4236/J XXI.GP

Eingelangt am: 11.07.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Abs. 2 des Art. 3 der Entschließung der Europäischen Union vom 19.7.1997 zu den
Mindestgarantien für unbegleitete Minderjährige
lautet: “Unbegleitete Minderjährige
sollten unabhängig von ihrer Rechtsstellung Anspruch auf den notwendigen Schutz
und die notwendige Grundversorgung nach Maßgabe des nationalen Rechts haben".
Abs. 5 desselben Artikels besagt: “Wird für unbegleitete Minderjährige ein Vormund
bestellt, so sollte dieser gemäß dem nationalen Recht darauf achten, dass die
Bedürfnisse der Minderjährigen (z.B. rechtliche, soziale, medizinische oder
psychologische) angemessen befriedigt werden". Tatsache ist, dass 1999 knapp 600
minderjährige Flüchtlinge in österreichischen Schubhaftanstalten eingesperrt waren.
Tatsache ist ferner, dass die Regierungsvorlage zur Novellierung des
Fremdengesetzes entgegen der Empfehlungen des Menschenrechtsbeirats des
Innenministeriums die rechtswidrige “Altersfeststellung" durch
Handwurzelknochenröntgen bei Minderjährigen vorsieht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wie viele unbegleitete Minderjährige stellten jeweils in den Jahren 2000 und 2001
einen Asylantrag?

2. Wie viele Asylverfahren von unbegleiteten Minderjährigen wurden jeweils in den
Jahren 2000 und 2001 rechtskräftig positiv bzw. rechtskräftig negativ
abgeschlossen?

3.  Über wie viele Minderjährige wurde in Österreich jeweils im 2. Halbjahr 2000, im
1. Halbjahr 2001, im 2. Halbjahr 2001 und im 1. Halbjahr 2002 die Schubhaft
verhängt?

4. Wie viele dieser Minderjährigen waren unbegleitet, d.h. ohne

Erziehungsberechtigte, jeweils im 2. Halbjahr 2000, im 1. Halbjahr 2001, im 2.
Halbjahr 2001 und im 1. Halbjahr 2002 in Österreich?


5. Wie sieht die Altersverteilung der Minderjährigen aus, die in Schubhaft

genommen wurden (aufgeschlüsselt nach Halbjahren 2000 und 2001 und im 1.
Halbjahr 2002)?

6. Aus welchen Herkunftsländern stammten diese Minderjährigen? (aufgeschlüsselt
nach 2. Halbjahr 2000, 1. Halbjahr 2001, 2. Halbjahr 2001 und im 1. Halbjahr
2002)

7. Wie lange wurden die Minderjährigen durchschnittlich in Schubhaft gehalten?
Wie lange betrug die längste Schubhaftdauer bei Jugendlichen? (aufgeschlüsselt
nach Anhalteorten)

8. Welche Massnahmen wurden gesetzt, um der Empfehlung des

Menschenrechtsbeirates zu entsprechen, derzufolge die Anhalteordnung
dahingehend umzuändern sei, dass sie insbesondere den im CPT-Bericht
Juveniles deprived of their Liberty - 9th General Report on the Activities of the
CPT, sowie den übrigen in CPT Berichten geforderten Haftstandards für die
Unterbringung von Kindern und Jugendlichen entspricht?

9. Wie viele Minderjährige wurden 2000 abgeschoben?

Wie viele wurden davon bezugnehmend auf § 4 Asylgesetz in “sichere

Drittländer" zurück geschoben?

Wie viele wurden davon in ihr Herkunftsland abgeschoben?

Wenn diesbezüglich bei den zuständigen Behörden keine verwertbaren oder

automationsunterstützt erfassten Daten vorliegen: warum haben Sie seit Ihrer

letzten diesbezüglichen Anfragebeantwortung nicht die Erfassung solcher Daten

veranlasst?

10. Wie viele Minderjährige wurden 2001 abgeschoben?

Wie viele wurden davon bezugnehmend auf § 4 Asylgesetz in “sichere

Drittländer" zurück geschoben?

Wie viele wurden davon in ihr Herkunftsland abgeschoben?

Wenn diesbezüglich bei den zuständigen Behörden keine verwertbaren oder

automationsunterstützt erfassten Daten vorliegen: warum haben Sie seit Ihrer

letzten diesbezüglichen Anfragebeantwortung nicht die Erfassung solcher Daten

veranlasst?

11. Wie viele Minderjährige wurden im 1. Halbjahr 2002 abgeschoben?
Wie viele wurden davon bezugnehmend auf § 4 Asylgesetz in “sichere
Drittländer" zurück geschoben?

Wie viele wurden davon in ihr Herkunftsland abgeschoben?
Wenn diesbezüglich bei den zuständigen Behörden keine verwertbaren oder
automationsunterstützt erfassten Daten vorliegen: warum haben Sie seit Ihrer
letzten diesbezüglichen Anfragebeantwortung nicht die Erfassung solcher Daten
veranlasst?

