176/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 08.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Riepl
und GenossInnen

betreffend: Der Jugend faire Chancen für die Zukunft eröffnen

Derzeit brauchen 3.459 Jugendliche sofort eine Lehrstelle, zu denen noch 3.143 Jugendliche
hinzuzurechen sind, die sich in kurzfristigen Schulungsmaßnahmen befinden.
Darüber hinaus haben sich mit Schulschluss schon 8.767 junge Menschen beim AMS für eine
Lehrstelle vormerken lassen. In Summe sind also in diesen Tagen 15.369 Jugendliche auf der
Suche nach einer Lehrstelle.

Dem gegenüber stehen aber nur 9.502 beim AMS gemeldete offene Lehrstellen!

Bis Herbst ist angesichts dieser Ausgangssituation und der Erfahrung aus den vergangenen

Jahren mit einer erneut dramatischen Situation zu rechnen und ein neues Auffangnetz nach

dem Muster der Stiftungen für 5.000 junge Menschen zu schaffen.

Auch die Zahl der offenen Lehrstellen im öffentlichen Dienst sei aufgrund des allgemeinen

Aufhahmestopps stark rückläufig, was die Situation noch zusätzlich verschärft. Die Regierung

hat deshalb akuten Handlungsbedarf. Immerhin hat Arbeitsminister Bartenstein (ÖVP) jedem

Jugendlichen einen Ausbildungsplatz versprochen. Und: Allein mit dem Geld, das nur ein

Abfangjäger kostet, könnten 10.000 neue Lehrstellen geschaffen werden.

Die SPÖ will allen Jugendlichen faire Chancen für ihre Zukunft eröffnen und fordert die

Regierung auf, das 10-Punkte-Programm der SPÖ für Lehrlinge rasch umzusetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend Regierungsvorlagen zur
Beratung und Beschlussfassung zu übermitteln, die folgende Grundsätze enthalten:

 

 

 

1)  Bessere Berufs- und Bildungsberatung für Jugendliche

Schülerinnen müssen bei der Wahl einer höheren Schule oder eines Lehrberufs besser
begleitet werden! Berufs- und Bildungswegorientierung sollen als verbindliche Übung ab der
1. Klasse Hauptschule und AHS eingeführt, die individuelle Beratung hinsichtlich der
beruflichen Möglichkeiten und Arbeitsmarktchancen muss verbessert werden. Mädchen auch
für typische Männerberufe zu begeistern, muss dabei ein Schwerpunkt sein.


 

2) Gebührenfreies Nachholen des Hauptschulabschlusses für alle

Da das Risiko, arbeitslos zu werden, für Menschen ohne Schulabschluss besonders hoch ist,
muss in Zukunft sicher gestellt sein, dass diese Mindestvoraussetzung für den Berufseinstieg
kostenlos nachgeholt werden kann. Das heißt, die Kurskosten für die Vorbereitung auf die
Abschlussprüfung müssen durch die öffentliche Hand voll abgedeckt werden.
Darüber hinaus soll auch die Ablegung der Berufsreifeprüfung und der
Studienberechtigungsprüfung und die Vorbereitung darauf gebührenfrei werden. Dabei ist
eine direkte Förderung der Schülerinnen aber auch der Einrichtungen, die diese Kurse
anbieten, zu ermöglichen.

3) Ausbildungsgarantie für Jugendliche

Alle Jugendliche haben das Recht auf eine Lehrstelle oder einen Platz in einer
weiterführenden schulischen Ausbildung. Es darf deshalb kein Jugendlicher ohne
Ausbildungsplatz dastehen!

Das AMS muss mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um sowohl
persönliche Beratung als auch Qualifizierung zu garantieren. Jene Jugendlichen, die aufgrund
von sozialen oder sprachlichen Problemen oder Schul- oder Lehrabbrüchen Schwierigkeiten
haben, eine Lehrstelle oder einen schulischen Ausbildungsplatz zu finden, brauchen spezielle
Unterstützung. Zur Förderung der Lehrlingsausbildung soll auch die Möglichkeit geschaffen
werden, Vollzeitberufsschulen in Form von Schulversuchen nach §7 SchOG - wo regional
notwendig - zu erproben.

