990/J XXI.GP
der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Existenzgefährdung von Zivildienern durch die Streichung des § 28
Zivildienstgesetz
Zivildiener hatten bisher gem. § 28 Abs. 1 ZDG das Recht, unentgeltlich verpflegt zu
werden. Diese Verpflegung mußte von der Beschäftigerstelle organisiert werden.
Zivildiener waren verpflichtet, an der Verpflegung teilzunehmen. Konnte von der
Trägerorganisation keine Verpflegung angeboten werden, erhielt ein Zivildiener
einen Ersatz von S 155,-- täglich. Mit der Ende April im Nationalrat beschlossenen
Zivildienstgesetznovelle wurde der § 28 ersatzlos gestrichen, womit nicht nur das
Recht der Zivildiener auf Verpflegung in der Beschäftigungsstelle entfällt sondern
auch der Ersatz des Essensgeldes von S 155,--. Anstelle dieser Leistungen wurde
die Pauschalentschädigung für Zivildiener auf ATS 3648,- pro Monat angehoben. In
Summe bedeutet dies eine Kürzung des Essensgeldes um S 112,-- pro Tag auf
nunmehr S 43,-- pro Tag.
Diese Gesetzesänderung wurde damit begründet, daß nun eine Gleichstellung
zwischen Wehr - und Zivildienern erfolge. Dies ist nun eben nicht mehr der Fall.
Beispiel 1:
Für Wehrdiener besteht weiterhin die gesetzliche Verpflichtung der Verpflegung in
der Beschäftigungsstelle (Kaserne).
Zivildiener haben den Anspruch der gesetzlichen Verpflichtung der
Verpflegung in der Beschäftigungsstelle (Trägerorganisation) nicht!
Beispiel 2:
Wehrdiener, die auf Anordnung (Wehrdienstgesetz befehlsgemäß) den Beschäfti -
gungsort verlassen, gebührt, sofern die Teilnahme an der gesetzlichen Verpflegung
nicht möglich ist, der Ersatz des tatsächliche, unvermeidbaren Aufwandes für die
Verpflegung (§15 Abs. 2). Dieser Aufwandersatz darf den im § 13, Abs.3 jeweils
festgesetzten Tageskostengeldes nicht überschreiten. Der Tageskostengeldsatz
erhöht sich um den Wert allfällig gebührender Verpflegungs - und Sanitätszuschläge.
Zivildiener, die auf Anordnung die Dienststelle verlassen, gebührt, obwohl die
Teilnahme an der Verpflegung nicht möglich ist, der Ersatz lt. § 15 Abs. 2, bzw.
§ 13, Abs. 3, nicht!
Zivildiener, die auf Anordnung die Dienststelle verlassen, gebührt, (wenn es
eine freiwillige Verpflegung der Trägerorganisation gib) sofern die Teilnahme an
der Verpflegung nicht möglich ist, der Ersatz lt. § 15 Abs. 2, bzw. § 13, Abs. 3,
ebenfalls
nicht!
Beispiel 3:
Wehrdiener, die an arbeitsfreien Tagen - nicht an der gesetzlichen Verpflegung
teilnehmen wollen, erhalten einen Abgeltungsbeitrag von ATS 43,- pro Tag.
Zivildiener, die weder arbeitsfreien Tagen noch an Arbeitstagen an einer
gesetzlichen Verpflegung teilnehmen können, erhalten auch an Arbeitstagen
nur einen Abgeltungsbeitrag von ATS 43,- pro Tag.
Beispiel 4:
Wehrdiener wird täglich 3x eine ausreichende, fertig zubereitete Mahlzeit (Frühstück,
Mittagessen, Abendessen) zur Verfügung gestellt.
Zivildiener wird von Ihrem Ministerium die Vorratsliste (für den Katastrophen -
fall) des Zivilschutzverbandes bestehend aus: 143 g Ströck Mischbrot, 9 g
Champignons, 8 g Iglo Tomatenmark, 18 g Barilla Spaghetti, 21 g österr.
Haferflocken, 53 g Brathuhn, 0,7 Stück Bodenhaltungseier GWKL, klein
GKL A, 14 g 4 Diamanten Thunfisch in Öl, 0,5 Btl Teekanne Fix etc.) als
tägliche Ration (sinnvolle Mahlzeitenkombination) empfohlen.
Beispiel 5:
Für Wehrdiener stellt das zuständige Ministerium die Infrastruktur (Küchen) und
Personal für die Zubereitung der Mahlzeiten zur kostenlos Verfügung. Lebensmittel
werden außerdem in großen Mengen und zu entsprechend günstigen Konditionen
eingekauft. Nur durch diese Voraussetzungen ist es möglich für den Wehrdiener
eine Vollverpflegung zum Preis von S 43,-- pro Tag anzubieten.
Zivildiener sind noch immer gezwungen, ihre Mahlzeiten in
marktüblichen Verkaufspreisen zu erwerben. Es gibt es noch immer keine
flächendeckende Auflistung der Dienstleistungsbetriebe, die für den Zivildiener
eine Versorgung (3 Mahlzeiten - Vollverpflegung) um S 43,-- pro Tag anbieten.
