V-3 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Beratungen des
Ständigen Unterausschusses des
Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
Freitag, 22. September 2000
Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier
Beratungen des Ständigen
Unterausschusses des
Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
XXI. Gesetzgebungsperiode Freitag, 22. September 2000
Tagesordnung
1. COM KOM (00) 395 endg.
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21. Dezember 1994 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich
(14545/EU XX.GP)
2. RAT 10839/00 ENV 269 SAN 90 CODEC 607
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Mechanismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/229/EWG
Prüfung der Abänderungen des Europäischen Parlaments (zweite Lesung)
(16355/EU XXI.GP)
3. COM KOM (00) 334 endg.
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen
(15808/EU XXI.GP)
Beginn der Sitzung: 11.17 Uhr
Obmann Dr. Werner Fasslabend eröffnet die Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union und bedankt sich bei den Anwesenden für deren Verständnis angesichts des verspäteten Beginns der Sitzung auf Grund der Abhaltung einer Präsidiale, in der noch nötige Abstimmungsschritte sowohl mit der Regierung als auch zwischen den Regierungsparteien getroffen werden mussten. Er gibt vor Eingang in die Tagesordnung bekannt, dass für die Behandlung der drei Tagesordnungspunkte je eine „Europastunde“ vorgesehen sei, was eine Aufteilung SPÖ, Freiheitliche und ÖVP je 16 Minuten sowie Grüne 12 Minuten bedeute. Weiters verkündet er, dass Tagesordnungspunkt 1 hätte entfallen können, wenn es am Vortag zu einer endgültigen Einigung gekommen wäre.
1. Punkt
COM KOM (00) 395 endg. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21. Dezember 1994 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich (14545/EU XX.GP)
Obmann Dr. Werner Fasslabend geht in die Tagesordnung ein, leitet zu Tagesordnungspunkt 1 über und geht sogleich in die Debatte ein.
Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) ersucht auf Grund der Tatsache, dass es am Vortag zu einer Entscheidung auf COREPER-Ebene gekommen ist, darum, dass Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid erläutern möge, welche Entscheidung genau getroffen worden sei und wie er diese bewerte.
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Michael Schmid führt aus, dass nach Gesprächen mit der Europäischen Kommission, beginnend im März, von österreichischer Seite eine grundsätzliche Diskussionsbereitschaft dahin gehend gegeben war, einem Stretching von 350 000 Fahrten bis 2003 eventuell zuzustimmen. Nach Einbeziehung der anderen Staaten sei aber kein Ergebnis erzielt worden, das den österreichischen Vorstellungen entsprochen hätte und wodurch es zu weniger Fahrten als den vertraglich vereinbarten gekommen wäre. Es sei allgemein bekannt, dass man für das Jahr 2000 eine Reduktion auf 104 Prozent hätte durchführen müssen, das Jahr 2001 wäre dann ein Beobachtungsjahr ohne Einschrän-kung für den Transit gewesen.
Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) bringt einen Einwand hinsichtlich der Aufteilung der Redezeit auf die einzelnen Fraktionen vor.
Obmann Dr. Werner Fasslabend schlägt vor, dieses Problem im Anschluss an den Bericht des Bundesministers zu behandeln.
Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid hält fest, dass eine Lösung, die weniger LKW-Fahrten durch Tirol bedeutet hätte, von den anderen Mitgliedstaaten nicht akzeptiert worden sei. Im Einvernehmen mit der Bundesregierung habe er den einzig möglichen Standpunkt bezogen, und zwar jenen, dass der Vertrag einzuhalten sei. Er habe auch mehrfach darauf hingewiesen, dass Österreich und sein – Schmids – Amtsvorgänger Dr. Einem rechtzeitig die Warnpflicht, nämlich bereits im Oktober 1999, wahrgenommen haben. Die Kommission stelle es jedoch zurzeit in Europa so dar, als sei Österreich gewissermaßen schuldig und als ob es unangemessene Forderungen stelle. Tatsache sei aber, dass die Kommission säumig war, rechtzeitig eine Reduktion der Fahrten vorzunehmen. Minister Schmid betont, dass sich die Kommission nun in einem ausweglosen Zustand befinde.
Nach Übernahme der EU-Präsidentschaft durch Frankreich habe es neue Vorschläge neben jenem der Kommission mit dem Stretching, also der Reduzierung der Ökopunkte um jeweils 30 Prozent in den Jahren 2000 bis 2002 und um 10 Prozent im Jahre 2003, gegeben, was die Vornahme einer Reduktion von 2,1 Millionen Ökopunkten und die Aufhebung der Schutzklausel vorsehe. Die Umsetzung dieses Vorschlages hätte bedeutet, dass beim Stretching, wenn mehr Fahrten durchgeführt werden, die Schutzklausel wieder in Kraft hätte gesetzt werden müssen. Frankreich habe nun einen Vorschlag mit einer Reduzierung um 40 Prozent, 40 Prozent und 20 Prozent ab 2001 und die folgenden Jahre gebracht. In verschiedenen COREPER-Sitzungen am Rande des EU-Verkehrsministerrats in Luxemburg seien alle möglichen Varianten durchdiskutiert worden, wobei Berechnungen und illegale Fahrten von Italien in Frage gestellt worden seien.
Minister Schmid berichtet, dass es auch für ihn persönlich überraschend gewesen sei, dass am Abend vor der Entscheidung noch keine Lösung in Sicht war. In der Folge sei ein Ratsbeschluss gegen die Stimme Österreichs mit 14 : 1 herbeigeführt worden, der eine 30-, 30-, 30-, 10-Prozent-Aufteilung vorsehe. Die Ökopunkte seien durch eine neue Berechnung von 2,1 Millionen auf 1 Million reduziert worden. Die Schutzklausel bleibe nach wie vor in Kraft.
Nun gelte es, darauf zu reagieren. In der nächsten Ministerratssitzung wolle er einen Bericht auf Grund eines Gutachtens präsentieren, das sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit Österreich Klagsmöglichkeiten besitzt und die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung besteht. Da nur das Bundeskanzleramt klagsfähig sei, werde es an diesem liegen, solche Maßnahmen zu ergreifen.
Der Minister fügt hinzu, dass er sich insbesondere mit seinem deutschen Amtskollegen Klimmt darüber unterhalten habe, ob man nicht zu einer Lösung kommen könne unter dem Titel „Vergessen wir das Jahr 2000 und nutzen wir die negativen Erfahrungen, um eine Lösung herbeizuführen, die über das Jahr 2003 hinausgeht“. Weiters merkt er an, dass einzelne Berechnungen hinsichtlich der Jahre 2001 bis 2003 noch klarer zu definieren seien. Da in den vorhergehenden Jahren die Plafonierung nie erreicht worden sei und man immer unter 108 Prozent gelegen sei, sei erst heuer der vorherrschende Berechnungsmechanismus hinterfragt worden. Von Seiten Deutschlands und Luxemburgs sei Bereitschaft für eine Lösung signalisiert worden. In der Sitzung des EU-Verkehrsministerrats vom 26. Juni sei weiters angesprochen worden, dass man eine Regelung für die Zeit nach 2003 finden müsse. Er, Schmid, könne sich vorstellen, dass das Beharren Österreichs auf den Vertragsstatus die Bereitschaft heben werde, längerfristige Lösungen anzustreben.
Obmann Dr. Werner Fasslabend möchte eine Geschäftsordnungsdebatte hinsichtlich der Aufteilung der Redezeiten vermeiden und erteilt Herrn Abgeordnetem Schieder das Wort.
Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) gibt an, dass sich die Fraktionen darauf geeinigt haben, die Beratungen gemäß der „Wiener Stunde“ abzuhalten. Nur einmal sei eine Ausnahme gemacht und nach der Aufteilung 16 Minuten, 16 Minuten, 16 Minuten, 12 Minuten vorgegangen worden. Da für die heutige Sitzung keine Ausnahmeregelung getroffen worden sei, gelte die „Wiener Stunde“, und er könne nicht nachvollziehen, warum die Parlamentsdirektion auf etwas anderes komme und nun die „Europastunde“ angewendet werde.
Obmann Dr. Werner Fasslabend erklärt, dass im Dezember 1999 mit Beginn der neuen Gesetzgebungsperiode die „Europastunde“ festgelegt worden sei. Er glaube nicht, dass es diesbezüglich unüberwindliche Hindernisse gebe, und holt die Meinungen der anderen Fraktionen ein. Nachdem Vertreter der drei anderen Fraktionen jeweils ihren Standpunkt dargelegt und keinen Einspruch erhoben haben, verkündet Obmann Dr. Fasslabend, dass für die heutige Sitzung – jedoch ohne Präjudiz – die „Wiener Stunde“ mit der Aufteilung SPÖ 19,5, Freiheitliche und ÖVP je 14,5 sowie Grüne 11,5 Minuten zur Anwendung komme.
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) kündigt an, sie werde einen Antrag auf Stellungnahme einbringen, und weist gleichzeitig darauf hin, dass dieser ohne die entsprechenden Dokumente erstellt werden musste, weil diese nicht vorgelegen seien. Sie ersucht um Aufklärung hinsichtlich dessen, was zurzeit schriftlich vorliege, denn sie müsse sich auf Pressemeldungen der Kommission, die zum Teil widersprüchlich seien, verlassen.
Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid wirft ein, dass er selbst diese Unterlagen erst in der vergangenen Nacht bekommen habe, diese aber in der Zwischenzeit dem Parlament übermittelt worden seien.
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) meint, dass es Meldungen gegeben habe, wonach die Reduktion nicht dreimal 30 Prozent und dann 10 Prozent betragen werde, sondern dass heuer nur um 56 000 Ökopunkte reduziert werden soll. Sie bittet diesbezüglich um Aufklärung.
