695/J XXI.GP

 

DRINGLICHE ANFRAGE

 

 des Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

 

betreffend: Kein Schulterschluss mit dem Sozialabbau durch die Bundesregierung

 

 

Das auch von ihnen maßgeblich mitgestaltete und unterzeichnete Abkommen der

FPÖ/ÖVP - Koalition unter dem Titel „Österreich neu regieren“ beinhaltet unter anderem

einen Vorschlag für einen „neuen sozialen Gesellschaftsvertrag“. Dieser neue, angeblich

soziale Weg, entwickelt sich immer mehr zu einer Bedrohung: für ArbeitnehmerInnen,

Arbeitslose, Frauen, AlleinerzieherInnen, Kranke, Personen mit niedrigen Einkommen, aber

auch für Zivildiener, Kultur -, Fraueninitiativen, sowie arbeitsmarktpolitische Projekte.

Unter den Schlagworten „Hilfe zur Selbsthilfe“, „Leistungsgerechtigkeit“, „private

Sozialverantwortung“ werden einerseits Einrichtungen der sozialen Sicherung systematisch

abgebaut und ausgehöhlt, andererseits gerade jene Einrichtungen der zivilen Gesellschaft

ausgehungert, die in den letzten Jahren staatliche Defizite aufgezeigt und bekämpft haben.

 

Nicht zufällig hat in der recht kurzen Präambel unter diesem Titel der Mißbrauch von

Sozialleistungen eine zentrale Stellung, während die von führenden Funktionären der

Regierungsparteien wie etwa dem zweiten Präsidenten des Nationalrates, Thomas

Prinzhorn, wortreich beklagte Entwicklung, „die Reichen werden reicher und die Armen

ärmer“, im Koalitionsabkommen keine Erwähnung findet.

 

Die ungleiche und unsoziale Entwicklung der Einkommens - und Vermögensverteilung

scheint für die neue Bundesregierung kein Anliegen bzw. kein Problem darzustellen.

Obwohl die Sozialquote, also der Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt, schon

seit den Belastungspaketen der SPÖ/ÖVP - Koalition, rückläufig ist, plant die FPÖ/ÖVP -

Koalition unter Berufung auf „die drohende Unfinanzierbarkeit des Sozialstaates und die

geringe soziale Treffsicherheit von Transfers“ (Finanzminister Grasser) weitere

Belastungsmaßnahmen im Bereich der sozialen Sicherung.

 

Nach einer noch nicht veröffentlichten Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO)

werden allein die geplanten Erhöhungen bei Abgaben, Steuern und Gebühren die

Umverteilung von unten nach oben verstärken. „Die ärmeren Haushalte sind von den

Abgabenerhöhungen etwa doppelt so stark betroffen wie die reicheren“, heißt es in der

WIFO - Studie.

 

Auf der anderen Seite ist die massive Entlastung von Unternehmen durch die ausschließlich

arbeitgeberseitige Senkung von Versicherungsbeiträgen (Unfallversicherung,

Arbeitslosenversicherung, Insolvenzentgeltfonds, Krankenversicherung) und andere

Maßnahmen nicht zu übersehen. Die Bundesregierung betreibt Umverteilung nach oben.

Die geplanten familienpolitischen Maßnahmen wie das Kinderbetreuungsgeld, mit dem das

Karenzgeld ersetzt werden soll, sind Umverteilung zu den Alleinverdienerfamilien ohne

Rücksicht auf die viel beschworene „soziale Treffsicherheit“. AlleinerzieherInnen und Frauen,

die auch einen Beruf ausüben wollen, passen der FPÖ/ÖVP - Bundesregierung offensichtlich

nicht in ihr rigides ideologisches Familienkonzept. Die Bestrafung bestimmter Lebens - und

Familienformen soll offensichtlich noch weiter ausgebaut werden: durch die Streichung der

Sondernotstandshilfe und des Karenzgeldzuschlags.

Noch nicht genug damit, soll Frauen, die nach der Karenz- bzw. Kinderbetreuungszeit

arbeitslos sind, die Möglichkeit zum Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe

genommen werden.

