4235/J XXI.GP

Eingelangt am: 11.07.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Maier, Mag. Ulrike Sima, Mag. Gassner, Wimmer,

Faul, Schwemlein

und Genossinnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Liquidation von fünf Bundesanstalten per E-Mail durch den Generalsekretär

Ende April d. J. wurden die Leiter von fünf bewährten Forschungseinrichtungen Ihres
Ressorts per Dienstzettel - via E-Mail - verständigt, dass sie als eigenständige Einheit
liquidiert werden. Weiters wird daraufhingewiesen, dass die neue Bundesanstalt “....zur
Ernährungsagentur und zur bestmöglichen Unterstützung der Politik" geschaffen werden soll.

Mit dieser - nach BM Böhmdorfer's Liquidierung des international anerkannten
Jugendgerichtshofes - ungeheuerlichen Vorgangsweise stellen Sie einmal mehr unter
Beweis, dass Sie die von den Betroffenen erarbeiteten Reformkonzepte völlig ignorieren und
es Ihnen offenbar nicht um die Einbeziehung der Betroffenen bei der Reorganisationsplanung
gegangen ist. Mit der von Ihrem Generalsekretär vorgeschlagenen Anstalt, soll ein
heterogener “Forschungsmoloch" mit über 600 Dienstposten geschaffen, in der “Kraut, Rüben
und Wald" zusammengemixt werden, mit dem weiteren Ziel kritische Forscher zum
Schweigen zu bringen.

Darüber hinaus wird das - von dieser Regierung in zahlreichen mündlichen und schriftlichen
parlamentarischen Anfragebeantwortungen immer wieder als erfolgreich gelöste -
Verwaltungsinnovationsprojekt “Budgetflexibilisierung" der Bundesanstalt für
Bergbauernfragen nicht weitergeführt werden, wenn man die Eigenständigkeit dieser Anstalt
liquidiert. Die Liquidation der Bundesanstalt für Berggebietforschung kann wohl nicht der
Beitrag des österreichischen Landwirtschaftsministers zum internationalen Jahr der Berge
sein:

So soll der künftige Direktor der neuen Bundesanstalt in spe nichts von freiwilliger
Zusammenarbeit von Bundesanstalten halten, im Gegenteil, er spricht von der Notwendigkeit
einer “arabischen Zwangsehe".


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

nachstehende

Anfrage:

1.      Ist es Ihr neuer Stil per Dienstzettel - via E-Mail - bewährten

Forschungseinrichtungen Ihres Ressorts durch Ihren Generalsekretär mitzuteilen,
dass diese als eigenständige Einheit liquidiert werden?

2.      Haben Sie vorn Justizminister, welcher per Fax den international anerkannten

Jugendgerichtshof auflöst, übernommen, Reorganisationen in Ihrem Ressort über die
Köpfe der Betroffen und unter Negierung der von den Betroffenen erarbeitenden
Reformkonzepte, durchzuführen?

3.      Ist Ihr Generalsekretär so schwach oder so überfordert, dass er sich nicht einer
inhaltlichen Diskussion stellen kann oder darf?

4.      Was haben Sie als Ressortleiter unternommen, um die Erfahrungen und

Überlegungen der betroffenen Bundesanstalten bezüglich einer effektiven und
effizienten Verwaltungsreform und Wissenschaftstätigkeit bei Reformüberlegungen
zu berücksichtigen?

5.      Inwieweit sind die Erfahrungen der Bundesanstalt für Bergbauernfragen, die sehr
erfolgreich (und mit der Unterstützung der gesamten Belegschaft) am Pilotprojekt
“Flexibilisierung" teilnimmt, bei Ihren Überlegungen eingeschlossen?

6.      Wenn nein, warum glauben Sie, es sich leisten zu können, wesentliche Erfahrungen
völlig auszublenden?

7.      Warum haben Sie als Ressortverantwortlicher bzw. hat Ihr Generalsekretär auf die
Vorschläge der beiden Direktoren der agrarökonomischen Bundesanstalten mit der
zuständigen Fachabteilung Ihres Ressorts - in Ihrem Auftrag - auf diese Vorschläge
nie reagiert?

8.      Warum werden diese Reformvorschläge von Ihnen bzw. Generalsekretär völlig
ignoriert?

9.      Sind Sie der Meinung, dass die Schaffung großer, unbeweglicher und aufgrund

zusätzlich geschaffener Hierarchien kostenintensiver Konstrukte der richtige Weg in
Richtung einer modernen, flexiblen und kosteneffizienten Verwaltung darstellt?

10.    Sind Sie der Meinung, dass durch Konstruktion dieses Kolosses eine möglichst hohe
Flexibilität gewährleistet ist?

11.    Sind Sie der Meinung, dass die Flexibilität mit neuen Hierarichieebenen abnimmt?


12.    Sind Sie der Meinung, dass die Bundesanstalt für Bergbauernfragen, die seit dem
Jahr 2000 mit nachweislich großem Erfolg am Pilotprojekt “Flexibilisierung"
teilnimmt, diese in dieser Form weiterfuhren soll?

13.    Sind Sie der Meinung, dass diese Erfahrung aus dem Projekt für die gesamte
Verwaltung von großer Bedeutung sein kann?

14.    Warum verordnen Sie als Bundesminister dieses Ressorts diese

Megaverwaltungseinheit mit Wissenschaftstouch, die nur zusätzlich hoch dotierte
Posten für Wenige, aber insgesamt höheren Budgetbedarfs, jahrelange Behinderung
der Wissenschafterinnen in Ihrer Forschungstätigkeit und eine Einschränkung der
innovativen Bundesanstalten bringt?