Außerdem möchte sie von Minister Schmid wissen, wie er die Sinnhaftigkeit einer Klage einschätzt. Sie finde, es sei notwendig zu klagen, aber das werfe die Frage auf, wann und auf welcher Grundlage man dies tun solle und ob die Stellungnahme von DDDr. Hummer in Bezug auf die einstweilige Verfügung haltbar sei. Hauptziel müsse sein, zwei Ebenen zu beschreiten, und zwar erstens Nachfolgeregelungen für den Transitvertrag zu finden und zweitens die Wegekostenrichtlinie und die Mautfrage zu berücksichtigen, um neue Transitreglements entwerfen zu können. Es wäre auch interessant, die Meinungen anderer Verhandlungspartner zu erfahren.
Die aktuelle Situation sei relativ dramatisch, Österreich habe jetzt nicht zugestimmt. Es stelle sich daher die Frage, welche Folgen eine Zustimmung zu einem möglichen Kompromiss bezüglich Verlängerung des Transitvertrages nach 2003 für den Fall hätte, dass nächstes Jahr eine Überschreitung in demselben Ausmaß stattfindet. Wenn der Kompromiss mit der offiziellen Reduktion durchgeführt werde, es dann aber wiederum zu einer Überschreitung komme, sei es entscheidend, zu erfahren, wie in der Folge das Procedere aussehen werde.
Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ) bittet darum, den Text des Rates, die Beschlüsse des Vortags betreffend, kopieren zu lassen. Wenn man den Vorschlag der Kommission hernehme, könne man das in fünf Sätzen zusammenfassen, es gebe jedoch spannende Fragen wie etwa jene nach der Dauerhaftigkeit der 40-Prozent-Regelung. (In weiterer Folge werden Kopien dieses Textes in französischer Sprache an die Mitglieder des Ausschusses verteilt.)
Weiters wünscht der Abgeordnete Aufklärung darüber, wie es zu dieser Reduzierung kommt, da es doch heuer wieder zu einer Überschreitung kommen werde. Die letztjährige Überschreitung habe ein Drittel dessen betragen, was bisher bekannt gewesen sei. Er fragt, ob nun die EU-Verkehrskommissarin mit ihrer Meinung Recht habe, dass es heuer keine Überschreitungen geben werde, oder jene, die sehr wohl von einer Überschreitung ausgingen.
Betreffend Stretching habe er in Erinnerung, dass das ein Vorschlag Österreichs gewesen sei, von dem sich der Minister jedoch verabschiedet habe.
Dem Verkehrsministerium liege ein Gutachten vor, das verschiedene Klagsvarianten vorschlage. Abgeordneter Niederwieser möchte wissen, welche Variante nun zur Anwendung kommen werde. Er könne schon Sympathie für eine Klage als Druckmittel empfinden, doch stelle sich die Frage, welche Chancen eine solche Klage habe und ob dieses Gutachten bereits die neuen Zahlen zum Inhalt habe.
Er müsse auch kritische Fragen innenpolitischer Art stellen: Ist tatsächlich alles getan worden, um die Interessen der Bevölkerung sicherzustellen? – Es sei zwar einerseits der Konflikt zwischen Österreich und der Europäischen Union über die Einhaltung des Vertrages ausgebrochen, aber andererseits sei innerösterreichisch einiges getan worden, um den LKW das Fahren zu erleichtern. Die Einführung der LKW-Maut sei wieder einmal verschoben worden, wobei sich die Frage stelle, warum die Bundesregierung angesichts des e-Governments noch zuwarte. Neue Technologien stünden allgemein unmittelbar vor ihrer Anwendung. Wenn alles unternommen worden wäre, hätte die LKW-Bemautung bereits in die Tat umgesetzt werden können. Von Tiroler Seite, speziell vom Tiroler Landeshauptmann, sei das verzögert worden, und Minister Schmid vertrete die Auffassung, man solle mit der Einführung der Maut noch ein halbes Jahr warten.
Außerdem sei der Ausbau der Schiene essentiell notwendig, was ebenfalls in Frage gestellt werde. Es sei zwar das Recht eines neuen Regierungsmitgliedes, alles in Frage zu stellen, aber die Abgeordneten hätten auch das Recht, zu kommentieren, warum der Ausbau der Bahn im Unterinntal nun nicht erfolge. Nach Ansicht Niederwiesers könne für den Ausbau der „rollenden Landstraße“ auch mehr getan werden. Er werde den Verdacht nicht los, dass die Bundesregierung nicht wirklich daran interessiert sei, den LKW-Verkehr im Inntal einzudämmen. Man könne nicht von anderen etwas erwarten, aber selber nichts tun, sonst sei man nicht glaubwürdig. Wird es zu einer Klage kommen, wird man dies im Ministerrat beschließen?
Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid wirft ein, dass er im Ministerrat nur einen Bericht vortragen könne.
Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ) erwidert, dass der Verkehrsminister im Ministerrat Empfehlungen an die Bundesregierung abgeben könne, was aber auch zu Verzögerungen führen könne, wenn diese dann erst in zwei Monaten eine Entscheidung fälle.
Weiters möchte er wissen, welche Möglichkeit besteht, die Einführung der Maut doch noch vorzuziehen, und welche Varianten gegeben sind, um den Vertrag zu verlängern. Die 40-prozentige Verringerung des Schadstoffausstoßes innerhalb von zehn Jahren sei ein Vertragsbestandteil, der dauerhaft sein müsse. Das Damoklesschwert der Mautklage der EU gegen Österreich hänge auch noch in der Luft, was ebenfalls teuer werden könne.
Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche) sagt in Richtung von Abgeordnetem Niederwieser, dass seitens des Bundesministeriums in dieser sehr schwierigen Situation alle Möglichkeiten schon im Vorfeld ausgeschöpft worden seien. Auf Grund der Sanktionen, die eine politische Blockade gegen Österreich nach sich zogen, sei auch die Bereitschaft der übrigen EU-Mitgliedstaaten keine sehr hohe gewesen, das Transitproblem zu lösen.
Zweitens habe im Zuge des Austausches der Kommission auch die zuständige EU-Kommissarin für Verkehrsfragen gewechselt, wodurch keine personelle Kontinuität gegeben gewesen sei, man in Brüssel nicht tätig gewesen sei, obwohl Schmids Amtsvorgänger Einem rechtzeitig auf die Lage hingewiesen habe. Dies nun als Versäumnis der Bundesregierung darzustellen, halte er, Firlinger, für ungerechtfertigt.
Die Frage, was nach 2003 passieren werde, sei eine Frage, die jeden Verkehrsminister beschäftige – egal von welcher Fraktion –, weil diese Frage bei den Beitrittsverhandlungen nicht ausgiebig thematisiert und keine Nachfolgeregelung außer mündlichen Absichtserklärungen verhandelt worden sei. Minister Schmid sei verhandlungsbereit und wolle sogar auf einen Kompromiss eingehen.
Eine Klage sei eine Möglichkeit, damit hänge auch zusammen, wie die weiteren rechtlichen Schritte definiert seien. Es sei unbestreitbar, dass Minister Schmid immer dazu bereit sei, das Beste für Österreich zu tun.
Zur Frage der angesprochenen Verzögerungen bei der Bemautung meint Abgeordneter Firlinger, dass er es – gelinde gesagt – für einen Witz halte, was Abgeordneter Niederwieser in den Raum gestellt habe. Immer nur auf die neueste Technologie zu warten, sei eine Leerformel. Man müsse abwägen, ob man eine veraltete Technik einführe oder ob man sehr nahe am „state of the art“-Produkt sei. Wenn man sich die internationalen Ausschreibungen ansehe, die auf moderne Mautsysteme ausgerichtet seien, aber auf dem österreichischen Weg bleibe, würde man sich starkem internationalem Gelächter aussetzen.
Er sei der Ansicht, dass das Maßnahmenpaket des Bundesministers ein sehr taugliches Instrument sei. Er sei weiters felsenfest davon überzeugt, dass es bezüglich Maut und Infrastrukturpolitik durch ein entsprechendes finanzielles Korsett zu einer zufrieden stellenden Lösung kommen werde.
Abgeordneter Firlinger kündigt an, dass die Koalitionsparteien einen Antrag auf Ausschussfeststellung einbringen werden, den Abgeordneter Schweitzer noch erläutern werde.
Abgeordneter Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) ist der Ansicht, dass man sich nicht zu sehr auf Klage oder Nicht-Klage fokussieren sollte. Es gebe ein dreifaches Interesse: Erstens bestehe ein gültiger Transitvertrag, der auch eingehalten werden solle. Zweitens müsse man hinsichtlich der österreichischen Frächter froh sein, dass sie sich viel vernünftiger als ihre Kollegen in anderen EU-Ländern verhalten. Deshalb habe man Interesse daran, dass es zu einer fairen Aufteilung der Ökopunkte kommt; das sei man den Frächtern schuldig. Drittens sei er persönlich an einer längerfristigen Strategie, was nach 2003 passiere, mehr interessiert als an der kurzfristig die Medien interessierenden Frage, ob der Verkehrsminister im Ministerrat eine Klage vorschlagen werde oder nicht. Man solle eine Gesamtlösung unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten anstreben.
In Richtung von Abgeordnetem Niederwieser meint Abgeordneter Stummvoll, dass man dieser Regierung sicher nicht vorwerfen könne, dass sie etwas verzögere. Sonst höre er immer nur den Vorwurf, das Tempo sei zu schnell. Wenn er an das Budget und die notwendigen Infrastrukturinvestitionen denke, habe er kein Interesse daran, dass etwas verzögert werde und dadurch das Geld später hereinkomme. Doch solle auch der politische Schildbürgerstreich vermieden werden, dass Milliarden in ein veraltetes System investiert werden. Er sei für den Einsatz modernster Technologie, weil man langfristig Weichen stellen wolle.
Obmann Dr. Werner Fasslabend bittet Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid, auf die aufgeworfenen Fragen und Stellungnahmen der Abgeordneten einzugehen.
Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid ersucht um Nachsicht, dass der mittlerweile verteilte Text nur in französischer Sprache und noch in keiner Übersetzung vorliegt.
Er führt aus, dass es heuer zu zirka 50 000 Fahrten weniger kommen werde. Das setze sich aus der Reduktion von 2,1 Millionen auf eine Million Ökopunkte und davon 30 Prozent durch die NOx-Werte zusammen. Er bekräftigt, dass es im Jahr 2000 sicherlich zu einer Überschreitung kommen werde – das allein schon auf Grund der Tatsache, dass statt um 350 000 Fahrten laut Vertrag nur um 50 000 reduziert werde.