Sozialministerin Sickl versteigt sich sogar zu der Aussage, daß Frauen, die während der

Karenzzeit arbeiten gehen, keinen Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld für alle (!) haben

sollen, weil sie „reich“ seien, wenn sie über einer bestimmten Grenze „dazuverdienen“.

Diese „Reichtumsdefinition“ durch eine Sozialministerin spricht der Person und der

dahinterstehenden Regierung die soziale Kompetenz ab.

 

Die ArbeitnehmerInnen - Interessen werden nicht nur durch die neue Ministerienordnung der

Wirtschaft und ihren Interessen unterstellt. Auch die geplanten Maßnahmen im Bereich des

Arbeitsrechts, des ArbeitnehmerInnenschutzes, sowie die einseitigen Entlastungen von

Arbeitgebern in Bereichen der sozialen Sicherung, die bisher solidarisch von Arbeitgebern

und ArbeitnehmerInnen getragen waren, sprechen eine deutliche Sprache.

 

Der Angriff auf die gesetzlichen Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen, die

Arbeiterkammern, zeigt die rücksichtslose Vorgangsweise der Regierung gegen die

ArbeitnehmerInnen und ihre Rechte auf. Mit der geplanten Senkung der Arbeiterkammer -

Umlage will die Bundesregierung massiv in die Selbstverwaltung der Arbeiterkammer

eingreifen - ein einmaliger Akt seit 1945.

Die Botschaft lautet darüber hinaus : die Bürgerinnen dieses Landes sollen leistungsbereit

und flexibel sein und sich darüber hinaus ruhig verhalten. Kritik an der Regierung ist nicht

erwünscht, sondern wird bestraft: so stört sie, als der nun für die Aufsicht über die

Arbeiterkammer zuständige Minister offensichtlich, dass die Arbeiterkammern „so etwas wie

die Speerspitze gegen die Regierung Schüssel/ Riess Passer sind“ (ORF - Pressestunde).

Damit will die FPÖ/ÖVP -  Bundesregierung auch ihre Haltung, die sie schon gegenüber

anderen gesellschaftlichen Einrichtungen wie z.B. den Medien und Vereinen demonstriert

hat, verstärken; „Man beißt nicht die Hand, die einen füttert!“.

 

Die in den letzten Wochen diskutierten Details der geplanten Änderungen im

Gesellschaftsvertrag bedeuten nicht nur unsoziale, bösartige und ideologische Härten,

sondern beinhalten auch eine klare Inkonsequenz gegenüber den selbstgesteckten Zielen.

Die eigene Forderung nach mehr sozialer Treffsicherheit und Gerechtigkeit wird schon mit

den ersten absehbaren Maßnahmen konterkariert. Dies zeigt sich neuerlich auch in den

widersprüchlichen Aussagen einzelner Regierungsmitglieder, insbesondere die zuletzt

getätigten Aussagen von Finanzminister Grasser wonach weder eine geplante Aufhebung

der Einkommensobergrenzen für den Mehrkindzuschlag noch ein Karenzgeld für alle seine

Zustimmung finden wird.

 

Die bevorstehenden Belastungen kumulieren bei Menschen und Haushalten mit niedrigen

Einkommen und bringen den Vertrauensgrundsatz ins Wanken. Die Vorgangsweise, die von

der Regierung als effizient und rasch verkauft wird, ist einseitig, überfallsartig, nicht

zielführend, inkonsequent und deshalb wird sie auch nicht zu der vorgegeben nachhaltigen

Sanierung des Bundeshaushalts führen.

Weitere Belastungspakete drohen den BürgerInnen mit den immer gleichen Argumenten und

Inkonsequenzen.

Der ‚.neue Gesellschaftsvertrag“ wird zu einer sozialen Falle, zur Belohnung überkommener

ideologischer Werte und zur massiven Umverteilung von unten nach oben.

 

Die notwendigen strukturellen und sozialen Reformen unserer Gesellschaft bleiben aus.

