113/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 29.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der
Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
betreffend Verbraucherinformationsgesetz
Der Verbraucherschutz besteht aus den
großen Handlungssektoren: Gefahrenabwehr
durch Gesetze und Verordnungen sowie Normvollzug, Kontrolle und
Verbraucherinformation durch Behörden, Verbände und Unternehmen. Der
letzte
Sektor, die Verbraucherinformation, ist in
Österreich bislang unzureichend
ausgebaut Informationszugang ist ein
besonders wichtiges Instrument des/der
mündigen Verbrauchers/Verbraucherin, das ihm/ihr ermöglicht, ein
eigenbestimmtes
Leben zu fuhren und die Märkte aktiv zu beeinflussen. Diesen Sektor gilt es
nicht zuletzt
im Sinne der EU-Verbraucherpolitik
auszubauen:
Als Grundvoraussetzung soll der
Verbraucher/die Verbraucherin Zugang zu Daten der
Verwaltung haben. Dies soll ergänzt werden um eine aktive
Informationspflicht durch
die Verwaltungsbehörden und Zugang zu Informationen bei Unternehmen. Dafür
soll ein Verbraucherinformationsgesetz nach dem Muster des derzeit in der BRD
in
Diskussion stehenden Gesetzesentwurfs in seiner ursprünglichen umfassenden Form
dienen.
Der erweiterte Zugang auf
verbraucherrelevante Daten bezüglich Waren und
Dienstleistungen verringert das Informationsungleichgewicht zwischen
Unternehmen und
Verbraucherinnen, verbessert so die Marktposition der Verbraucherinnen und hat
zudem
den Effekt des vorsorglichen Verbraucherschutzes.
Die Eckpunkte eines Verbraucherinformationsgesetzes sind folgende Punkte:
1. Ziel: Verbraucherin als informierte MarktteilnehmerIn
Die Informationen der Verbraucherinnen
über gewerblich angebotene Waren und
Dienstleistungen sollen verbessert werden, damit erstens die
Verbraucherinnen in
ihrer wirtschaftlichen Rolle als Marktteilnehmerinnen selbstbestimmt handeln
und
zweitens die Behörden vorbeugend und schützend bei unklaren Risikolagen und
Verstößen gegen verbraucherschützende Normen aktiv werden können.
2. Die Mittel des Gesetzes
· Den VerbraucherInnen wird der Zugang zu behördlichen Informationen
gegeben, welche die gesundheitlichen, ökologischen und wirtschaftlichen
Interessen der VerbraucherInnen betreffen und für die VerbraucherInnen
entscheidungsrelevant sind.
· Die Behörden erhalten das Recht, von sich aus „aktiv" die
VerbraucherInnen über bestimmte Sachverhalte zu informieren (z.B. zum
vorbeugenden Schutz von VerbraucherInneninteressen, als Maßnahme gegen
Marktversagen).
• Unternehmen
sollen in klar abgegrenztem Umfang verpflichtet werden,
bestimmte
verbraucherrelevante Informationen zu geben (Herstellungsmethoden,
Haltungsformen; Einhaltung internationaler Arbeitsschutzstandards, Kinderarbeit
u.a.).
3. Anspruch auf Informationszugang
VerbraucherInnen sollen grundsätzlich
einen Rechtsanspruch auf freien Zugang zu jenen
behördlichen Informationen haben, die den Schutz von Gesundheit und Sicherheit,
der
wirtschaftlichen Interessen der VerbraucherInnen oder sonstige erhebliche
VerbraucherInneninteressen betreffen.
Die Art und Weise des Informationszugangs
wird geregelt (Auskunftserteilung,
Akteneinsicht, insbesondere auch die Beantwortungsfristen, u.a.) sowie
Rechtsschutz
und Sanktionen im Falle der Verweigerung der Information. Andere gesetzliche
Ansprüche auf Zugang zu Informationen bleiben unberührt (z.B.
Umweltinformationsgesetz (UIG).
