476/J XXI.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Hagenhofer, Wimmer
und Genossen an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Verdacht auf Inobjektivität und Verfahrensmängel bei der Personalsuche
für den ÖIAG Aufsichtsrat
Das Bundesministerium für Finanzen hat laut Medienberichten (siehe „Die Presse“ vom
10.3.2000) einen Personalberater beauftragt, neue Aufsichtsräte für die ÖIAG zu suchen.
Dabei soll nur wenige Stunden nach der Angebotseröffnung bereits die Entscheidung für die
Firma Zehnder gefallen sein.
Laut zitiertem Pressebericht gibt es ein Naheverhältnis des Geschäftsführers von Zehnder
Österreich, Joachim Kappel, zur FPÖ: „Seine Frau Barbara war Assistentin bei Thomas
Prinzhorn, der Industrielle war Trauzeuge bei der Kappel‘schen Hochzeit. Barbara Kappel
sollte auch Pressesprecherin von Grasser werden, legte aber nach nur einem halben Tag
(...) die Funktion wieder zurück.“
Diese Hinweise lassen eine nicht objektive Vorgangsweise, die im Widerspruch zur ÖNORM
A 2050 als Grundlage der gegenständlichen Auftragsvergabe steht, vermuten.
Darüber hinaus weist die Abwicklung der Auftragsvergabe offenbar gravierende
Verfahrensmängel auf.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:
1. Das BMF schrieb am 1.3.2000 (GZ. 12.0131/2 - I/12/00) nach der ÖNORM A 2050 die
Vergabe des Auftrages „Aufsichtsratsmitglieder der ÖIAG“ in einem nicht offenen Ver -
fahren aus.
Mit welcher Begründung wurde ein nicht offenes Verfahren an Stelle eines von
der ÖNORM A 2050 vorgeschriebenen Verhandlungsverfahrens gewählt?
2. Zur Anbotslegung wurden fünf Unternehmen eingeladen.
Wurde eine öffentliche Erkundung des Bewerberkreises durchgeführt?
3. Wurden Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Unternehmer vor
deren Einladung zur Anbotslegung überprüft?
3.1 Wenn ja: Wie wurden diese Eignungskriterien überprüft?
3.2 Wenn nein: Warum wurde auf eine Überprüfung dieser Eignungskriterien verzichtet?
3.3 Wenn nein: Führt das BMF eine geeignete, in regelmäßigen Abständen gewartete und
allen in Frage kommenden Unternehmern offenstehende Liste von qualifizierten
Unternehmern, aus weicher die eingeladenen Unternehmer ausgewählt wurden?
3.4 Falls eine derartige Liste vorliegt: Für welche Branchen ist sie angelegt, wie oft wird sie
aktualisiert, wer sind die darin aufgenommenen Firmen?
4. Die Unternehmer wurden am 1.3.2000 zur Anbotslegung eingeladen, die Angebotsfrist
endete am 8. 3. 2000 um 11 Uhr.
Mit welcher Begründung wurde die in der ÖNORM A 2050 vorgegebene
Angebotsfrist von „zumindest 3 Wochen“ auf eine Woche verkürzt?
4.1 Falls eine derartige Begründung vorliegt: Wem wurde sie in welcher Form mitgeteilt?
5. In der Tageszeitung „Der Standard“ vom 4./5.3.2000 werden Anzahl und Namen der
zur Anbotslegung eingeladenen Unternehmen genannt. Dort heißt es: „Grasser hat fünf
renommierte Personalberater eingeladen, Angebote für die Auswahl der ,politikfernen‘
Aufsichtsräte zu erstellen. Es handelt sich dabei um Korn & Ferry, Othmar Hill, Egon
Zehnder, Spencer Stuart und Hedrick & Struggles.“
Warum wurden - im Widerspruch zur ÖNORM A 2050 - Anzahl und Namen der zur
Anbotslegung eingeladenen Unternehmen vor dem Ende der Angebotsfrist
veröffentlicht?
6. Welche Kriterien wurden für die Beurteilung des Bestbieters herangezogen?
7. In welcher Form wurden die Beurteilungskriterien den Bietern vor Anbotslegung
mitgeteilt?
8. Zur Ermittlung des Bestbieters:
8.1 Mit welcher Methode wurde der Bestbieter ermittelt?
8.2 Gibt es eine vergleichbare Bewertung oder ein Punkteschema?
8.3 Wenn ja: Welche Werte wurden von welchem Bieter erreicht?
8.4 Wenn nein: Wie wurde der Bestbieter ermittelt?
8.5 Wie lange dauerte die Ermittlung des Bestbieters ab der Öffnung der Angebote?
9. Welche Personen haben die Bewertung der Angebote der Personalberater durch -
geführt (bitte Name, Funktion und Qualifikation anführen!)?
10. Stimmen die Pressemeldungen, dass die Firma Zehnder den Auftrag
bekommt?
11. Wie lautet die Begründung für den ermittelten Bestbieter?
12. Wie lautet die Begründung für die Zuschlagserteilung an die Firma
Zehnder?
13. Ist das Naheverhältnis des Geschäftsführers der Firma Zehnder bzw.
seiner Frau zur FPÖ im Sinne der Ausführungen in der Einleitung ge -
geben?
14. War Frau Barbara Kappel kurzfristig für Sie in Ihrer Funktion als
Finanzminister tätig?