161/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 18.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Glawischnig, Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde

betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen

Aufgrund

     der Bestrebungen, die Dienstleistung „Wasserversorgung" in das General
Agreement on Trade in Services (GATS) aufzunehmen,

     der bestehenden Dienstleistungsfreiheit im Rahmen der Europäischen Union
und immer wieder im Raum stehender Liberalisierungsmaßnahmen,

     der  davon  unabhängigen   Kommerzialisierung  der  Wasserversorgung  in
Österreich, sei es aus ideologischen oder budgetären Überlegungen und

     des    regional    im    Osten    und    Südosten    Österreichs    bestehenden
Wassermangels

ist der Schutz der Wasserressourcen nach dem Wasserrechtsgesetz zu verbessern.

Der folgende Antrag entspricht dem Antrag Nr. 516/A in der XXI. GP., welcher in der
Umweltausschusssitzung am 2. Juli 2002 vertagt wurde und wegen vorzeitiger
Beendigung der Legislaturperiode nicht mehr erledigt werden konnte
.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

A.    Der Bundesminister für Forst- und Landwirtschaft, Umweltschutz und Wasserwirtschaft
 wird ersucht, zum Schutz der Wasservorkommen und der vielfältigen Funktionen des
 Wassers dem Nationalrat einen Entwurf zur Novellierung des Wasserrechtsgesetzes zur
 Gewährleistung folgender Maßnahmen und Vorgaben vorzulegen:

1. Bestandsaufnahme und Schutz der Wasservorkommen zugunsten der
 
Trinkwasserversorgung und der Umwelt:
Die Wasservorkommen müssen zugunsten
  künftiger Generationen und ihrer Funktionen für die Umwelt insgesamt abstrakt durch
Verordnungen geschützt werden, welche schon im vornhinein die jährlichen
Entnahmemengen aus diesem Titel möglichst limitieren (Weiterentwicklung der
Rahmenverfügung nach § 54 WRG). Ungeachtet dessen hat natürlich eine Feinprüfung
einer beantragten Wasserentnahme im Einzelverfahren stattzufinden. Die Arbeiten für
die Darstellung der Grundwasservorkommen und der erlaubten und tatsächlichen
Entnahmen, wie sie auch die Wasserrahmenrichtlinie vorschreibt, sind ehebaldigst
aufzunehmen. Dabei werden sich die schon teilweise bestehenden Übernutzungen von
Grundwasserkörpern wie zB der Mitterndorfer Senke zeigen.

 

2.  Ausschöpfen der Wassersparpotentiale vor weiterer Wassererschließung: Es muss
die Möglichkeit geschaffen werden, die Erlaubnis zur Entnahme stärker an den
gerechtfertigten Bedarf der geplanten Empfängerregion zu knüpfen. Dieser ist zB nicht
gegeben, wenn örtliche Vorkommen sanierungsfähig sind oder wenn
Wassersparmaßnahmen eine Erschließung weiterer Vorkommen unnotwendig machen
würden. Um diese Voraussetzungen überprüfbar und rechtsverbindlich zu machen, wird
es notwendig sein, per Verordnung nähere Abwägungskriterien für die Sanierbarkeit von
Grundwasservorhaben und einen Katalog von alternativen Sparmaßnahmen festzulegen.
Diese Maxime muss auch für den grenzüberschreitenden Wassertransport anwendbar
sein.

3. Verbot der Wasserentnahme über der mittleren jährlichen Neubildungsrate
(nachhaltige Wassergewinnung):
Dieses Gebot wäre bei Neugenehmigungen soweit
als möglich zu beachten und müsste bei schon bestehenden Übernutzungen zu
Eingriffen in bestehende Genehmigungen führen. Die Neubildungsrate des
Grundwassers ist keine konstante Größe. Aufgrund von Versiegelungen und
Flussregulierungen ist die Gesamttendenz bei der Neubildungsrate sinkend. Liegt eine
beabsichtige Wasserentnahme innerhalb dieses Rahmens sind natürlich noch die
übrigen wasserrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen.

4. Transparenz des wasserrechtlichen Verfahrens zur Genehmigung einer
 
Wasserentnahme:
Die behördliche Prüfung von Wasserentnahmen ist transparent zu
 führen. Jedes Ansuchen um maßgebliche Wasserentnahme ist zu veröffentlichen und
 haben derartige Verhandlungen öffentlich zu sein.