Zur Frage, was gewesen wäre, wenn Österreich zugestimmt hätte, hält er fest, dass er sich als Bundesminister dieser Regierung nicht dazu berechtigt sehe, der Auflösung oder Abänderung eines gültigen Vertrages ad personam zuzustimmen, das liege nicht in seiner Kompetenz. Eine Zustimmung zu diesem Vertragsbruch hätte auch die weitere Vorgangsweise sanktioniert. Wenn dann die Schutzklausel gegolten hätte, hätte gleichzeitig das Stretching mit 30 Prozent, 30 Prozent, 30 Prozent und 10 Prozent gegolten, womit es einen Widerspruch gegeben hätte.
Minister Schmid erklärt zur Frage, welche Konsequenzen eine Klage hätte, dass er nicht davon ausgehe, dass all jene LKW, die zu oft gefahren seien, nun im Retourgang durch Tirol fahren. Er habe aber in Gesprächen bemerkt, dass man es nicht so leicht nehme, dass da ein Vertrag nicht eingehalten wird. Beim Mittagessen im Rahmen des EU-Verkehrsministerrats am 26. Juni habe jeder betont, der Vertrag sei einzuhalten, was nun aber nicht geschehe. Es sei daher erforderlich, von österreichischer Seite zu dokumentieren, dass man damit nicht einverstanden sei. Ob das Bundeskanzleramt seinem Vorschlag folgen werde, wisse er nicht. Es gebe auch einen einstimmigen Beschluss des Tiroler Landtages zu klagen. Er persönlich könne einer Entscheidung nicht vorgreifen, eine Klage sei aber seiner Meinung nach kein Akt der Feindseligkeit. Bei einer sonst guten Gesprächsbasis mit der EU-Verkehrskommissarin könne es nun nicht so sein, dass diese jetzt quasi so tue, was Österreich eigentlich wolle.
Betreffend einen Kompromiss meint Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid, dass der Vorschlag des Stretchings von der Kommission gekommen sei. Von Österreich sei Folgendes vorgeschlagen worden: 70 Prozent im Jahr 2001, um immer unter der 108 Prozent-Grenze zu bleiben. In einem Beobachtungsjahr gehe man mit den Berechnungen auf bis zu 150 Prozent hinauf, ein kontinuierliches Einfrieren auf unter 108 Prozent wäre vertragskonform gewesen und hätte sicher eine geringere Belastung für Tirol gebracht. Das seien Berechnungen vorbehaltlich der neuen NOx-Werte und Ökopunkte gewesen.
Hinsichtlich Road-Pricing habe er im Ministerrat den Antrag gestellt, den 1. Juli 2002 nicht als conditio sine qua non beizubehalten, zumal viele für ein rein elektronisches System zu einem früheren Zeitpunkt eintreten. Es müsse jedoch gewährleistet sein, dass ein weitgehendes Inkasso gegeben sei. Eine Art russisches Roulette könne man nicht akzeptieren, da man sonst nicht die entsprechenden Einnahmen habe.
Was die Schiene betreffe, sei es sogar seine Verpflichtung als Minister zu hinterfragen, was gemacht werde. Er habe lediglich die Frage aufgeworfen, ob man bei der leistungsfähigsten Strecke Österreichs mit bestem Schallschutz – 5,4 Milliarden Schilling seien in den letzten Jahren in die bestehende Strecke im Unterinntal investiert worden – eine zweite Strecke hinzubauen solle, wenn die Zulaufstrecken über Italien und Deutschland in keiner Weise die bisherige Strecke auslasten. Die Deutschen machten ihrerseits keine Anstalten, zusätzliche Bahnstrecken zu bauen. Der bayerische Verkehrsminister Wiesheu habe ihm das selber gesagt, aber Klimmt komme immer mit der Schutzbehauptung, die Österreicher sollten zuerst die Schiene ausbauen. Wenn nach einem Ausbau 700 Züge abgefertigt werden könnten, aber tatsächlich nur 270 fahren, so sei das nicht sinnvoll.
Maßnahmen hinsichtlich „rollende Landstraße“ in Europa, um die Schiene zu forcieren, halte er für Scheinbehauptungen. In Luxemburg sei es doch „abenteuerlich“ gewesen, dass man eigentlich eine gemeinsame Vorgangsweise gegen die Benzinpreisexplosion finden wollte, aber Frankreich dann beschlossen habe, mit der Mineralölsteuer herunterzugehen, und somit den Verkehr auf der Straße fördere. Seinen Standpunkt dazu habe er dort sehr deutlich vertreten. Wenn eine Resolution zur Förderung der Schiene im EU-Ministerrat beschlossen werden solle, ergebe es doch keinen Sinn, wenn man nicht gleichzeitig Strategien und Finanzierungsvorschläge beschließe, denn bei der nächsten Benzinpreissenkung könne man dieses Papier gleichsam als Tapete verwenden. Bei der CEMT-Ministerratssitzung in Thessaloniki habe ein Experte die Frage gestellt, warum man sich nicht offiziell von der Schiene verabschiede, wenn ganz Europa und die Europäische Zentralbank nur darüber nachdächten, wie man die Autobahnen in den zukünftigen Mitgliedstaaten im Osten Europas finanzieren werde.
Minister Schmid bekräftigt, dass er sich zur Schiene bekennt. Er habe ausdrücklich gesagt, dass er angesichts solch einer Benzinpreisentwicklung die Chance sehe, dem Bekenntnis zur Schiene im Transportbereich auch Rechnung zu tragen. Dass man um 30 Milliarden beziehungsweise 15,6 Milliarden Schilling im Unterinntal das Bahnnetz ausbaue, weil der Tiroler Landeshauptmann sage, das benötige er für den Nahverkehr Kufstein – Innsbruck, rechtfertige eine solche Investition nicht, zumal es zum Beispiel im gesamten Bereich der Westbahn noch einen Fleckerlteppich gebe und man diese Lücken schließen sollte. Zurzeit bestehe nicht einmal eine Finanzierungsdeckung für die Strecke Wien – St. Pölten. Wenn man nur ein paar Kilometer leistungsfähiges Schienennetz habe, aber kein durchgehendes Gesamtnetz, sei das nicht unbedingt glaubwürdig.
Abschließend äußert der Minister die Meinung, dass Maßnahmen wie sektorales Fahrverbot und Nachtfahrverbot sowie die Frage, wie viele LKW nach 2003 durch Tirol durchfahren dürfen, oberstes Gebot bei den Verhandlungen seien, die anderen Mitgliedstaaten diesbezüglich jedoch keine unbedingte Notwendigkeit sehen zu verhandeln. Mit einer Klage hätte man seiner Ansicht nach eine bessere Chance.
Obmann Dr. Werner Fasslabend gibt vor Eingang in die zweite Runde bekannt, dass die Restredezeiten für die SPÖ 10,5, die ÖVP 11,5, die Freiheitlichen 8,5 und die Grünen 7,5 Minuten betragen.
Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) bringt einen Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Dr. Fasslabend, Mag. Firlinger, Dr. Stummvoll und Kollegen betreffend COM KOM (00) 395 endg. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21. Dezember über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich (14545/EU XXI.GP) ein, demzufolge die Bundesregierung aufgefordert wird, unverzüglich alle geeigneten Möglichkeiten auszuschöpfen, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen des Transitvertrages eingehalten werden und darüber hinaus die Aufteilung der Reduktion der Ökopunkte auf die Mitgliedstaaten ausschließlich nach den im Vertrag festgelegten Kriterien erfolgt.
Österreich habe hinnehmen müssen, dass es 39 Prozent der Gesamtreduktion trage. Das sei seiner Meinung nach eine ungerechte Aufteilung, denn tatsächlich müsste Österreich etwa 14 Prozent der Gesamtreduktion hinnehmen. Nur bei einer Reparatur dieser Reduktion sei es möglich, dass die Frächter bis Ende des Jahres über die Runden kommen. Er hoffe, dass dieser Antrag auch die Interessen der Oppositionsparteien mit berücksichtige, sodass es zu einer einstimmigen Beschlussfassung kommen könne.
Obmann Dr. Werner Fasslabend verkündet, dass der Antrag auf Stellungnahme ausreichend unterstützt sei und mit in Verhandlung stehe.
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) meint unter Bezugnahme auf den Antrag der Regierungsparteien, dass, wenn man auf der Reduktion der Ökopunkte aufgeteilt auf die Mitgliedstaaten bestehe, nicht jene mehr zur Reduktion beitragen müssten, die die Überschreitung am meisten verursacht haben. Das eröffne eine Front, die eine Lösung unmöglich erscheinen lasse. Aus ihrer Sicht sei die Frage, wie die Reduktion zu erfolgen habe, im Transitvertrag nicht konkludent geregelt, das sei interpretierbar. Sie befürchte, dass, wenn österreichische, deutsche und italienische Frächter ihre Fahrten nicht sehr reduzieren müssen, das schlecht für die Verhandlungen sei und diesen Egoismus sowie den Österreichern zusätzlich Begünstigung der eigenen Frächter vorgeworfen werden könne. Sie schlage vor, das Wort „ausschließlich“ und die davor erwähnte Passage aus dem Antrag zu streichen. (Abg. Mag. Schweit-zer: Das können wir nicht machen!)
In weiterer Folge kommt die Abgeordnete auf zwei Probleme und den von ihr gestellten Antrag zu sprechen. Wenn im Jahr 2000 der Vertrag wieder gebrochen werde, so sei der Aufteilungsschlüssel nicht haltbar. Daraus ergebe sich die Frage, wie man zur 108-Prozent-Regelung stehe.
