463/J XXI.GP
des Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen
an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend
„Freies Gewerbe - Lenken von Kraftfahrzeugen“
Seit einiger Zeit werden von den österreichischen Gewerbebehörden Gewerbeberechtigungen
für ein freies Gewerbe „Lenken von Kraftfahrzeugen im Rahmen von Werkverträgen“ -
verschiedentlich auch als „Lenken und Warten von Kraftfahrzeugen“ bezeichnet - ausgestellt.
Nach dem Güterbeförderungsgesetz und dem Gelegenheitsverkehrsgesetz bestand nach
Meinung des BM für Wissenschaft und Verkehr kein Einwand gegen die Ausstellung
derartiger Gewerbeberechtigungen. Diese Haltung (Erlass August 1999) jedoch als
Begründung für die Ausstellung dieser Gewerbeberechtigungen durch die Gewerbebehörde
heranzuziehen ist nicht zulässig und rechtlich nicht haltbar, da diese aufgrund der
Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgestellt werden müssen. Durch diese Erteilung
werden zwingende Bestimmungen des Güterbeförderungs - sowie des
Gelegenheitsverkehrsgesetzes umgangen.
Durch Bedenken der Bundesarbeiterkammer und der Wirtschaftskammer Österreichs, dass
diese Situation zu einer rechtlich unklaren Situation aller Beteiligten (Güterbeförderungs -
bzw. Gelegenheitsverkehrskonzessionen einerseits und den genannten „freien Gewerbe“
andererseits) führe, wurde vom BM für Wissenschaft und Verkehr ein Rechtsgutachten in
Auftrag gegeben, welches seit Jänner 2000 vorliegt.
In diesem Gutachten kommt Hr. o. Univ. Prof. Dr. Dr. Heinz Mayer u.a. zu folgenden
Schlussfolgerungen.
· "... das Lenken eines Kfz, das mit Gütern beladen ist, eine nach dem
Güterbeförderungsgesetz konzessionspflichtige Tätigkeit ist. Wer diese Tätigkeit auf
Grund eines Werkvertrages, ausübt, handelt gewerbsmäßig iSd § 1 Abs. 2 GewO. Er
handelt insb. auch auf eigene Rechung und Gefahr, trägt also ein unternehmerisches
Risiko (§1 Abs. 3 GewO).“
D.h. ein Lenker mit einem solchem Gewerbeschein führt hiermit eine konzessionslos
durchgeführte Güterbeförderung durch. Das wiederspricht dem § 2 Abs. 1 GüterbefG.
Die Konsequenz daraus ist, dass Inhaber solcher Gewerbeberechtigungen lediglich
zum Lenken leerer Lkw oder Busse und Taxis berechtigt sind.
· „...bei einer verfassungskonformen Betrachtung muss man davon ausgehen, dass das
gewerbsmäßige „Lenken“ von KfZ allein nicht geeignet ist, den Gegenstand eines
freien Gewerbes zu bilden.“
Die Begründung liegt darin, dass man für das Lenken eines Kfz einen
Befähigungsnachweis benötigt (Führerschein). Nach dem § 5 Abs. 3 GewO ist für
freie Gewerbe aber kein Befähigungsnachweis - kein Führerschein - erforderlich.
Aufgrund dieser und anderer Erkenntnisse in seinem Gutachten kommt Univ. Prof. Dr.
Dr. Mayer schließlich zu dem Ergebnis, dass die ausgestellten Bescheide rechtswidrig
und gem. § 363 Abs. 1 Z 2 GewO nichtig
iSd § 68 Abs. 4 Z 4 AVG sind.
Zusätzlich zu den dargelegten juristischen Unzulässigkeiten steht auch ein wesentlicher
sozialpolitischer Aspekt.
Wie von Arbeiterkammer und Gewerkschaft Handel, Transport, Verkehr schon mehrfach
aufgezeigt wurde, fördern solche Vorschläge der „Liberalisierung“ in diesen Bereichen nur
die Versuche mancher Unternehmer den Arbeitnehmer in eine ‚,Scheinselbstständigkeit“ zu
drängen. Einer möglichen Umgehung von arbeits - und sozialrechtlichen Bestimmungen ist im
Sinne des Arbeitnehmerschutzes - für den in Zukunft das BM für Wirtschaft und Arbeit
zuständig ist - jedoch energisch entgegenzutreten.
Auch die Frage der Verkehrssicherheit darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht
gelassen werden. Es unterliegen zwar selbständige Fahrer den gemeinschaftlichen
Bestimmungen über Lenk - und Ruhezeiten, nicht aber den österreichischen
Arbeitszeitvorschriften. Übermüdete Lkw - Lenker stellten - wie schwere Unfälle immer
wieder bezeugen - allerdings ein erhebliches Gefahrenpotential auf den Straßen dar.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für wirtschaftliche
Angelegenheiten folgende Anfrage:
1. Wie viele dieser Gewerbeberechtigungen wurden für das Jahr 1999 und 2000 bisher von
den Gewerbebehörden ausgestellt (Aufschlüsselung nach Bundesländer)?
2. Ist Ihnen das vom BM für Wissenschaft und Verkehr - in diesem Zusammenhang - in
Auftrag gegeben Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Mayer bekannt?
3. Welche Konsequenzen und Maßnahmen werden Sie generell aus den Erkenntnissen dieses
Rechtsgutachtens ziehen?
4. Falls bereits Konsequenzen und Maßnahmen gezogen wurden, wie sehen diese aus?
5. Falls ja, welche Erkenntnisse gewinnen Sie daraus?
6. Wie stehen Sie zu der Schlussfolgerung, dass Besitzer einer solchen Gewerbeberechtigung
lediglich zum Lenken leerer Lkw oder Bussen und Taxis berechtigt sind? Welchen Sinn
würden Sie darin sehen?
7. Wie stehen Sie insbes. zu der Tatsache, dass als Ergebnis des Rechtsgutachtens die bisher
ausgestellten Bescheide als rechtswidrig anzusehen sind?
8. Falls Sie ebenfalls zu dieser Erkenntnis gelangen, welche weitere Vorgehensweise haben
Sie für die bereits ausgestellten Gewerbeberechtigungen geplant? Werden Sie diese
aufheben?
9. Sehen Sie ähnlich wie Arbeiterkammer und Gewerkschaft Handel, Transport, Verkehr
eine Gefahr, dass eine immer stärkere Verlagerung in Richtung „freie Berufe“ des Kfz-
Lenkerberufs auch immer mehr Arbeitnehmer zu einer „Scheinselbstständigkeit“
gezwungen werden?
10. Wenn nein, weshalb nicht?
11. Wie wollen Sie im Sinne des Arbeitnehmerschutzes verhindern, dass in diesem
Zusammenhang es zu keiner Umgehung von arbeits - und sozialrechtlichen Bestimmungen
kommt?
12. Sind Ihrer Ansicht nach die Gewerbeberechtigten an die Lenk - und Ruhezeiten gebunden?
13. Wenn nein, weshalb nicht?
14. Sehen Sie eine Gefahr einer möglichen Verschlechterung der Verkehrssicherheit, falls der
Anteil der ,,selbstständigen“ Kraftfahrer in dieser Berufsgruppe erhöht wird?
15. Wenn nein, weshalb nicht?