4238/J XXI.GP

Eingelangt am: 11.07.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten DDr. Niederwieser

und Genossinnen

an den Bundesminister für Inneres betreffend die Volkszählung 2001 und den Vollzug des

Meldegesetzes

Die Gemeinde Garsten in Oberösterreich hat ihr Herz für Häftlinge entdeckt und die in der
gleichnamigen Justizanstalt aufhältigen Insassen in einer großzügigen Geste “eingemeindet".
Die Häftlinge können sich freuen, denn nun wird ihnen neben freier Verpflegung und
Unterkunft in bester Lage (“Am Platzl 1") gewissermaßen auch noch das “Bürgerrecht" der
Gemeinde Garsten verliehen. Das ist für die Betroffenen sehr positiv, denn eine Gemeinde
steht üblicherweise zu ihren Bürgern und wird ihnen nach der Kündigung ihrer derzeitigen
Wohnverhältnisse sicher einen Ersatz anbieten. Ganz bestimmt wird sich also für jeden nach
Verbüßung der Strafhaft eine Gemeindewohnung finden.

Aber Neider gibt es überall und so lassen sie auch im Falle der äußerst fürsorglichen
Gemeinde Garsten nicht lange auf sich warten. Weil es der Gemeinde Hall in Tirol mangels
ortsansässiger Justizanstalt verwehrt ist, die eigene soziale Kompetenz ebenso gelungen zur
Schau zu stellen, werden von dort aus Gerüchte in die Welt gesetzt, mit der Fürsorglichkeit
der Gemeinde Garsten sei es gar nicht so weit her.

Zufällig sei man nämlich bei der Überprüfung einiger Meldedaten darauf gestoßen, daß ein
Bürger der Gemeinde Hall, der derzeit in Garsten “niedergelassen ist", in Hall nach wie vor
aufrecht gemeldet ist, wogegen auch nichts spricht, denn er ist ja immerhin ein Bürger der
Gemeinde Hall, daß aber daneben im Melderegister als zweiter Hauptwohnsitz die
Justizanstalt Garsten aufscheine.

Da der betreffende Bürger der Gemeinde Hall nach deren Ansicht Garsten ganz bestimmt
nicht zum Zwecke einer Hauptwohnsitznahme aufgesucht hat und darüber hinaus vermutlich
dort auch nicht bleiben will, wird nun in Hall laut gemutmaßt, die allzu entgegenkommende
Eingemeindung der vorübergehend im Rahmen des Strafvollzuges in Garsten aufhältigen
Personen sei gar nicht aus sozialem Engagement entstanden, sondern aus purem Eigennutz,
um die Einwohnerzahl nach oben zu revidieren und damit beim Finanzausgleich ein etwas
größeres Stück vom Kuchen zu bekommen.


Ist die wundersame Bevölkerungsexplosion in Garsten seit der letzten Volkszählung (435
neue Bürger, davon 329 wohnhaft in “Am Platzl 1") also nichts anderes als ein mieser Trick
der Gemeindevertretung, die eigene Gemeinde zu bereichern?

Tatsächlich sind in Garsten/OÖ die Insassen der dortigen Justizanstalt an deren Adresse “Am
Platzl 1" hauptgemeldet. Diese Art der “Eingemeindung" wurde rechtzeitig vor der
Volkszählung 2001 vorgenommen. Die Gemeinde Garsten kommt dadurch zu 329 neuen
Bürgern, die sich natürlich auf den Finanzausgleich auswirken.

Eine Meldung gem. § 2 Abs. 1 Meldegesetz ist aber für Personen, die aufgrund einer
Entscheidung oder Verfügung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde angehalten
werden, nicht vorzunehmen. Die Meldung der Insassen der Justizanstalt Garsten an der
Adresse der Justizanstalt ist also rechtswidrig.

Aber damit noch nicht genug: Um zu verhindern, daß diese rechtswidrige Vorgehensweise
auffliegt, wurden den Insassen kurzer Hand zusätzliche Vornamen angedichtet. Auch das ist
ein Verstoß gegen das Meldegesetz und möglicherweise sogar justizstrafrechtlich relevant.

Die Durchführung der Volkszählung obliegt im Rahmen der verfassungsmäßigen
Zuständigkeit dem Bundesminister für Inneres. Ebenso ist dieser die oberste Meldebehörde.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den BMI daher folgende

Anfrage

1.      Trifft es zu, daß in der Gemeinde Garsten in Oberösterreich die Insassen der dortigen
Justizanstalt in der Gemeinde hauptgemeldet wurden?

2.      Welche Auswirkungen hatte das auf den Finanzausgleich? Um wieviel mehr Geld
bekam die Gemeinde Garsten dafür?

Wenn Sie das nicht beantworten können, weil Sie nicht zuständig sind: Glauben Sie,
daß sich der Bundesminister für Finanzen über eine solche Vorgangsweise freut?

3.      Sind Sie der Ansicht, daß die Insassen der Justizanstalt Garsten “sich" dort in der
erweislichen Absicht “niedergelassen" haben, die Justizanstalt zum Mittelpunkt ihrer
Lebensbeziehungen zu machen?

4.      Ist Ihrer Meinung nach die Meldung der Insassen rechtswidrig?


5.      Warum haben Sie als oberste Meldebehörde einerseits und für die Volkszählung
zuständiges oberstes Organ andererseits nichts dagegen unternommen?

6.      Welche Bedeutung messen Sie als oberste Meldebehörde dem § 2 Abs. 2 Z 4
Meldegesetz bei?

7.      Werden Sie Sorge dafür tragen, daß in allen Strafvollzugs- und Justizanstalten sowie in
den Polizeigefangenenhäusern entsprechende Meldungen der Insassen vorgenommen
werden?

8.      Hatten Sie überhaupt Kenntnis von dieser Vorgangsweise?
Wenn ja, warum haben Sie nichts unternommen?

Wenn nein, sind Sie nicht der Auffassung, daß Sie als zuständiges oberstes Organ eine
gewisse Verantwortung tragen und eigentlich davon wissen mussten?

9.      Nun, da Sie zweifellos Kenntnis von dieser Vorgangsweise haben, was werden Sie
unternehmen?