945/J XXI.GP
der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Mag. Haupt, Dr. Povysil und Kollegen
an die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend Verschärfung des Tierversuchsgesetzes
Ein restriktiveres Tierversuchsgesetz wurde bei seiner Novellierung 1998 u. a. mit der Be -
gründung abgelehnt, daß Tierversuche bzw. die Erprobung von chirurgischen Eingriffen und
Methoden am lebenden Tier unerläßlich und unverzichtbar seien und ein Abgehen von Tier -
versuchen erhebliche Ausbildungsdefizite bei Ärzten, allen voran bei Chirurgen, zur Folge
hätte. Wobei man davon ausgeht, daß Tierversuche in der experimentellen Chirurgie für den
humanmedizinischen Fortschritt unverzichtbar seien. Demgegenüber stehen Fachmeinungen
von Ärzten, wonach die nahezu völlige Substituierung von Tierversuchen möglich sei, ohne
die Qualität und Praxisnähe der ärztlichen Ausbildung zu gefährden. So etwa Dr. Walter
Schmidt von der Vereinigung „Ärzte gegen Tierversuche“ e.V., Frankfurt/Main.
Da im Universitäts - Studiengesetz unter den „Grundsätzen für die Gestaltung des Studiums“
(§ 3) u.a. auch die „Wahrnehmung der Verantwortung der Wissenschaft gegenüber der
menschlichen Gesellschaft“ erwähnt wird, ist davon auszugehen, daß ein solches erkenntnis -
leitendes Interesse nicht im Widerspruch zur Freiheit der Wissenschaft steht. In den einleiten -
den Grundsätzen des Tierversuchsgesetzes 1988, § 4 Abs. 1, wird normiert, daß Tierversuche
sich am jeweils anerkannten Stand der Wissenschaft zu orientieren haben. Dies läßt den
Schluß zu, daß eine laufende Anpassung des Tierversuchsrechts notwendig ist.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Frau Bundesministerin für Bildung,
Wissenschaft und Kultur folgende
1. Ist es seit Inkrafttreten des Tierversuchsgesetzes 1988, insbesondere seit dessen Novellie -
rung 1998 zu einer Abnahme der Tierversuche gekommen?
Wenn ja, auf welchem Sektor und in welchem Ausmaß?
Wenn nein, warum nicht?
2. Wurde in Ihrem Ministerium gemäß § 13 Tierversuchsgesetz 1988 eine Kommission ein -
gerichtet, die Empfehlungen zur einheitlichen Durchführung des Tierversuchsgesetzes ab -
gibt?
Wenn ja, welche Empfehlungen hat sie getroffen und wurden diese bisher berücksichtigt?
Wenn nein, warum nicht?
3. Wie stehen Sie grundsätzlich zum Verbot von Tierversuchen im Zusammenhang mit unter
dem Deckmantel der
„Freiheit der Kunst“ betriebenen Tierquälereien?
4. Sind ihnen Fachmeinungen bekannt, wonach die Substituierung von Tierversuchen nicht,
kaum oder nicht ohne Gefährdung der Qualität und Praxisnähe der ärztlichen Ausbildung
möglich sei?
Wenn ja, welche und wie werden sie begründet?
5. Sind Ihnen Fachmeinungen bekannt, wonach eine Substituierung von Tierversuchen wei -
testgehend ohne Gefährdung der Qualität und Praxisnähe der ärztlichen Ausbildung mög -
lich sei?
Wenn ja, welche und wie werden sie begründet?
6. Wie stehen Sie zur Aussage der Vereinigung "Ärzte gegen Tierversuche" e. V., D - 60433
Frankfurt/Main, Nußzeil 50, wonach eine Tierversuchsforschung nicht allein aus ethisch -
moralischen, sondern auch aus medizinisch - wissenschaftlichen Gründen abzulehnen sei,
da Tiere anatomisch und physiologisch sowie in ihren biochemischen Abläufen andere
Verhältnisse aufweisen als der Mensch?
7. Haben Sie im Rahmen Ihrer Ressortzuständigkeit Studien in Auftrag gegeben und/oder
Expertengruppen eingesetzt, die sich im Sinne des § 17 Tierversuchsgesetz 1988 mit den
Möglichkeiten einer weitestgehenden Substituierung von Tierversuchen in der Forschung
auseinandersetzen?
Wenn ja, wurden Ersatzmethoden entwickelt bzw. vorgeschlagen?
Wenn nein, warum nicht?
8. Sind Ihnen Bemühungen bekannt, auch und gerade auf dem Gebiet der experimentellen
Chirurgie solche Ersatzmethoden zu entwickeln, um Tierversuche, die hier mittelfristig
unabdingbar scheinen, schließlich ganz überflüssig zu machen?
Wenn ja, welche und wie weit sind diese gediehen?
9. Gedenken Sie die vorgeschlagenen Ersatzmethoden im Sinne des § 17 Tierversuchsgesetz
1988 zu fördern?
Wenn ja, welche und in welcher Höhe?
Wenn nein, warum nicht?
10. Haben Sie oder Ihr Vorgänger von der im § 13 Tierversuchsgesetz 1988 vorgesehenen
Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Verordnung festzustellen, welche Methoden bei
der Durchführung von Tierversuchen nach dem anerkannten Stand der Wissenschaften als
überholt und daher unzulässig anzusehen sind?
Wenn ja, welche Methoden sind dies?
Wenn nein, warum nicht?
11. Stimmen Sie darin überein, daß positive Forschungsergebnisse der Pharmaindustrie, gera -
de wenn sie auf Tierversuche zurückzuführen sind, im allgemeinen Interesse zu veröf -
fentlichen sind, um Doppel - und Mehrgleisigkeiten in der Forschung - und damit auch die
überflüssige Wiederholung von ähnlichen Tierversuchen - künftig zu vermeiden?
Wenn nein, warum nicht?
12. Sehen Sie (eine) Möglichkeit(en), einen Ausgleich zwischen öffentlichem Interesse an der
Veröffentlichung von Forschungsergebnissen einerseits und patentrechtlichen Schutzvor -
kehrungen gegen deren kommerzielle Verwertung durch Dritte andererseits herbeizufüh -
ren?
Wenn ja,
welche?
13. Wie stehen sie zur Anregung, die im Universitäts - Studiengesetz formulierten „Grundsätze
für die Gestaltung des Studiums“ im Sinne eines humanen Menschenbildes um die Ver -
antwortung gegenüber Tieren als unseren Mitgeschöpfen zu erweitern?