4331/J XXI.GP
Eingelangt am: 19.09.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Maier, Mag. Christine Lapp
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend “Taxigewerbe und Sicherheit"
In einzelnen
Bundesländern wurde in den letzten Jahren nicht nur die Liberalisierung
der Taxitarife, sondern auch deren Aufhebung (Freigabe) diskutiert. Die
Bandbreite
der Diskussion erstreckt sich auf Beibehalten der derzeitigen Regelungen bis zu
einer
gänzlichen Freigabe (z.B. Steiermark).
Mit 1.6.2000 wurde in der
Steiermark der dort in den größeren Städten verordnete
Tarif von der Landeshauptfrau aufgehoben. Als Reaktion darauf wurde von Seiten
der Wirtschaftskammer eine kartellrechtliche Verbandsempfehlung herausgegeben.
Diese Verbandempfehlung wird nun nach Auskunft der Wirtschaftskammer im
wesentlichen von sämtlichen Taxiunternehmen eingehalten. Ein Wettbewerb ist
durch die Aufhebung des verordneten Tarifs nicht initiiert worden, die Tarife
sind
letztendlich höher als vorher. Trotz eines einschlägigen
Förderprogramms der
steiermärkischen Landesregierung sind auch keine neuen Produkte im Bereich
der
Taxiunternehmen angeboten worden.
Es wäre auch aus Sicht der
Fragesteller eine Illusion zu glauben, dass bei sog.
verstärktem Preiswettbewerb (volle Tariffreigabe) günstigere
Konsumentenpreise
das Ergebnis bilden. Dies zeigte gerade die Steiermark, aber auch in
Presseberichten über andere europäische Staaten bzw. Städten, in
denen das
Taxigewerbe liberalisiert
wurde dies deutlich (z.B. Amsterdam, Budapest, Prag sowie
in einigen bundesdeutschen
Städten). Nach dortigen Berichten kam es dabei oft
auch zu einer (nicht nur rein verbalen) Auseinandersetzung unter den Anbietern
(Konkurrenzproblem) sowie auch zu Auseinandersetzungen mit Konsumentinnen
über den Fahrpreis,
(z.B. kein Taxameter/Fahrpreisanzeiger der den tatsächlich
geforderten Preis angibt!).
Die Medien sprachen damals häufig von Zuständen wie
im
“Wilden Westen".
Eine Liberalisierung oder
auch eine Regulierung ist daher aus
konsumentenpolitischer Sicht in erster Linie unter dem Aspekt zu sehen, was es
den
Konsumentinnen - in der jeweiligen Auftragssituation - tatsächlich bringen
kann.
Daneben ist auch die Betriebssituation sowie die wirtschaftliche Situation der
Taxiunternehmer zu
berücksichtigen. Kleinunternehmer hätten bei einer
vollständigen Tariffreigabe kaum Chance langfristig zu überleben,
weil der
Wettbewerb über Dumpingpreise ausgetragen wird, die ein Einzelunternehmer
(z.B.
Taxiunternehmer mit einem Fahrzeug) kaum tragen kann.
Es
ist somit bei einer generellen Freigabe zu befürchten, dass bei vorerst
sinkenden Preisen schlechtere Leistungen und Qualitätsstandards (Pkw)
angeboten werden, sich jedoch in weiterer Folge indirekt ein höherer
Monopolpreis
einpendeln wird (z.B. über Verbandsempfehlung).
Ein besonderes Problem muss
gerade für ausländische Gäste (Touristen) gesehen
werden, die vor Fahrtbeginn mehr oder weniger nicht wissen, welchen Preis
(Fuhrlohn) sie für eine bestimmte Strecke zu bezahlen haben.
Schlussendlich wäre sogar damit zu rechnen, dass der Fuhrlohn für
jeweils dieselbe
Strecke sich je nach Jahreszeit, Witterung, Tageszeit, Nachfrage etc. laufend
ändert.
Die österreichweit bestehenden unterschiedlichen Tarifregelungen sowie die
Tatsache, dass für bestimmte Gemeinden (Tarifgebiete) jetzt bereits keine
Regelungen vorliegen, müssen Wettbewerbs- und konsumentenpolitisch kritisch
hinterfragt werden (Probleme: Fuhrlohn frei vereinbar; Preisvergleich nicht möglich;
kein Taxameter/Fahrpreisanzeigervorhanden; Fahrten über Gemeindegrenzen bzw.
Landesgrenzen oder Tarifgebiete).
Weitere Probleme sind:
Die Kunden beklagen sich auch über den häufig schlechten Zustand von
Taxifahrzeugen (verdreckt, vermieft oder beschädigt).
Diskussionen um Höhe des Fuhrlohnes in Nichttarifgemeinden (insbesondere wenn
mehrere Personen transportiert werden).
Fahr- und Betriebssicherheit sowie Sprach- und Ortskenntnisse der Fahrer sind
ebenfalls Gegenstand von Beschwerden.
Neben den
konsumentenpolitischen Problemen (Tarife) bei Taxiuntemehmen gibt es
österreichweit auch eine Reihe von sozialrechtlichen Problemstellungen.
Ein
bundeseinheitlicher
Kollektivvertrag existiert nicht, sodass es zu abenteuerlichen
Entlohnen der Fahrer kommt (z.B. 60/40 oder
50/50 oder nach den gefahrenen
Kilometern). Finanz- und Sozialrechtlich vorgeschriebene Abgaben werden
damit oft
nicht geleistet. Gerüchterweise werden
auch Manipulationen am Kilometerzähler in
bestimmten Werkstätten durchgeführt, um Einkommenssteuern zu
hinterziehen. All
dies könnte man unter dem Begriffsteuer- und Sozialbetrug einordnen.
