609/J XXI.GP
der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend österreichische Beteiligung an der internationalen Verbreitung
nachrichtendienstlicher Erkenntnisse über die Operation Hufeisen
In internationalen Medien wird die Entstehungsgeschichte und die
Kommunikationspolitik rund um die „Operation Hufeisen“ einer immer schärferen
Kritik unterzogen. So ist inzwischen sogar der deutsche Verteidigungsminister
Scharping unter Druck geraten, der den „Hufeisenplan“ als eine zielgerichtete
Strategie der Bundesarmee gegen die albanische Zivilbevölkerung und als Argument
für eine rasche Nato - Intervention mit deutscher Beteiligung ins Treffen geführt hatte.
Den Erkenntnissen des österreichischen HNA zu Folge, wollten die jugoslawischen
Streitkräfte, im Kosovo die UCK in hufeisenförmiger Anordnung bekämpfen. Die den
HNA - Berichten folgenden Darstellungen des damaligen Außenministers Wolfgang
Schüssel und des damaligen Verteidigungsministers Werner Fasslabend legten
nahe, daß es sich um einen Plan zur Vertreibung der albanischen Bevölkerung
gehandelt habe. Inzwischen stellte sich heraus (s. Hamburger Abendblatt
22.03.2000), daß selbst unklar ist, ob die Bezeichnung der Aktion „Potkova“
(kroatisch) oder „Potkovica“ (serbisch) aus der Bundesarmee Jugoslawiens, oder
aus nachrichtendienstlichen Quellen in Österreich stammte. Jedenfalls stellte die
Operation Hufeisen in der Öffentlichkeit einen wesentlichen Grund und Anlaß für die
völkerrechtswidrigen Angriffe der Nato auf Jugoslawien dar.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wann wurde in Ihrem Ressortbereich erstmals die Aktion Hufeisen
wahrgenommen?
2. Wurden die Berichte des Heeresnachrichtenamtes durch das BKA auch in
einer Ministerratssitzung thematisiert und wenn ja, wann ist das geschehen?
3. Wann wurde der Bericht durch den damaligen Bundesminister für Auswärtige
Angelegenheiten an die Mitglieder des Rates der Europäischen Union
weitergegeben und war diese Weitergabe dem damaligen Bundeskanzler
bekannt?
4. Wurde die Nato oder das US - Außenamt über die österreichischen Erkenntnisse
in Südosteuropa
informiert?
5. Ist Ihnen bekannt, ob andere Nachrichtendienste (Bundesnachrichtendienst,
NSA o.a.) von österreichischen Stellen informiert wurden?
6. Ist Ihnen bekannt, auf welchem Weg der HNA - Bericht schließlich an das US -
State Department weitergegeben wurde?
7. Wurde in diesen ersten Berichten von Operation Hufeisen, von Potkova oder
von Potkovica gesprochen?
8. Haben Angehörige des Ressorts mit dem jugoslawischen Botschafter über
diese Berichte gesprochen?
9. Haben Sie jemals ein Originaldokument geprüft oder vorgelegt bekommen, das
dem Bericht des HNA an die Bundesregierung zu Grunde liegt?
10. Welche Staaten haben seither auf diese Berichte aus Österreich auf welche
Weise reagiert?
11. Sind Sie der Auffassung, daß die Weitergabe dieser Berichte an Kriegsparteien
neutralitätsrelevante Sachverhalte darstellen?