4. Klare Begriffsbestimmungen
Als Begriffe sind festzulegen:
• Behörden (Bund, Länder und Gemeinden und beliehene Unternehmen),
• Information (z.B. alle vorliegenden Daten über Zustand
und Beschaffenheit von
Produkten
oder die Umstände der Erbringung von Dienstleistungen),
• Produkte und
Dienstleistungen (wie im Produktsicherheitsgesetz, also nicht nur
Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, kosmetische Mittel und Tabak) und
• Unternehmen (HerstellerIn, Importeurin und Verwenderin von Handelsmarken).
Dabei wird aus Gründen der Rechtsklarheit
und der Einheit der Rechtsordnung auf
bewährte Definitionen in vorhandenen Gesetzen (insbesondere
Produktsicherheitsgesetz,
Umweltinformationsgesetz und Konsumentenschutzgesetz) zurückgegriffen.
5. Ausschlüsse und Einschränkungen des Anspruchs auf Informationszugang
Personaldaten, besondere öffentliche
Belange und Geschäftsgeheimnisse bleiben
geschützt. Dies betrifft öffentliche
Belange, etwa den Schutz der äußeren und inneren
Sicherheit, der internationalen Beziehungen, Gerichts-, Ermittlungs-,
Strafverfahren, aber
auch den Schutz interner
Verwaltungsabläufe und des Kernbereichs der
Regierungstätigkeit (z.B. Vorbereitung der Gesetzgebung). Geschützt werden
zudem
private Belange, wie personenbezogene Daten sowie Geschäfts- und
Betriebsgeheimnisse (präzisiert durch eine Positivliste, welche Daten
jedenfalls nicht unter
das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis
fallen).
6. Aktive Information durch die Behörde
Es wird eine bundeseinheitliche
Rechtsgrundlage geschaffen, damit Behörden von sich
aus „aktiv" die Verbraucherinnen über bestimmte Sachverhalte informieren
können. Diese
Rechtsgrundlage geht über den Bereich des Lebensmittelgesetzes hinaus, weil der
Kreis
der Produkte, über die informiert wird,
bedeutend weiter gefasst wird.
Unter anderem sollen erfasst werden:
·
Fälle,
in denen in erheblichem Ausmaß gegen verbraucherschützende Normen
verstoßen worden ist (z.B. erhebliche Überschreitung von Grenzwerten oder
sonstige Nichteinhaltung
verbraucherschützender Vorschriften);
Risikolagen: Es liegen hinreichende Anhaltspunkte für ein Risiko
vor, aber die
verfügbaren technischen oder wissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeiten
reichen nicht aus, um eine endgültige
Klärung der Situation zu erreichen;
Marktversagen: Erhebliche
Verunsicherung der Verbraucherinnen über die
Gewährleistung des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit (z.B. wenn ein
Produkt ins Gerede gekommen ist und
öffentliche Diskussionen stattfinden).
Bei der aktiven Information ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
besonders zu
beachten. Die Maßnahme muss in Art und Umfang dem Problem entsprechen und den
berechtigten Interessen der Beteiligten nach sorgfältiger Abwägung angemessen
sein.
Eine gesetzliche Ermächtigungsnorm ist notwendig, da gesetzlich geschützte
Positionen
Dritter berührt werden.
7. Informationsanspruch gegen Unternehmen
Wesentliche verbraucherrelevante
Informationen liegen nur bei den Unternehmen vor.
Diese betreffen die gesundheitlichen Interessen der Verbraucherinnen (z.B.
Vorhandensein von Allergenen, die z.Z. nur sehr unvollständig zu etikettieren
sind,
insbesondere in Zutaten). Sie betreffen aber auch die Lebensführungsinteressen
der
Verbraucherinnen (Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung, Haltungsform der
Tiere). Für
eine tatsächlich wirksame Verbraucherinformation ist ein Informationsanspruch
der
Verbraucherinnen gegen Unternehmen
unabdingbar.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Justiz wird
beauftragt, alsbaldig ein
Verbraucherinformationsgesetz beschlussreif vorzulegen, das die
Auskunftspflicht
der HerstellerInnen und VertreiberInnen von Produkten sowie AnbieterInnen von
Dienstleistungen umfasst (vgl. Positivliste des UIG) und das sowohl die
Gesundheit
der VerbraucherInnen als auch die Umwelt berücksichtigt.
Informeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.