Sie begehrt weiters von Minister Schmid Auskunft darüber, welche Initiativen er bezüglich Wegekostenrichtlinie auf europäischer Ebene zu ergreifen gedenkt, und bringt einen Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Dr. Einem, DDr. Niederwieser betreffend Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21. Dezember 1994 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich (14545/EU XXI.GP) ein, der vorsieht, dass in künftigen Verhandlungen das System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit und eine eventuelle Nachfolgeregelung berücksichtigt werden. Der vorliegende Kommissionsentwurf solle nicht in dieser Form umgesetzt werden, da das ein Vertragsbruch sei. Die Bestimmungen des Transitvertrages müssten vollinhaltlich umgesetzt werden, und im Falle der Nichteinhaltung müssten alle erforderlichen Schritte gesetzt und Maßnahmen zur Wiederherstellung der rechtlich korrekten Situation getroffen werden. Dabei gehe es insbesondere um die Klage vor dem EuGH gegen die Kommission wegen Vertragsbruch und einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung, damit man möglichst noch vor Ende des Jahres 2000 wieder den vertragskonformen Zustand herstellen könne.
Da es gesamtheitlich um Verkehrspolitik gehe, sollen Neuverhandlungen über die Wegekostenrichtlinie eingeleitet werden. Dazu bedürfe es österreichischer Initiativen, da wenige europäische Staaten an einer solchen interessiert seien. Es solle diesbezüglich einen Zuschlag für sensible Korridore geben. Betreffend Tirol sei da eine mögliche Lösung blockiert worden.
Zusätzlich sollten Verhandlungen über die Nachfolgeregelung aufgenommen werden. Nicht nur der Minister, sondern auch die ÖVP, die sage, die eigenen Frächter müssten geschont werden, müsste in dieser Hinsicht eine einheitliche Linie vertreten.
Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) richtet in der Folge einige Fragen an Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid. Ursprünglich sei von einer Reduktion von 350 000 Fahrten die Rede gewesen. Er möchte wissen, was nun der Grund dafür sei, dass diese Zahl wesentlich geringer ausgefallen sei, was der Minister der Bundesregierung vorschlagen werde, gegen die getroffene Regelung zu unternehmen, und falls es zu einer Klage komme, was er sich von dieser erwarte.
In der Sendung „Pressestunde“ vom 28. Mai habe Schmid ausdrücklich darauf verwiesen, dass es „unser Vorschlag“ – 7,4 Millionen Fahrten – gewesen sei, das Stretching in Form einer gleichmäßigen Belastung durchzuführen, und sich die Kommission darauf eingelassen habe. Diese Meinung habe Schmid auch in der letzten Sitzung des Unterausschusses am 9. Juni vertreten. Heute habe er aber genau das Gegenteil gesagt, nämlich dass es ein Vorschlag der Kommission selbst gewesen sei.
Abgeordneter Einem begehrt Auskunft darüber, was Schmid bisher unternommen hat, um den LKW-Verkehr in Österreich einzudämmen oder zu verlagern und um für die Zeit nach 2003 sicherzustellen, dass sich nicht alles frei entwickelt.
Man solle sich dessen bewusst sein, dass kein anderer Staat in Europa eine Regelung wie den Transitvertrag besitze. Immerhin sei in den letzten zehn Jahren eine beträchtliche Reduktion der NOx-Werte erreicht worden. Teilt der Minister daher die Kritik des Abgeordneten Firlinger in diesem Punkt?
Teilt Schmid die Meinung des Abgeordneten Stummvoll, dass man den Frächtern etwas schuldig sei? – Abgeordneter Einem zeigt sich darüber etwas erstaunt, denn die einzigen, die den erhöhten Treibstoffpreis in Europa weitergeben könnten, seien die Frächter, was sich auf die Konsumenten auswirke. Deswegen habe die SPÖ Heizkostenzuschüsse und Erleichterungen für die Pendler verlangt, da diese den Preis zu tragen hätten.
Er hält in der Folge fest, dass der Antrag der Regierungsfraktionen zwei Probleme aufweist: Der erste Teilsatz „unverzüglich alle geeigneten Möglichkeiten auszuschöpfen, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen des Transitvertrages eingehalten werden“, sei seines Erachtens formal nicht antragsfähig, denn es handle sich dabei nicht um ein Vorhaben der EU. Im zweiten Teilsatz werde die Reduktion der Ökopunkte auf die Mitgliedstaaten ausschließlich nach dem Vertrag verlangt. Nach der letzten Sitzung des Unterausschusses habe man die gegenteilige Haltung des Ministeriums gesehen: dass der Vorschlag der Kommission eine überproportionale Streichung bei den österreichischen Frächtern vorgesehen habe und dass das in Ordnung sei. Jetzt sei man plötzlich anderer Auffassung.
Der Abgeordnete stellt abschließend die Frage, wie Schmid die Erklärung der Kommission deute, die auf Seite 2 des Solana-Papieres enthalten sei, dass diese bis Ende des Jahres den 108-Prozent-Plafond überprüfen wolle.
Obmann Dr. Werner Fasslabend bittet die vier Fraktionen, da es sich um ein eminent wichtiges Thema für Österreich handle – und es nach außen hin sicher ein schönes Zeichen wäre –, ob man nicht einen gemeinsamen Antrag zustande bringen könnte. Von den Inhalten her gebe es ja nicht viele Differenzen. Dieser Antrag könnte dann rechtzeitig zur Abstimmung gebracht werden.
Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ) bedankt sich eingangs für die Zurverfügungstellung der Dokumente und weist darauf hin, dass es in der Nationalratssitzung am Vortag ja auch zwei Anträge zu einem Thema gegeben habe. Außerdem sei es von der Diktion her verkehrt, von einem Transitvertrag zu sprechen. Das Ganze sei eine Frage des Beitrittvertrages und dessen Annexen.
Es müsse eine Klage geben, denn wie solle der Vertrag sonst jemals eingehalten werden können. Dass niemand mehr fahren dürfe, könne wohl nicht Sinn der Sache sein. Wenn man eine über 2003 hinausgehende, langfristige Lösung erzielen wolle, dann werde aber eine Einhaltung des Transitvertrages auf Punkt und Beistrich nicht möglich sein. Beides gehe eben nicht.
Er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man bereit sei, den Frächtern gegenüber für deren Stillhalten einen gewissen Preis zu zahlen. Die Ansicht herrsche vor, man könne ihnen zwar kein Geld geben, streiken und die Straßen blockieren sollten sie nicht, aber sie mögen mit dem zufrieden sein, was sie bekommen. Dieser Kompromiss werde auf dem Rücken der Tiroler Bevölkerung ausgetragen.
Abgeordneter Niederwieser merkt an, dass es in Österreich eine Reihe von Wissenschaftern gebe, die im Rahmen der COST-Programme überlegen, was man tun könne. Er gebe zwar zu, dass Minister Schmid im Gegensatz zu „den Herren, die da drüben so still sitzen“ (in Richtung ÖVP) und Ex-Minister Farnleitner, der ihm, Niederwieser, 5 kg schwere Studien darüber gegeben habe, wieso kein elektronisches Mautsystem möglich sei, sondern nur dieses duale System, nichts für die Lage könne. Die Hauptverantwortung trage in dem Fall die ÖVP. Es gehe in erster Linie um den Schutz der Bevölkerung.
Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) stellt in Richtung SPÖ fest, dass es nicht sehr fair sei, den anderen Fraktionen Redezeit wegzunehmen und dann den Vorwurf zu erheben, dass die ÖVP so still sei.
Am Vortag sei dazu eine Entscheidung des Rates gefällt worden, wobei Österreich dagegen gestimmt habe, Belgien sich der Stimme enthalten habe und 13 Staaten dafür gestimmt haben. Diese Entscheidung des Rates werde nach einer gewissen Zeit rechtskräftig werden. Es stelle sich nun die Frage, ob man über das Jahr 2003 hinaus noch verhandeln könne oder ob man nur klagen wolle. Man sollte auf alle Fälle jede Verhandlungsmöglichkeit, auch die eines Kompromisses, nützen. Sollte es eine einhellige Beschlussfassung geben, sei man dazu bereit, das Wort „ausschließlich“ aus dem Antrag zu streichen, man könne aber nicht von vorgegebenen Regelungen abgehen. Man könne nicht die größten Opfer bringen, da daran auch Arbeitsplätze hängen. Er sei verwundert darüber, wie wenig sich andere Fraktionen um die Arbeitsplätze in Österreich kümmern.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche) meint, dass, wenn man eine gerechtere Lösung haben wolle, man nicht vom „Süppchenkochen der Österreicher“ zur Bevorzugung ihrer eigenen Frächter sprechen könne. Er teile nicht die Auffassung, dass es sich um einen Kompromiss handle, der auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen wird, denn wenn es nicht zu einer gerechten Neuverteilung komme, sei es der geplagten Bevölkerung egal, ob es sich angesichts der Verkehrsbelastung um heimische oder ausländische LKW handle. Der bestehende Vertragsbruch solle dokumentiert werden, denn das sei eine wesentliche Voraussetzung für die Verhandlungen.
Betreffend Road-Pricing sei er sehr zuversichtlich, dass keine Verzögerung hinsichtlich des Bemautungssystems eintreten werde. Nur weil in anderen Ländern vor 25 Jahren Systeme eingeführt worden seien, die aber heute nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, könne es nicht so sein, diese veralteten Systeme, die noch dazu viel kosten, in Österreich zu installieren, um sie vielleicht 2010 bereits wieder entsorgen zu müssen. Abgeordneter Hofmann hält den Schritt, den Minister Schmid gesetzt hat, für sehr weise.
Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid weist darauf hin, dass die Kommission die Reduktion um 2,1 Millionen Ökopunkte nicht anerkannt habe, sondern nun auf eine Million reduziere.
Die erste Wegekostenrichtlinie sei 16 Jahre lang, die zweite vier Jahre lang verhandelt worden und gelte seit 1998. Auf Grund des Urteils dazu, das für 26. September erwartet werde, werde er später dazu Stellung nehmen.
Wenn es zur Reduktion 30 Prozent, 30 Prozent, 30 Prozent, 10 Prozent komme, die Schutzklausel jedoch aufrecht bleibe, werde 2001 auf 104 Prozent reduziert werden. Im ersten Kommissionsvorschlag sei die Schutzklausel aufgehoben worden, damit man auf das Stretching komme.
