679/J XXI.GP

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

 

betreffend Evaluierung der AVG-Novelle 1 998/Großverfahren

 

 

Die AVG - Novelle 1998, womit unter anderem auch Vereinfachungen für behördliche

Verfahren mit mehr als 100 Beteiligten geschaffen wurden, ist nun mehr als 15 Monate

in Kraft. Es ist an der Zeit, eine erste Evaluierung dieser Bestimmungen des

Allgemeinen Verwaltungsgesetzes vorzunehmen.

 

Die §§ 44a bis 44g AVG erlauben der Behörde anstatt der individuellen Zustellung von

Schriftstücken an die Verfahrensparteien (Ladung zur Verhandlung,

Sachverständigengutachten, Bescheid), die Verfahrensparteien durch Edikt zu

informieren. Damit sind nicht nur wesentliche Sach - und Personalkosten sowie Zeit

eingespart, sondern laufen auch die Fristen, insbesondere die Berufungsfrist, generell ab

der Kundmachung, sodaß individuelle Abwesenheiten keinen Einfluß auf den

zeitlichen Ablauf des Verfahrens haben können. Im Gegenzug wurde die

Verfahrenstransparenz für die Allgemeinheit erhöht und die Auflage der

Projektunterlagen, der Gutachten und Bescheide bei der Behörde zur öffentlichen

Einsicht vorgesehen. Eine öffentliche Erörterung des Vorhabens kann angeordnet

werden und die Verhandlung ist öffentlich.

 

Die Grünen haben dieser Regelung zugestimmt, weil insbesondere folgende

Forderungen in die Novelle Eingang gefunden haben:

•  Anwendung des Internet für behördliche Verfahren: Edikte haben jedenfalls auch

    in der Wiener Zeitung zu erfolgen, welche im Internet vertreten ist. Dergestalt

    wird potentiell jedermann informiert, wann ein Antrag vorliegt, um welches

    Vorhaben es sich handelt, wann die Gutachten und der Bescheid vorliegen und

    wo diese Schriftstücke eingesehen werden können. Verfügt die Behörde über eine

    Homepage so sind Gutachten, die Verhandlungsschrift und der Bescheid im

    Internet" auszuhängen."

 

•   „Gerichtsferien“ im Großverfahren: Um sicherzustellen, dass die Betroffenen in

    den Haupturlaubszeiten Sommer und Weihnachten (15. Juli bis 25. August und

    24. Dezember bis 6. Jänner) nicht wichtige Verfahrensschritte versäumen, dürfen

    in dieser Zeit keine Edikte erfolgen.

•  Zusendung des Bescheids: Da einerseits der Bescheid in die Rechtsposition der

    Betroffenen eingreift, andererseits eine Anreise an den Ort der Behörde nicht

    zumutbar ist, sollen Bescheide auf Ersuchen zugeschickt werden. Der Lauf der

    Berufungsfrist richtet sich jedoch nach dem Ediktzeitpunkt.

 

Wesentliches Motiv der Grünen war, mit diesen annähernd ausgewogenen

Verfahrenserleichterungen der generellen Abschaffung der Parteistellungen von

Betroffenen umweltrelevanter Projekte zuvorzukommen.

 

Unsere Recherchen im Amtlichen Teil der Wiener Zeitung im Zeitraum 1.1.1999 bis

31.3.2000 haben nun ergeben, daß die Regelungen in §§ 44a bis 44g AVG in nur drei

Fällen angewandt wurden. Drei Interpretationen dieses Umstands bieten sich an: a) Die

Ausschaltung der Nachbarinnen im zentralen Betriebsanlagenrecht, der

Gewerbeordnung, greifen bereits so umfassend, daß es keine Massenverfahren mehr

gibt. b) Die Beteiligung ist zurückgegangen. c) Die Behörden machen von den

verfahrenserleichternden Bestimmungen kaum Gebrauch.

 

Jedenfalls scheint es angebracht die gesetzlichen Maßnahmen zur erleichterten

Abwicklung von Großverfahren zu evaluieren bevor weitere Regelungen für

umweltrelevante Genehmigungsverfahren getroffen werden. Im Kompetenzbereich des

Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit kann es insbesondere beim Vollzug der

Gewerbeordnung, des Mineralrohstoffgesetzes und des Luftreinhaltegesetzes für

Kesselan lagen zur Anwendung der Regelungen für Großverfahren kommen.

 

Aus diesem Grunde stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1. Bei welchen Genehmigungsverfahren für umweltrelevante Vorhaben hat das

    Ministerium oder dessen untergeordnete Behörden bisher die Bestimmungen für

    Großverfahren gemäß §§ 44a bis 44g AVG zur Anwendung gebracht?

 

2. Wurde in diesen Verfahren von der fakultativen öffentlichen Erörterung Gebrauch

    gemacht, wenn nein, warum nicht?

 

3. Wieviele Beteiligte hatten diese Verfahren?

 

4. Zu welcher Zeit - und Kostenersparnis (Personal - und Sachaufwand) ist es in diesen

    Verfahren im Vergleich mit den Verfahren mit Individualzustellung gekommen?

 

5. Wie beurteilen die Behörden, welche bereits die Großverfahrensregelungen

    praktiziert haben, die neuen Bestimmungen?

 

6. Welche Behörden bieten auf ihrer Homepage Sachverständigengutachten, die

    Verhandlungsschrift und Bescheide gemäß §§ 44e Abs 3 und 44f Abs 2 AVG an?

7. Gab es Verfahren seit 1.1.1999 mit über 100 Beteiligten im Kompetenzbereich

    des Ministeriums, insbesondere bei den untergeordneten Behörden, wo die

    Großverfahrensregelungen nicht herangezogen wurden und aus welchen

    Gründen?

 

8. Was sind nach Meinung des Ministers die Gründe für die geringe Anwendung der

    Großverfahrensregelungen?