4242/J XXI.GP
Eingelangt am: 11.07.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Gerhard Reheis, Inge
Jäger, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend die österreichische Entwicklungszusammenarbeit
Vom 10. bis 13. Juni fand in Rom
die Nachfolgekonferenz zum Welternährungsgipfel der
UN-Welternährungsorganisation FAO statt, auf der Zwischenbilanz über
die bisherigen
Erfolge in der Hungerbekämpfung gezogen wurde:
Beim
Welternährungsgipfel 1996 hatten sich die Staats- und Regierungschefs
verpflichtet,
die Zahl der weltweit Hungernden bis zum Jahr 2015 um die Hälfte auf 400
Millionen zu
verringern. Trotzdem gibt es nach heutiger Einschätzung fast so viele
Hungernde wie vor
fünf Jahren. In zwei Drittel der 99 Entwicklungsländer, so eine
FAO-Studie, hungern heute
sogar mehr Menschen als zuvor.
Für 24 Mrd. US$ pro Jahr
würde man die Zahl der Unterernährten bis 2015 auf 400 Mio.
drücken können - das US-Verteidigungs-Budget beläuft sich im
Vergleich dazu auf das
15-fache,
nämlich 380 Mrd. US$.
Ein ähnlich krasses Missverhältnis zwischen den Wertigkeiten herrscht auch in Österreich.
Im Jahr 2002 ist das österreichische Verteidigungs-Budget mit 1.670 Mio. € rund 32-mal
höher als das Entwicklungshilfe-Budget von 55,2 Mio. €.
Durch den Abfangjägerkauf wird sich der Unterschied noch vergrößern, da es notwendig
wird, das Budget des Verteidigungsministers signifikant aufzustocken. (OTS 161, 3. Juli
2002)
Im November 2001 beschloss der
EU-Ministerrat in Barcelona, die Ausgaben der EU für
Entwicklungszusammenarbeit künftig auf 0,39 % des BIP zu erhöhen.
Dies soll vor allem
dadurch erreicht werden, dass rückständige Länder wie
Österreich ihr Entwicklungshilfe-
Budget mindestens an den EU-Durchschnitt von 0,33 % anpassen. Derzeit
beträgt das
Entwicklungshilfe-Budget Österreichs
0,25 %.
Die
Entwicklungs-Finanzierungs-Konferenz der UNO in Monterrey hat in Ziffer 42
ihres
Beschlusses (der sog. “Monterrey-Konsens") ein
Entwicklungshilfe-Budget von 0,7 % des
BIPs der Industrieländer
und damit auch von Österreich gefordert. Diese 0,7 % des BIP
werden in der EU immerhin schon von Dänemark, Schweden, Luxemburg und den
Niederlanden
erfüllt.
Trotz (oder gerade wegen) eines weit
unterdurchschnittlichen und unter den EU- und
Monterrey-Verpflichtungen liegenden Entwicklungshilfe-Budgets stellen Sie die
Entwicklungszusammenarbeit
Ihres Ressorts in TV-Werbespots bzw. Print-Medien in
einem nicht der Realität entsprechenden Licht dar. Es besteht die
ernsthafte Befürchtung,
dass mit dieser Image-Werbung dem ohnehin bereits mickrigen
Entwicklungshilfe-Budget
weitere Ressourcen entzogen werden.
Außerdem wird mit dieser Kampagne
der Eindruck erweckt, dass Entwicklungs-
zusammenarbeit für Sie, sehr geehrte Frau Außenministerin ein
Anliegen ist. Trotzdem
zogen Sie es vor, dem
FAO-Gipfel in Rom fern zu bleiben.
Das Problem des Hungers in der Welt ist
ein Problem großen Ausmaßes. Die Statistik
spricht eine deutliche Sprache, denn weltweit hungern 800 Mio. Menschen.
Allein während des
Lesens dieser Anfrage verhungern 166 Menschen. In der gemäß
§ 91 Abs. 4 GOG vorgesehen Frist für die Beantwortung dieser Anfrage
von längstens
zwei Monaten werden 1,440.000 Menschen an Unterernährung und ihren Folgen
sterben.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen
daher an die Bundesministerin für
auswärtige
Angelegenheiten folgende
Anfrage
1. Wie
beurteilen Sie die Tatsache, dass das österreichische Verteidigungsbudget
32 mal
höher ist als das Budget für Entwicklungszusammenarbeit und halten
Sie dieses
krasse Missverhältnis für gerechtfertigt?
2.
Warum liegt das österreichische Entwicklungshilfe-Budget seit Jahren unter
dem EU-
Durchschnitt?
3. Haben Sie jemals Schritte gesetzt, um diesen Übelstand zu beseitigen?
Wenn ja, welche und weshalb
waren diese bislang nicht erfolgreich?
Wenn nein, warum nicht?
4.
Sollte Ihrer Meinung nach Österreich eine Vorreiterrolle bezüglich
der Höhe des
Entwicklungshilfe-Budgets innerhalb der EU haben?
Falls ja, finden Sie, dass
Österreich mit einem Entwicklungshilfe-Budget von 0,25 %
des BIP tatsächlich eine Vorreiterrolle innerhalb der EU innehat?
Wenn nein, warum nicht?
5. In
welchem Zeitraum ist geplant, das österreichische Entwicklungshilfe-Budget
auf die
geforderte Höhe von 0,33 %, 0,39 % bzw. 0,7 % des BIP anzuheben?
6. Welche
konkreten Schritte werden Sie in welchem Zeitraum setzen, um für die
geforderte Anhebung zu
sorgen?
7.
Finden Sie, dass die derzeitige Höhe des österreichischen
Entwicklungshilfe-Budgets
einem westlichen Industriestaat von den Gegebenheiten Österreichs
angemessen ist?
8. Welcher
Eindruck wird Ihrer Einschätzung nach einem durchschnittlich politisch
interessierten Staatsbürger vermittelt, der sich einerseits die
mutmaßlich von seinem
Steuergeld bezahlten Werbeeinschaltungen im TV ansieht, in denen ihm der
Eindruck
vermittelt wird, dass Entwicklungszusammenarbeit Ihnen ein Anliegen ist und
andererseits zur Kenntnis
nehmen muss, dass Sie beim FAO-Gipfel in Rom lediglich
durch Abwesenheit glänzten?
9. Wie
hoch sind die Kosten für die laufende Werbekampagne (“Informationsinitiative")
seit Beginn der Phase l im Jahr 2000 (bitte nach Jahren aufgeschlüsselt,
sowie die
prognostizierten Kosten bis Ende der Kampagne)?
10. Aus welchen Budget wurden diese Kosten getragen?
11. In
welchen Medien wurden zu welchem Zeitpunkt in welcher Größe und zu
welchem
Preis bzw. welchen anderen Konditionen welche Werbemaßnahmen
(Raumanzeigen,
bezahlte redaktionelle
Beiträge o.ä.) geschaltet?
a) Wer trug im einzelnen in welcher Höhe die Kosten dafür?
12. In welchen
in- oder ausländischen Radio- der Fernsehsendern wurden zu welchem
Zeitpunkt in welcher Länge und zu welchem Preis bzw. welchen anderen
Konditionen
welche Spots gesendet?
a) Wer trug im einzelnen in welcher Höhe die Kosten dafür?
13. Welche
Maßnahmen sind noch im Rahmen der “Informationsinitiative"
geplant (bitte
um Angabe der Daten wie in
den Fragen 11 und 12)?
14. An wen
und wie erfolgten die jeweiligen Auftragserteilungen für die Werbesujets
und
Werbespots und welche Kosten waren damit verbunden?