Er werde dem Bundeskanzler vorschlagen, die Klage einzubringen und eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Er erwarte sich dadurch eine höhere Handlungsbereitschaft auch über das Jahr 2003 hinaus. Eine Klage wegen Nichteinhaltens eines Vertrages sei den EU-Ministerkollegen nicht angenehm. In Luxemburg sei der Mitarbeiter von Kommissarin de Palacio von einem zum anderen gelaufen und habe gesagt, er wisse nicht, was er tun solle.
Österreichs Position hinsichtlich Stretching habe sich auf eine Regelung bezogen, die insgesamt ein geringeres Ausmaß an Fahrten nach sich ziehe als im bestehenden Vertrag vorgesehen. Er habe kein Problem, die Urheberschaft zu übernehmen (Abg. Dr. Einem: Reklamiert haben Sie sie damals!), das sei wirklich von geringer Bedeutung, sie könne auch bei der Verkehrskommissarin liegen. Auf jeden Fall solle es zu einer Verbesserung mit einer Reduktion um 70 Prozent im zweiten Jahr kommen.
Was die Eindämmung des LKW-Verkehrs angehe, habe man die Kontrollen verstärkt. Die Bemühungen, zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, würden, so führt der Minister aus, von ihm weiter betrieben werden. Die von ihm ins Auge gefasste Variante sei eine nachhaltige Plafonierung, wobei es hinsichtlich der Größenordnung zu heftigen Debatten kommen werde. Der Zickzackkurs bezüglich des Beobachtungsjahres habe sich als nicht zweckdienlich herausgestellt. Da man durch die Vorkommnisse des Jahres 2000 gewarnt sei, werde man vielleicht 2001 in der Lage sein, das durchzuführen. Er sei sich allerdings, was die Bereitschaft der Kommission betreffe, nicht sicher, sonst werde man wegen Untätigkeit klagen und darauf achten, dass es nicht wieder zu einem Verhandlungsmarathon komme, der in einer vertragswidrigen Situation ende.
Die Durchführbarkeit des Transitvertrages habe er für schwierig gehalten; dass dieser eine gescheite Grundidee hatte, nämlich das Reduzieren der Schadstoffe, werde von seiner Seite aus als positiv gewertet. Die Reduktion sei in einem Ausmaß erfolgt, das man damals nicht angenommen hätte, sonst hätte man bei den Fahrten 1991 noch mehr „gelogen“, als man es ohnehin getan habe.
Betreffend Solana-Papier seien die 108 Prozent nur möglich, wenn es zu einer anderen rechtlichen Regelung komme. Er könne sich nicht vorstellen, dass man da gegenüber Österreich noch einmal vertragsbrüchig werde.
Es gebe zurzeit keine Verhandlungsmöglichkeiten. In Österreichs Stellungnahme sei die Zeit nach 2003 schon angesprochen, dass man da bestimmte Verträge wünsche.
Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) fragt nach, ob der Minister auch meine, dass man den Frächtern etwas schuldig sei.
Bundesminister Dipl.-Ing. Michael Schmid erwidert, dass er gegen jegliche Form der Steuersenkung sei. Wenn man sage, man müsse darauf achten, den Transport so billig wie möglich zu machen, damit der Konsument als unterstes Glied in der Kette weniger für die Produkte zahle, sei dem aber entgegenzuhalten, dass er dadurch eine hohe Rechnung durch den Schaden an der Umwelt und die Beeinträchtigung der ganzen Lebensqualität bezahlt. Wenn man das ganze Jahr hindurch alles haben könne, könne man sich auf nichts mehr freuen. Seiner Meinung nach könne es nicht schaden, wenn die Weintrauben nicht unbedingt auch im Frühjahr frisch geliefert werden.
Obmann Dr. Werner Fasslabend schließt die Debatte und nimmt die Abstimmungen, da die Bestrebungen, einen einheitlichen Antrag vorzulegen, nicht gefruchtet haben, über zwei Anträge in der Reihenfolge ihres Einbringens vor.
Der Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Dr. Einem, DDr. Niederwieser betreffend Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21. Dezember 1994 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich (14545/EU XXI.GP) bleibt in der Minderheit und ist somit abgelehnt.
Der Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B-VG der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Dr. Fasslabend, Mag. Firlinger, Dr. Stummvoll und Kollegen betreffend COM KOM (00) 395 endg. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21. Dezember über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich (14545/EU XXI.GP) erhält die Mehrheit und ist somit angenommen.
Obmann Fasslabend beendet die Verhandlungen zu Tagesordnungspunkt 1, bedankt sich bei Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid und dessen Mitarbeitern und leitet zu Tagesordnungspunkt 2 über.
2. Punkt
RAT 10839/00 ENV 269 SAN 90 CODEC 607, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG, Prüfung der Abänderungen des Europäischen Parlaments (zweite Lesung) (16355/EU XXI.GP)
Obmann Dr. Werner Fasslabend begrüßt die im Ausschuss eingetroffene Bundesministerin Dr. Sickl und erteilt der Frau Abgeordneten Mag. Sima das Wort.
Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ) weist zu Beginn darauf hin, dass der Vermittlungsausschuss zur EU-Freisetzungsrichtlinie 90/220, in dem vor allem jene Änderungen, die das Europäische Parlament in zweiter Lesung eingefordert habe, noch einmal behandelt würden, vor einigen Tagen seine Tätigkeit aufgenommen habe. Es interessiere sie, welche Position Österreich in diesen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zu den folgenden Punkten einnehme:
Der erste Punkt beziehe sich auf die Amendments 48 und 52, in denen es um das „phasing out“ für die schon lange umstrittenen Antibiotikaresistenzmarker gehe. Mittlerweile gebe es Studien, die belegen, dass Antibiotikaresistenzmarker, die mittels gentechnisch veränderter Pflanzenprodukte auf den Markt gebracht werden, zum Anstieg von Antibiotikaresistenzen in der Bevölkerung beitragen. Ihr Einsatz sei außerdem auch wissenschaftlich absolut nicht mehr notwendig. Das Europäische Parlament habe daher in erster und zweiter Lesung versucht, ein „phasing out“ zu erreichen. Ihre Frage laute daher: Wie verhält sich Österreich in dieser Frage, werden die Forderungen des Parlaments unterstützt?
Punkt 2 betreffe Amendment 28, welches die wesentlichen Grundzüge des vor kurzem verabschiedeten Biosafety-Protokolls beinhalte. Sie halte es für sehr sinnvoll, diese Bestimmungen betreffend den Import und Export von gentechnisch veränderten Organismen, also den Handel mit anderen Ländern, gleich in dieser Richtlinie zu verankern und nicht, wie das von der Kommission geplant sei, eigene Regelungen dafür zu schaffen.
In Amendment 39 gehe es um „public registers“, offizielle Register, in denen alle gentechnisch veränderten Organismen mit ihren Eigenschaften festgehalten werden, da andernfalls die Ver-folgbarkeit und Nachvollziehbarkeit wesentlich erschwert werden. Sie halte es für sehr wichtig, dass Österreich auf die Einführung solcher Register bestehe.
Als letzten Punkt in der ersten Runde bringt Abgeordnete Mag. Sima noch das Thema „gentechnikfreie Zonen“ zur Sprache. Österreich fordere, wie bekannt, seit Jahren, dass die Möglichkeit der Einrichtung gentechnikfreier Zonen in dieser Richtlinie verankert werde, damit vor allem für die Biobauern in bestimmten Bergregionen des Landes Gebiete definiert werden könnten, in denen die Anwendung der Gentechnik, die ja für die Biobauern marketingmäßig der Todesstoß sei, verboten sei. In der zweiten Lesung des Europäischen Parlaments sei diese Forderung nicht durchgegangen, ihrer Ansicht nach gebe es dafür aber einige Verbündete in anderen Ländern, sicher auch auf Seite des Parlaments.
Es stelle sich daher die Frage, ob Österreich im Rat noch einmal eine Initiative starten werde, um eine derartige Bestimmung bezüglich gentechnikfreier Zonen in die Richtlinie 90/220 hineinzureklamieren.
Dieser Position der Abgeordneten Mag. Sima schließt sich Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) grundsätzlich an, ebenso deren Fragen. Auch sie halte etwa das Verbot von Antibiotikaresistenzmarkern für ein zentrales Problem.
Ein wichtiges Anliegen sei weiters, dass eine umfassende Haftungsregelung mit Versicherungspflicht in diese Richtlinie integriert werde, da nicht nur die Feststellung bei einer Freisetzung, sondern auch die rechtliche Verfolgbarkeit in Bezug auf angerichtete Schäden ein Problem sei. Es stelle sich für sie daher die Frage, ob sich Bundesministerin Dr. Sickl für diese Lösung einsetzen werde.
Eine jener Fragen, die die Wissenschaft – etwa in der italienischen Diskussion – am meisten beschäftige, betreffe den Gentransfer. Ihre zweite Frage laute daher, ob sich die Ministerin dafür einsetzen werde, dass in diese Richtlinie Maßnahmen aufgenommen werden, um Gentransfer generell auszuschließen. Sie selber halte das für ein überaus zentrales Anliegen.
Außerdem begehrt Abgeordnete Dr. Lichtenberger von Bundesministerin Dr. Sickl Auskunft darüber, ob diese sich für die Beibehaltung des De-facto-Moratoriums, das ja kein echtes sei, einsetzen werde und ob sie den in der zweiten Lesung festgeschriebenen Kompromiss im Gesamten gesehen für ausreichend im Sinne des Umweltschutzes und vor allem auch des Konsumentenschutzes halte.
Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl versichert zunächst, dass Österreich in der Frage der Abänderungen 1 und 28 betreffend Umsetzung des Biosafety-Protokolls grundsätzlich der Ratsposition, das Protokoll zur Gänze und nicht ratenweise zu übernehmen, zustimme.