Absolut unverständlich ist die
Tatsache, dass in einigen Nichttarifgebieten - also
Gebieten ohne Tarifregelung und Preisauszeichnung - Mondscheintarife verlangt
werden. Eine Vereinbarung vor Fahrtantritt gibt es im Regelfall nicht.
Besonders
betroffen sind die Urlauberinnen in den Tourismusgebieten. Hier wurden
Fälle
bekannt, dass Taxiunternehmen beim Fuhrlohn jeweils zwischen Einheimischen,
Österreichern und Ausländern (Urlauber) unterschieden und für
dieselbe Strecke
unterschiedliche Preise verlangten. Urlaubsgäste zählen häufig
mehr als das
doppelte, wobei noch im Winter horrende Zuschläge für die
Skibeförderung verlangt
wurden.
All dies bedeutet, dass sich die
bestehenden Probleme im Taxigewerbe bei einer
Liberalisierung noch verschärfen könnten.
Taxilenker sind nicht nur im Straßenverkehr
einem besonderen Risiko ausgesetzt,
sondern bei ihrer Tätigkeit selbst: Dies zeigten in den letzten Jahren
Überfälle, Raub,
Entführung, aber auch die Ermordung von TaxilenkerInnen. Unbestreitbar
gibt es hier
Sicherheitsdefizite.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für
Inneres
nachstehende
Anfrage:
1. Wie
stehen Sie generell zur Aufhebung von - nach dem Gelegenheitsverkehrs-
Gesetz - verordneten Taxitarifen?
Wie beurteilen Sie die Situation in Gebieten für die kein Tarif verordnet
wurde?
2. In
wie vielen Fällen wurde bei Kontrollen durch Organe des BMI so große
Mängel
festgestellt, dass Gefahr in
Verzug - trotz gültiger Überprüfungsplakette - war
(ersuche um Aufschlüsselung
auf die einzelnen Jahre und die einzelnen
Bundesländer)?
3. In
wie vielen Fällen musste in diesen Jahren nach behördlichen
Kontrollen das
Kennzeichen abgenommen werden (ersuche um Aufschlüsselung auf die
einzelnen Jahre und die einzelnen Bundesländer)?
4. Wie
viele Kontrollen wurden 1997,1998,1999, 2000, 2001 und mit dem Stichtag
31.8.2002 durchgeführt,
ob die Ausstattung der Fahrzeuge insgesamt den
gesetzlichen Vorgaben entspricht (ersuche um Aufschlüsselung auf die
einzelnen
Jahre und die einzelnen
Bundesländer)?
5. Wie
viele Fälle von Manipulationen am Kilometeranzeiger sind Ihnen in den
Jahren 1997,1998,1999, 2000 und bis zum Stichtag 31. 8. 2002 bekannt
geworden (ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre und die
einzelnen Bundesländer)?
6. Zu welchen behördlichen Maßnahmen kam es dabei jeweils?
7. Wie
vielen Werkstätten hat man in den Jahren 1997,1998,1999, 2000 und mit
dem Stichtag 31. 8. 2002 - aufgrund der Manipulation beim Kilometeranzeiger
oder aufgrund ähnlicher Vorfälle - die Konzession entzogen bzw. ein
Strafverfahren eingeleitet (ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen
Jahre
und die einzelnen Bundesländer)?
8. Was spricht gegen eine öffentliche konzentrierte Zusammenarbeit von
Sozialversicherung, Finanzamt, Arbeitsinspektorat sowie
Sicherheitsdienststellen
um den Problemen der Scheinselbstständigkeit, Sozialbetrug etc. auf die
Spur zu
kommen?
9. Treten
Sie anbetracht dieser Situation für eine obligatorische Legitimationskarte
mit Namen, Foto und Sozialversicherungsnummer ein?
10. Wenn nein, weshalb nicht?
11. Werden
Sie “Freisprechanlagen" für Taxis vorschlagen? Falls nein,
weshalb nicht
und welche Gründe sprechen dagegen?
12. Wie
stehen Sie - nicht zuletzt aus Transparenzgründen - zur verpflichtenden
Einführung eines multifunktionellen Kartenterminals für Taxifahrzeuge
(Km-
Angabe, Abrechungsfunktion, Lesegerät von Bankomat- und Kreditkarten,
sowie
Rechungsdrucker)?
13. Werden Sie einen solchen vorschlagen?
Falls nein, weshalb nicht und welche Gründe sprechen dagegen?
14. Wie
viele Taxilenkerinnen wurden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in den
Jahren
1997, 1998, 1999, 2000 und 2001 überfallen, beraubt, entführt,
verletzt oder
ermordet (Aufschlüsselung auf Geschlecht, Jahre und Bundesländer)?
15. Durch
welche konkreten Maßnahmen kann die Sicherheit von Taxilenkerinnen
verbessert werden?
Was kann Ihr
Bundesministerium in dieser Frage dazu beitragen?
Was werden Sie veranlassen?
16. An wie
vielen Verkehrsunfällen waren Taxilenkerinnen bei der Ausübung ihrer
Tätigkeit in den Jahren
1997,1998, 1999, 2000 und 2001 beteiligt
(Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?
17. Wie
viele wurden davon in diesen Jahren durch TaxilenkerInnen verschuldet
(Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?
Wie viele durch LKW, wie viele durch Radfahrer?
18. Wie
viele dieser Verkehrsunfälle führten zu Personenschäden? Wie
viele Tote
gab es? Wie viele Verletzte?
(Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?