457/J XXI.GP

 

                                                               ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Gradwohl, Dobnigg, Anna Huber, Ludmilla Parfuss,

Mag. Ulrike Sima, Faul

und Genossen

an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft, Gewässerschutz und Umwelt

betreffend rechtswidrig ausgesprochene Betriebssperre der Firma Agra Tagger durch den

Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft

 

Die in der schriftlichen parlamentarischen Anfrage 6533/J vom 7.7.1999 (Beilage) an

Landwirtschaftsminister Molterer geäußerten Befürchtungen, wonach durch Unfähigkeit der

Akteure des Landwirtschaftsministerium bei der Firma Agra Tagger 135 Arbeitsplätze

gefährdet sind, insbesondere die Vorgangsweise bei der Sperre, sowie der ORF - Auftritt des

Landwirtschaftsministers am 15.6.1999 kritisiert wurde, haben sich als richtig herausgestellt.

Der unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat die im Auftrag des

Bundesministers für Land - und Forstwirtschaft ausgesprochene Betriebssperre bei der Firma

Agra Tagger als rechtswidrig erkannt.

 

Die Vorwürfe seitens der Firmenspitze wie auch der Belegschaftsvertretung stellen sich damit

als richtig heraus. Der dadurch entstandene Schaden wird auf zumindest 30 Mio. Schilling

geschätzt.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land - und

Forstwirtschaft, Gewässerschutz und Umwelt nachstehende

 

Anfrage:

 

 

1. Welche Konsequenzen werden Sie aus diesem Urteil ziehen?

 

2. Wie hoch schätzen Sie den Schaden für die Firma Tagger ein?

 

3. Welche Maßnahmen werden Sie zur Sicherung der Arbeitsplätze setzen?

 

4. Gibt es bereits Gespräche über eine einvernehmliche Lösung hinsichtlich der Höhe des

    Betrages zur Schadensabgeltung?

 

5. Aus welchen Mitteln wird die Schadensgutmachung zu decken sein?

 

6. Was werden Sie unternehmen, um den Schaden für den Steuerzahler für Fehler des

    Landwirtschaftsministeriums möglichst niedrig zu halten?

6533/J XX.GP

 

                                                               ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Heidrun Silhavy

und Genossen

an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft

betreffend Vorwurf der Gefährdung von Arbeitsplätzen durch unkoordiniertes bzw. unprofes -

sionelles Vorgehen im Rahmen der Tätigkeit des Bundesministeriums für Land - und Forst -

wirtschaft zur Klärung des Dioxin - Skandals

 

Im Rahmen des Tätigwerdens des für Futtermittelkontrolle zuständigen Bundesministeriums

für Land - und Forstwirtschaft zur Aufklärung des Dioxin - Skandals traten z.T. schwere Auf -

fassungsunterschiede in der Einschätzung der Gefährlichkeit der Kontaminierung, der Fest -

legung von Grenzwerten, vor allem aber bei Sperren und Beschlagnahmen von Produkten

österreichischer Firmen zwischen dem Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft

einerseits und Firmenvertretern und Belegschaftsvertretung andererseits auf

 

Der Hauptvorwurf geht dahin, daß durch Unfähigkeit der Akteure des Bundesministeriums

für Land - und Forstwirtschaft bei der Firma Agra Tagger 135 Arbeitsplätze gefährdet sind.

Insbesonders die Vorgangsweise der Sperre, Aufhebung der Sperre und des ORF - Auftritts des

Bundesministers am 15.6.1999 wird kritisiert.

 

In diesem Zusammenhang wird dem Bundesminister auch die Nichteinhaltung von in Aus -

sicht gestellten finanziellen Unterstützungen seitens der Fa, Agra Tagger vorgeworfen, sowie

eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Firmen, die sich im Besitz des Raiffeisen -

konzerns befinden.

 

Daher ergeben sich auch offene Fragen hinsichtlich des vom Agrarlandesrat Pöltl der Presse

gegenüber verlauteten Rechtshilfeersuchen des Landwirtschaftsministeriums an nicht näher

bezeichnete Stellen bzw. Personen in der Steiermark.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land - und Forst -

wirtschaft folgende

 

ANFRAGE

 

 

1. Wie oft wurden die involvierten Betriebe in den letzten drei Jahren kontrolliert?

 

2. Wie hoch waren die Beanstandungen im Rahmen dieser Kontrollen?

 

3. In welcher Häufigkeit wurden in der Vergangenheit (vor der sogenannten Dioxin -

    Affäre) Futtermittel auf ihren Dioxingehalt überprüft?

