4393/J XXI.GP

Eingelangt am: 20.09.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Keppelmüller

und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend “Ungereimtheiten beim Gendarmerieneubau in Vöcklabruck"

Uns wurden Informationen zugetragen, die Grund zur Annahme geben,
dass es beim geplanten Neubau/Ausbau Einmieten des
Gendarmeriepostens (BGK und GP) in Vöcklabruck (Oberösterreich)
Ungereimtheiten geben könnte. Diese Ungereimtheiten würden dazu
führen, dass die Anforderungen aus der Sicht der Gendarmerie nicht
optimal erfüllt würden. Der Steuerzahler und die Interessen der öffentlichen
Hand würden, so befürchten wir, geschädigt.

Die Vorgeschichte: Die Gendarmerie muß in Vöcklabruck (Oberösterreich)
aufgrund von Platznot eine Alternative zur bestehenden Gebäudesituation
entwickeln. Dabei ist es notwendig, eine bedarfsgerechte räumliche
Erweiterung durchzuführen. Es bieten sich mehrere Alternativen an. Eine
Möglichkeit ist es, am bestehenden Standort eine neue Lösung zu finden
und daher auszubauen. Der Besitzer der bestehenden Immobilie ist die BIG,
die Bundesimmobiliengesellschaft. Ein diesbezüglicher Plan wurde vom
Architekten Mag. Eyblmayer gemacht, der bereits Planungserfahrung mit
Gendarmerieposten hat.

Eine weitere Möglichkeit ist, ein neues Gebäude, das von privaten errichtet
werden soll, anzumieten. Das entsprechende Grundstück liegt im Gegensatz
zum aktuellen Standort abseits des bestehenden Behörden- und
Dienstleitleistungszentrums. Rund um diese Standortdiskussion, die auch
(siehe Beilage) in der Presse ihren Niederschlag findet, gibt es
Zusammenhänge, die offenbar in die Entscheidungsfindung um einen neuen
Standort hineinspielen. Der Abgeordnete Keppelmüller aus Vöcklabruck
hat sich in dieser Angelegenheit engagiert, wobei ihm zuletzt sogar
Geschäftsstörungsklagen angedroht wurden. Starke Bedenken hat zum
Privatprojekt (siehe Presseartikel) auch der FP-Abgeordnete Dipl. Ing. Max
Hofman geäußert. Keppelmüller will daher die Angelegenheit einer näheren
Prüfung unterziehen lassen, damit eventuelle Ungereimtheiten im Sinne des
Steuerzahlers und der Öffentlichkeit aufgedeckt werden, sollten solche
existieren.

Die Argumentation der Gendarmerie: Es ist anzuführen, dass der
Landesgendarmeriekommandant, Brigadier Manfred Schmidbauer, schrieb,
dass er sowohl die Vorgangsweise als auch die Standortfrage habe prüfen
lassen (“durch die betroffenen Stellen des Landesgendarmeriekommandos
und des Bundesministeriums für Inneres") und es wurde festgestellt, das
“das Projekt an der Salszburgerstraße hinsichtlich Standortqualität,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit als insgesamt am besten geeignet


befunden wurde." Es sei eine “optimale Lösung", “zumal dort für die
Zwecke der Gendarmerie individuell geplant und gebaut werden kann." Ein
weiteres Entscheidungskriterium der Gendarmerie könnte die Umzugsphase
sein: In einer Korrespondenz wurde den Abgeordneten Keppelmüller
mitgeteilt, dass die Gendarmerie gerne “direkt" übersiedeln wurde ohne
zwischenzeitlich in ein Ausweichquartier zu müssen, was dieser auch mit
Verständnis zur Kenntnis genommen hat.

Wir glauben, dass der bestehende Standort im öffentlichen Interesse der
geeignetste ist. Gegen den neuen Standort sprechen zunächst
verkehrstechnische Gründe. Das bestehende Gendarmerigebäude befindet
sich nämlich räumlich in der Nähe anderer vom öffentlichen Einrichtungen
genutzten Gebäuden (Bezirksgericht, Vermessungsamt, Finanzamt,
Rathaus, Gebietskrankenkasse mit Ambulatorien, Arbeiterkammer, ÖGB,
BFI und Autobusbahnhof) mit optimaler Verkehrsanbindung an die
Bundesstraße 1. Diese Verkehrsanbindung ist bei dringenden Einsätzen
sehr positiv - vor allem auch mit Hinblick auf andere Gemeinden des
Bezirkes Vöcklabruck. Wir glauben daher, dass der neue Standort die
Gendarmerie aus der örtlichen Konzentration von öffentlichen
Dienstleistungseinrichtungen reißen würde. Die derzeit einfache
Erreichbarkeit vieler Dienstleistungen für alle Bürger des Bezirkes
Vöcklabruck wäre wesentlich geschmälert.

Der bestehende Standort ist im Besitz der BIG, der
Bundesimmobiliengesellschaft. Ein Wegzug der Gendarmerie würde auch
unter diesem Gesichtspunkt Kosten verursachen (z.B. Verwertung des
desolaten Gebäudes).

