4419/J XXI.GP
Eingelangt am: 20.09.2002
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Grundwassersanierung OÖ
Sauberes und gesundes Wasser ist Lebens-
und Gesundheitsgrundlage Nummer
Eins. Die Sanierung der Grundwasserbelastung zählt deshalb zu den
vorrangigen
Aufgaben einer nachhaltigen Umwelt- und Gesundheitspolitik. Leider
verschlechterte
sich laut
Gewässerschutzbericht 1999 die Situation des Grund- und damit teilweise
auch des Trinkwassers in den landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten
Österreichs
weiterhin.
Von den
934 Nitrat-Messstellen mit langer Beobachtungsdauer musste bei 23,3
% ein steigender Trend, das heißt eine Verschlechterung, und bei nur 10,4
%
eine Verbesserung festgestellt werden. Damit ist in Österreich die
Sanierung
der Nitratbelastung im Grundwasser gescheitert, keine einzige Beschränkung
der Gülleaufbringung wurde verordnet.
Auch die EU schlug bereits Alarm. Sie
ermahnte und klagte uns wegen
mangelnder Umsetzung der Nitratrichtlinie.
Über 200.000 Menschen in Nieder- und Oberösterreich werden
erhöhte
Atrazinwerte zugemutet! Insgesamt 155 Wasserversorgungsanlagen in
Österreich arbeiten bei Atrazin mit Ausnahmegenehmigungen!
BGI., V, W keine Aussetzung der Grenzwerte
K: 10
Wasserversorgungsanlagen mit Ausnahmegenehmigung
NÖ: 45
OÖ: 84
St: 13
T: 3
Ein aktueller Gewässerschutzbericht 2001 liegt noch nicht vor.
Nach wie vor ist auch des
Aktionsprogramm zur von der EU eingeklagten Umsetzung
der Nitratrichtlinie unwirksam. Es enthält keine Beschränkung des
Düngers, keine
Vorschreibung der Winterbegrünung und keine verpflichtenden
Maßnahmen zur
Standortanpassung. Sogar
einzelne Bestimmungen des OÖ-
Bodenschutzprogramms sind strenger, obwohl hier die
Grenzwerte und Güteziele
nach wie vor fehlen.
Die EU monierte in ihrer Stellungnahme vom
21.1.2000 nämlich, dass Österreich
“die Maßnahmen nach Anhang III (d.h. zeitliche,
quantitative und räumliche
Aufbringungsverbote für Düngemittel) bislang nicht verbindlich vorgeschrieben und
die Regeln der guten fachlichen Praxis nur in
eingeschränktem Maße verbindlich
gemacht" habe.
Im Agrarrechtsänderungsgesetz 2000 wurde
nun die Wasserrechtsgesetznovelle,
welche aus Anlass der angekündigten Klage wegen Verletzung der
Nitrat-Richtlinie
formuliert wurde, versteckt. Die EU-Kommission kritisierte, dass bis jetzt
keine
konkreten Maßnahmen zur Reduktion der Nitratbelastung, wie zeit- und
flächenmäßige Aufbringungsverbote für Gülle, mit
verpflichtenden
Nutzungseinschränkungen verfügt wurden. Allein in NÖ und OÖ
müssen rd 200.000
Menschen nitratbelastetes Wasser trinken. Die OÖ Landesregierung setzt auf
den
“Vertragsgewässerschutz". Mittels Förderungsverträgen
sollen die Landwirte zu
umweltbewusstem Handeln gebracht werden. Ob dafür genügend Budget zur
Verfügung steht und dies zudem der Nitrat-RL entspricht, die klare Verbote
fordert,
ist mehr als zu bezweifeln.
Auch der letzte Umweltkontrollbericht stellte massive
Defizite bei der
Grundwassersanierung in Oberösterreich fest. Denn in Oberösterreich
ergibt die
Auswertung der Grundwasserdaten des 3.
Quartals 2001 nur ein leichtes Abflachen
bei der Nitrat-Belastung, ein konstantes Bild bei Atrazin und steigende
Desethylatrazinwerte.
Gebietsspezifisch bedeutet dies:
Spitzenbelastungen
mit Nitrat auf der Traun-Enns-Platte (38% der Messstellen
über dem Schwellenwert von 45mg/l) und im südl. Eferdinger Becken
(bei 35%
der Messstellenüberschreitungen)
erhebliche
Atrazinbelastungen auf der Traun-Enns-Platte (38% der Messstellen
über dem Schwellenwert von 0,1 mg/l)
massive Überschreitungen bei
Desethylatrazin auf der Traun-Enns-Platte
(63%), im südl. Eferdinger Becken (30%), im südl. Linzer Feld (45%)
Experten charakterisieren die Lage als
“gleichbleibendes Trend-Verhalten", d.h. bei
Schotterböden und geringem Großviehbestand leichte Besserung, bei
schweren
Böden mit hohem Großviehbestand (Schweinemast mit Maisanbau) keine
Verbesserungen.
