbare Regelungen für die
Ausübung
künstlerischer Tätigkeit existieren so gut wie keine; ein hoher
Prozentsatz der Kunst-
und Kulturschaffenden bewegt sich im Graubereich des Sozial rechts - immer auch
davon abhängig, ob die Finanzmittel des Vereines oder der Organisation,
für die die
Künstlerinnen tätig sind, die Nebenkosten einer voll
sozialversicherten Beschäftigung zu
tragen vermögen oder eben nicht.
Von einem umfassendem
Künstlersozialversicherungsmodell, das auch den Bereich der
Kranken- und Unfallversicherung mit einbezieht, ist keine Rede mehr; auch daher
ist die
Unzufriedenheit der Kunstschaffenden mit den
neuen Regelungen zur
“Künstlersozialversicherung"
als bloßem Pensionszuschuss entsprechend hoch: rund
76% der Autoren, 61% der freien Theaterschaffenden, 61% der Filmschaffenden und
sogar 91% der bildenden Künstler lehnen
die mit 1.1.2001 in Kraft getretenen
Neuregelungen ab.
Die Rahmenbedingungen für künstlerische Tätigkeiten haben sich in den
letzten Jahren
durch Förderungskürzungen und -Streichungen massiv verschlechtert.
Die angeblich
großzügige, tatsächlich aber im europäischen Maßstab
bestenfalls durchschnittliche
Kunst- und Kulturförderung in Österreich zeigt gerade im Bereich der
selbständigen
künstlerischen Tätigkeiten am wenigsten Treffsicherheit.
Eine umfassende Erhebung der sozialen Realität der
Kunstschaffenden in Österreich ist
die Bundesregierung bisher schuldig geblieben, obwohl eine derartige Analyse
der
Einkommens- und Lebensbedingungen der Künstlerinnen eine wichtige Basis
für
politische Umsetzungsprozesse bilden könnte.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende
Anfrage:
1. Wie in der
Einleitung ausgeführt, ist Statistikmaterial zur sozialen Lage und zum
Einkommen der Kulturschaffenden in Österreich nur in unzureichendem
Ausmaß
bzw. nicht in komprimierter und aktueller Form
vorhanden. Planen Sie eine
umfassende und empirische Untersuchung zur sozialen und wirtschaftlichen Lage
der Kunstschaffenden in Österreich in Auftrag geben zu lassen?
2. Wenn ja, innerhalb welchen Zeithorizonts soll diese Analyse realisiert werden?
3. Werden diese Daten die Basis einer neuen Kulturstatistik bilden?
4. Ist eine
Verknüpfung dieser Datenbank mit Wirtschaftsdaten der Statistik Austria
und
die Einbeziehung aller Interessensvertretungen (IG Autorinnen und Autoren, IG
Kultur Österreich,
IG Bildende Kunst, IG Freie Theaterarbeit,
Übersetzergemeinschaft, Dachverband der Filmschaffenden, IG Architektur,
Musikergilde, konsortium.Netz.kultur,
Berufsvereinigung der bildenden Künstler,
Verband Freier Radios, Voice sowie
Gewerkschaft, Verwerter und Fachverbände)
bei der Erstellung der Analyse vorgesehen?
5. Auf welchen Erhebungen
beruhen Ihre bisherigen Berechnungen wie z.B. für die
Einführung der Künstlersozialversicherung?
6. In welchen
Bereichen wurden die letzten empirischen Untersuchungen zur sozialen
Lage der Künstlerinnen in Österreich durchgeführt?
7. Wie viele
Kunstschaffende waren 1998, 1999, 2000, 2001 und 2002 jeweils im
Bereich Darstellende Kunst, Film/Kino/Video/Medienkunst, Festspiele und
Großveranstaltungen,
Musik, Bildende Kunst/Fotographie/Architektur/Design,
Literatur und Kulturinitiativen tätig?
8. Wie hoch waren die
durchschnittlichen Jahreseinkommen dieser Kunstschaffenden
aus der künstlerischen Tätigkeit gegliedert nach Geschlechtern und
Sparten?
9. Wie hoch ist der
Anteil an Kunstschaffenden, die aus den Einkünften aus
künstlerischer Tätigkeit ihren Lebensunterhalt bestreiten
können?
10. Wie hoch ist der Anteil
an sogenannten “atypischen" Beschäftigungsverhältnissen im
Kunst- und Kulturbereich in Österreich
und wie hat sich dieser Anteil in den letzten
zehn Jahren entwickelt?
11. Untersuchungen in
Deutschland haben ergeben, dass die Einkommen der
männlichen und weiblichen Kunstschaffenden um rund V«, differieren.
Ist diese
Situation, wonach die Einkommen der weiblichen Kunstschaffenden um rund !4
niedriger als die der männlichen Kollegen sind, auch in Österreich zu
beobachten?
12. Was gedenken Sie zu unternehmen, um dieser Entwicklung gegenzusteuern?
13. Auch im europäischen Konnex gewinnt das Thema Kultur als wichtiges
Beschäftigungsfeld, Kulturwirtschaft und ihr Wachstumspotential
zunehmend an
Bedeutung. Welche Studien sind in Österreich geplant, um das potentielle
kulturelle
Beschäftigungspotential für alle Wirtschaftsbereiche zu untersuchen?
14. Wie in der Einleitung bereits ausgeführt, ist die Unzufriedenheit der
Kunstschaffenden mit der Künstlersozialversicherung
sehr hoch. Sind Sie mit der
Künstlersozialversicherung zufrieden?
15. Wie hat sich die
Einführung der Künstlersozialversicherung auf die soziale Lage der
Kunstschaffenden in Österreich ausgewirkt?
16. Welche Erhebungen wurden
dazu bisher durchgeführt und in welcher Form werden
die Resultate der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden?
17. Werden Sie - wie in
667/AE XXI.GP gefordert - bis Ende September 2002 einen
Bericht über die Auswirkungen des
Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes
vorlegen, der- analog dem deutschen Beispiel - die soziale Lage der
Künstlerinnen
in Österreich beleuchtet und als Entscheidungsgrundlage für eine
Novelle des
Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes dienen kann?
18. Wie aus Pressemeldungen
und Anfragebeantwortungen (3232/AB) hervorgeht,
verfügt der Künstler-Sozialversicherungsfonds über
beträchtliche Mehreinnahmen.
Wie hoch sind diese und wofür werden diese Mehreinnahmen konkret verwendet
werden?
19. Ist für Sie eine
Erhöhung der Zuschüsse bzw. eine Ausweitung des
BezieherInnenkreises vorstellbar?
20. Das K-SVFG wurde von
auch Mitgliedern Ihrer Fraktion als “Fuß in der Tür" oder
“erster maßgeblicher Schritt"
bezeichnet. Welche darüber hinausgehenden
Maßnahmen zur Erweiterung der sozialen Absicherung der Künstlerinnen
planen
Sie?
21. Kunststaatssekretär
Morak hat im März 2001 eine Studie zum Kunstsponsoring
angekündigt, deren Fertigstellung für das erste Quartal 2002 geplant
war (3111/AB).
Wann werden die Resultate der Untersuchung präsentiert werden?