Weitere Gründe gegen den neuen von privater Hand errichteten Standort
beziehen sich auf eben jenen neuen Standort selbst. Erstens ist das ins Auge
gefasste Grundstück wertvoll aus Umweltschutz-Sicht. Auf dem Grunstück
befindet sich ein alter, hoher Baumbestand, sodaß man davon sprechen
kann, dass dieses Grundstück eine wunderbare Grüninsel - ein Biotop für
Pflanzen und Tiere - im an sich grünarmen Stadtkernbereich ist.

Zweitens liegt der neue Standort (Salzburger Strasse) verkehrstechnisch
ungünstig: Die Ausfahrt liegt vor einer scharfen Kurve einer stark
befahrenen Straße. Dieses Verkehrsaufkommen wird sich durch einen in
der Nähe gebauten Supermarkt wesentlich erhöhen. Eine solche
Aussfahrtssituation ist gefährlich. Wie bereits erwähnt ist im Gegensatz
dazu die Ausfahrtssituation beim aktuellen Standort optimal.

Das Projekt (Einmietung in ein privates Mietobjekt) ist auch aus
volkswirtschaftlichen Gründen abzulehnen. Der
Bundesimmobiliengesellschaft würde am Standort ein schwer zu
verwertendes, desolates Gebäude verbleiben, obwohl laut Chef der BIG,
Dipl. Ing. Dr. Chromy, ein fertiger Plan für einen bedarfsgerechten Ausbau
des Gendarmeriegebäudes vorliegt und der Gendarmerie auch angeboten
wurde.


Weiters gibt es besitzrechtliche und politische Zusammenhänge, die
unseren Argwohn, der vielleicht unbegründet ist, erwecken:

•    Das vorgesehene Grundstück ist im Besitz der Familie des

freiheitlichen Stadtparteiobmannes Winter, die von diesem Projekt
zweifellos profitieren würde. Er wäre der Vermieter der Immobilie
an die Gendarmerie.

•    Herr Mag. Hammerlitz ist derjenige, der als Immobilienmakler das
Grundstück “vermarktet" und das Projekt managt. Für den Neubau
hat er zunächst ein ihm gehörendes Gründstück im Stadtzentrum ins
Gespräch gebracht. Nunmehr preist er das neue Grundstück an,
wobei angemerkt werden muß, dass zwischen dem teilfreigestellten
Mittelschulprofessor und Immobilienmakler Hammerlitz und dem
Bürgermeister von Vöcklabruck ein persönliches Naheverhältnis
besteht. Es ist in diesem Zusammenhang ein offenes Geheimnis,
dass Hr. Hammerlitz dafür bekannt ist “heikle Bauprojekte in
Vöcklabruck durchzubringen".

•    Der Postenkommandant der Gendarmerie Vöcklabruck hat eine
politische Funktion inne, er ist VP-Fraktionsführer im Gemeinderat.
Es stellt sich daher die Frage, ob sein Engagement für den
Privatstandort rein auf Sachüberlegungen basieren oder ob auch
politische und persönliche Faktoren hineinspielen bzw.
hineingespielt haben.

•    Die BIG hat der Gendarmerie laut Dipl. Ing. Dr. Chromy der
Gendarmerie ein komplettes Gebäudeprojekt plus entsprechendem
Mietpreis vorgelegt. Der Mietpreis wurde von den privaten
Interessenten marginal unterboten, worauf auch die BIG ihren Preis
nach unten revidierte. Dieses “Spiel" hat sich einige Male
fortgesetzt bis die BIG verärgert aus dieser Lizitation ausstieg.

•    Es wurde auch immer wieder behauptet, dass ein wesentlicher Teil
des Privatgebäudes zusätzlich zur Gendarmerie auch von der
Wiener Städtischen Versicherung angemietet werden würde.
Besonders forciert wurde dies von einem lokalen Angestellten der
Versicherung, der auch mit dem Gendarmeriepostenkommandant
verwandt ist (Schwager). Angeblich hätte eine solche Konstruktion
gegenüber dem BIG-Projekt für den privaten Anbieter verschiedene
Vorteile (z.B. bei der Ausschreibung).

•    Inzwischen ist bekannt, dass nach Befassung des Generaldirektors
der Wr. Städtischen, Dr. Günter Geyer die Wr. Städtische sich an
diesem Projekt nicht beteiligen wird. Dies wird sich vermutlich
auch auf die Gesamtprojekt- und Mietplanung auswirken.

•    Der neue Standort verursacht vermutlich höhere Kosten für die
Volkswirtschaft bzw. für die öffentliche Hand (Abbruch der alten
Immobilie, etc.).

Die oben angeführten politischen und persönlichen Zusammenhänge
könnten sich auf die Entscheidungsfindung hinsichtlich eines neuen
Gebäudes bzw. eines neuen Gebäudes an einem neuen Standort


ausgewirken. Um zu dieser Klärung beizutragen, stellen daher die
unterfertigten Abgeordneten folgende

ANFRAGE:

1.   Wie schätzen Sie die Kostenentwicklung dieses Projektes - vor allem auch
mittelfristig und langfristig projeziert - ein? Gibt es dahingehende
Tabellen?