 

Statt „mehr Demokratie“ gibt es mehr Pflicht zur Arbeit und Eigenvorsorge für jene, die sich

das nicht leisten können. Der Zivildienst wird erschwert und zu einem Privileg derer

gemacht, die bzw. deren Eltern sich das leisten können, während andererseits

Langzeitarbeitslose zu gemeinnützigen Arbeiten zu einem Schandlohn verpflichtet werden

sollen: Hohn statt Integration scheint die Devise von FPÖ und ÖVP!

Kranke sollen zu „Teilkranken“ erklärt und dementsprechend auch zu Teilzeitarbeit

verpflichtet werden können.

Die Zumutbarkeitsbestimmungen im Arbeitslosenversicherungsrecht, ohnehin die strengsten

in der EU, sollen laut Koalitionsabkommen noch weiter verschärft werden.

 

Die vorgeschlagene Pensionsreform, an deren Verhandlung und Ausarbeitung sie

massgeblich beteiligt sind, bringt längere Arbeitspflicht und „Arbeitsbereitschaft“ ohne

tatsächliche Erhöhung der Beschäftigung. Eine längere Arbeitspflicht der Älteren am

Arbeitsmarkt wirkt sich direkt proportional auf die nachrückenden Jungen aus. An beiden

Enden verstärken sich der Druck und die sozialen Probleme, in der Mitte werden die

Bedingungen dadurch noch härter.

Menschen, die krank, arbeitsunfähig bzw. arbeitslos sind, sollen offensichtlich in

Maßnahmen wie die zynischerweise „Integra“ genannte Pflichtarbeit für Langzeitarbeitslose

gesteckt werden, bevor sie die Pension beanspruchen dürfen.

 

Die Probleme des Arbeitsmarktes sind allerdings nicht durch mehr Pflicht zur Arbeit zu lösen

und auch nicht durch die Verdrängung von Frauen vom Arbeitsmarkt.

 

Die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung sind ein unsozialer Rundumschlag, eine

Verweigerung der Verantwortlichkeiten, eine Orientierung an angeblichem Mißbrauch statt

an mißlichen Verhältnissen, ein mehrfacher Griff in die Taschen der „kleinen Leute“ und

eine totale Mißachtung der eigenständigen Rechte von Frauen.

Die An - und Übergriffe dieser Bundesregierung auf die BürgerInnen, auf Vereine, Zeitungen,

Zivildiener und auf KritikerInnen dieser Regierung finden nun einen weiteren traurigen

Höhepunkt in den Bestrebungen, die gesetzliche ArbeitnehmerInnenvertretung massiv zu

schwächen.

Wir sind der Meinung, dass die betroffenen Bevölkerungsschichten, gerade in Zeiten von

Wahlen zu ihrer Interessensvertretung ein Recht darauf haben, zu erfahren, gegen welche

Maßnahmen ihre Interessen vertreten werden müssen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

Das umfassende Paket der Regierung zwingt uns zu einem umfangreichen Fragenkatalog.

Die ersten 5 Fragen sollen jedoch Grundsätze klarstellen, welche hinter dieser Form der

Regierungspolitik versteckt werden:

 

1). Der überwiegende Teil der Personen, die eine vorzeitige Alterspension wegen

geminderter Arbeitsfähigkeit beantragen, ist nicht nur körperlich abgerackert oder

krank, sondern auch arbeitslos. Warum planen Sie gemeinsam mit Bundesministerin

Sickl, die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit für diese

Menschen ersatzlos zu streichen, wissend, daß ein großer Teil der Betroffenen nur

noch länger von Arbeitslosigkeit betroffen sei wird, als dies bisher schon der Fall

war?

 

2). Im Rahmen des Kinderbetreuungsgeldes für alle planen Sie, die

Sondernotstandshilfe für Personen, die nach der Kinderbetreuungszeit ohne

Einkommen bzw. ohne Möglichkeit zur Kinderbetreuung sind, komplett abzuschaffen,

Darüber hinaus beabsichtigt die Bundesregierung, keine Ansprüche auf

Arbeitslosengeld und Notstandshilfe für Personen, welche die Kinderbetreuungszeit

in Anspruch genommen haben, geltend werden zu lassen. Halten Sie dieses

Ausstiegsprogramm für Frauen für eine sozial - und gesellschaftspolitisch

zielführende Maßnahme?

