804/J XXI.GP
der Abgeordneten Moser, Pirklhuber, Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Futtermittelzusatzstoffe (Antibiotika, Wachstumsförderer) in der
landwirtschaftlichen Nutztierhaltung
Der Tierbestand in Österreich konzentriert sich auf immer weniger Tierhalter mit
immer größeren Tierbeständen. Charakterisiert ist die Intensivproduktion bzw.
Massentierhaltung durch hohe Besatzdichten (hohe Tierzahl pro Fläche),
Konzentration der Bestandsgrößen (hohe Tierzahl pro Tierhalter) und den
prophylaktischen Einsatz von Antibiotika bzw. Antikokzidia zur Sicherung der
wirtschaftlichen Rentabilität. Die Arzneimittelrückstände gelangen über Gülle, Jauche
oder Mist direkt in die Umwelt, nämlich durch Versickerung ins Grundwasser oder
über Abschwemmung in Oberflächengewässer.
In der österreichischen Schweinehaltung werden knapp 70% der Mastschweine ohne
Einstreu gehalten, an die 30% auf Vollspaltböden. Etwa 60% des gesamten
Legehennenbestandes, die von nur 3% der Legehennenhalter stammen, werden in
Käfigen gehalten, etwa 95 % der Masthühner sind in Bodenhaltungssystemen ohne
Auslauf untergebracht. In der Rinderhaltung sind ca. 90% der Kühe, 60% des
Jungviehs, und etwa 50% der Mastrinder in Anbindehaltung untergebracht, ein Drittel
der Mastrinder wird in Laufställen mit Vollspaltboden gehalten.
In der österreichischen Nutztierhaltung ergibt sich 1997 gemäß ALLERSBERGER &
WÜRZNER (1998) folgender Verbrauch an antibiotischen Leistungsförderern. (Diese
Verbrauchsdaten wurden vor dem EU - weiten Verbot von Avoparcin, Bacitracin,
Olaquindox, Tylosin, Spiramycin und Virginamycin erhoben.)
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Antibiotische Leistungsförderer (in kg) |
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Tylosin (Makrolid) |
7.000 bis 8.000 |
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Bacitracin (Polypeptid) |
4.750 |
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Avoparcin (Glykopetid) |
2.000 |
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Salinomycin(Ionophor) |
2.000 |
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Avilamycin(Oligosaccharide) |
1.000 bis 1.200 |
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Flavomycin(Flavophospholipol) |
750 |
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Viriniamycin(Peptolid) |
500 |
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Monensin(Ionophor) |
200 |
Nach jüngsten Medienberichten (Standard, 11. und 13./14. Mai 00) werden nach wie
vor bedeutende Mengen an Tiermedikamenten - die Branche spricht von knapp der
Hälfte des heimischen Verbrauches an den Apotheken und Tierärzten
vorbeigehandelt. Ihre Zielrichtung im
Problembereich der Tierarzneimittel sei (so zu
lesen im Standard vom 13.114. Mai 00) mittelfristig, die Preise der Medikamente zu
senken, um das Problem der illegalen Beschaffung zu entschärfen.
In einigen europäischen Ländern wie Schweden, Finnland, Dänemark, Schweiz,
Deutschland, wird bereits (meist auf freiwilliger Basis) auf den Einsatz von
antibiotischen Leistungsförderern verzichtet. FREITAG (1999) resumiert in ihrem
Bericht „Leistungsförderer: Chancen, Risiken und Alternativen“ zusammenfassend:
Die schwedischen Erfahrungen zeigen, daß eine intensive Schweineproduktion ohne
Einsatz antibiotischer Leistungsförderer möglich und auch wirtschaftlich vertretbar
ist. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen muß ein Verzicht jedoch
unbedingt von Verbesserungen bei Hygiene, Fütterung und Management begleitet
werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist es richtig, daß knapp die Hälfte des heimischen Verbrauches an
Tiermedikamenten an den Apotheken und Tierärzten vorbeigehandelt werden?
Welche Anstrengungen werden Sie unternehmen, um diese Grauzone zu
erfassen und den illegalen Handel abzustellen?