 

4. Seit wann gibt es die Festlegung auf einen Dioxin - Grenzwert in Futtermitteln?

 

5. Wie bzw. durch welche Methode kam es zur Festlegung dieses Grenzwertes?

 

6. Wurden außer der in der Einleitung genannten Firma auch in anderen Hersteller -

    betrieben Kontrollen vorgenommen? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

 

7. Wie entkräften Sie den Vorwurf der Ungleichbehandlung von Firmen?

 

8. Können österreichische Produzenten davon ausgehen, daß bei der Erzeugung gemäß

    dem Futtermittelgesetz Rechtssicherheit hinsichtlich der Qualität ihrer Produkte gege -

    ben ist, wenn nein, durch welche Maßnahmen werden Sie für eine entsprechende

    Rechtssicherheit Vorsorge tragen?

 

9. Wenn die Futtermittelproduktion der Firma Agra Tagger entsprechend der zum Pro -

    duktionszeitpunkt gültigen Auflagen erfolgte, werden Sie Maßnahmen zur Sicherung

    der Arbeitsplätze setzen, wenn ja, welche?

6273/AB XX.G?

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Kollegen vom 7. Juli

1999, Nr. 6533/J, betreffend Vorwurf der Gefährdung von Arbeitsplätzen durch unkoordi

niertes bzw. unprofessionelles Vorgehen im Rahmen der Tätigkeit des Bundesministeriums

ftr Land - und Forstwirtschaft zur Klärung des Dioxin - Skandals, beehre ich mich Folgendes

mitzuteilen:

 

Bevor ich auf Ihre Fragen näher eingehe, halte ich fest, dass im Rahmen der amtlichen Fut -

termittelkontrolle alle Betriebe gleicher Maßen kontrolliert werden. Eine Ungleichbehandlung

einzelner Unternehmen entspricht nicht den Tatsachen und ist mit aller Entschiedenheit zu -

rückzuweisen. Die Kontrollbehörden sind dazu verpflichtet, im Falle von erhöhten Dioxin -

werten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

 

Das Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft hat bei seiner Kontrolltätigkeit auf den

Schutz der Konsumenten aber auch der sonstigen betroffenen Verkehrskreise, insbesondere

der Landwirtschaft, der Futtermittel - und der Lebensmittelwirtschaft, Bedacht zu nehmen.

Gerade im Hinblick auf die Vorfälle in Belgien hatte und hat eine intensive Kontrolltätigkeit

höchste Priorität. Wie mittlerweile die Kontrollergebnisse bestätigt haben, wurde beim be -

troffenen Unternehmen im Zuge der Untersuchungen als erste Ursache für die überhöhten

Dioxinwerte der Zusatzstoff - Kaolinit - Tonerde aus Deutschland - eruiert.

Weiters ist festzuhalten, dass das Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft alle

Maßnahmen mit dem für den Bereich des Lebensmittelrechtes zuständigen Bundeskanzler -

amt akkordiert und dadurch sichergestellt hat, dass sowohl die Ziele des Futtermittels - als

auch jene des Lebensmittelrechtes in effizienter Weise sichergestellt wurden. Die Vorgangs -

weise Österreichs wurde auch von der Europäischen Kommission als richtig bestätigt.

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Im Rahmen der amtlichen Futtermittelkontrolle wurden im betroffenen Unternehmen von

1997 bis zum 30. Juni 1999 375 Futtermittelproben gezogen. Bei jenem zweiten Unterneh -

men, m dessen Produkten ebenfalls erhöhte Dioxin - Werte festgestellt werden konnten, wur -

den im selben Zeitraum 830 Untersuchungen vorgenommen.

 

Es darf um Verständnis ersucht werden, dass die Anzahl der Beanstandungen bezogen auf

diese beiden Unternehmen aus Gründen des Datenschutzes nicht angegeben werden kann.