2.   Was unternehmen Sie dazu, dass Entscheidungen im Bereich Bauvorhaben
und Mieten von Grundstücken seitens der Gendarmerie dahingehend
objektiviert werden, dass in die Entscheidungsfindung sämtliche Kriterien
einfließen, die von öffentlichen Interesse sind (also nicht nur die pure
Kostenentscheidung)?

3.   Führen Sie bei vergleichbaren Vorhaben Kosten-Nutzen-Analysen durch,
die über den Preis hinaus Kosten und Nutzen in die Entscheidungsfindung
einbeziehen?

4.   Welche rationalen Entscheidungskriterien sind in die Entscheidung
eingeflossen bzw. fliessen in die Entscheidung hinsichtlich eines
Mietverhältnisses auf bestehendem Grund oder privaten Grund?

5.   Was sind die Entscheidungskriterien aus der Sicht der Gendarmerie bisher
gewesen?

6.   Welche Kriterien sind als maßgebliche zu bezeichnen?

7.   Welche Kriterien haben sich auf die Entscheidungsfindung ausgewirkt?

8.   Welche Kriterien haben die “Betroffenen" des Innenministeriums bzw. des
Landesgendarmeriekommandos überzeugt, dass der neue Standort besser
sei als der bestehende?

9.   Welche genauen Argumente und Punkte werden angeführt, die eine solche
Entscheidung rechtfertigen?

10. Gibt es generell in solchen Fällen eine Vorgangsweise, die das Für und
Wider in rationaler Hinsicht nachvollziehbar machen?

11. Wie verhindern Sie in diesem Zusammenhang, dass ausschließlich private
Gewinninteressen letztendlich den Ausschlag für eine Lösung geben?

12. Wie stellen Sie sicher, dass unter dem Vorwand des “Outsourcing" nicht
mittel- und langfristig höhere Kosten für die Allgemeinheit verursacht
werden?

13. Wie stellen Sie in diesem Fall sicher, dass die volkswirtschaftlichen Kosten
(kurzfristige, mittelfristige, langfristige) als ein wichtiges
Entscheidungskriterium herangezogen werden?

14. Inwieweit spielen persönliche Beziehungen zwischen einem

Immobilienmakler und einem Bürgermeister bzw. eines Gendarmerie-
Postenkommandanten in eine solche Entscheidung von solcher finanzieller
Tragweite hinein?

15. Können Sie ausschliessen, dass derartige persönliche Präferenzen zur
Entscheidungsfindung in diesem Fall beigetragen haben?

16. Tragen derartige persönliche Präferenzen generell zu derartigen
Entscheidungen bei, die die Verwendung von öffentlichen Mitteln
beinhalten?


17. Welche Mechanismen sind in Kraft bzw. werden Sie in Kraft setzen, um die
Zuverlässigkeit der Entscheidungsfinder bei Bauvorhaben in ihren Ressort
zu überprüfen?

18. Werden Entscheidungsfinder in Ihrem Ressort dahingehend überprüft, ob
keine persönlichen oder politischen Kriterien in die Entscheidung
einfließen?

19. Ist in diesem Fall der Preis das einzige Entscheidungskriterium gewesen
oder gab es eine rationale Abwägung der Vor- und Nachteile?

20. Sind sie generell der Meinung, dass derartige Bauvorhaben einer
öffentlichen Kontrolle zu unterziehen seien - insbesondere auch das
Öffentlichmachen der Entscheidungsgrundlagen für eine solche
Mietvorhaben-Entscheidung?

21. Was unternehmen Sie bzw. werden Sie in Zukunft unternehmen, dass
Unregelmäßigkeiten bei derartigen Bauvorhaben bzw. Mietvorhaben
hintangebunden werden?

22. Glauben Sie, ist Transparenz in einem solchen Zusammenhang ein Prinzip,
das im Interesse der Öffentlichkeit generell verpflichtend anzuwenden ist?

23. Welche aktiven Schritte unternimmt ihr Ressort, um Mißbrauch von
öffentlichen Geldern zum ausschließlichen persönlichen Geldvorteil
privater zu unterbinden?

24. Glauben Sie, haben die Beteiligten, insbesondere jene aus ihrem Ressort,
die Angelegenheit mit der nötigen Sorgfalt erledigt? Sind sie mit dem
nötigen Verantwortungsgefühl an die Entscheidung herangegangen?

25. Haben sich die Verantwortlichen mit den persönlichen und politischen
Zusammenhängen der Causa beschäftigt, die in die Entscheidungsfindung
eingeflossen sein können?

26. Sind Sie der Meinung, dass es im Zuge der Entscheidung zu

Unregelmäßigkeiten gekommen ist? Sind Ihnen etwaige illegale Vorgänge
bekannt?

27. Was unternehmen Sie um eventuell bestehende Unregelmäßigkeiten
aufzudecken? Welche Schritte in dieser Hinsicht haben Sie bereits
unternommen?