12. Werden von den fremdenpolizeilichen Behörden vor einer Rückschiebung bzw.
Abschiebung Recherchen darüber durchgeführt, ob eine altersadäquate und das
Wohl der Minderjährigen sicherstellende Aufnahme in den Drittländern bzw. in
den Herkunftsländern gewährleistet ist? Wenn ja, in wie vielen Fällen wurden
solche Recherchen durchgeführt?


13. In wie vielen Fällen wurde aufgrund solcher Recherchen von einer
Abschiebung/Zurückschiebung Abstand genommen?

14. Entsprechen diese Maßnahmen zur Sicherstellung einer dem Wohl der

Minderjährigen entsprechenden Aufnahme in Drittländern bzw. Herkunftsländern
der Entschließung der Europäischen Union vom 19.7.1997 zu den
Mindestgarantien für unbegleitete Minderjährige?

15. Werden von den fremdenpolizeilichen Behörden Altersfeststellungen
durchgeführt?

16. Wenn ja, wie oft wurden in den Jahren 2000 und 2001 und im 1. Halbjahr 2002
solche Altersfeststellungen durchgeführt? (aufgeschlüsselt nach Jahren und
Bundesländern)

17. Gibt es Richtlinien dafür, in welchen Fällen Altersfeststellungen durchzuführen
sind?

18. Nach welchen Methoden werden diese Altersfeststellungen durchgeführt?

19. In wie vielen Fällen wurden die Untersuchungen von einem Amtsarzt
durchgeführt? In wie vielen Fällen wurde die Altersfeststellung durch
Augenschein des Beamten durchgeführt? (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)

20. Wie ist die Methode der amtsärztlichen Untersuchung hinsichtlich Verlässlichkeit
und Validität abgesichert?

21. Werden von den Bundesasylämtern Altersfeststellungen durchgeführt?

22. Wenn ja, wer führt diese Alterfeststellungen durch, welche Methoden kommen
dabei zur Anwendung?

23. Welche spezifische Ausbildung ist die Mindestvoraussetzung für die
Durchführung derartiger Altersfeststellungen?

24. Nach welcher rechtlichen Grundlage erfolgt die Unterbringung von unbegleiteten
minderjährigen Asylwerber/innen in Bundesbetreuung?

25. Nach welchen Kriterien erfolgt die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen
Asylwerber/innen in Bundesbetreuung?

26. In welchen Quartieren der Bundesbetreuung sind unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge (UMFs) untergebracht? (aufgeschlüsselt nach der Zahl der jeweils
untergebrachten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, den Quartieren und
den Stichtagen: 1.1.2000, 1.6.2000, 1.1.2001, 1.6.2001, 1.1.2002 und 1.6.2002)

27. Erfüllen die Unterbringungseinrichtungen im Rahmen der Bundesbetreuung die
Standards des Jugendwohlfahrtsgesetzes, das auf alle sich in Österreich
aufhaltenden Jugendlichen anzuwenden ist, hinsichtlich ihrer Ausstattung mit
Freizeitangeboten, Schul - und anderen Ausbildungsangeboten, hinsichtlich der


Betreuungsmöglichkeiten für traumatisierte Jugendliche durch qualifiziertes
Personal, hinsichtlich der Anzahl und Qualifikation des zur Verfügung stehenden
Personals?

28. Über welche jugendgerechten Angebote verfügen die jeweiligen

Unterbringungseinrichtungen im Rahmen der Bundesbetreuung konkret
(aufgeschlüsselt nach Quartieren) ?

29. Kommt es bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die in Quartieren der
Bundesbetreuung untergebracht sind, zu Verlegungen? Wenn ja, in wie vielen
Fällen wurden 2000 und 2001 und im 1. Halbjahr 2002 solche Verlegungen
durchgeführt (aufgeschlüsselt nach Jahren)?

30. Wird der jeweils zuständige Jugendwohlfahrtsträger in die Entscheidung der
Verlegung miteinbezogen? Wenn ja, in welcher Form?

31. Wird, wenn es zu einer Verlegung kommt, der danach zuständige
Jugendwohlfahrtsträger informiert ? Wenn ja, in welcher Form?

32. Warum hat sowohl der Ministerialentwurf als auch die Regierungsvorlage zur
Novellierung des Fremdengesetzes die Möglichkeit der Altersfeststellung durch
Handwurzelknochenröntgen vorgesehen, obwohl nach dem österreichischen
Strahlenschutzgesetz ionisierende Strahlen nur zu medizinischen Zwecken
vorgesehen sind?

33. Warum sind Sie der Empfehlung Ihres Beratungsgremiums

Menschenrechtsbeirat nicht nachgekommen, wonach die medizinisch-
wissenschaftlich bedenkliche Methode der Altersfeststellung durch
Handwurzelknochenröntgen nicht in die Fremdengesetznovelle aufgenommen
werden sollte?