4295/J XXI.GP

Eingelangt am: 16.09.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Maier

und Genossinnen

an den Bundeskanzler

betreffend "Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive und Bewachungsgewerbe -

gesetzliche Regelungen"

In Österreich gilt nach § 2 SPG, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe,
Ordnung und Sicherheit zu den Kernaufgaben des Staates gehört (s.a. VfSLg.
14.473/1996). Die sicherheitspolizeiliche Überwachung darf allerdings auch Privaten
übertragen, so werden beispielsweise bei Veranstaltungen, auf Flughäfen und in
Gerichtsgebäuden sicherheitspolizeiliche Überwachungen durch private
Unternehmen durchgeführt. Dies gilt in Österreich teilweise auch für die
Überwachung des ruhenden Verkehrs (“Parksheriffs").

Die Ausübung sicherheitspolizeilicher Befugnisse ist nach dem SPG weiterhin und
ausschließlich den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorbehalten.

Wenngleich nach dem 11. September 2001 das staatliche Gewaltmonopol in Europa
erweitert und verschärft wurde, ist gleichzeitig eine Zunahme der Tätigkeit privater
Sicherheitsunternehmen feststellbar. Tendenz weiter steigend.
Nach Presseberichten kämpft aber das sog. “Bewachungsgewerbe" (die sogenannte
Security-Branche) in Österreich mit dem Ruf, mitunter dubiose Mitarbeiter (als
Sicherheitspersonen) zu beschäftigen; gerichtliche Verurteilungen bestätigen diese
Aussage. Experten (z.B. u.a. Dr. Stephan Rudas) sehen den Grund u.a. darin, dass
es keine gesetzlich vorgeschriebene Ausbildung für derartige Sicherheitspersonen
gibt. Die Auswahl und interne Ausbildung in den einschlägigen Betrieben ist höchst
unterschiedlich. Sog. Sicherheitspersonen (Security aus dem Bewachungsgewerbe)
sind auch nicht zur Führung eines Ausweises verpflichtet, gegenüber Dritten gibt es
ebenfalls keine Ausweisverpflichtung, auch nicht wenn diese im öffentlichen Auftrag
tätig werden.

Beklagt wird von Unternehmerseite auch, dass “private Sicherheitsunternehmen
zwar mit öffentlichen Auftrag, aber vielfach im rechtsfreien Raum tätig wären".

In der Gewerbeordnung geregelt war und ist die Tätigkeit von Berufsdetektiven wie
auch die des Bewachungsgewerbes.

Bei Berufsdetektiven handelt es sich um Vertreter eines gesetzlich geregelten
Berufsstandes, die im Interesse ihrer Auftraggeber tätig sind. Es liegt im öffentlichen
Interesse, dass nur solche Personen das Gewerbe des Berufsdetektivs - aber auch
deren Arbeitnehmerinnen - sowie das Gewerbe der Bewacher ausüben dürfen,
welche die entsprechende Zuverlässigkeit und Eignung aufweisen. Die Frage ist nur,
wie diese Eignung konkret nachgewiesen und überprüft wird.


Die Voraussetzungen der Ausübung des Sicherheitsgewerbe, sowie Rechte und
Pflichten sind in der Gewerbeordnung geregelt (bisher § 249 - 256, nun § 129 - 130
GewO 1973).

Nach § 255 Abs. 1 GewO (§ 130 Abs 8 GewO) nun, durften zur Ausübung des
Bewachungsgewerbes nur Arbeitnehmer verwendet werden, die eigenberechtigt sind
und die für diese Verwendung erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung besaßen. §
255 Abs. 2 GewO bzw. im § 130 Abs 8 verpflichtete die Gewerbetreibenden, die zur
Ausübung des Bewachungsgewerbes berechtigt sind, den Sicherheitsbehörden
(Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Bundespolizeidienststellen) ein Verzeichnis aller
Personen, die als Bewachungsorgane tätig werden, vorzulegen. Aus Anlass der
Vorlage des Verzeichnisses bzw. aus einem konkreten Anlass hatten die
Sicherheitsbehörden eine Überprüfung der Zuverlässigkeit eines Bewachungsorgans
durchzuführen.

Die “Kontrolle" über private Wachdienste wird einerseits durch die Gewerbebehörde
- wie o.e. unter Mitwirkung der Sicherheitsbehörden gem. § 130 GewO sowie im
Rahmen einiger Strafbestimmungen - ausgeübt und andererseits durch die
jeweiligen Auftraggeber, die auf der Erfüllung der privatrechtlichen Verträge achten"
(XXI GP Nr. 34/AB vom 12.1.2000).