5.  Herabsetzung der Wasserentnahme-Schwellenwerte im UVP-G, Parteistellung für
 
Bürgerinitiativen und NGO:
Die Schwelle für die UVP-Pflicht von Wasserentnahmen ist
 von 10 Millionen Kubikmeter per anno auf 1 Million Kubikmeter per anno, das ist der
 Wasserbedarf für ca. 20.000 Personen, zu reduzieren. Weiters ist eine UVP ab einer
 Wasserentnahme, welche 20% der Neubildungsrate betragen soll, statt wie bisher bei
 90% der Neubildungsrate, vorzusehen. Ansuchen um Wasserentnahmen ab diesen
 Größenordnungen sind in der großen UVP mit Umweltverträglichkeitsgutachten und
 Parteistellung für NGO bzw Bürgerinitiativen abzuhandeln.

6. Genehmigungspflicht für alle Maßnahmen, welche sich auf den quantitativen
Wasserhaushalt wesentlich auswirken:
Das Wasserrechtsgesetz sieht zum Beispiel
keine Genehmigungspflicht für Tunnelbauten, die, wie der Semmering-Pilotstollen für die
Eisenbahn und der Straßentunnel am Semmering zeigen, große Auswirkungen auf den
Gewässerhaushalt haben, vor. Auch bei sonstigen Verkehrsbauten kommt es zu
Erdbewegungen und Versiegelungen, die in den Gewässerhaushalt eingreifen.

7. Verstärkte Prüfung der Auswirkungen von Drainagierungen, Kanalbauten,
Flussregulierungen und Wasserkraftwerken auf den Gesamtwasserhaushalt:
Trotz
entsprechender Vorgaben im Wasserrechtsgesetz werden die Auswirkungen von
Drainagierungen, Kanalbauten und Flussregulierungen auf den quantitativen
Wasserhaushalt im wasserrechtlichen Verfahren in der Praxis zu wenig geprüft bzw
keine grundlegenden Konsequenzen daraus gezogen.

8.   Genehmigungspflicht für alle Maßnahmen, welche sich auf den Wasserhaushalt
 
qualitativ auswirken:
Im Zuge der Deregulierung ist ein Abbau von
  Genehmigungstatbeständen festzustellen bzw sind wasserrechtliche Bestimmungen von
   anderen Behörden, zB der Gewerbebehörde zu vollziehen. Dies vermindert die
   Möglichkeit, den Grundwasserkörper gesamthaft zu schützen, da die Gesamtschau fehlt.
   Eine selektive Entscheidungskonzentration bei den "Wirtschaftsbehörden", die eine


   Zersplitterung   des   Wasserschutzes   und   der   Wasserbewirtschaftung   insgesamt
   bewirken, ist abzulehnen.

9.    Verstärkte Sozialbindung des Eigentums am Wasser: Das Wasserrechtsgesetz sieht
  
bereits eine Enteignung für den Fall vor, dass eine örtliche Trinkwasserversorgung sonst
   nicht sichergestellt werden kann. Eine solche ist von Verfassungs wegen
   entschädigungspflichtig. Die Grünen sind der Auffassung, dass eine Enteignung nur
   zugunsten von kommunalen Antragstellern möglich sein soll. Mittels einer gesetzlichen
   Regelung wäre im Fall einer Gewinnung für den häuslichen/kommunalen Bedarf auch
   sicherzustellen, dass bei Bemessung der Entschädigung das öffentliche Interesse an
   einem sozial verträglichen Wasserpreis zu berücksichtigen ist.

10. Bundesgesetzliche Vorgaben für die Gestaltung der Wassergebühren
   (Wasserentgelte), um Anreize zur sparsamen Verwendung des Wassers zu
    schaffen.

11. Wasserwirtschaftliches Planungsorgan des Bundes: In Hinblick auf die
   
Wasserrahmenrichtlinie und zum optimalen Schutz der Wasserressourcen sollte ein
    wasserwirtschaftliches Planungsorgan des Bundes eingerichtet werden, das ua immer
    dann eine Parteistellung in Genehmigungsverfahren haben sollte, wenn die
    Auswirkungen der geplanten Wasserentnahme mehr als ein Bundesland treffen könnten.

B.      Weiters wird der Bundesminister für Forst- und Landwirtschaft ersucht, zum Schutz der
   Wasservorkommen und der vielfältigen Funktionen des Wassers im Rahmen der
    Förderungsverwaltung und des Sachverständigendienstes zur Verwirklichung folgender
   Maßnahmen in den Ländern beizutragen:

1.   Einhaltung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in bezug auf die Ausweisung der
   Quellgebiete als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung.

2.      Erstellung eines ökologischen Quellschutzkatalogs

3.     Erstellung von ökologischen Leitbildern für relevante Fließgewässer

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.