 

Zu Frage 3:

 

Bislang wurden Dioxinuntersuchungen durchgeführt, wenn Verdachtsmomente aufgetreten

sind. Im Jahre 1998 wurden verstärkt Untersuchungen auf Dioxine in Futtermitteln für Milch -

vieh vorgenommen, nachdem auf dem europäischen Markt in Zitruspellets mit Herkunft aus

Brasilien hohe Dioxinbelastungen festgestellt wurden.

 

Zu den Fragen 4 und 5:

 

Mit Richtljnie 98/60/EG vom 24. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 74/63/EWG des Rates

über die Festlegung von Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen und Erzeugnissen in

Futtermitteln hat die Europäische Kommission einen Grenzwert für Dioxin für Zitruspellets

festgelegt. Bei Zitruspellets mit Ursprung in oder Herkunft aus Brasilien waren so hohe Di -

oxingehalte festgestellt worden, dass eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht aus -

zuschließen war.

 

Einen generellen Grenzwert für Dioxin in Futtermitteln gibt es bislang nicht, sondern lediglich

einen von der WHO empfohlenen Wert für die tolerierbare tägliche Aufhahme beim Men -

schen. Von der in Absprache mit dem Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft vom

Bundeskanzleramt eingesetzten Arbeitsgruppe "Dioxin in Futtermitteln und in Lebensmitteln"

- bestehend aus hochrangigen wissenschaftlichen Experten - wurden ausgehend von der

Risikobewertung der WHO (Mai1998) folgende Vorsorgeaktionswerte ffir Futtermittel vorge -

schlagen:

 

Alleinfutter für Schweine, Geflügel 2000 pg 1 - TEQ/kg

Ergänzungsfutter für Rinder                             2000 pg 1 - TEQ/kg

Alleinftutter für Fische                                    4000 pg 1 - TEQ/kg

 

Diese Werte beruhen im Interesse der betroffenen Verkehrskreise auf fachlichen Berech -

nungen. Nach dem derzeitigen Wissensstand ist unterhalb dieser Werte eine Beeintrachti -

gung der menschlichen Gesundheit nicht anzunehmen. Durch diese Vorsorgeaktionswerte

sollte auch sichergestellt sein, dass die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnis -

se nicht im Sinne des § 3 Futtermittelgesetz 1993 (Futtermittelgesetz 1999) beeinträchtigt ist.

 

Zu den Fragen 6 und 7:

 

Seit Bekanntwerden der erhöhten Dioxinwerte in belgischen Futtermitteln wurden alle nam -

haften Futtermittelhersteller in Österreich kontrolliert. Die Futtermiuelkontrollbehörden haben

Proben von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen (Kaolinit - Tone) gezogen und

analysiert. Mit wenigen Ausnahmen konnten keine überhöhten Dioxingehalte festgestellt

werden. Da alle namhaften Hersteller überprüft und erforderlichenfalls entsprechende Maß -

nahmen gesetzt wurden, kann von einer Ungleichbehandlung nicht gesprochen werden.

 

Zu Frage 8:

 

Vorrangiges Ziel des Futtermittelgesetzes ist es, die Qualität der von Nutztieren gewonnenen

Erzeugnisse zu gewährleisten. Bei Einhaltung der futtertmttelrechtlichen Vorschriften kann

ein österreichischer Hersteller davon ausgehen, dass das Produkt den Qualitätsanforderun -

gen entspricht. Im Zuge der Vorfälle in Belgien hat die Europäische Kommission einen Vor -

schlag für eine Änderung der Richtlinien über unerwünschte Stoffe und Erzeugnisse vorge -

legt, in dem allgemeine Grenzwerte für Dioxin in Mischfuttermitteln (fetthaltige Erzeugnisse)

bzw. Fischerzeugnissen vorgeschlagen werden. Sobald die Richtlinien der Gemeinschaft

beschlossen werden, sind diese ehestmöglich in nationales Recht umzusetzen.

 

Zu Frage 9:

 

Die Kontrollergebnisse haben ergeben, dass im besagten Zeitraum die gesetzlichen Be -

stimmungen nicht eingehalten wurden. Unabhängig davon wurde das Unternehmen von

seiten des Bundesministeriums für Land - und Forstwirtschaft und des Bundeskanzleramtes

an die für Finanzierungsangelegenheiten bzw. im Hinblick auf sonstige von der Firma ange -

sprochenen Fragen an die dafür zuständigen Einrichtungen verwiesen.