805/J XXI.GP
der Abgeordneten Moser, Pirklhuber, Petrovic, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend Futtermittelzusatzstoffe (Antibiotika, Wachstumsförderer) in der
landwirtschaftlichen Nutztierhaltung
Nach jüngsten Medienberichten (Standard, 11. und 13./14. Mai 00) werden nach wie
vor bedeutende Mengen an Tiermedikamenten - die Branche spricht von knapp der
Hälfte des heimischen Verbrauches - an den Apotheken und Tierärzten
vorbeigehandelt. Der Landwirtschaftsminister will den Problembereich der illegalen
Beschaffung mittelfristig dadurch entschärfen, daß die Preise der Medikamente
gesenkt werden.
In der österreichischen Nutztierhaltung wurde 1997 gemäß ALLERSBERGER &
WÜRZNER (1998) folgender Verbrauch an antibiotischen Leistungsförderern
festgestellt: (Diese Verbrauchsdaten wurden vor dem EU - weiten Verbot von
Avoparcin, Bacitracin, Olaquindox, Tylosin, Spiramycin und Virginamycin erhoben.)
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Antibiotische Leistungsförderer (in kg) |
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Tylosin (Makrolid) |
7.000 bis 8.000 |
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Bacitracin (Polypeptid) |
4.750 |
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Avoparcin (Glykopetid) |
2.000 |
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Salinomycin (Ionophor) |
2.000 |
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Avilamycin (Oligosaccharide) |
1.000 bis 1.200 |
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Flavomycin (Flavophospholipol) |
750 |
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Viriniamycin (Peptolid) |
500 |
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Monensin (Ionophor) |
200 |
Fütterungsarzneimittel werden zur Prophylaxe und Therapie von insbesondere
bakteriell bedingten Bestandserkrankungen und zur Streßprophylaxe in Rinder -,
Schweine - und Geflügelbeständen eingesetzt. Die Problematik des Einsatzes von
Fütterungsarzneimitteln wird im Report 162 des Umweltbundesamtes
„Arzneimittelrückstände in der Umwelt“ folgendermaßen charakterisiert:
„Es besteht durch diese Applikationsweise das erhebliche Risiko einer
Unterdosierung von antibakteriellen Wirkstoffen und der damit einhergehenden
Gefahr, bakterielle Resistenzen zu provozieren. Zum Beispiel kann die
Bioverfügbarkeit der Wirkstoffe durch verschiedene Faktoren (verminderte
Resorption, verzögerte Freisetzung) beeinträchtigt sein. Weiters ist es denkbar, daß
es zu Wirkstoffmindergehalten durch eine Entmischung und Zersetzung der
Wirkstoffe bzw. Bindung an Futtermittelbestandteile kommt. Die Möglichkeit einer
Dosisanpassung (Schrottschußprinzip) ist begrenzt...
Zum Einsatz kommen vorwiegend Wirkstoffe aus der Gruppe der Tetracycline
(Chlortetracyclin, Oxytetracyclin), Sulfonamide
(Sulfadimidin, Sulfamethoxazol) und
das Trimethoprim. Weiters können noch andere Antibiotika wie Tiamulin
(Pleuromutilin), Tylosin (Makrolide), Antiparasitika wie Febantel (Benzimidazole) und
Ivermectin (Avermectin) in Fütterungsarzneimittel - Vormischungen enthalten sein.“
In Punkt 3.3.1.3 wird weiters ausgeführt:
„Beim Einsatz von Antibiotika besteht die Gefahr der Ausbreitung von mikrobiellen
Resistenzen im Ökosystem. Resistenz kann sich sowohl in pathogenen als auch
apathogenen Keimen selektieren. Besonders bedenklich ist die mögliche Ausbildung
von Kreuzresistenzen. In diesem Fall ist der Krankheitserreger nicht nur gegen den
gegen ihn eingesetzten Wirkstoff resistent, sondern auch gegen andere
antimikrobielle Wirkstoffe.