 

3). Der radikale Abbau von Zivildienern führt bei vielen sozialen Dienstleistungen zu

Unterversorgung bzw. Versorgung auf niedrigstem Niveau. Gleichzeitig bewirken Ihre

Kürzungen, daß dem Bund in etwa so viele Einnahmen von den Beschäftigern

entfallen, wie die Einsparungen ausmachen. In den kommenden Budgetjahren werden

auf Grund dieser Budgetnovelle unabsehbare Folgekosten anfallen. Während den

Präsenzdienern in Zukunft die Präsenzzeiten als Beitragszeiten für die

Pensionsversicherung angerechnet werden, soll dies bei Zivildienstzeiten nicht der

Fall sein.

Haben sie dieser Regelung deshalb zugestimmt, weil sie darin eine Möglichkeit sehen

ihr Arbeitsprogramm für Langzeitarbeitslose auch in diese Bereiche ausdehnen zu

können?

 

4). Während Sie noch vor wenigen Monaten Beitragskürzungen bei der

Arbeiterkammerumlage kategorisch ausgeschlossen haben, halten Sie und andere

Mitglieder der Bundesregierung Beitragssenkungen jetzt für denkbar und die Kritik

der Arbeiterkammern an der Politik der Bundesregierung für überzogen.

Welche Maßnahmen gegen die Arbeiterkammern sind aus derzeitiger Sicht geplant

oder vorstellbar?

 

5). Ist es Ihrer Meinung nach mit der österreichischen Verfassung, dem EU - Recht und

dem Koalitionsabkommen vereinbar, wenn im Pflichtarbeitsprogramm " Integra"

beispielsweise ein männlicher Arbeitsloser mit einer Notstandshilfe von 10.000 öS

und eine weibliche Arbeitslose mit einer Notstandshilfe von 7.000 öS (plus 20%

Bürgergeld) für gleichwertige Arbeit unterschiedliches Entgelt, noch dazu weit unter

jeder ortsüblicher bzw. kollektivvertraglicher Entlohnung erhalten?

Neben diesen gesellschaftspolitisch grundlegenden Fragen, sehen wir uns aber auch

gezwungen Details zu den derzeit in Diskussion stehenden Umsetzungen des

Regierungsprogramms zu hinterfragen.

 

Der von Jörg Haider initiierte Angriff auf die Arbeiterkammern zielt auf eine Schwächung,

wenn nicht gar Zerschlagung der Arbeiterkammern ab. Ihrem eigenen Betrieb würden sie

sicherlich nicht zumuten seine Aufgaben unter 40%igen Einsparungen weiter

wahrzunehmen. Außerdem ist zu befürchten, daß durch die Flut der kurzfristigen

Gesetzesänderungen und durch die immer unverständlicher werdenden Gesetze der

Beratungsbedarf der ArbeitnehmerInnen stark steigen wird.

 

6. Gibt es im Zusammenhang mit der Forderung nach Kürzungen der

Arbeiterkammerbeiträge mündliche oder schriftliche Absprachen bzw. Side - Letters der

Regierungsparteien?

 

7. In welchem Ausmaß sind Beitragskürzungen für Sie vorstellbar und haben Sie dieses

Vorhaben mit den Vorarlberger und Tiroler Arbeiterkammerpräsidenten abgesprochen?

 

8. Sind für Sie die „zahlreichen Direct Mailings“ der Arbeiterkammer und die sonstigen AK -

Informationen, die bisher zu einer bedeutenden Erhöhung der Wahlbeteiligung

beigetragen haben, verzichtbar?

 

9. Welche Leistungen der Arbeiterkammern sind ihrer Meinung nach entbehrlich und

könnten daher eingespart werden?