Zur Umwelthaftung, welche es im nationalen Rahmen in Österreich bereits gebe und wozu die Kommission demnächst einen konkreten Vorschlag vorlegen werde, sei sie positiv eingestellt. Betreffend Abänderungen 48 und 52, schrittweise Entfernung der Antibiotikaresistenzmarker aus GVO-Produkten, unterstütze auch sie die Sichtweise der Abgeordneten Mag. Sima. In Bezug auf das in Abänderung 39 festgehaltene Monitoring befürworte sie die Forderung des Europäischen Parlaments nach konkreteren Formulierungen. Ferner vertrete auch sie den Schutz von Gebieten mit ökologischen Besonderheiten, dies sei schon in die Richtlinie aufgenommen.
Ihre Unterstützung für eine umfassende Haftungsregelung sowie deren rechtliche Verfolgbarkeit, wie das Abgeordnete Dr. Lichtenberger in ihrer Frage formuliert habe, wird von Bundesministerin Dr. Sickl ebenso bekräftigt wie das derzeit in Österreich bestehende De-facto-Moratorium – ein Antrag auf ein Moratorium sei ja seinerzeit vom damaligen Wirtschaftsminister nicht unterstützt worden.
Auf die Frage des Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP), ob auch Arzneimittel in dieser Richtlinie erfasst seien, antwortet die Ministerin, dass Österreich den Standpunkt vertrete, dass diese im Vorprüfungsverfahren erfasst werden sollen, danach folge ohnehin das zentralisierte Verfahren.
Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ) bringt noch einmal das Thema Biosafety-Protokoll zur Sprache. Die von Bundesministerin Dr. Sickl favorisierte Position des Rates besage, dass dieser die Kommission auffordern wolle, innerhalb von neun Monaten einen legislativen Vorschlag zu unterbreiten. Eine solche Haltung sei ihr jedoch völlig unverständlich, da die Tatsache, dass dieses Biosafety-Protokoll, in dem festgelegt worden sei, dass man sich bezüglich Import und Export von gentechnisch veränderten Organismen weltweit gegenseitig informiere beziehungsweise um Zustimmung bitte – eine unter anderem gerade für Dritte-Welt-Länder sehr wichtige Maßnahme –, überhaupt zustande gekommen ist, ein unglaublicher Durchbruch sei, den niemand erwartet hätte. Warum man nun die Gelegenheit, die Bestimmungen des Biosafety-Protokolls gleich in diese Richtlinie zu implementieren, nicht „beim Schopf packt“, sei für sie nicht nachvollziehbar. Stattdessen werde nun wieder das gesamte langwierige Procedere, das allen bekannt sei, gestartet, bis zu einer neuerlichen Einigung vergehe wieder viel Zeit – und das, obwohl ohnehin eine gute Regelung, die man mit Amendment 28 einfach implementieren könnte, bereits auf dem Tisch liege.
Weiters bittet sie Bundesministerin Dr. Sickl nochmals um Antwort auf die Amendment 39 betreffende Frage zum Thema Monitoring beziehungsweise „public register“ sämtlicher GVOs, die in Verkehr gebracht wurden.
Abschließend bringt Abgeordnete Mag. Sima ihre Freude über die Linie der Ministerin bezüglich der von Abgeordnetem Dr. Stummvoll angesprochenen pharmazeutischen Produkte zum Ausdruck, da ihrer Ansicht nach gerade diese Produkte auch massive Umweltauswirkungen haben können. Da es Bestrebungen – offensichtlich auch von Wirtschaftsseite – gebe, diese Produkte aus der Richtlinie herauszureklamieren, halte sie es für wichtig, in dieser Frage hart zu bleiben und all die vielen verschiedenen Bereiche in einer Art „Schirmrichtlinie“ zu regeln.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche) thematisiert Punkt 26, zu dem es unterschiedliche Positionen des Parlaments und des Rates gibt. Persönlich gebe er jener des Parlaments den Vorzug, in welcher eine Begrenzung auf zehn Jahre mit nachfolgendem Antrag auf Verlängerung sowie die Möglichkeit einer Reduktion aus bestimmten Gründen, also kein „Automatismus des Fortbestandes“ vorgesehen sei.
Zudem ersucht er um Auskunft darüber, ob neben dem von Kollegin Sima erwähnten Register betreffend die Eigenschaften auch daran gedacht sei, den Sitz des Antragstellers sowie den Ort, wo gentechnisch veränderte Produkte tatsächlich Einsatz finden, das heißt also „das Feld, wo sie eingesetzt werden“, zu registrieren.
Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ) begehrt mit Hinweis darauf, dass laut der zuständigen oberösterreichischen Landesrätin 86 Prozent der österreichischen Konsumenten Gentechnik in Lebensmitteln ablehnten, ausführliche Auskunft darüber, mit welchen konkreten Aufträgen Bundesministerin Dr. Sickl den österreichischen Vertreter im Rat diesbezüglich ausstatten werde. Ebenso interessiere sie die genaue Position der Ministerin zum Thema Antibiotikaresistenzgene, also den flächenmäßigen Einsatz von Penicillinen, die ja dadurch wahrscheinlich in der Humanmedizin nicht mehr wirkten, sowie zum Thema Saatgut. Da der Saatgut-Einkauf legal und der Saatgut-Export beispielsweise in Drittländer möglich sei, sei es wichtig, zu wissen, ob Österreich diesbezüglich Einschränkungen fordere oder nicht und unter welchen Bedingungen es überhaupt möglich sein solle, Saatgut zu importieren.
Nicht unwesentlich erscheine ihr auch die Frage – gerade im Hinblick auf das Saatgut, das im Bezirk Braunau verwendet worden ist –, auf welche Art kontaminiertes Saatgut, das bereits ausgebracht worden sei, vernichtet werde, denn es sei ein Unterschied, ob etwas eingehäkselt oder verbrannt werde, daher interessiere es sie auch, welche Anweisungen Ministerin Sickl diesbezüglich Minister Molterer mitgebe.
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) präzisiert, dass es ihr nicht nur um eine umfassende Haftungsregelung gehe, sondern eine inklusive Versicherungspflicht. Dies sei ganz zentral, da es ansonsten ein prohibitives Element gebe, durch das etwa das Beweisverfahren sehr mühsam und schwierig werde.
Die Haltung der Ministerin zu diesem Punkt sei ebenso offen wie jene betreffend Maßnahmen zur Ausschließung von Gentransfer, der großen strittigen Frage bei der Freisetzung. Diesbezüglich sei die Abänderung des Europäischen Parlaments ohnehin schon relativ schwach formuliert, so heiße es in Artikel 4 Abs. 2a: „Bei der Erteilung der Genehmigung für eine absichtliche Freisetzung sorgen die Mitgliedstaaten und die Kommission dafür, dass jede Form von Auswirkungen auf die Umwelt, die durch den Gentransfer auf andere Organismen verursacht wird, sorgfältig geprüft wird.“ – Das sei natürlich zu wenig, denn die sorgfältige Prüfung habe natürlich auch in wissenschaftlicher Hinsicht ein paar „kleinere“ Probleme! Es sei für sie von entscheidender Bedeutung, ob Bundesministerin Dr. Sickl die Ausschließung von Gentransfer konkludent vertreten werde.
Ihre Frage nach Beibehaltung des De-facto-Moratoriums habe sich auf die europäische Ebene und nicht auf Österreich bezogen. Sie bittet um Präzisierung der österreichischen Position im Hinblick auf ein europäisches De-facto-Moratorium.
Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl übergibt zur genauen Erläuterung der Änderungen 1 und 28 betreffend Umsetzung des Biosafety-Protokolls Sektionschef Dr. Bobek das Wort.
Sektionschef Dr. Ernst Bobek (Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen) hebt hervor, dass sowohl die EU-Kommission als auch viele Mitgliedstaaten auf Grund rechtlicher Bedenken gegen eine Umsetzung nur eines Teiles dieses Biosafety-Protokolls seien. Vielmehr bestehe großes Interesse daran, möglichst bald einen umfassenden Vorschlag von der EU-Kommission, die ja das ausschließliche Vorschlagsrecht im Rechtssetzungsprozess habe, zu bekommen, um das Biosafety-Protokoll in seiner Gesamtheit umzusetzen und in diesem Zusammenhang, soweit das erforderlich sei, auch die Richtlinie 90/220 zu adaptieren.
Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl wiederholt, dass Österreich bei der Änderung 39 den allen bekannten Kompromisstext unterstützt, der lautet: „Zur Erleichterung der Überwachung der Auswirkungen der GVO auf die Umwelt und ihrer Rückverfolgbarkeit werden die Orte, an denen sich GVO befinden, den zuständigen Behörden gemeldet und darüber öffentliche Register geführt.“ – Diese Bestimmung sei grundsätzlich sinnvoll, sollte jedoch noch präzisiert werden.
In der Frage Befristung sei Österreich konkret für besagte zehn Jahre und gegen eine flexible Lösung, da dies mehr Sicherheit bezüglich GVO in Lebensmitteln gewährleiste. Weiters werde man „Verstrengerungsbemühungen“ unterstützen, Klarstellungen einfordern, jede Aufweichung hintanhalten und für ein baldiges In-Kraft-Treten einer besseren Richtlinie eintreten. Bezüglich der Antibiotikaresistenzmarker trete Österreich für die Festlegung einer konkreten Frist bis 31. Dezember 2004 ein, wie es auf Vorschlag des Europäischen Parlaments im Kompromisstext stehe.
Eine Versicherungspflicht innerhalb von umfassenden Haftungsregelungen sei, wie Sektionschef Dr. Ernst Bobek betont, sicherlich ein interessanter Aspekt, sei allerdings sogar vom EU-Parlament abgelehnt worden, sodass auch seitens der Präsidentschaft dieses Thema nicht neuerlich releviert worden sei.
Obmann Dr. Werner Fasslabend erteilt Abgeordnetem Dr. Gerhart Bruckmann das Wort zur Geschäftsbehandlung.
Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung) bittet darum, dass in der nächsten Präsidialsitzung im Sinne einer „Waffengleichheit“ zwischen den Fraktionen die Auslegung der Mitgliedschaft im Ständigen EU-Unterausschuss geklärt werde. Es erhebe sich die Frage, ob ausschließlich die gewählten Mitglieder beziehungsweise im Falle ihrer Verhinderung die jeweiligen Ersatzmitglied teilnehmen dürften oder – wogegen seine Fraktion grundsätzlich auch nichts einzuwenden habe – jeder Klub beliebige Mitglieder, je nach dem zur Diskussion stehenden Thema, entsenden dürfe. Da „die einen die Kompetenten und die anderen die Gewählten schicken“, seien die Bedingungen nicht für alle gleich. (Heiterkeit.)
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung) hält es für wesentlich und klug, dass in den Ständigen EU-Unterausschuss, in dem es um hochkomplexe Fragen auf europäischer Ebene gehe, jeweils diejenigen Abgeordneten entsendet werden, die in den gerade diskutierten Bereichen kompetent und informiert sind.
Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung) äußert die Ansicht, dass es „selbstverständlich ausgemacht“ und auch laut Geschäftsordnung möglich sei, dass die Mitglieder je nach Thema ausgetauscht werden können. Er vermute das Problem eher in einer klubinternen Vorgangsweise der ÖVP.
Obmann Dr. Werner Fasslabend verweist auf eine Stellungnahme der Parlamentsdirektion, wonach in einer Präsidiale im Dezember des vergangenen Jahres die zweite, also die weitergehende Interpretationsvariante bevorzugt wurde. Er werde diese Frage in der nächsten Präsidiale noch einmal aufwerfen, um in der nächsten Sitzung des Ständigen EU-Unterausschusses eine hoffentlich einvernehmliche Interpretation vorlegen zu können.
Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl setzt mit der Beantwortung fort und stellt zunächst fest, dass die speziellen Regelungen im Bereich Saatgut-Import in der Kompetenz des Landwirtschaftsministers, das generelle Verkehrsverbot – siehe Genmais – in jener ihres Ministeriums lägen. Der Landwirtschaftsminister habe entschieden, dass kontaminiertes Saatgut durch Verbrennung entsorgt wird.
Auf diesbezüglichen Widerspruch von Abgeordneten der SPÖ versichert Sektionschef Dr. Ernst Bobek, dass das Landwirtschaftsministerium versprochen habe, es zu verbrennen, was nach seinen Informationen auch tatsächlich geschehen sei.
Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ) betont, dass es ihr darum gehe, zu wissen, ob im Falle einer neuerlichen Freisetzung generell verbrannt oder eingehäckselt werde.
Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl bemerkt hiezu, dass es für sie natürlich vorstellbar sei, dem Landwirtschaftsministerium in dieser Angelegenheit konkretere Vorgaben zu machen. Dies halte sie sogar für sinnvoll, da es ansonsten möglich sei, GVOs indirekt, auf Umwegen in Verkehr zu bringen.
Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ) hebt hervor, dass sich ihre Frage vor allem auch darauf beziehe, welche Vorgaben Ministerin Sickl dem österreichischen Vertreter mitgeben werde.
Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl weist darauf hin, das dies eine interne Angelegenheit sei.
Bezüglich Gentransfer – Abänderungen 38 und 49 – sei grundsätzlich vorgesehen, das Ganze von Fall zu Fall wissenschaftlich zu prüfen. Dies sei auch die Position Österreichs.
Obmann Dr. Werner Fasslabend schließt die Debatte zu Tagesordnungspunkt 2 und leitet über zu Punkt 3.
3. Punkt
COM KOM (00) 334 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (15808/EU XXI.GP)
Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) weist einleitend darauf hin, dass in Artikel 1a der vorliegenden Richtlinie bei der Definition des Wortes „Belästigung“ etwa „die Schaffung eines durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Beleidigungen oder Störungen geprägten Umfelds“ formuliert sei, während in der Rassismus-Richtlinie diesbezüglich auch die Worte „Erniedrigung“ und „Entwürdigung“ angeführt seien. Es sei ihm zwar „kein besonderes Anliegen“, er halte es aber für nicht zweckmäßig, in unterschiedlichen Dokumenten unterschiedliche Definitionen eines Begriffes zu verwenden.
Ein Anliegen mit mehr inhaltlichem Gewicht betreffe Punkt 3 lit. c der vorliegenden Richtlinie, wonach Frauen nach einer Entbindung bei Ablauf des Mutterschaftsurlaubes Anspruch darauf hätten, „an ihren früheren Arbeitsplatz oder einen vergleichbaren Arbeitsplatz zurückzukehren, und zwar ohne Änderung ihrer Arbeitsbedingungen“. Es sei klar, dass man nicht für eine Mitarbeiterin allein das Arbeitsumfeld total verändern dürfe, es müssten aber zumindest jene Fälle, in denen beispielsweise eine Frau nach zweijährigem Karenzurlaub in einen Betrieb zurückkehre, der insgesamt technisch-organisatorisch umgestellt worden sei – etwa durch Einführung von Bildschirmgeräten –, von dieser Bestimmung ausgenommen werden, da sie ja dann nie erfüllbar sei.
Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ) stellt zunächst fest, dass aus Sicht seiner Fraktion der vorliegende Entwurf einer Richtlinie zur Gleichbehandlung in höchstem Maße zu begrüßen und in großen Zügen „wärmstens“ zu unterstützen sei. Da Bundesministerin Dr. Sickl im einschlägigen Rat nicht selbst, sondern durch Bundesminister Dr. Bartenstein vertreten sei, könne sie wie beim Thema „Gentechnik“ auf das Ergebnis, das in der Ratsarbeitsgruppe oder im Rat erzielt werde, nur mittelbar Einfluss nehmen.
Seine Fraktion erachte das Thema „Gleichbehandlung“ als sehr wichtig, daher wolle man frühzeitig in die Diskussion über diese Richtlinie eintreten und sei auch bereit, die Ministerin zu unterstützen. Um also nicht erst am Schluss auf „hopp oder tropp“ dazu Stellung nehmen zu müssen, hätte er gerne gewusst, wie sie diese Richtlinie generell werte, in welchen Punkten sie das Gefühl habe, dass dieser Entwurf „übers Ziel schießt oder nicht weit genug geht“.
Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ) begrüßt, dass man auf europäischer Ebene einigermaßen rasch damit begonnen habe, über konkrete Maßnahmen, die auf Grund von Artikel 13 des Amsterdamer Vertrages notwendig geworden seien, sowie deren Umsetzung zu diskutieren. Der Richtlinienentwurf der Kommission sei sehr gut gelungen, es sei nun ganz wichtig, dass Österreich auch während des Diskussionsprozesses die wesentlichen Punkte im Auge behält, denn sie sollten nicht abgeschwächt oder ausgehöhlt werden.
Von besonderer Bedeutung sei ihrer Ansicht nach, dass darin versucht werde, dem so genannten Gender Mainstreaming zu entsprechen. Man dürfe es aber nicht bei einer allgemeinen Erklärung belassen, sondern darin ebenfalls festhalten, dass es ohne die nötigen Ressourcen kein Gender Mainstreaming geben kann, und auch Kriterienkataloge für eine verbindliche Definition dieses Begriffes in die Richtlinie aufnehmen, da andernfalls jeder willkürlich interpretieren könne, was Gender Mainstreaming eigentlich ist.
Weiters sei es wichtig, dass nun wesentliche Punkte wie etwa die Ausformulierung der mittelbaren Diskriminierung sowie ein genaueres Eingehen auf die sexuelle Belästigung, vor allen Dingen im Zusammenhang mit der Beweislastrichtlinie – die ja bekanntermaßen noch nicht in österreichisches Recht eingegangen sei – angegangen worden seien. Dies werde, so hoffe sie, bestimmte Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in Zukunft obsolet machen.
Bemerkenswert sei auch, dass in diesem Richtlinienentwurf die Einrichtung von unabhängigen Stellen durch die Mitgliedstaaten verlangt werde. Dies betreffe ihrer Ansicht nach die Gleichbehandlungskommissionen sowohl der Privatwirtschaft als auch des öffentlichen Dienstes sowie die Gleichbehandlungsanwältin. Der dadurch entstehende Handlungsbedarf für alle Mitgliedstaaten werde es auch für Österreich dringend notwendig machen, darüber zu diskutieren, wie eine Weiterentwicklung der Stellung der Gleichbehandlungsanwältin garantiert werden könne.
Was die Klarstellungen in Fällen, in denen es immer wieder große Interpretationsspielräume bei oberstgerichtlichen Entscheidungen gab, betrifft, merkt Abgeordnete Mag. Prammer an, dass Ausschließungsgründe vom Gleichbehandlungsgebot im Richtlinienentwurf selbst nach ihrem Dafürhalten nicht deutlich genug definiert seien. Die Absicht, diese Ausnahme- und Ausschließungsgründe einmal klarer zu formulieren, sei zwar überaus positiv, trotzdem bestehe die Ge-fahr, dass bei einer breiten Auslegung vieles als nicht unter das Gleichbehandlungsgebot fallend interpretiert werden könne.
Bundesministerin Sickl und Bundesminister Bartenstein seien daher wirklich gefordert, alles daranzusetzen, der Richtlinie in der nun vorliegenden Stärke, vielleicht in dem ein oder anderen Punkt sogar noch stärker, zur Umsetzung zu verhelfen.
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne) betont, dass es selten sei, dass Richtlinien der Europäischen Union zumindest teilweise ihre Zustimmung fänden, beim vorliegenden Entwurf sei dies jedoch der Fall.
Als überaus wesentlich erscheine ihr, dass damit das Sozialrecht – ohnehin ein Stiefkind europäischer Regelungen – zumindest im Bereich Chancengleichheit einmal behandelt wird. Zudem sei mit dem Gender Mainstreaming ein sehr ambitionierter Ansatz in diesem Entwurf enthalten. Man werde auch innerösterreichisch noch einiges tun müssen, um klarzulegen, was Gender Mainstreaming bedeutet. Österreich gehöre, was die Förderung und Umsetzung von Chancengleichheit betrifft, nicht gerade zu den führenden Staaten, es liege diesbezüglich „im unteren Drittel“. Das entspreche weder den Möglichkeiten noch den Traditionen des Landes und sollte daher geändert werden.
