4333/J XXI.GP

Eingelangt am: 19.09.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Behindertendiskriminierung

Bereits im Juni 1997, also noch vor der Aufnahme des Benachteiligungsverbotes für
behinderte Menschen in den Gleichheitsgrundsatz des Art. 7 Abs. 1 der
österr. Bundesverfassung, wurde mit BGBI. l Nr. 63/1997 eine
Verwaltungsstrafbestimmung für Fälle einer Behindertendiskriminierung gesetzlich
verankert.

Nach Artikel IX Abs. 1 Z. 3 des Einführungsgesetzes zu den

Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) ist, wer eine Person allein auf Grund einer

Behinderung

ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen

in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch

bestimmt sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu € 1090 zu

bestrafen.

Aber auch im Bereich des Gewerberechts wurde bereits im Juni 1997 mit BGBI. l Nr.
63/1997 durch § 87 Abs. 1 Z 3 GewO eine Antidiskriminierungsbestimmung
geschaffen:

“Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (Bezirksverwaltungsbehörde) zu

entziehen, wenn ... 3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen

die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden

Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des

Ansehens des

Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit

nicht mehr besitzt... Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere ...

die Hintanhaltung der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ... einer

Behinderung (Art. IX Abs. 1 Z 3 EGVG)."

Die praktische Anwendung dieser Sanktionsmöglichkeit wird durch die Bestimmung
des § 87 Abs. 3 GewO sogar noch wahrscheinlicher, da es nicht in jedem Fall
zu einem gänzlichen und endgültigen Verlust der Gewerbeberechtigung kommen
müsste, sondern “die Behörde die Gewerbeberechtigung auch nur für eine
bestimmte

Zeit entziehen kann, wenn nach den Umständen des Falles erwartet werden kann,
dass diese Maßnahme ausreicht, um ein späteres einwandfreies Verhalten des
Gewerbeinhabers zu sichern."


Auf den ersten Blick scheinen dies durchaus interessante Mittel zur Bekämpfung von
Behindertenbenachteiligung oder -diskriminierung zu sein. Doch wie effektiv sind
diese Bestimmungen wirklich?

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wie viele Anzeigen wegen Behindertendiskriminierungen nach Art. IX Abs. 1 Z
3 EGVG idF BGBI. l Nr. 63/1997 wurden seit dem Inkrafttreten dieser
Verwaltungsstrafbestimmung im Jahr 1997 eingebracht (aufgegliedert nach
Anzeigen pro Jahr)?

2.  Bei welcher Behörde (aufgegliedert nach Bundesland, Verwaltungsbezirk und
Behördentyp) wurden diese Anzeigen eingebracht?

3.  In wie vielen Fällen wurde ein förmliches Verwaltungsstrafverfahren
eingeleitet?

4.  In wie vielen Fällen kam es zu einer Einstellung des Verfahrens und aus
welchen Gründen?

5.  In wie vielen Fällen wurde eine Verwaltungsstrafe verhängt und wie hoch war
das jeweilige Strafausmaß?

6. Wie viele Anzeigen wegen Behindertendiskriminierungen nach § 87 Abs. 1 Z 3
Gewerbeordnung idF BGBI. l Nr. 63/1997 wurden seit dem Inkrafttreten dieser
Bestimmung im Jahr 1997 eingebracht (aufgegliedert nach Anzeige pro Jahr)?

7.  Bei welcher Behörde (aufgegliedert nach Bundesland, Verwaltungsbezirk und
Behördentyp) wurden diese Anzeigen eingebracht?

8.  In wie vielen Fällen wurde ein förmliches Verfahren eingeleitet?

9.  In wie vielen Fällen kam es zu einer Einstellung des Verfahrens und aus
welchen Gründen?

10. In wie vielen Fällen kam es zu einer gänzlichen Entziehung der
Gewerbeberechtigung?

11 .In wie vielen Fällen kam es zu einer zeitlich befristeten Entziehung der
Gewerbeberechtigung und aufweiche Dauer?

12. In wie vielen Fällen wurde von der Verhängung einer Strafe, der Erstattung
einer Anzeige bzw. der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens im
Sinne des § 21 VStG abgesehen und aus welchen Gründen?


13. In wie vielen Fällen kam es zu einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG?

14. Inwieweit haben diskriminierte behinderte Menschen nach Einbringung einer
Anzeige gemäß Art. IX Abs. 1 Z 3 EGVG bzw. § 87 Abs. 1 Z 3 GewO eine
rechtliche Möglichkeit, zu erfahren, wie das ihre Diskriminierung betreffende
Verwaltungsstrafverfahren ausgegangen ist?

15.Sehen Sie im Lichte eines effektiven Schutzes vor bzw. Instrumentes gegen
Behindertendiskriminierung einen Handlungsbedarf, diese
Verwaltungsstrafbestimmungen schlagkräftiger bzw. für diskriminierte
behinderte Personen nachvollziehbarer zu gestalten und wenn ja, in welcher
Weise?