 

10. Wie hoch sind Ihren Informationen nach die möglichen Einsparungen (in % der

Gesamtaufwendungen) durch Kürzungen der Bezüge bzw. Pensionen der AK -

FunktionärInnen bzw. Angestellten, wie sie von Ihrem Regierungspartner FPÖ verlangt

werden?

 

11. Welche Absicht verfolgt die Bundesregierung mit einer Kürzung der Umlage für die

Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen?

 

12. In welcher Form und welchen Angelegenheiten werden Sie ihrer Aufsichtspflicht über die

Arbeiterkammern nachkommen?

 

 

In der vergangenen Woche wurde von Ihnen das Programm Integra der Öffentlichkeit

vorgestellt. Offensichtlich auf Grund des öffentlichen Drucks, wurde dieses Programm für

Langzeitarbeitslose gegenüber den anfänglich geplanten Vorhaben zwar wesentlich

verändert. Es beinhaltet aber nach wie vor äußerst bedenkliche Bestimmungen.

 

13. Warum sehen Sie nicht die Möglichkeit vor, ein Programm für Langzeitarbeitslose auf

Basis von Freiwilligkeit durchzuführen?

 

14. Die Zahl der Betroffenen wurde für das Jahr 2000 auf 1000 Personen reduziert. Wer soll

diese Personen nach welchen Kriterien auswählen?

 

15. Ist es für diese Regierung vertretbar, als zumutbare Beschäftigung auch solche

Tätigkeiten einzustufen, die nicht kollektivvertraglich oder ortsüblich entschädigt werden?

16. Entspricht es den frauenpolitischen Intentionen dieser Regierung, ungleiche

Einkommenschancen für Frauen durch solche Maßnahmen fortzuschreiben und zu

verfestigen?

 

17. Halten sie es für möglich, dass Langzeitarbeitslose auch in Bereichen eingesetzt werden,

in denen bisher Zivildiener gearbeitet haben und entspricht dies den Intentionen dieser

Regierung?

 

18. Im Koalitionsabkommen wird „die Änderung der Zumutbarkeitsbestimmungen“ geplant.

Welche Änderungen planen Sie?

 

19. Wie hoch ist der prozentuelle Anteil jener Personen, denen knapp vor Erreichen des

Frühpensionsalters wegen langer Arbeitslosigkeit vom AMS tatsächlich konkrete

Arbeitsplatzangebote unterbreitet wurden und bei wievielen kam es danach auch zu

Einstellungen?

 

 

 

Zumindest einer der Regierungspartner rühmt sich derzeit in einer Aussendung an

Arbeiterkammerwahlberechtigte der Umsetzung der „Aktion Fairneß“.

 

20. Stimmt es, dass die geplanten Maßnahmen im Bereich der Entgeltfortzahlung keine

Angleichung der Rechte der ArbeiterInnen an jene der Angestellten bringen, sondern nur

eine Annäherung?

 

21. Stimmt es, dass der kümmerliche Rest des Paketes mit einer Verschlechterung der

Urlaubsbestimmungen für alle ArbeitnehmerInnen verbunden ist?

 

22. Halten Sie es für gerechtfertigt, Zahlungen der Arbeitgeber an den

Entgeltfortzahlungsfonds mit reduzierten Leistungen - nur der Arbeitgeber! - an die

Krankenversicherung aufzurechnen?

 

23. Wie hoch werden die Mehrbelastungen / Einsparungen auf Seiten der Arbeitgeber durch

das gesamte Paket sein?

 

24. Wie hoch schätzen Sie die Mehrkosten in der Arbeitslosenversicherung welche durch die

Verkürzung der Urlaubsentschädigungen bei Auflösung des Dienstverhältnisses

entstehen werden?

 

25. Wann plant diese Regierung die restlichen Bestimmungen der „Aktion Fairneß“ in Angriff

zu nehmen und damit der anachronistischen Ungleichbehandlung von ArbeiterInnen und

Angestellten ein Ende zu bereiten?