Damit hat das auf Freiwilligkeit beruhende
Landesprogramm “Grundwasser 2000
neu" nicht zur Entspannung der Lage geführt. Teilnahmeberechtigt sind
4.500
landwirtschaftliche Betriebe mit ca. 106.000 ha Nutzfläche. Nach den
Erfahrungswerten von Experten beträgt die
Beteiligungsrate an
Freiwilligenprogrammen maximal 2/3 der
Betriebe. Auf der Traun-Enns-Platte beträgt
derzeit die Beteiligungsrate 44% der potentiellen Nutzer. Dies ist im Hinblick
auf
Belastung viel zu gering. 1/3 vor allem
Landwirte mit größeren Viehbeständen
werden weiterhin die Grundwasserströme massiv belasten, da sie sich nicht
an den
freiwilligen Programmen auf ÖPUL-Basis beteiligen (ÖPUL-Forderungen
gibt es nur
bis zu 2,5 Großvieheinheiten pro
Hektar). Deshalb wären verpflichtende Maßnahmen
zur Grundwassersanierung dringend erforderlich.
Seit dem Beschluss Novelle des
Wasserrechtsgesetzes, die am 1.1.2000 in Kraft
trat, hätte sich mit der Neufassung des §33 f eine neue
Möglichkeit für verpflichtende
Maßnahmen eröffnet. Allerdings wurden diese Möglichkeiten durch
die
Verabschiedung der Grundwasserschwellenwertverordnung “neu"
drastisch
verschlechtert. Denn:
Umfang und Ausmaß der
Beobachtungs- und Sanierungsgebiete wird allein
vom LH festgelegt, keine gesetzl. Ausweisungskriterien
die Voraussetzungen und Grenzen, ab wann
Maßnahmen gesetzt werden
können, wurden um 100%
erhöht
statt bei Überschreitungen von Werten
an 25% der Messstellen ist nun das
“arithmetische Mittel der Messwerte" ausschlaggebend
Einstufung als Beobachtungs-
und voraussichtliches Maßnahmengebiet erfolgt
erst bei Überschreitung der Werte von 30% bzw 50% der Messstellen (vorher
25%)
das Maßnahmenbündel gleicht den
Erfordernissen, um am ÖPUL
teilzunehmen, ist aber insgesamt schwächer
wesentliche und allein sinnvolle Maßnahmen,
wie z.B. Bestimmung des
Düngereinsatzes auf Basis der Nährstoffreserven im Boden, sind nicht
vorgesehen
die Wasserrechtsnovelle verlangt weiterhin
eine dreistufige Vorgangsweise die
insgesamt vier Jahre dauern wird.
Wie vor allem die Stellungnahme des Landes OÖ zeigt,
verschlechtert diese
Schwellenwertverordnung die Grundwassersanierung erheblich:
“..Instrumente zur
Sanierung flächenhafter Grundwasserbelastung werden beträchtlich
zurückgenommen.
( ) Die dezentrale Versorgungsstruktur in OÖ aber auch die
Verwirklichung der Ziele
des flächenhaften Grundwasserschutzes machen es
erforderlich, dass auch in Gebieten mit 30, 35 oder 40 %
“belasteter"
Messstellen
flächenhafte Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden
können!" (Hervorhebung durch die Landesreg.)
Derzeit sind in OÖ noch
keine Beobachtungsgebiete ausgewiesen. Wahrscheinlich
wird es laut einer Anfragebeantwortung von LR Achatz erst nach 2 Jahren (!) zu
einem einzigen
Maßnahmengebiet auf der Traun-Enns-Platte wegen
Desethylatrazin-Überschreitungen kommen. Den Nitrat-Belastungen werden
trotz
Rüge durch die EU (mangelhafte Umsetzung der Nitrat-Richtlinie) keine
verpflichtenden Maßnahmen entgegengesetzt. Damit erscheint die
Grundwassersanierungspolitik der Bundesregierung als gescheitert.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wann wird der Gewässerschutzbericht 2001 vorliegen?
2.
Aus welchen Gründen wurde die Grundwasserschwellenwertverordnung im
Hinblick auf verpflichtende Sanierungsmaßnahmen deutlich
“verwässert"?
3. Warum wurden
die Voraussetzungen und Grenzen, ab wann Maßnahmen
gesetzt werden können, um 100% erhöht? Warum wurde nicht die vorher
gültige Regelung beibehalten?
4.
Warum ist nun das “arithmetische Mittel der Messwerte"
ausschlaggebend für
Maßnahmen statt wie in der früheren Regelung die
Überschreitungen von
Werten an 25% der Messstellen?
5. Aus welchen
Gründen entsprachen Sie nicht den fundierten Anregungen und
kritischen Anmerkungen der Stellungnahme des Landes Oberösterreich zum
Verordnungsentwurf?
6. Welche Agrarinstitutionen intervenierten bei Ihnen?
7. Wie lautete die
Stellungnahme der Präsidenten der Landwirtschaftskammern
zum Verordnungsentwurf der Grundwasserschwellenwertverordnung?
8.
Auf welche Weise soll nun unter diesen erschwerten Bedingungen (vgl.
Stellungnahme der OÖ Landesregierung) in Oberösterreich die
Grundwassersanierung beschleunigt werden?