4394/J XXI.GP
Eingelangt am: 20.09.2002
ANFRAGE
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Keppelmüller
und Genossen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend “Ungereimtheiten beim Gendarmerieneubau in Vöcklabruck"
Uns wurden
Informationen zugetragen, die Grund zur Annahme geben,
dass es
beim geplanten Neubau/Ausbau Einmieten des
Gendarmeriepostens
(BGK und GP) in Vöcklabruck (Oberösterreich)
Ungereimtheiten
geben könnte. Diese Ungereimtheiten würden dazu
fuhren,
dass die Anforderungen aus wirtschaftlicher Sicht im Interesse der
Bürger
nicht optimal erfüllt würden. Der Steuerzahler und die Interessen
der
öffentlichen Hand würden, so befürchten wir, beschädigt.
Die Vorgeschichte:
Die Gendarmerie muß in Vöcklabruck (Oberösterreich)
aufgrund
von Platznot eine Alternative zur bestehenden Gebäudesituation
entwickeln.
Dabei ist es notwendig, eine bedarfsgerechte räumliche
Erweiterung durchzuführen. Es bieten sich mehrere Alternativen an. Eine
Möglichkeit
ist es, am bestehenden Standort eine neue Lösung zu finden
und daher auszubauen. Der Besitzer der bestehenden Immobilie ist die BIG,
die
Bundesimmobiliengesellschaft. Ein diesbezüglicher Plan wurde vom
Architekten
Mag. Eyblmayer gemacht, der bereits Planungserfahrung mit
Gendarmerieposten
hat.
Eine weitere
Möglichkeit ist, ein neues Gebäude, das von privaten errichtet
werden
soll, anzündeten. Das entsprechende Grundstück liegt im Gegensatz
zum
aktuellen Standort abseits des bestehenden Behörden- und
Dienstleistungszentrums.
Rund um diese Standortdiskussion, die auch
(siehe
Beilage) in der Presse ihren Niederschlag findet, gibt es
Zusammenhänge, die offenbar in die Entscheidungsfindung um einen neuen
Standort
hineinspielen. Der Abgeordnete Keppelmüller aus Vöcklabruck
hat
sich in dieser Angelegenheit engagiert, wobei ihm zuletzt sogar
Geschäftsstörungsklagen
angedroht wurden. Starke Bedenken hat zum
Privatprojekt
(siehe Presseartikel) auch der FP-Abgeordnete Dipl. Ing. Max
Hofman
geäußert. Keppelmüller will daher die Angelegenheit einer
näheren
Prüfung
unterziehen lassen, damit eventuelle Ungereimtheiten im Sinne des
Steuerzahlers
und der Öffentlichkeit aufgedeckt werden, sollten solche
existieren.
Die Argumentation der
Gendarmerie: Es ist anzuführen, dass der
Landesgendarmeriekommandant,
Brigadier Manfred Schmidbauer, schrieb,
dass er
sowohl die Vorgangsweise als auch die Standortfrage habe prüfen
lassen
(“durch die betroffenen Stellen des Landesgendarmeriekommandos
und des
Bundesministeriums für Inneres") und es wurde festgestellt, das
“das Projekt an der Salszburgerstraße hinsichtlich
Standortqualität,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit als insgesamt am besten
geeignet
befunden
wurde." Es sei eine “optimale Lösung", “zumal dort
für die
Zwecke
der Gendarmerie individuell geplant und gebaut werden kann." Ein
weiteres
Entscheidungskriterium der Gendarmerie könnte die Umzugsphase
sein:
In einer Korrespondenz wurde den Abgeordneten Keppelmüller
mitgeteilt, dass die Gendarmerie gerne “direkt" übersiedeln
wurde ohne
zwischenzeitlich in ein Ausweichquartier zu müssen, was dieser auch mit
Verständnis
zur Kenntnis genommen hat.
