536/J XXI.GP
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend rechtsextreme Zeitzeugen in Schulen
In dem vom BMUK herausgegebenen Informationsblatt „Geistige
Landesverteidigung“ (GLV) war in der Nr.95 vom Jänner 2000 unter dem Titel
„Initiative Wehrbereitschaft. Zeitzeugenbericht von Wehrmachtsangehörigen“ zu
lesen, dass "fast jeder Schüler .... einen Großvater oder Großonkel (hat oder hatte), der in
der Wehrmacht diente. Viele dieser ehemaligen Soldaten sind bereits verstorben oder wollen
über ihre Erlebnisse nicht berichten. Anderseits wird in Medien häufig über die
Wehrmacht berichtet, wobei die Wahrheit manchmal zu kurz kommt. Das gleiche gilt
für die Wehrmachtsausstellung Reemtsmas“. (Hervorhebung K.Ö.)
Die „Initiative Wehrbereitschaft“ habe es sich deshalb zur Aufgabe gemacht,
interessierten Schulen „Zeitzeugen der ehemaligen Wehrmacht“ zu vermitteln: „Politik
bleibt dabei ausgeklammert - es geht nur um die persönlichen Erlebnisse dieser ehemaligen
Soldaten“.
Interessierte LehrerInnen, die sich an den „1. Sprecher“, Dr. Ernst Kosmath wandten,
erhielten von diesem weitere Informationsblätter, darunter eine Liste von
„Zeitzeugen“. Wem noch nicht die knappe Vorstellung in „GLV“ ausreicht, um die
„Initiative“ zumindest einer rechtsextremen bzw. revisionistischen
Geschichtsauffassung zu verdächtigen, dem verschafft ein genauerer Blick in die
Liste der „Zeitzeugen“ Klarheit. Einige dieser Zeitzeugen, darunter auch deren ersten
Sprecher, sind eindeutig dem rechtsextremen Lager zuzuordnen.
Dr. Ernst Kosmath, „erster Sprecher“ der „Initiative Wehrbereitschaft“, die
vorgeblich völlig unpolitisch („Politik bleibt dabei ausgeklammert - es geht nur um die
persönlichen Erlebnisse dieser ehemaligen Soldaten“) über den Krieg berichten will.
Erich Kosmath schrieb der „Aula“ (10 - 11/95) dazu einen Leserbrief:
„Die Behauptung deutscher Medien, dass die Wehrmacht im 2. Weltkrieg verbrecherisch
vorgegangen sei, verwundert angesichts der hunderten Aussagen seitens der Siegermächte,
welche der Wehrmacht und der Waffen - SS anständiges und diszipliniertes Verhalten
bescheinigen.“
Noch deutlicher äußerte sich Kosmath in einem Beitrag für „Zur Zeit“ (25.2.00) zum
Thema Völker und Rassen:
„In Wien wurde vor einigen Jahren im Naturhistorischen Museum der Rassensaal
geschlossen. Es war das nur das Tüpfelchen auf dem I des vom Establishment geführten
Kampfes gegen die Realität von Völkern und Rassen...
Auch die einzige Partei Österreichs, die ursprünglich Ansätze für ein Verständnis des
Volksbegriffes zeigte, strich die Flagge vor der political correctness und erklärte in ihrem
neuen Programm, dass Volkszugehörigkeit eine Frage des Bekenntnisses sei - dass also
ein Neger ein
Chinese werde, wenn er sich zum chinesischen Volk bekenne.“
Im November 99 fordert Kosmath in „Zur Zeit“:
„Es ist zu hoffen, dass Österreich sich seiner Souveränität besinnt, und die frechen
Drohungen Israels schärfstens zurückweist. Wenn Israel die Beziehungen zu uns abbrechen
will - wir werden es ertragen.“
Ernst Kosmath hat sich 1995 auch zum sogenannten „Lüftl“- Gutachten, einer
pseudowissenschaftlichen, revisionistischen Schrift mit dem Zweck, die Existenz von
Gaskammern in den Vernichtungslagern zu leugnen, in einem einschlägigen
Leserbrief geäußert und wird deshalb in einem anderen Machwerk des
Revisionismus (Conrad Grieb, Dieselmotorabgase töten langsam) als Beleg
angeführt.
