507/J XXI.GP
A N F R A G E
Der Abgeordneten Mag. Terezija STOISITS und FreundInnen
an den Herrn Bundeskanzler
betreffend die Verwendung der ungarischen Amtssprache im Burgenland
Der Verfassungsgerichtshof hat im Dezember 1987 bestätigt, daß Kroatisch im Burgenland
zusätzliche Amtssprache ist. Eine einschränkende Bestimmung des Volksgruppengesetzes
1976, die die Zulassung der kroatischen Amtssprache an die vorherige Erlassung einer
Verordnung durch die Bundesregierung geknüpft hatte, wurde in diesem Zusammenhang als
verfassungswidrig aufgehoben.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes stellt dieser fest, daß das Recht auf die kroatische
Amtssprache ein subjektives Recht jedes einzelnen darstelle, und daß es keiner
Durchführungsbestimmungen zur Verwirklichung diese Rechtes bedürfe. Der Gesetzgeber
könne aber Durchführungsbestimmungen erlassen, diese dürften aber keinesfalls zu einer
restriktiveren Auslegung des Staatsvertrages von Wien 1955 führen.
Für die ungarische Volksgruppe des Burgenlandes, die sich im Gegensatz zur kroatischen
Volksgruppe nicht auf die verfassungsrechtlichen Garantien des Art. 7 Staatsvertrages von
Wien, wohl aber auf Art XIX Staatsgrundgesetz berufen kann, gab und gibt es bis jetzt keine
entsprechende Verordnung, die die Verwendung des Ungarischen als zusätzliche
Amtssprache regelt. Und das obwohl der damalige Landeshauptmann Hans Sipötz bereits
kurz nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zur kroatischen Amtssprache für eine
Gleichstellung der Ungarn im Burgenland eingetreten war. Die ungarische Volksgruppe sei
zwar aufgrund des Staatsvertrages nicht betroffen, Sipötz „vertrete aber die Meinung, daß
man großzügig sein und bei Bedarf ungarischsprachige Beamte zur Verfügung stellen sollte“.
(Austria Presse Agentur, 22. Jänner 1988, APA 176)
Aus einem 1994 publizierten wissenschaftlichen Beitrag des damals für Volksgruppenfragen
zuständigen Beamten im Bundeskanzleramt Dr. Heinz Tichy geht hervor, daß eine
Amtssprachenverordnung für die ungarische Sprache in Vorbereitung war.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang folgende
Anfrage
1. Weshalb hat die Bundesregierung in den letzten 23 Jahren seit Inkrafttreten des
Volksgruppengesetzes keinen Verordnungsentwurf gem. § 2 Abs 1 Z 3 VoGrG 1976 für die
Verwendung der ungarischen Amtssprache als zusätzliche Amtssprache ausgearbeitet und
der Bgld. Landesregierung zur Stellungnahme vorgelegt?
2. Bis wann ist mit der Ausarbeitung eines derartigen Verordnungsentwurfes zu rechnen?
3. Wie weit waren die von Dr. Tichy erwähnten Vorbereitungsarbeiten bis 1994 bereits
gediehen? Welche Volksgruppenorganisationen bzw. welche bgld. Landesstellen waren in
welcher Form einbezogen?
4. Was werden Sie als zuständiger Ressortchef im einzelnen unternehmen, um die Umsetzung
des im VoGrG 1976 festgeschriebenen Rechtes der ungarischen Volksgruppe auf
Verwendung der ungarischen Muttersprache vor Ämtern und Behörden auch tatsächlich zu
ermöglichen?