Durch die Gewerbeordnungsnovelle wurde das “Sicherheitsgewerbe"
(Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe) in den §§ 129 und 130 zwar neu geregelt.
Diese Novelle brachte aber hinsichtlich offener rechtlicher Fragen leider keine
Verbesserung.

Aus der Tätigkeit der Berufsdetektive ergibt sich beispielsweise, dass im Rahmen
privater Ermittlungsdienste Daten von dritten Personen erhoben, recherchiert und
verarbeitet werden. Die Fragen, die sich daher stellten, sind die, ob dies ohne
Einschränkung zulässig ist und ob sog. Zielpersonen wie auch dritte Personen ein
Auskunftsrecht gegenüber Berufsdetektiven nach dem Datenschutzgesetz 2000
besitzen. Eine Verbesserung der Rechtslage - eigene Datenschutzbestimmungen
zum Schutz der Privatsphäre von Menschen - wurden nicht geschaffen. Daher ist
weiterhin das Datenschutzgesetz 2000 auch für die Tätigkeit von Berufsdetektiven
heranzuziehen. Diese fehlenden Bestimmungen wurden auch vom Österreichischen
Datenschutzrat anlässlich der Gewerbeordnungsnovelle heftig kritisiert.
“Insbesondere scheint das Gewerbe der Berufsdetektive geeignet, die Privatsphäre
von Betroffenen erheblich zu beeinträchtigen. Folgt man manchen Medienberichten,
finden offenbar immer wieder- etwa in Scheidungsverfahren - Eingriffe in das
Grundrecht auf Datenschutz der Betroffenen statt, die von Art und Intensität des
Einriffs in die Privatsphäre mit dem auf staatlicher Ebene eingeführte Lausch- und
Spähangriff vergleichbar sind. Diese letztgenannten staatlichen Eingriffe sind aber
nur zur Bekämpfung bestimmter Verbrechen und unter den in der StPO gesetzlich
detailliert geregelten Voraussetzungen zulässig. Ein gleichartiges Vorgehen durch
Private würde jeder gesetzlichen Grundlage entbehren und wäre auch nach dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinesfalls zu rechtfertigen."

Bei Ausübung ihrer Tätigkeit stehen Personen die im Sicherheitsgewerbe tätig sind
keine Befugnisse zu, die über die Rechte hinausgehen, die auch sonst privaten
Sicherheitsdiensten zukommen. Ein Anhalterecht ergibt sich somit nur aus § 86 Abs.
2 StPO. Diese Bestimmung beinhaltet aber auch die Verpflichtung, die Anhaltung
unverzüglich dem nächsten öffentlichen Sicherheitsorgan anzuzeigen.


Der Boom, der zur Zeit bei diesen Sicherheitsdiensten gegeben ist, führt auch zu
ziemlichen Auswüchsen. Nun werden insbesondere junge Menschen nicht zuletzt
über Inserate geködert, sich zu Leibwächtern oder Berufsdetektiven ausbilden zu
lassen (oft in Form eines Strukturvertriebes). Einige dieser Ausbildner verlangen
bereits Monate vor Beginn von versprochenen Arbeitsverhältnissen hohe
Sicherheitsleistungen und von Ausbildungsgebühren. Dabei ist es fraglich, ob die
Interessenten tatsächlich eine Anstellung bekommen und ihr Geld jemals
wiedersehen.

Eine harmonisierte europäische Regelung zur Tätigkeit von Sicherheitsdiensten gibt

es nicht. Für die Übertragung von Aufgaben hoheitlicher Gefahrenabwehr auf die

Sicherheitsdienste existiert keine gemeinschaftsrechtliche Grundlage.

Es liegt nun jedoch die Empfehlung des Rates vom 13. Juni 2002, betreffend die

Zusammenarbeit zwischen den für den Bereich private Sicherheit zuständigen

nationalen Behörden der Mitgliedstaaten (2002/C 153/01), vor.

Darin empfiehlt der Rat der Europäischen Union den Mitgliedstaaten:

1. die Zusammenarbeit zwischen den für den Bereich privaten Sicherheit
zuständigen nationalen Behörden zu fördern und zu erleichtern, damit

a.  Erfahrungen über den Umgang mit von den privaten Sicherheitsdiensten in
Übereinstimmung mit innerstaatlichem Recht gelieferten und für die
öffentliche Sicherheit relevanten Informationen ausgetauscht werden
können.

b. die bewährtesten Praktiken für den Umgang mit für die öffentliche

Sicherheit relevanten Informationen, die von privaten Sicherheitsdiensten
stammen, ermittelt werden können;

2. zu diesem Zweck mindestens alle zwei Jahre eine Tagung der für den Bereich
der privaten Sicherheit zuständigen nationalen Behörden zu veranstalten.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler
nachstehende

Anfrage:

1.  In welchen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gibt es für Berufsdetektive
bzw. private Bewachungsorgane national einheitliche obligatorische
Ausbildungsbestimmungen?

