486/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Petrovic, Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend autonome Polizisten?

 

 

Nach der allwöchentlichen Demonstration gegen die Bundesregierung kam es in den

frühen Morgenstunden des 3. März 2000 in der Wiener City zur Verhaftung von zwei

jungen Männern durch vermummte Polizisten (schwarze Strumpfmaske bzw. Tuch

ähnlich einem Palästinensertuch).

 

Bei der Verhaftung selbst wurde als Begründung Widerstand gegen die Staatsgewalt

angegeben. Nunmehr wurde über die beiden Verhafteten die Untersuchungshaft

verhängt, wobei ihnen der Vorwurf des Landfriedensbruches gemacht wird. Jedenfalls

haben vier vermummte Polizisten zuvor mit den Verhafteten an der Demonstration

teilgenommen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Inneres folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.  Wie lautet der Polizeibericht über den oben dargestellten Vorfall?

 

2.  Etliche Stunden nach dem oben dargestellten Vorfall wusste weder das Büro des

     Innenministers noch die Pressesprecherin der Bundespolizeidirektion über die

     Tatsache der erfolgten Verhaftungen. Erst nach entsprechender Urgenz und

     längerem Warten wurde die Tatsache der Verhaftungen seitens des

     Innenministeriums bestätigt.

     Wann haben Sie von dem Vorfall Kenntnis erlangt, warum war das Büro des

     Innenministers offenbar bis zu den telefonischen Anfragen des Grünen Klubs

     überhaupt nicht informiert?

     Wie ist es möglich, dass die Pressesprecherin der Bundespolizeidirektion Wien

     am Abend des 3.3.2000 im Rahmen einer Radiodiskussion zu erkennen gibt, dass

     sie keine Ahnung von der Tatsache der Verhaftungen hat?

3. Wann hat das Büro des Innenministers von den erfolgten Verhaftungen Kenntnis

     erlangt? Wer hat das Büro des Innenministers informiert?

 

4. Wann hat die Spitze der Bundespolizei von den erfolgten Verhaftungen Kenntnis

    erlangt? Wer hat die Informationen übermittelt?

 

5. Wer trägt die Verantwortung dafür, dass vermummte Polizisten (schwarze

    Strumpfmaske, Tuch ähnlich einem Palästinensertuch) offenbar in größerer Zahl

    an der Donnerstags - Demonstration teilnahmen?

 

6. Wieviele vermummte Polizisten haben a) an der Demonstration am 19.2.2000

    bzw. b) an der Demonstration am 2./3.3.2000 teilgenommen?

 

7. Könnte es sein, dass der als Gefahrenquelle bezeichnete sogenannte „schwarze

    Block“ überwiegend aus vermummten Polizisten besteht?

 

8. Vermummte Polizisten haben im Zuge der Demonstration Filmmaterial

     hergestellt; wieviele Beamte waren zu Dokumentationszwecken in der Menge, wo

     befindet sich das Filmmaterial und wie kann -  angesichts der Tatsache, dass das

     Büro des Innenministers und die Spitze der Bundespolizei nicht informiert waren -

     sichergestellt werden, dass das Material in unverfälschtem Zustand gesichert und

     erhalten bleibt?

 

9. Sind Sie bereit, das gesamte Dokumentationsmaterial dem zuständigen

    parlamentarischen Kontrollausschuss zur Verfügung zu stellen? Wenn nein,

    warum nicht?

 

10. Den im Bereich Schwarzenbergplatz Verhafteten wurde zunächst (ohne

      ersichtlichem Grund) Widerstand gegen die Staatsgewalt zur Last gelegt; die

      Untersuchungshaft wurde später jedoch auf Grund des Verdachtes des

      „Landfriedensbruches“ verhängt. Sind die vermummten Polizisten darüber in

      Kenntnis gesetzt worden, dass auch die bloße Teilnahme (ohne aktive

      Handlungen) an Vorgängen, die möglicherweise als Landfriedensbruch zu

      qualifizieren sind, das Delikt gem. § 274 Abs. 1 StGB verwirklichen?

      Werden Sie diesbezüglich eine interne Untersuchung einleiten?

 

11. Werden die nicht uniformierten bzw. vermummten Polizisten im Rahmen von

      Schulungen instruiert, dass es in Österreich keine gesetzliche Grundlage für den

      Einsatz von sogenannten Agent Provocateurs gibt? Werden Sie diesbezüglich eine

      interne Untersuchung einleiten?