Wir glauben, dass der
bestehende Standort im öffentlichen Interesse der
geeignetste
ist. Gegen den neuen Standort sprechen zunächst
verkehrstechnische Gründe. Das bestehende Gendarmeriegebäude befindet
sich
nämlich räumlich in der Nähe anderer vom öffentlichen
Einrichtungen
genutzten
Gebäuden (Bezirksgericht, Vermessungsamt, Finanzamt,
Rathaus,
Gebietskrankenkasse mit Ambulatorien, Arbeiterkammer, ÖGB,
BFI und
Autobusbahnhof) mit optimaler Verkehrsanbindung an die
Bundesstraße
l. Diese Verkehrsanbindung ist bei dringenden Einsätzen
sehr
positiv - vor allem auch mit Hinblick auf andere Gemeinden des
Bezirkes
Vöcklabruck. Wir glauben daher, dass der neue Standort die
Gendarmerie
aus der örtlichen Konzentration von öffentlichen
Dienstleistungseinrichtungen
reißen würde. Die derzeit einfache
Erreichbarkeit
vieler Dienstleistungen für alle Bürger des Bezirkes
Vöcklabruck
wäre wesentlich geschmälert.
Der bestehende
Standort ist im Besitz der BIG, der
Bundesimmobiliengesellschaft. Ein Wegzug der Gendarmerie würde auch
unter
diesem Gesichtspunkt Kosten verursachen (z.B. Verwertung des
desolaten
Gebäudes).
Weitere Gründe
gegen den neuen von privater Hand errichteten Standort
beziehen
sich auf eben jenen neuen Standort selbst. Erstens ist das ins Auge
gefasste
Grundstück wertvoll aus Umweltschutz-Sicht. Auf dem Grunstück
befindet
sich ein alter, hoher Baumbestand, sodaß man davon sprechen
kann,
dass dieses Grundstück eine wunderbare Grüninsel - ein Biotop
für
Pflanzen und Tiere - im an sich grünarmen Stadtkernbereich ist.
Zweitens liegt der
neue Standort (Salzburger Strasse) verkehrstechnisch
ungünstig:
Die Ausfahrt liegt vor einer scharfen Kurve einer stark
befahrenen
Straße. Dieses Verkehrsaufkommen wird sich durch einen in
der
Nähe gebauten Supermarkt wesentlich erhöhen. Eine solche
Aussfahrtssituation
ist gefährlich. Wie bereits erwähnt ist im Gegensatz
dazu die
Ausfahrtssituation beim aktuellen Standort optimal.
Das Projekt
(Einmietung in ein privates Mietobjekt) ist auch aus
volkswirtschaftlichen
Gründen abzulehnen. Der
Bundesimmobiliengesellschaft würde am Standort ein schwer zu
verwertendes,
desolates Gebäude verbleiben, obwohl laut Chef der BIG,
Dipl.
Ing. Dr. Chromy, ein fertiger Plan für einen bedarfsgerechten Ausbau
des
Gendarmeriegebäudes vorliegt und der Gendarmerie auch angeboten
wurde.
Weiters gibt es besitzrechtliche und
politische Zusammenhänge, die
unseren
Argwohn, der vielleicht unbegründet ist, erwecken:
• Das vorgesehene Grundstück ist im Besitz der Familie des
freiheitlichen Stadtparteiobmannes Winter, die von
diesem Projekt
zweifellos
profitieren würde. Er wäre der Vermieter der Immobilie
an die
Gendarmerie.
• Herr Mag. Hammerlitz ist derjenige, der als
Immobilienmakler das
Grundstück
“vermarktet" und das Projekt managt. Für den Neubau
hat er
zunächst ein ihm gehörendes Gründstück im Stadtzentrum ins
Gespräch
gebracht. Nunmehr preist er das neue Grundstück an,
wobei
angemerkt werden muß, dass zwischen dem teilfreigestellten
Mittelschulprofessor
und Immobilienmakler Hammerlitz und dem
Bürgermeister
von Vöcklabruck ein persönliches Naheverhältnis
besteht.
Es ist in diesem Zusammenhang ein offenes Geheimnis,
dass Hr.
Hammerlitz dafür bekannt ist “heikle Bauprojekte in
Vöcklabruck durchzubringen".
• Der Postenkommandant der Gendarmerie
Vöcklabruck hat eine
politische
Funktion inne, er ist VP-Fraktionsführer im Gemeinderat.
