109/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 29.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Pirklhuber, Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde betreffend Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik

Mit Analysen über die Ungerechtigkeiten und Fehlinvestitionen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hat EU-Kommissar Fischler die Unterstützung breiter Kreise der Gesellschaft für eine EU-Agrarreform mobilisiert. Nach dem derzeitigen EU- Agrarsystem erhalten 7 Prozent der Betriebe 50 Prozent der Mittel, die andere Hälfte der Zahlungen teilen sich die übrigen 93 Prozent der Betriebe. Den Löwenanteil der Förderungen bekommen jene Betriebe, die Arbeitsplatzabbau durch Rationalisierung betreiben, während für eine arbeitsintensive, vielfältige Wirtschaftsweise wesentlich weniger Mittel zur Verfügung stehen. Seitens der Kommission wurden daher im Rahmen der Halbzeitbewertung Vorschläge für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik gemacht. Zentrale Punkte waren:

-    Abbau der staatlichen Intervention

-    Deutliche Aufstockung der Mittel für die ländliche Entwicklung durch die Modulation der Direktzahlungen

-    Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion

-    Bindung der Direktzahlungen an soziale Kriterien und Berücksichtigung des Faktors "Arbeit"

-    Bindung der Direktzahlungen an ökologische und tierethische Kriterien sowie an Aspekte der Lebensmittelsicherheit („Cross Compliance")

Mit der Vorlage der legislativen Entwürfe zur Halbzeitbilanz der Agenda 2000 ist die Kommission jedoch weit hinter ihrer Ankündigungspolitik zurückgeblieben. Die Vorschläge zur Entkoppelung von der Produktion eröffnen zwar mehr Flexibilität im Anbau und in der Vermarktung, gleichzeitig wird aber mit der vorgeschlagenen Betriebsprämie die ungerechte Verteilung zwischen begünstigten und benachteiligten Regionen beibehalten und die soziale Ungerechtigkeit eher verstärkt als aufgehoben.

Die Vorschläge zur Integration der Belange der Umwelt und des Verbraucherschutzes in die Förderbedingungen („Cross Compliance") unterstreichen zwar den Grundsatz, dass niemand mit Steuergeldern gefördert werden soll, der die EU-Gesetze missachtet, in der Praxis wird dieses Instrument aber kaum wirksam werden, weil positive Anreize zu wenig gefördert und die Standards nicht entsprechend angehoben werden.

Von der Prämienumverteilung und Finanzierung ländlicher Entwicklung (Modulation) ist nicht viel übrig geblieben. Im Rahmen der geplanten Degression geht lediglich ein Prozentsatz von 1% im Jahre 2007 bis 6% im Jahre 2011 an die Mitgliedstaaten für ihre Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes. Dadurch, dass auch die

Lohnkosten der Betriebe unberücksichtigt bleiben, wurde ein weiteres Kernstück der Reform von der Kommission fallen gelassen.

Die Gemeinsame Agrarpolitik orientiert sich weiterhin am Weltmarkt, obwohl die Exporterstattungen den europäischen Bäuerinnen und Bauern wenig gebracht und den Entwicklungsländern schweren Schaden zugefügt haben. Die ersten Schritte der Kommission zur Reduzierung der Exporterstattungen und zum Abbau unfairer Handelshemmnisse gehen zwar in die richtige Richtung, gleichzeitig muss aber der Binnenmarkt gegen unfaires Dumping von Aussen geschützt werden. Das ist nur möglich, wenn in der EU eine hohe Lebensmittelqualität und -Sicherheit wirklich erreicht wird und die dafür geltenden Kriterien bei Importwaren ebenfalls angelegt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, sich für eine grundlegende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auf EU-Ebene einzusetzen, die folgende Eckpunkte enthält:

1.   Die Gewährung von Prämien darf nicht auf „Prämienrechten" der Vergangenheit beruhen, sondern die von der Produktion entkoppelten Flächen- und Betriebsprämien müssen gebunden sein an umweltfreundliche Bewirtschaftungsmethoden und die dafür notwendige Arbeit im ländlichen Raum. Zur Erhaltung der Betriebe ist ein Sockelbetrag vorzusehen.

2.    Die Förderbedingungen für Belange der Umwelt, des Tier- und Verbraucherschutzes „Cross Compliance" sind nachzuschärfen und von unterstützender Beratung sowie verstärkten wirtschaftlichen Anreizen zu begleiten.

3.     Die Maßnahmen der ländlichen Entwicklung („zweite Säule") müssen als Instrument der integrierten ländlichen Entwicklung wesentlich deutlicher als von der Kommission vorgeschlagen gestärkt werden. Im Rahmen der Finanzierung für die ländliche Entwicklung muss eine entsprechende Summe verpflichtend für die biologische Landwirtschaft reserviert werden.

4.  Die durch den Abbau der Direktzahlungen im Marktbereich (1. Säule), Exporterstattungen und Inverventionen freiwerdenden Mittel sind zur Gänze in die Entwicklung des ländlichen Raumes umzuschichten.

5.  Zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Praxis sind geeignete Prämien zu schaffen; insbesondere ist das Grünland verstärkt zu fördern (z.B. die Beweidung und Grünlanderhaltung, die Erhaltung, Nutzung und Vermarktung aussterbender und regional typischer Nutztiere und Pflanzen, extensive tiergerechte Haltungsformen).

 

6.    Die Gemeinsame Agrarpolitik muss mit dem Umwelt- und Verbraucherschutz,

       der Ernährungssicherung der Entwicklungsländer, der Strukturentwicklung

       und Beschäftigung im ländlichen Raum und dem Tierschutz in Einklang stehen.

7.     Die internationalen Verpflichtungen zur nachhaltigen Entwicklung, zum Klimaschutz und zur Biodiversität müssen Bestandteil der zukünftigen EU- Agrarpolitik sein.

8. .Die Exportorientierung der EU-Agrarpolitik ist zu beenden und die Absatzmöglichkeiten sind auf den EU-Binnenmarkt auszurichten, für den sichere Lebensmittel in hoher Qualität zur Verfügung stehen sollen.

9.   Im Rahmen der WTO-Verhandlungen soll sich die EU an einer nachhaltigen Landwirtschaftspolitik orientieren und für einen neuen, qualifizierten Aussenschutz eintreten.

10.  Die neue Gemeinsame Agrarpolitik muss als integrierte Politik für Verbraucherschutz und ländliche Entwicklung in die Mitentscheidung des Europäischen Parlaments fallen.

Ferner wird die österreichische Bundesregierung aufgefordert, einen auf die österreichische Landwirtschaft bezogenen durchgerechneten Reformvorschlag auf Basis der INVEKOS-Daten vorzulegen.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.