Dr. Walter Marinovic war bis vor wenigen Jahren Bundesobmann des Verbandes
der Professoren Österreichs (VdPÖ), einer wahlwerbenden Liste bei den
Personalvertretungswahlen im Bereich der allgemein bildenden Höheren Schulen
(AHS).
Marinovic hat auch an einer AHS unterrichtet. Über seinen Unterricht äußern sich im
„standardonline“ zwei ehemalige Schüler:
„Ich z.B. habe das zweifelhafte Vergnügen, W. Marinovic aus persönlicher Erfahrung zu kennen, er
unterrichtete an dem Gymnasium das ich besuchte. Und schon damals war es nicht unbekannt, welche
Weltsicht in seiner Birne herumspukt! Dieser Mann ist ein Teutschdümmler, Rechtsextremist und
Revision ist reinsten Wassers. Skandalös genug, dass so eine Person überhaupt unterrichten durfte,
aber wenn ich lesen muss, das diese bräunliche Figur als Zeitzeuge vor Kindern über die den
Nationalsozialismus und eine ominöse Wehrbereitschaft referieren soll, dann kommt mir das
KOTZEN!“
Der zweite schreibt:
„Hier werden Strategien verwirklicht, die auf Wiederverblödung abzielen. Und das mit gar
nicht ungeübten Menschen. Walter Marinovic zum Beispiel war ja selbst Lehrer der wird das
schon machen, nur bezweifle ich, dass er bei der Wehrmacht war und wenn, dann war er so
jung, dass er nix verstanden hat. Seine Indoktrinierung hat er aber sicher mitbekommen,
denn in der Schule war er Nazi - Propagandachef. Alle Kollegen und ehemaligen Schüler
können sich daran erinnern....
...Ein jüdischer Freund ist bei ihm in Deutsch und Latein durchgefallen, "emigrierte" nach
Deutschland und durfte dort wegen besonderer Leistungen eine Klasse überspringen. Ich
krieg eine Gänsehaut, wenn ich höre, dass der wieder weitermachen darf.
1992 wurde die VdPÖ - Zeitschrift „Professor“ (Schriftleiter Marinovic) vom Presserat
verurteilt, weil sie eine im Stil des NS - „Stürmer“ gehaltene antisemitische Karikatur
veröffentlicht hatte.
In den 90er Jahren entfaltete Marinovic rege publizistische und Referenten -
Aktivitäten in rechtsextremen Zirkeln und im „Freiheitlichen Bildungswerk“: Marinovic
referierte beim inzwischen nach dem NS - Verbotsgesetz aufgelösten „Dichterstein
Offenhausen“, bei der rechtsextremen „Aktionsgemeinschaft für Politik“, vor
schlagenden Burschenschaften, bei der rechtsextremen Gruppe „Bildungswerk
Deutsche Volksgemeinschaft“, einer Abspaltung von der Jugendorganisation der
NPD, beim Kulturwerk Österreich, schrieb in „Aula“, „Eckartbote“, „Deutsche Stimme“
und publizierte Bücher wie „Deutsche Dichtung aus Österreich“(1997) und „Verfemt,
verfolgt, vertrieben. Schicksale deutscher Dichter 1945“.
Marinovic, der im 2. Weltkrieg 1945 als 16 - Jähriger einrückte, hat zuletzt im Jänner
2000 der „Deutschen Stimme“, Zeitschrift der NPD ein Interview gegeben, in dem er
feststellt:
„Sie (die Deutschen,K.Ö.) haben ja die sogenannte Umerziehung noch länger und brutaler mitmachen
müssen. Wer
heute sechzig ist, war ihr als Kind, wer siebzig ist, in den Jugendjahren
unterworfen.
Wer fünfzig ist, hat eine andere Zeit als das Nachkriegsdeutschland nicht erlebt. Wie soll er die Jahre
davor objektiv beurteilen und den gehässigen Schwindel der „Wehrmachts - Ausstellung“
durchschauen?
.....Nicht nur Deutschland will man durch schrankenlose Zuwanderung umvolken, sondern
auch Österreich. Der Haß der Sieger schmiedet uns wieder zu gemeinsamen Schicksal
zusammen.“
Dr. Herbert Schaller ist für viele Rechtsextremisten und Neonazis (Honsik,
Ochensberger, Radl usw.) als Strafverteidiger aufgetreten und hat auch in diversen
rechtsextremen bzw. neonazistischen Zirkeln referiert.