Es
stellt sich daher die Frage, ob sein Engagement für den
Privatstandort
rein auf Sachüberlegungen basieren oder ob auch
politische
und persönliche Faktoren hineinspielen bzw.
hineingespielt
haben.
• Die BIG hat der Gendarmerie laut Dipl. Ing.
Dr. Chromy der
Gendarmerie
ein komplettes Gebäudeprojekt plus entsprechendem
Mietpreis
vorgelegt. Der Mietpreis wurde von den privaten
Interessenten
marginal unterboten, worauf auch die BIG ihren Preis
nach
unten revidierte. Dieses “Spiel" hat sich einige Male
fortgesetzt bis die BIG verärgert aus dieser Lizitation ausstieg.
• Es wurde auch immer wieder behauptet, dass ein
wesentlicher Teil
des
Privatgebäudes zusätzlich zur Gendarmerie auch von der
Wiener
Städtischen Versicherung angemietet werden würde.
Besonders
forciert wurde dies von einem lokalen Angestellten der
Versicherung,
der auch mit dem Gendarmeriepostenkommandant
verwandt
ist (Schwager). Angeblich hätte eine solche Konstruktion
gegenüber
dem BIG-Projekt für den privaten Anbieter verschiedene
Vorteile
(z.B. bei der Ausschreibung).
• Inzwischen ist bekannt, dass nach Befassung
des Generaldirektors
der Wr. Städtischen, Dr. Günter Geyer die Wr. Städtische sich an
diesem
Projekt nicht beteiligen wird. Dies wird sich vermutlich
auch
auf die Gesamtprojekt- und Mietplanung auswirken.
• Der neue Standort verursacht vermutlich
höhere Kosten für die
Volkswirtschaft
bzw. für die öffentliche Hand (Abbruch der alten
Immobilie, etc.).
Die oben
angeführten politischen und persönlichen Zusammenhänge
könnten
sich auf die Entscheidungsfindung hinsichtlich eines neuen
Gebäudes
bzw. eines neuen Gebäudes an einem neuen Standort
ausgewirken.
Um zu dieser Klärung beizutragen, stellen daher die
unterfertigten
Abgeordneten folgende
ANFRAGE:
1. Wie schätzen Sie die Kostenentwicklung dieses
Projektes - vor allem auch
mittelfristig und langfristig
projeziert - ein? Gibt es dahingehende
Tabellen?
2.
Verursacht ein Neubau auf neuem Grund höhere Kosten für die
öffentliche
Hand?
3. Ist die BIG daran interessiert, dass öffentliche
Dienstleistungen in
bestehenden
Gebäuden bzw. Grundstücken bleiben?
4.
Müssen Mietverhältnisse um jeden Preis von privaten durchgeführt
werden
bzw.
ist die BIG automatisch zweite Wahl bei Entscheidungen hinsichtlich
von Mietvorhaben?
5. Was unternimmt Dir Ressort und die BIG dazu, dass öffentliche
Einrichtungen
den Standort als attraktiv einstufen und nicht wegziehen
wollen?
6. Gab es Gespräche der Betroffenen
Projektverantwortlichen mit ihrem
Ressort
bzw. mit der BIG bezüglich der Einholung von Kostenofferts und
Kosten
generell?
7. Ist es Ihr Bestreben, die Ausgaben der öffentlichen
Hand in rationaler
Hinsicht
zu evaluieren und entsprechend zu koordinieren?
8. Was unternehmen Sie dazu, dass Entscheidungen im Bereich
Bauvorhaben
und
Mieten von Grundstücken seitens der Gendarmerie dahingehend
objektiviert
werden, dass in die Entscheidungsfindung sämtliche Kriterien
einfließen, die von öffentlichen Interesse sind (also nicht nur die
pure
Kostenentscheidung)?
9. Führen Sie bei vergleichbaren Vorhaben
Kosten-Nutzen-Analysen durch,
die über den Preis hinaus Kosten und Nutzen in die Entscheidungsfindung
einbeziehen?
10. Welche
rationalen Entscheidungskriterien sind in die Entscheidung
eingeflossen bzw. fliessen in die Entscheidung hinsichtlich eines
Mietverhältnisses auf bestehendem Grund oder privaten Grund?