(Zusage des BMI am 27.4.00 - daß es bis Ende Mai 00 diese Auflistung geben
wird)
Angesichts der angeführten Tatsachen (Beispiel 1 - 5) ist zu schließen, daß die
Republik Österreich ihre Pflicht gegenüber Zivildiener nicht nur in gröbster Weise
verletzt, sondern die Ungleichstellung von Wehrdiener und Zivildiener noch
intensiver anstrebt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Begründet Beispiel 1 die Gleichstellung von Wehrdiener und Zivildiener?
Wenn ja: wie lautet Ihre
Begründung?
Wenn nein: Wie lautet Ihr Vorschlag zur Beseitigung dieser Ungleichstellung
und bis wann werden Sie die entsprechende Änderung dem Parlament
zuweisen?
2. Begründet Beispiel 2 die Gleichstellung von Wehrdiener und Zivildiener?
Wenn ja: wie lautet Ihre Begründung?
Wenn nein: Wie lautet Ihr Vorschlag zur Beseitigung dieser Ungleichstellung
und bis wann werden Sie die entsprechende Änderung dem Parlament
zuweisen?
3. Begründet Beispiel 3 die Gleichstellung von Wehrdiener und Zivildiener?
Wenn ja: wie lautet Ihre Begründung?
Wenn nein: Wie lautet Ihr Vorschlag zur Beseitigung dieser Ungleichstellung
und bis wann werden Sie die entsprechende Änderung dem Parlament
zuweisen?
4. Begründet Beispiel 4 die Gleichstellung von Wehrdiener und Zivildiener?
Wenn ja: wie lautet Ihre Begründung?
Wenn nein: wie lautet Ihr Vorschlag zur Beseitigung dieser Ungleichstellung und
bis wann werden Sie die entsprechende Änderung dem Parlament zuweisen?
4.1. Angesichts Ihrer Verpflegungsempfehlung - können Sie es einem
Zivildiener zumuten, sich 12 Monate lang nach einem für den Katastrophenfall
konzipierten Ernährungsplan zu verpflegen?
Wenn ja: wie lautet Ihre Begründung?
Wenn nein: warum wurde diese Verpflegungsempfehlung von Ihrem Ministerium
vorgeschlagen?
4.2. Ist dieser Ernährungsplan von einer Gesundheitsbehörde oder einem
ernährungswissenschaftlichen Institut auf seine Langzeittauglichkeit überprüft
worden?
Wenn ja: wie lautet das Ergebnis dieser Überprüfung?
Wenn nein: warum nicht?
4.3. Welchen Berufsgruppen im Staatsdienst werden schon nach diesem
katastrophenernährungsplan verpflegt?
(Auflistung nach Berufsgruppe, Zeitpunkt der Einführung, Ergebnis dieser
Versorgung)
4.4. Gibt es Erfahrungen mit Spätfolgen (Mangelernährung, Skorbut)?
Wenn ja: welche?
Wenn nein: warum nicht?
5. Begründet Beispiel 5 die Gleichstellung von Wehrdiener und Zivildiener?
Wenn ja: wie lautet ihre Begründung?
Wenn nein:
a) wie lautet Ihr Vorschlag zur Beseitigung dieser Ungleichstellung?
b) bis wann
werden Sie die entsprechende Änderung dem Parlament zuweisen?
5.1. Gibt es Empfehlungen seitens der Regierungsparteien, Bundesküchen
aufzulassen und Verpflegungsrationen nach dem Katastrophenernährungsplan
empfohlen?
Wenn ja: Welche Küchen werden bis wann eingespart?
Wenn nein: Warum wird nur Zivildiener der katastrophenernährungsplan
empfohlen?
5.2. Ist die versprochene flächendeckende Möglichkeit für alle Zivildiener, sich
um S 43,-- pro Tag zu verpflegen seit 1. Juni OO sichergestellt?
Wenn ja: Stellt diese Liste sicher, daß alle Zivildiener die Möglichkeit haben in
diesen Einrichtungen (Gaststätten, Kantinen etc.) in der Zeit von 6 bis 23 Uhr
um S 43,-- pro Tag sich ausreichend verpflegen zu können?
Wer ist seit 1. Juni OO im Besitz dieser Listen?
(Auflistung nach Beschäftigungsstellen, Datum der Aushändigung)
Wenn nein: warum wurde die versprochene Zusage nicht eingehalten?
6. Ist es Ihrer Meinung nach mit den Menschenrechten vertretbar, (angesichts der
Tatsache, daß Österreich zu den reichsten Ländern der Welt zählt) daß
Menschen, die ihren Dienst an der Republik Österreich ableisten, mit einer nur
für Ausnahmefälle erarbeiteten „Katastrophendiät“ versorgen werden?
Wenn ja: wie lautet Ihre Begründung?
Wenn nein: warum nicht?