 

12. Bei dem oben geschilderten Vorfall hat es den Anschein, dass die vermummten

      Polizisten quasi vom Auftreten eines externen Filmteams und von völlig korrekt

      agierenden uniformierten Polizisten überrascht bzw. gestört wurden. Welches

      Eigenleben haben die vermummten Polizeieinheiten bereits entfaltet? Werden Sie

      diesbezüglich eine interne Untersuchung einleiten?

13. Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise, dass Personen, denen die Polizei

      wechselnde, jedenfalls aber gefährliche Handlungen unterstellt, sich stundenlang

      in der Stadt frei bewegen können, um viel später mit ziemlich brachialen

      Methoden (gezückte Dienstwaffe, Handschellen) auf dem Heimweg aus einem

      Taxi geholt zu werden?

 

14. Besteht nicht eine Verpflichtung im Fall der Gefährdung der öffentlichen Ruhe,

      der Ordnung und der Sicherheit unverzüglich einzuschreiten?

 

15. Im Falle des Vorwurfes des Landfriedensbruches ist nicht nur die

      Rädelsführerschaft, sondern auch das schlichte Teilnahme an einer

      Zusammenrottung im Sinne des § 274 StGB unter strenge Strafe gestellt.

      Landfriedensbruch ist als schweres Delikt von Amts wegen zu verfolgen. Wie

      kann es sein, dass vermummte Polizisten selektiv zwei oder drei Leute

      herausgreifen und sich damit quasi aussuchen, wem sie ein Offizialdelikt

      vorwerfen?

      Werden die Beamten der vermummten Einheiten nicht dahingehend informiert,

      dass jedes Offizialdelikt ohne Ansehung der Person und ohne Unterschied zu

      ahnden ist?

 

16. Könnte es sein, dass das selektive Herausgreifen vereinzelter Demonstranten

      einerseits dazu dient, das Agieren der vermummten Polizeieinheiten zu

      verschleiern und andererseits die Absicht verfolgt, Unruhe in künftige

      Demonstrationen zu bringen?

      Was werden Sie diesbezüglich veranlassen?

 

17. Der oben geschilderte Vorfall ist nicht der erste, bei dem es offenbar keine

      Kommunikation zwischen den verschiedenen Gruppierungen der Polizei gab. So

      wurden etwa die vor der ÖVP - Zentrale postierten uniformierten Polizisten am

      19.2.2000 nicht davon in Kenntnis gesetzt, daß der Freiheitliche Parteiobmann

      Haider wenige Meter entfernt in einem Lokal in der Florianigasse zu Abend

      speiste. Wer trägt dafür die Verantwortung, dass zwar die Staatspolizei von dem

      „Dinner in der Auslage“ wusste, nicht jedoch die vor Ort tätigen uniformierten

      Kräfte?

      Werden Sie in Zukunft sicherstellen, dass die Kommunikation zwischen den

      verschiedenen Sicherheitskräften verbessert wird und, dass es nicht vorkommen 

      kann, dass geheime Einsätze vermummter Polizisten weder der Ressortspitze noch

      den auf der Straße diensttuenden uniformierten Kräften bekannt sind?  

 

18. Im Rahmen der bisherigen Demonstrationen gab es wechselseitige Komplimente

      zwischen Polizei und Demonstranten; könnte es sein, dass diese friedliche

      Grundstimmung gewissen Teilen der Exekutive ein Dorn im Auge ist und, dass

      hier durch selektive Verhaftungen offenbar Unfriede gesät werden soll? Was

      werden Sie tun, um die geschilderten Vorfälle lückenlos aufzuklären?

 

19. Wieviele Beschwerden hat es in den letzten Wochen über ungerechtfertigten

      Behandlungen durch die Polizei gegeben?

20. Warum hat nur einer der an der Amtshandlung beteiligten Beamten (laut dem den

       Grünen zur Verfügung stehenden Videoaufnahmen) die Dienstnummer genannt,

       obwohl alle dazu gesetzlich verpflichtet gewesen wären? Welche Grunde nennen

       die anderen an der Amtshandlung beteiligten Polizisten, warum sie ihre

       Dienstnummer nicht hergegeben haben?

 

21. Wieviele Strumpfmasken und andere Mittel zur Vermummung wurden von der

      Polizei angekauft? Hat es dafür eine Ausschreibung gegeben?