 

 

Die von Ministerin Sickl und Ihnen in Zusammenarbeit mit Experten ausgearbeitete und

geplante Pensionsreform ging diese Woche in Begutachtung während gleichzeitig noch

Gespräche mit den Sozialpartnern geführt werden. Die Eckpfeiler der Reform sind jedoch

nach Aussagen mehrerer Regierungsmitglieder, insbesondere auch von ihnen selbst, nicht

mehr verhandelbar.

 

26. Finden Sie es korrekt Sozialpartnerverhandlungen erst zu einem Zeitpunkt

aufzunehmen, wenn nicht mehr verhandelbare Eckpfeiler der Reform festgelegt sind?

 

27. Wann plant diese Regierung Maßnahmen zu setzen, welche eine eigenständige

Absicherung aller Menschen im Alter gewährleistet?

28. Ist diese Regierung tatsächlich der Meinung, daß Maßnahmen, die im Sommer 2000

beschlossen werden und Verschlechterungen ab Oktober desselben Jahres bringen, mit

dem Vertrauensgrundsatz vereinbar sind?

 

29. Wie lange kann die Bevölkerung nach der Beschlußfassung auf ein Gleichbleiben der

Bestimmungen des Pensionsrechts vertrauen, beziehungsweise wann ist mit neuerlichen

Verschlechterungen zu rechnen?

 

30. Wie viele Personen werden von der Streichung der vorzeitigen Alterspension wegen

geminderter Erwerbsfähigkeit voraussichtlich betroffen sein, und bei wie vielen davon

wird es voraussichtlich nur zu einer Verlängerung der Arbeitslosenzeit kommen?

 

31. Wie hoch werden die zusätzlichen Kosten für die Arbeitslosenversicherung erwartet,

welche daraus resultieren, dass Menschen die keine Arbeit mehr bekommen, nicht in

vorzeitige Pension gehen können?

 

32. Wie erklären Sie die Sinnhaftigkeit einer Ausdehnung des Arbeitslosengeldbezugs für

ältere ArbeitnehmerInnen, angesichts der Zielsetzung die Langzeitarbeitslosigkeit zu

reduzieren und auch in Anbetracht der immer wieder durch Sozialschmarotzerdebatten

geschürten Stigmatisierung von Langzeitarbeitslosen?

 

33. Wird die vorzeitige Pension wegen Arbeitslosigkeit in Zukunft gleich gehandhabt werden

wie bisher, oder ist auch in diesem Bereich mit Veränderungen (nicht unbedingt auf

gesetzlicher Ebene) zu rechnen?

 

34. Die Bundesregierung rühmt sich, daß Männer nach 45 Beitragsjahren jedenfalls in

Pension gehen können. Wie kommentieren sie den Umstand, dass Schätzungen bei den

zuständigen Pensionsversicherungsanstalten ergeben haben, dass von der

vielgerühmten Regelung, derzeit in ganz Österreich nur 7 Männer betroffen wären?

 

35. Wie hoch erwarten Sie die Zahl jener Frauen, die nach 40 Beitragsjahren jedenfalls in

Pension gehen können?

 

36. Wäre es Ihrer Meinung nach gerechtfertigt, Arbeitslosenzeiten, für welche ja bereits

tatsächlich Beiträge geleistet werden, in Beitragszeiten umzuwandeln?

 

37. Bisherige Regierungen haben zumindestens verbal immer einer Harmonisierung der

unterschiedlichen Pensionssysteme das Wort geredet. Welche Maßnahmen wird diese

Bundesregierung setzen, um eine echte Harmonisierung in Angriff zu nehmen und

welchen Zeithorizont sehen Sie dafür?

Im Bereich der Sanierung der Krankenkassen ist die Regierung auf Grund öffentlichen

Drucks von einem Teil ihrer geplanten Maßnahmen abgegangen, nicht jedoch von ihrem

unsozialem Standpunkt, die Selbstbehalte auszubauen. Selbstbehalte haben eine regressive

Wirkung, d.h., sie belasten Personen mit geringen Einkommen ungleich mehr als Personen

mit höheren Einkommen. Selbstbehalte bestrafen außerdem Krankheit und kranke

Menschen und verstoßen gegen das grundlegende Prinzip einer sozialen

Krankenversicherung, wonach alle Versicherten gemeinsam für die Krankheitskosten

aufkommen.