Schallers Spezialität war die Verteidigung von Revisionisten wie z.B. dem Nazi -
General Remer, der die Existenz von Gaskammern bzw. die Vernichtung von Juden
bestritten hatte.
Diese Tätigkeit brachte ihm hohes Ansehen bei eindeutig neonazistischen
Organisationen wie z.B. der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“
(HNG) ein, über die der Bericht des Verfassungsschutzes (BRD) 1997 schreibt:
„Die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) konnte
erneut steigende Mitgliederzahlen verzeichnen. Sie blieb damit der mitgliederstärkste
Zusammenschluss von Neonazis.“
1992 referierte Schaller vor der Jahreshauptversammlung der HNG in Hessen unter
dem Titel „Justiz und Revisionismus in Österreich und Deutschland“, dass bislang
„niemals Sachbeweise für die angebliche Vergasung von Menschen vorgelegt worden sind.“
Die HNG - Nachrichten (März/April 1992) fassten den Vortrag von Schaller so
zusammen:
„In Dr. Schaller hat der Revisionismus einen Verfechter gefuden, der die an sich trockene
juristische Materie wie kein anderer rhetorisch brilliant (!, K.Ö.) zu vermitteln versteht,
gewürzt mit einem unbändigen Temperament, Wiener Charme und einem gehörigen Schuß
Humor.
Der Zündel hat‘s gezündet
Der Leuchter hat‘s erleuchtet
Der Schaller bring es zum Schallen!
(Zitat nach Dr. Schaller)
So wurde der Vortrag für die Zuhörer im Saal zu einem unvergesslichen Erlebnis, was sie mit
langanhaltendem Beifall kundtaten. Der sichtlich gerührte Dr. Schaller („Ich finde es phantastisch,
dass es eine Organisation wie die HNG gibt“) wünschte zum Abschluß der HNG weiterhin viel Erfolg
und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass unsere Gemeinschaft einmal überflüssig werden
möge.
Leuchter, hauptberuflich Vertreiber des elektrischen Stuhls, und Zündel sind
bekannte Vertreter der US - Neonazi - bzw. Revisionismus - Szene. Zündel stellte auf
seine Homepage ein Loblied auf Schaller für seine Aktivitäten bei der Verteidigung
von Holocaust - Leugnern.
Dir. Otto Schadlinger war jahrelang im Vorstand der „Österreichischen
Landsmannschaft“, die den „Eckartboten“ („Monatsschrift für deutsche Kultur“)
herausgibt. Das „Handbuch des Rechtsextremismus“ urteilt über die ÖLM:
„Der ,Schutzverein Österreichische Landsmannschaft‘ ist eine rechtsextreme Organisation,
die vor allem im publizistischen Bereich beträchtliche Aktivitäten setzt und aufgrund ihrer
ideologisch - kulturellen Tätigkeit eine wichtige integrative Funktion für das deutschnationale
und rechtsextreme Langer erfüllt. Besonders enge personelle und organisatorische Kontakte
bestehen zur
FPÖ.“
Dkfm. Hans Neidhardt war im „Wiener Volksbildungskreis“ und dem „Ring
Volkstreuer Verbände“ aktiv.
Der „Ring Volkstreuer Verbände“ versteht sich als Arbeitsgemeinschaft aus
Vertretern der „Freiheitlichen Akademikerverbände“, Abgesandten anderer
„volkstreuer“ Verbände wie z.B. der Kameradschaft IV (Angehörige der Waffen - SS),
der ÖLM und des Österreichischen Turnerbundes (ÖTB).
Dr. Alfred Zängl, Leserbriefschreiber von „Zur Zeit“ und „Die Umwelt“
(„überparteilich, natur - und heimatverbunden“ - rechtsextreme und rassistische
Publikation).
Im November 99 polemisiert Zängl in „Zur Zeit“ über „gesinnungsterroristische
Gutmenschen“ und "Restbestände der Jagdgesellschaft“. Österreich befinde sich in
antifaschistischer Geiselhaft. Im Jänner 2000 polemisiert Zängl gegen die „sehr
fragwürdige Anti - Wehrmachts - Wanderausstellung“, ein „politisches Machwerk“, eine
„ominöse Verleumdungsausstellung“.