Damit komme sie zu jenem Punkt, den auch die Abgeordnete Mag. Prammer erwähnt habe, dass nämlich so genannte positive Aktionen, die nun auch die Europäische Union als wesentlich erachte – also nicht nur die Verhinderung von Diskriminierung –, Engagement und Mittel brauchen. Es stelle sich aber die Frage, wie das innerösterreichisch bei ständigem „Jetzt sparen wir auf Teufel komm raus!“ umgesetzt werden soll.
Ein Beispiel dafür seien die Schwierigkeiten bei Kinderbetreuungseinrichtungen, welche außerdem in der europäischen Diskussion sogar als „positiver Schritt“ gewertet würden, durch den Kinder ohne Kontakte – es gebe ja heutzutage sehr viele Einzelkinder, isolierte Kinder – Gruppensozialisation erleben könnten, wie sie früher im Wohnbereich selbstverständlich gewesen sei. In Österreich hingegen rede man von „Kinderaufbewahrungsstätten“! – In dieser Hinsicht gebe diese Richtlinie einen Anlass, weitere Schritte zu finanzieren und damit etwas zu tun.
Abgeordnete Dr. Lichtenberger fragt abschließend Bundesministerin Dr. Sickl, wie sie sich konkret für diesen vorliegenden Richtlinienentwurf im politischen Prozess einsetzen werde und wie sie Gender Mainstreaming nicht nur allen verständlich machen, sondern auch konkret in Fragen der Sozial- und Budgetpolitik einbringen werde.
Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl stellt einleitend fest, dass auch sie es für sinnvoll halte, dass die beiden Begriffe „Erniedrigung“ und „Entwürdigung“ in die Definition von „Belästigung“ mitaufgenommen werden.
Bezüglich der Ansicht von Abgeordnetem Dr. Stummvoll, dass eine Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einem Elternurlaub „ohne Änderung der Arbeitsbedingungen“ schwer möglich sein werde, sei es ihrer Meinung nach vernünftig, maßvoll in die Richtung zu argumentieren, dass vertragskonforme Versetzungen möglich sein sollen.
Zu den Fragen des Abgeordneten Dr. Einem sowie der Abgeordneten Mag. Prammer und Dr. Lichtenberger fasst Bundesministerin Dr. Sickl die österreichische Position zusammen: Da das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben den Diskriminierungstatbestand „sexuelle Belästigung“ bereits enthalte, die Definition der sexuellen Belästigung ebenfalls an den Verhaltenskodex gegen sexuelle Belästigung angelehnt sei und im Wesentlichen jener des Richtlinienvorschlages entspreche, könne Österreich den Vorschlag akzeptieren.
In Punkt 3 Artikel 2 Absatz 1 werde eine Definition der mittelbaren Diskriminierung angefügt, die der Definition der mittelbaren Diskriminierung der Richtlinie 97/80-EG entspreche und in Österreich bereits umgesetzt sei.
Bezüglich Punkt 3 Artikel 2 Absatz 3, in dem das Recht gewährleistet werde, nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubes ohne Änderung der Arbeitsbedingungen an den früheren oder einen vergleichbaren Arbeitsplatz zurückzukehren, schlage Österreich vor, vertragskonforme Versetzungen zu ermöglichen. Die nähere Ausgestaltung des Rückkehrrechtes werde auf Ebene der EU-Ratsarbeitsgruppe Soziales genauer diskutiert werden. Bisher sei dieser Richtlinienvorschlag dort erst einmal beraten worden.
In Punkt 5 Artikel 6 Absatz 2 werde die Judikatur hinsichtlich der Obergrenze bei Schadenersatzzahlungen berücksichtigt, eine Anpassung der entsprechenden Bestimmung sei auch in Österreich notwendig.
Punkt 6 Artikel 8a verpflichte die Mitgliedstaaten, eine unabhängige Stelle zur Förderung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf nationaler Ebene einzurichten, wobei zu den Aufgaben dieser Stelle unter anderem gehören werde, Beschwerden Einzelner entgegenzunehmen, diesen Beschwerden nachzugehen, Untersuchungen oder Erhebungen zu diesem Thema durchzuführen und einschlägige Berichte zu veröffentlichen. – In Österreich gebe es eine Gleichbehandlungskommission für den privaten Bereich und die Bundesgleichbehandlungskommission. Es sei bekannt, dass zurzeit an einer Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes gearbeitet werde, die eine Verbesserung der Gleichbehandlungskommission beinhalten werde. So solle vor allem die Einsetzung einer Vorsitzenden-Stellvertreterin eine raschere Abwicklung der Fälle ermöglichen.
Zudem sei eine weitere Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaft geplant. Demnächst werde eine Gleichbehandlungsanwaltschaft in Graz eröffnet, in Klagenfurt soll eine weitere folgen. Sie trage sich mit dem Gedanken, auch in Linz oder Salzburg eine solche einzurichten.
Zusammenfassend stellt Bundesministerin Dr. Sickl fest, dass Österreich diesen Richtlinienvorschlag begrüße und erfreulicherweise kaum Anpassungen des österreichischen Rechtes erforderlich seien. Details werde man noch auf Ratsgruppenebene in Brüssel diskutieren, ebenso auf nationaler Ebene im Gleichbehandlungsausschuss.
Sie gebe der Abgeordneten Mag. Prammer Recht, dass konkretere Kriterien für die Definition des Gender Mainstreaming notwendig seien – über diese werde auch verhandelt werden, ebenso über die konkreteren Kriterien betreffend sexuelle Belästigung oder mittelbare Diskriminierung – und dass man Ausschließungsgründe klarer definieren müsse. Zur Frage betreffend Stellung der Gleichbehandlungsanwältin weist sie darauf hin, dass diese ohnehin unabhängig sei.
Auch sie begrüße es, dass das Sozialrecht in der EU nun eine größere Rolle spiele, dass also der Gesamtzusammenhang zwischen Wirtschaft, Beschäftigung und Sozialpolitik gesehen und betont werde. Als neuen Schwerpunkt habe Österreich das Thema Behinderte eingebracht, ein Bereich, in dem man österreichisches Know-how zur Verfügung stellen werde und in dem besonders hinsichtlich Bewusstseinsbildung sehr viel zu tun sei.
Betreffend die Mittel, die der Frauenpolitik zur Verfügung stehen, habe sie sich bemüht, die Zusagen ihrer Vorgängerin vollinhaltlich zu erfüllen. Erfreulicherweise würden auch die Mittel in den beiden kommenden Budgets ausreichen, um alle Fraueninterventions- und Frauenservicestellen weiter finanzieren zu können.
Bundesministerin Dr. Sickl betont, dass Kinderbetreuungseinrichtungen im Interesse der Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie ein wichtiges Anliegen seien und in qualitativ hoher Form angeboten werden müssten. Auch sie sei der Meinung, dass Einzelkinder diese Kinderbetreuungseinrichtungen zur Sozialisierung brauchen. Es sei jedoch auf die diesbezügliche Zuständigkeit der Länder zu verweisen, das es ja nur eine „zusätzliche Zuständigkeit“ des Bundes dafür gebe, von dessen Seite in diesem Jahr 133 Millionen Schilling, ein Rest der Kinderbetreuungsmilliarde, in die Kinderbetreuungseinrichtungen geflossen seien.
Auf den Einwurf der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne), dass in der Regierungserklärung von „Vereinbarkeit“ die Rede sei, während die Ministerin nun von Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie gesprochen habe, stellt Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl fest, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bekanntermaßen ein wichtiges Thema für die Regierung sei. Mit Wahlfreiheit habe sie gemeint, dass eine Frau durch das Kinderbetreuungsgeld die volle Freiheit der Wahl habe, ob sie mit dem Kinderbetreuungsgeld eine externe Kinderbetreuungseinrichtung zukaufen oder selbst eine gewisse Zeit lang die Kinderbetreuung wahrnehmen wolle.
Das sei nichts Neues. Es gebe im Regierungsprogramm so viele Ansätze zu guten Reformen, es sei im Moment nicht notwendig, sich noch etwas Neues auszudenken.
Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ) betont, dass sie in der Frage der Schadenersatzobergrenzen, die die Frau Ministerin angeschnitten habe, der Überzeugung sei, dass es schon durch die diesbezüglichen Entscheidungen des EuGH dringend notwendig sei, die Schadenersatzobergrenzen in Österreich anzupassen, also anzuheben, und nicht erst dann, wenn es eine neue Richtlinie im Gleichstellungsbereich gebe. Der diesbezügliche Passus in den Erläuterungen, vor allem dass sie eine abschreckende Wirkung haben müssten, gefalle ihr sehr gut.
Damit das Ganze funktionieren könne, müsse der Schadenersatz so gestaltet sein, dass sich die Unternehmen generell umstellen. Sie halte es für sehr wünschenswert, betroffene Unternehmen, wie das Kollege Einem in einer der letzten Plenarsitzungen gefordert habe, öffentlich zu machen. Es gebe ja auch einen Strafregisterauszug, daher müsse es möglich sein, Unternehmen, in denen Diskriminierungstatbestände festgestellt werden, auf die schwarze Liste zu nehmen.
Abschließend bemerkt Abgeordnete Mag. Prammer, dass sie der Frau Ministerin gerne deren Ablehnungsschreiben an Frauenprojekte, die sie bereits in Händen habe, zukommen lassen werde.
Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl schließt sich weitgehend ihrer Vorrednerin an. Die Frage der Schadenersatzobergrenzen müsse im Gleichbehandlungsgesetz geregelt werden, worüber sie jedoch nicht alleine entscheiden könne, da es ein arbeitsrechtliches Gesetz sei und daher das Wirtschaftsministerium einbezogen werden müsse. Es seien auch die Sozialpartner in die Gespräche einzubinden, mit ihnen werde man eine optimale Höhe entwickeln.
Obmann Dr. Werner Fasslabend stellt fest, dass die Tagesordnung erschöpft ist, und schließt die Sitzung.
Schluss der Sitzung: 13.33 Uhr
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