Nutztiere gelten als Reservoir für Resistenzgene, die mit von Fäkalien
verunreinigtem Wasser verbreitet werden können. Auch die Übertragung von
resistenten Erregern auf den Menschen via tierische Lebensmittel (z.B.
glykopeptidresistente Enterokokken in der gesunden menschlichen Darmflora) gilt
als wahrscheinlich, ebenso die Übertragung durch die Luft.“
Zur Abwendung oder Minimierung von Antibiotikaresistenzen tierischer Herkunft
werden eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen wie z.B. Etablierung nationaler
und internationaler Resistenzüberwachungsprogramme, ein EU - weiter Verzicht auf
antimikrobielle Leistungsförderer in der Nutztierhaltung, Dokumentation des
Antibiotika - und Leistungsförderungseinsatzes, Minimierung der prophylaktischen
Verabreichung von Antibiotika und Optimierung der Haltungs - und
Hygienebedingungen in der Tiermast.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist es richtig, daß knapp die Hälfte des heimischen Verbrauches an
Tiermedikamenten an den Apotheken und Tierärzten vorbeigehandelt werden?
Welche Anstrengungen werden Sie unternehmen, um diese Grauzone zu
erfassen und den illegalen Handel abzustellen?
2. Seit wann ist Ihnen der illegale Handel mit Tierarzneien bekannt? Was haben Sie
bisher dagegen unternommen?
3. Welche nationalen und gesamteuropäischen Schritte gedenken Sie gegen diesen
Missstand in nächster Zeit zu unternehmen? Werden Sie sich einsetzen für ein
generelles österreichisches und/oder EU - weites Verbot antibiotischer
Leistungsförderer?
4. Halten Sie die vom Landwirtschaftsminister vorgeschlagene Senkung der
Medikamentenpreise für ein taugliches Mittel, um den grauen Markt
abzuschaffen?
5. Im STANDARD vom 11. Mai 2000 wird berichtet, daß so ziemlich alle Tiere in der
Intensivmast mit Antibiotika behandelt werde und 60% der Innereien so desolat
seien, daß sie für den menschlichen Verzehr bereits ungeeignet seien. Was
unternehmen Sie, damit
diese Innereien nicht in den Lebensmittelregalen landen?
6. Welche Pharmaka und welche Mengen dieser Pharmaka werden in der
österreichischen Nutztierhaltung prophylaktisch eingesetzt (offizielle Statistiken
und Grauzone)?
7. Wie hoch ist derzeit der jährliche Verbrauch von Futterzusatzstoffen,
insbesondere antibiotischer und anderer Leistungsförderer sowie Antikokidia in
Österreich bzw. wie hoch stellt sich der Verbrauch im Zeitraum der letzten 10
Jahre dar?
8. Was werden Sie unternehmen, damit die prophylaktische Verabreichung von
Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierproduktion minimiert und schließlich
eingestellt wird?
9. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Rückstände von Tierarzneimitteln
hinsichtlich Resistenzerscheinungen in der Humanmedizin?
10. Welche Maßnahmen werden Sie treffen zur Abwendung oder Minimierung von
Antibiotikaresistenzen tierischer Herkunft?
11. Gab oder gibt es seitens Österreich Initiativen zur Etablierung nationaler und
internationaler Resistenzüberwachungsprogramme? Wenn ja, welche, wenn nein,
warum nicht?
12. Was werden Sie unternehmen, damit der Einsatz von Antibiotika und
Leistungsförderer in den landwirtschaftlichen Betrieben dokumentiert wird?
13. Wie hoch ist das Strafausmaß für illegalen Einsatz von Antibiotika in der
Tierzucht? Werden Sie es erhöhen oder auf eine Erhöhung dringen?
14. Werden Sie Untersuchungen über die zunehmende Antibiotika - Resistenz von
Patientinnen im Hinblick auf Ihren illegalen Einsatz im Tierfutter veranlassen?
Wenn nein, warum nicht?