Erwin Peter ist Vertrauensmann der „Kameradschaft Stalingrad“ und hat das Buch
„Von Workuta bis Astrachan - Kriegsgefangene aus sowjetischen Lagern berichten“
(Leopold Stocker Verlag) publiziert.
Wie der Berichterstattung in den Medien zu entnehmen war, sollen die wehrbereiten
Kameraden, die sich selbst als „reine Idealisten“ definieren, dem BMUK durch den
früheren Bundesminister Fasslabend bzw. dessen Ministerium empfohlen worden
sein. Laut Kosmath sei die „Initiative“ mit dem zuständigen Ministerialrat wegen eines
Spesenersatzes im Gespräch.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1). Ist es richtig, dass die „Initiative Wehrbereitschaft“ dem BMUK vom früheren
Bundesminister für Landesverteidigung, Dr. Fasslabend bzw. dessen Ministerium
empfohlen wurde? Wenn ja, worauf bezog sich diese Empfehlung bzw. gibt es
darüber einen Aktenvermerk (wenn ja, bitte der Anfragebeantwortung beifügen)?
2). Warum haben Sie bzw. Ihre zuständige Abteilung für „Geistige
Landesverteidigung“ überhaupt den Einsatz von Soldaten der „Deutschen
Wehrmacht“ im Unterricht als notwendig erachtet?
3). Warum sind Sie bzw. Ihre zuständige Abteilung der Ansicht, dass in der
Berichterstattung der Medien über die Wehrmacht „die Wahrheit manchmal zu kurz
kommt“?
4). Warum sind Sie bzw. Ihre zuständige Abteilung der Ansicht, dass „das gleiche für
die Wehrmachtsausstellung Reemtsmas“ gilt?
5). Warum sind Sie bzw. Ihr Ressort der Ansicht, dass der Einsatz von
Widerstandskämpfern und KZ - Insassen als Zeitzeugen nicht genügt,
obwohl dieses
„Zeitzeugenprojekt" im Rahmen der Politischen Bildung in der Vergangenheit von
Ihnen bzw. der Öffentlichkeit als beispielgebend und erfolgreich gewürdigt wurde?
6). Waren Sie persönlich über den Einsatz der „Initiative Wehrbereitschaft“
informiert? Wenn ja, warum haben Sie ihn gebilligt?
7). Wer war innerhalb Ihres Ressorts von der „Initiative Wehrbereitschaft“ und deren
Einsatz informiert?
8). Wer war dafür verantwortlich?
9). Werden Sie disziplinäre Konsequenzen gegen die Verantwortlichen setzen?
Wenn nein, warum nicht?
10). Waren einzelne Referenten der „Initiative“ schon vorher an Schulen tätig:
a) als Referenten (wenn ja, wer, an welchen Schulen und wofür)?
b) als Unterrichtende (wenn ja, wer, an welchen Schulen und mit welchen
Aufgaben)?
11). War die politische Gesinnung von Walter Marinovic, der selbst im Unterricht
bzw. als Spitzenfunktionär der PV - Liste „Verband der Professoren
Österreichs“(VdPÖ) tätig war, dem BMUK bzw. den zuständigen Abteilungen
unbekannt, obwohl es offensichtlich schon bei der Unterrichtstätigkeit von Marinovic
zu rechtsextremen Äußerungen und Haltungen gekommen ist?
12). Von welchen Schulen wurden Vertreter der „Initiative“ für eine
Referententätigkeit angefragt?
13). Welche Referenten wurden von der Abteilung „Geistige Landesverteidigung“ in
den letzten 5 Jahren an die Schulen vermittelt (bitte einzeln mit Einsatzort und
Thema anführen)?
14). Warum bezieht sich der Sprecher der „Initiative“ auf die Europa - Hauptschule
Mödling als Ideengeber?
15). An welchen Schulen kam es in den letzten 5 Jahren zur Beobachtung von
rechtsextremen Aktivitäten von LehrerInnen, SchülerInnen bzw. Referenten (bitte
detailliert anführen)?
16). Welche Aktivitäten hat die Abteilung „Geistige Landesverteidigung“ in den
letzten 5 Jahren gesetzt?
17). An wen wird das Informationsblatt „Geistige Landesverteidigung“ verteilt?
18). Welche Ausgaben des Informationsblattes „GLV“ sind in den letzten 5 Jahren
erschienen (bitte der Anfragebeantwortung beilegen)?