2. Seit wann ist Ihnen der illegale Handel mit Tierarzneien bekannt? Was haben Sie
bisher dagegen unternommen?
3. Inwiefern halten Sie die Senkung der Medikamentenpreise für ein taugliches
Mittel, um den grauen Markt auszuhöhlen?
4. Welche sonstigen nationalen und gesamteuropäischen Schritte gedenken Sie
gegen diesen Missstand in nächster Zeit zu unternehmen?
5. Welche Kontrollmaßnahmen planen Sie und was werden Sie unternehmen, damit
der Einsatz von Antibiotika und Leistungsförderer in den landwirtschaftlichen
Betrieben dokumentiert wird?
6. Warum orientieren Sie sich nicht an anderen europäischen Ländern, die auf den
Einsatz von antibiotischen Leistungsförderern verzichten?
7. Welche Pharmaka und welche Mengen dieser Pharmaka werden in der
österreichischen Nutztierhaltung prophylaktisch eingesetzt (offizielle Statistiken
und Grauzone)?
8. Wie hoch ist derzeit der jährliche Verbrauch an Futterzusatzstoffen, insbesondere
antibiotischer und anderer Leistungsförderer sowie Antikokidia in Österreich bzw.
wie stellt sich der Verbrauch im Zeitraum der letzten 10 Jahre dar?
9. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Rückstände von Tierarzneimitteln
hinsichtlich
Resistenzerscheinungen in der Humanmedizin?
10. Treten Sie ein für die vorbeugende Anwendung von Fütterungsarzneimitteln?
Wenn ja, warum, wenn nein, was unternehmen Sie bzw. haben Sie bisher
unternommen, damit Antibiotika und Leistungsförderer EU - weit als
Futterzusatzstoffe verboten werden?
11. Als Alternative zum Einsatz von antibiotischen Leistungsförderem wird die
Verfütterung von Sorbinsäure, Ameisensäure und von lebenden Mikroorganismen
(Probiotika) wie Milchsäurebakerien, Hefe (Saccharomyces) propagiert (GRITZER
& LEITGEB, 1998; FREITAG, 1999). Was werden Sie unternehmen bzw. haben
Sie bisher unternommen, damit diese Alternativen zum Einsatz kommen?
12. In einigen europäischen Ländern wie Schweden, Finnland, Dänemark, Schweiz,
Deutschland, wird bereits (meist auf freiwilliger Basis) auf den Einsatz von
antibiotischen Leistungsförderern verzichtet: Auch in Österreich sind bei
Frischfleisch mit dem AMA - Gütesiegel Leistungsförderer verboten. Werden Sie
sich einsetzen für ein generelles österreichisches und/oder EU - weites Verbot
antibiotischer Leistungsförderer? Wenn nein, warum nicht?
13. Was unternehmen Sie, damit der Tierbestand flächendeckend (auch außerhalb
des ÖPVL) an die landwirtschaftliche Nutzfläche angepaßt wird?
14. Was unternehmen Sie, um eine artgerechte Tierhaltung zu fördern? Welche
Auflagen im Sinne einer artgerechten Tierhaltung müssen bei Stallneu - und
Umbauten erfüllt werden?
15. Welche Förderungen (EU, Bund, Länder) gibt es derzeit bei einzelbetrieblichen
Investitionen für die Aufstockung von Tierbeständen in Richtung
Intensivtierhaltung? Welche Förderungsbeträge wurden seit dem EU - Beitritt für
diese Investitionen ausbezahlt?
16. Bestandteil des Nationalen Programm (Förderungsmittel ausschließlich Bund
und Länder) ist ein Sonderprogramm im Schweine- und Geflügelbereich zur
„Verbesserung der Produktionsbedingungen“. Was ist Förderungsgegenstand
dieses Programmes und was sind die Auflagen für die Förderungswerber
hinsichtlich artgerechter Tierhaltung? Welche Förderungsbeträge wurden an
wieviele Betriebe unter diesem Titel ausbezahlt?
17. Wie hoch ist das Strafausmaß für illegalen Einsatz von Antibiotika in der
Tierzucht? Werden Sie es erhöhen oder auf eine Erhöhung dringen?