15.    Warum vertrauen Sie nicht auf den Reformwillen und die Reformfähigkeit jedes
Einzelnen Ihrer Bundesanstalten?

16.    Haben Sie nicht mit der Evaluierung der Ergebnisse des Pilotprojektes

“Flexibilisierung" und anderer innovativer Maßnahmen die besseren Argumente für
eine Verwaltungsreform in der Hand?

17.     Glauben Sie nicht auch, dass die Zukunft zeigen wird, dass die Schaffung einer
ohnehin nur “flankierenden" Megabundesanstalt die schlechtere Alternative einer
Verwaltungsreform ist?

18.    Sind Ihnen die zentralen Themenbereiche “ländliche Entwicklung", “Nachhaltigkeit"
und “Wald" - nachdem Sie den dafür zuständigen Anstalten nur eine “flankierende"
Rolle zur Ernährungsagentur zugestehen - wirklich so wenig wert?

19.    Finden Sie nicht, dass für eine gesunde Ernährung die Nachhaltigkeit in der
Landwirtschaft im ländlichen Raum eine unbedingte Voraussetzung darstellen?

20.     Stehen Ihre Prioritäten nicht auf dem Kopf anstatt auf den Füßen?

21.    Gibt es einen Zusammenhang zwischen der ablehnenden Haltung des VP-

Bauernbunds, der in der Vergangenheit immer wieder Ergebnisse von Studien der
Bundesanstalt für Bergbauernfragen heftig gegriffen hat und die Anstalt selbst in
Frage stellte - und der geplanten Zerschlagung der Bundesanstalt für
Bergbauernfragen als eigenständige Wissenschaftseinrichtung?

22.     Steht die Eingliederung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen in die neu zu

konzipierende Bundesanstalt damit im Zusammenhang, dass in Ihrem kürzlich fertig
gestellten Forschungsprojekt aufgezeigt wurde, dass den agrar- und
regionalpolitischen Fördermaßnahmen - differenziert nach Maßnahmen - nicht
Unisono Beschäftigungseffekte zukommen, sondern Maßnahmen differenziert auch
Einkommenseffekte entstehen, die in keiner Relation zu den damit gesicherten
Beschäftigten stehen?


23.    Inwieweit steht die unterschiedliche Auffassung des Ressorts gegenüber diesen
wissenschaftlichen Ergebnissen der Bundesanstalt im Zusammenhang mit der
geplanten Auflösung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen?

24.    Wie wollen Sie auch weiterhin die Unabhängigkeit von Expertisen in diesen
Bereichen garantieren?

25.    Wie wollen Sie gewährleisten, dass innerhalb einer Reorganisation eine innovative
Eigenständigkeit erhalten wird?

26.    Warum sprechen Sie sich gegen eine eigenständige, freie und objektive
Bundesforschung aus bzw. lassen Ihren Generaldirektor freie Hand, um die
Bundesforschung inhaltlich und organisatorisch niederzufahren?

27.    Haben Sie Herr Bundesminister bzw. Ihr Generalsekretär die Erfahrungen der
Bundesanstalt für Bergbauernfragen, die mit dem Pilotprojekt
“Flexibilisierungsklausel" einen neuen, innovativen und richtungsweisenden Weg für
den Bereich der Bundesverwaltung beschritten und dabei sowohl was die finanzielle
Situation als auch den wissenschaftlichen Erfolg betrifft, außerordentliche Erfolge
erzielt hat, beim Reorganisationsvorhaben berücksichtigt?

28.    Warum lassen Sie diese so erfolgreiche, kleine, wissenschaftlich hervorragende und
überaus effiziente Einheit, in bewährter Weise nicht weiterarbeiten?

29.    Könnten durch ein längeres Bestehen dieses Reformmodells

“Flexibilisierungsklausel" der Bundesanstalt für Bergbauernfragen nicht wertvolle
Erfahrungen für andere Bereiche der Bundesverwaltung für die Zukunft gewonnen
werden?

30.    Wie wollen Sie anlässlich des internationalen Jahres der Berge 2002 die Liquidation
der Bundesanstalt für Bergbauernfragen, die sich vor allem mit Fragen des
Berggebietes beschäftigt, begründen?

31.    Wird Österreich dadurch nicht als Partner im Rahmen der Forschung und Politik für
den Bergraum unglaubwürdig und unbedeutend?

32.    Ist die Liquidation der Eigenständigkeit der Bundesanstalt für Bergbauernfragen Ihr
Beitrag zum internationalen Jahr der Berge 2002?

33.    Stimmt es, dass der auf Karrieresprünge wartende Sonderbeauftragte Ihres

Ministeriums im Zusammenhang mit der Reorganisation für “arabische Zwangsehen"
plädiert?

34.    Glauben Sie nicht auch, dass damit der Wunsch nach einer “Vergewaltigung"
insbesondere der Bundesanstalt für Bergbauernfragen inkludiert ist?

35.    Will man damit vielleicht die positiven Rücklagen aus der Budgetflexibilisierung der
Bundesanstalt für Bergbauernfragen als “Zwangsbrautpreis" einkassieren?

36.    Wie wollen Sie das verhindern?


37.    Glauben Sie, dass jemand, der für “arabisch Zwangsehen" statt freiwilliger

Zusammenarbeit eintritt, die notwendige Leitungsqualifikation für die Leitung der
neuen Anstalt mitbringt?

38.    Bei der Aufgabenfindung für die geplante “Bundesanstalt für ländliche Entwicklung
und Wald" wurden auch sogenannte “Branchenvertreter" herangezogen. Herr
Bundesminister, welche Institutionen und Experten wurden konkret als
“Branchenvertreter" herangezogen?