 

38. Ziehen Sie die sozial ungerechten und unsolidarischen Selbstbehalte nur deshalb einer

Beitragserhöhung vor, weil sie damit ihre Klientel bedienen können und auch in

gerechtfertigten Fällen keine Lohnnebenkostenanhebungen vornehmen wollen?

 

39. Wie hoch sind die Mehreinnahmen, welche durch die Einführung des Selbstbehalts

erzielt werden, in Prozent des benötigten Einsparungspotentials, und in welchem

Ausmaß würde das einer Lohnnebenkostenanhebung entsprechen?

 

40. Was wird diese Regierung unternehmen, um die bei den Gebietskrankenkassen

angefallenen Schulden der ArbeitgeberInnen (inklusive ArbeitnehmerInnenanteil!)

einzutreiben und in Zukunft zu verhindern?

 

Trotz herber Kritik zumindestens eines der Regierungspartner an der zu weit verzweigten

Organisation der Sozialversicherungen ist keine diesbezügliche Reform in Sicht. Es soll

jedoch mittels einer überfallsartigen, nicht ausreichend durchdachten gesetzlichen Regelung

der vorhandene Proporz in den Sozialversicherungsanstalten nicht aufgelöst, sondern nur in

seiner Zusammensetzung verändert werden.

 

41. Durch welche Maßnahmen werden Sie versuchen, die Zahl der Direktorenposten in den

von der ÖVP dominierten Sozialversicherungsanstalten auf ein vertretbares Maß zu

senken?

 

42. Halten Sie es wirklich für vertretbar, dass etwa in der Sozialversicherung der

gewerblichen Wirtschaft bzw. der Bauern die Versicherten ihre Vertreter zur Gänze

selbst bestimmen, während die Selbstverwaltung der Versicherten bei den unselbständig

Beschäftigten in der Unfallversicherung zur Hälfte, in den Krankenkassen zu einem

Drittel von der Arbeitgeberseite mitbestimmt wird?

 

43. Welche strukturellen Maßnahmen plant diese Regierung in diesem Bereich?

Sie haben in letzter Zeit durch Aussagen aufhorchen lassen, dass Frauen nach der Karenz

keinerlei Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben sollen.

 

44. Ist dies tatsächlich eine der geplanten Maßnahmen dieser Regierung?

 

45. Welche Auswirkungen hat das Ihrer Einschätzung nach auf die

Wiedereinstiegsmöglichkeiten von Frauen?

 

46. Wieviel Geld wird diese Regierung in den kommenden Jahren für

Kinderbetreuungsplätze bereitstellen?

47. Kann es ihrer Meinung nach eine verfassungsrechtlich korrekte Lösung geben. welche

Frauen, die vor oder während der Karenzzeit einen Anspruch auf diese

Versicherungsleistung erworben haben, diesen Anspruch auf Grund der

zwischenzeitlichen Auszahlung eines Kindergeldes absprechen?

 

48. Wie kann bei Anhebung der Zuverdienstmöglichkeiten sichergestellt werden, dass Väter

nicht das ihnen allein zustehende dritte Karenzjahr nur offiziell in Anspruch nehmen,

ihren Beruf voll oder zu einem großen Teil weiter ausüben und die Arbeit der

Kinderbetreuung erst recht wieder auf der Mutter oder den Großeltern lastet, der Staat

jedoch dafür ein Karenzgeld auszahlt?

 

49. Wird die Höhe der Zuverdienstgrenze wie von ihnen angedeutet in etwa knapp unter

dem Durchschnittseinkommen liegen?

 

50. Planen Sie die Teilkarenz abzuschaffen oder gibt es Vorschläge, wie diese in Anbetracht

der Zuverdienstregelung zu handhaben ist?

 

51. Wie planen Sie Arbeitslosengeldansprüche zu behandeln, welche aus einer

Berufstätigkeit der Mutter während der Kinderbetreuung entstehen?

 

 

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs 1 GOG

verlangt.