2. Vertreten auch Sie die Auffassung, dass österreichweit einheitliche
(obligatorische) Ausbildungsvorgaben für Berufsdetektive und private
Bewachungsorgane, durch die Gewerbeordnung oder eine andere gesetzliche
Grundlage, geschaffen werden sollen?


3. Befürworten Sie eine gesetzlich vorgeschriebene obligatorische Ausbildung von
Berufsdetektiven und Bewacher und deren Mitarbeiterinnen im
Sicherheitsgewerbe für private Sicherheitsaufgaben?
Wenn nein, weshalb nicht?

4. Welche gesetzlichen Bestimmungen regeln neben der Gewerbeordnung die
Tätigkeit sowie Rechte und Pflichten von Berufsdetektiven bzw. des
Bewachungsgewerbes?

5. Sehen Sie eine Konkurrenz zwischen den offiziellen Sicherheitsbehörden und
den privaten Sicherheitsdiensten?

6. Welchen Stellenwert räumen Sie den sog. privaten Sicherheitsdiensten ein?
Sehen Sie weitere zukünftige Geschäftsbereiche (z.B. im öffentlichen Auftrag)?

7. Wo liegen die Grenzen der Übertragung von Sicherheitsaufgaben auf die privaten
Sicherheitsdienste?

8. Treten Sie auch - nicht zuletzt aufgrund der offensichtlichen Probleme (wie
Datenschutz und SPG) und eines rechtsfreien Raumes - für ein Bundesgesetz
für die privaten Sicherheitsdienste ein?
Wenn nein, weshalb nicht?
Wenn ja, wann werden Sie einen entsprechenden Entwurf vorlegen?

9.  Benötigen Sie für eine Kooperation mit dem privaten Sicherheitsgewerbe eine
gesetzliche Regelung?
Wenn nein, weshalb nicht?

10. Welche technischen Mittel (z.B. Abhöreinrichtungen) dürfen Berufsdetektive -
insbes. aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen und der
Persönlichkeitsrechte mit oder ohne Zustimmung Betroffener- bei ihrer Tätigkeit
(z.B. private Ermittlungen) nicht verwenden?

11 .Treten Sie für eine Ausweisführung (sog. Berufsausweis) und

Ausweisverpflichtung - analog zu den öffentlichen Sicherheitsorganen nach dem

SPG - von Personen die im Sicherheitsgewerbe tätig sind, gegenüber Dritten

ein?

Wenn nein, weshalb nicht?

Sehen Sie ein datenschutzrechtliches Problem?

12. Besitzen Privatpersonen (inkl. sog. Zielpersonen) ein Auskunftsrecht gegenüber
dem Sicherheitsgewerbe (Privatdetektive, Private Ermittlungsdienste) nach dem
Datenschutzgesetz (§ 24 ff DSG)?
Wenn ja, unter welchen Bedingungen?
Wie sieht dabei die Interessensabwägung aus?

13. Unter welchen Voraussetzungen kann die Auskunft vom Datenverarbeiter (z.B.
Berufsdetektiv) verweigert werden?


14. Sehen Sie einen Wiederspruch zwischen § 26 und § 130 Abs. 5 der novellierten
Gewerbeordnung?
Wenn nein, weshalb nicht?

15. Wie viele Gewerbetreibende des Sicherheitsgewerbes haben eine Meldung nach
§ 16 ff Datenschutzgesetz bislang an die Datenschutzkommission erstattet
(Aufschlüsselung der Gewerbetreibenden auf die einzelnen Bundesländer)?

16. Wie viele Meldungen von Gewerbetreibenden des Sicherheitsgewerbes sind im
Datenschutzregister eingetragen (Aufschlüsselung der Gewerbetreibenden auf
die einzelnen Bundesländer)?

17. Unter welchen Voraussetzungen können Berufsdetektive mit Sitz in einem
anderen Mitgliedstaat oder Drittstaat (z.B. USA) in Österreich tätig werden?

18. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Personen, die das Sicherheitsgewerbe
(“Detektive") in anderen EU-Mitgliedstaaten oder Drittstaaten ausüben, in
Österreich “grenzüberschreitend tätig" werden? Gelten auch für diese die
Bestimmungen der österreichischen Gewerbeordnung?

19. In welcher Form werden Sie der Empfehlung des Rates vom 13. Juni 2002
nachkommen?

20. Sehen Sie die Notwendigkeit, auf europäischer Ebene für eine
gemeinschaftsrechtliche Rechtsgrundlage für die Tätigkeit von
Sicherheitsdiensten einzutreten?