11. Was sind die
Entscheidungskriterien aus der Sicht der Gendarmerie bisher
gewesen?
12. Welche Kriterien sind als maßgebliche zu bezeichnen?
13. Welche Kriterien haben sich auf die Entscheidungsfindung ausgewirkt?
14. Welche
Kriterien haben die “Betroffenen" des Innenministeriums bzw. des
Landesgendarmeriekommandos überzeugt,
dass der neue Standort besser
sei als der bestehende?
15. Welche genauen
Argumente und Punkte werden angeführt, die eine solche
Entscheidung rechtfertigen?
16. Gibt es generell in solchen Fällen eine Vorgangsweise, die das
Für und
Wider in rationaler Hinsicht
nachvollziehbar machen?
17. Wie verhindern
Sie in diesem Zusammenhang, dass ausschließlich private
Gewinninteressen letztendlich den Ausschlag für eine Lösung geben?
18. Wie stellen Sie sicher, dass unter dem Vorwand des
“Outsourcing" nicht
mittel-
und langfristig höhere Kosten für die Allgemeinheit verursacht
werden?
19. Wie stellen Sie in diesem Fall sicher, dass die
volkswirtschaftlichen Kosten
(kurzfristige,
mittelfristige, langfristige) als ein wichtiges
Entscheidungskriterium
herangezogen werden?
20. Inwieweit spielen persönliche Beziehungen zwischen einem
Immobilienmakler und
einem Bürgermeister bzw. eines Gendarmerie-
Postenkommandanten
in eine solche Entscheidung von solcher finanzieller
Tragweite
hinein?
21. Können Sie
ausschliessen, dass derartige persönliche Präferenzen zur
Entscheidungsfindung
in diesem Fall beigetragen haben?
22. Tragen derartige persönliche Präferenzen generell zu
derartigen
Entscheidungen
bei, die die Verwendung von öffentlichen Mitteln
beinhalten?
23. Welche Mechanismen sind in Kraft bzw. werden Sie in Kraft setzen, um
die
Zuverlässigkeit
der Entscheidungsfinder bei Bauvorhaben in ihren Ressort
zu
überprüfen?
24. Werden Entscheidungsfinder in Ihrem Ressort dahingehend
überprüft, ob
keine
persönlichen oder politischen Kriterien in die Entscheidung
einfließen?
25. Ist in diesem Fall der Preis das einzige Entscheidungskriterium
gewesen
oder gab es eine rationale Abwägung der Vor- und Nachteile?
26. Sind sie generell der Meinung, dass derartige Bauvorhaben einer
öffentlichen Kontrolle zu unterziehen seien - insbesondere auch das
Öffentlichmachen der Entscheidungsgrundlagen für eine solche
Mietvorhaben-Entscheidung?
27. Was unternehmen Sie bzw. werden Sie in Zukunft unternehmen, dass
Unregelmäßigkeiten
bei derartigen Bauvorhaben bzw. Mietvorhaben
hintangebunden
werden?
28. Glauben Sie, ist Transparenz in einem solchen Zusammenhang ein
Prinzip,
das im
Interesse der Öffentlichkeit generell verpflichtend anzuwenden ist?
29. Welche aktiven
Schritte unternimmt ihr Ressort, um Mißbrauch von
öffentlichen
Geldern zum ausschließlichen persönlichen Geldvorteil
privater
zu unterbinden?
30. Glauben Sie, haben die Beteiligten, insbesondere jene aus ihrem
Ressort,
die
Angelegenheit mit der nötigen Sorgfalt erledigt? Sind sie mit dem
nötigen
Verantwortungsgefühl an die Entscheidung herangegangen?
31. Haben sich die Verantwortlichen mit den persönlichen und
politischen
Zusammenhängen
der Causa beschäftigt, die in die Entscheidungsfindung
eingeflossen
sein können?
32. Sind Sie der Meinung, dass es im Zuge der Entscheidung zu
Unregelmäßigkeiten
gekommen ist? Sind Ihnen etwaige illegale Vorgänge
bekannt?
33. Was unternehmen Sie um eventuell bestehende
Unregelmäßigkeiten
aufzudecken?
Welche Schritte in dieser Hinsicht haben Sie bereits
unternommen?
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