4) Lastenausgleich zwischen den Betrieben durch einen Lehrlingsfonds

Die Kosten für die Lehrlingsausbildung sind in Österreich zwischen den Unternehmen
ungerecht verteilt. Jene Betriebe, die keine Lehrlinge ausbilden, sollen in Zukunft einen
finanziellen Beitrag in einen Fonds einzahlen. Dieses Geld soll jenen Betrieben zugute
kommen, die Lehrlinge ausbilden. Der Lehrlingsfonds soll auch die Motivation der Betriebe
steigern, Lehrlinge auszubilden.

5) Einrichtung von regionalen Jugendbeschäftigungsgipfeln

Die jährliche Situation am Lehrstellenmarkt ist aus regionaler Perspektive am besten
abschätzbar, da Probleme vor Ort besser erkannt werden und Lösungen somit rascher erfolgen
können. Jugendbeschäftigung soll daher regional gefördert werden. Im Rahmen von
regionalen Jugendbeschäftigungsgipfeln mit VertreterInnen der Wirtschaft, der Schulen und
der Politik soll jährlich bis zur Jahresmitte die Lage am Arbeitsmarkt erhoben werden.
Angebot und Nachfrage müssen geprüft werden um frühzeitig etwaige Auffangmaßnahmen
zu beschließen.

 

6) Flexiblere Lehrlingsausbildung

Fundierte Grundkenntnisse und Spezialisierung dürfen in der Lehrlingsausbildung keinen
Gegensatz darstellen.

Dafür ist notwendig:

       Modularisierung der Ausbildung: Bei einem Modulsystem könnten die Lehrlinge neben
einem Basismodul mehrere Zusatzmodule ohne Verlängerung der Lehrzeit absolvieren.


Diese Zusatzmodule können auch in Partnerbetrieben abgelegt werden, die Verantwortung
für den Lehrabschluss bleibt jedoch beim ersten Lehrbetrieb.

    Verbund von Ausbildungsbetrieben: Wenn ein Betrieb nicht alle im Berufsbild
festgelegten Fertigkeiten und Kenntnisse vermitteln kann, wird Lehrlingen damit die
Möglichkeit geboten, einen Teil ihrer Ausbildung in einem Partnerbetrieb oder einer
überbetrieblichen Einrichtung (BFI, WIFI usw.) zu erwerben. Die bisher schon mögliche
Zusammenarbeit zwischen den Lehrbetrieben soll weiter ausgebaut werden.

       Einrichtung von Gruppenlehrberufen: Um Schmalspurlehrberufe mit geringen
Zukunftschancen zu vermeiden, sollen mehrere Lehrberufe zu einem Gruppenlehrberuf
zusammengefasst werden. Eine breite Basisausbildung mit anschließender Spezialisierung
ist hier das angestrebte Ziel.

7) Schaffung neuer Lehrberufe mit Zukunftsperspektive

Neue Lehrberufe müssen der Vielfältigkeit der neuen Berufsfelder entsprechen und
Fachkräfte hervorbringen, die sowohl über Theorie- als auch Praxiskompetenz verfugen.

8) Aufwertung der Berufsschulen - Schlüsselqualifikationen für alle BerufsschülerInnen

Berufsschulen dürfen nicht nur als theoretisches Beiwerk zur praktischen Lehre verstanden
werden. Zu den Schlüsselqualifikationen müssen auch rhetorische Kompetenz,
Bewerbungstraining, Teamarbeit, Mitarbeiterführung, Zeitmanagement, Konfliktlösung usw.
zählen. Diese Fähigkeiten können sowohl im Berufsschulunterricht integriert als auch in
speziellen Kurseinheiten erworben werden.

9) Beste Qualifizierung der AusbildnerInnen

AusbildnerInnen brauchen über ihre fachliche Qualifikation hinaus vor allem pädagogische
Fähigkeiten, um auch ein Vertrauensverhältnis mit den Lehrlingen aufbauen zu können. Bei
der Lehrlingsausbildnerprüfung müssen soziale Kompetenzen zukünftig eine größere Rolle
spielen. Zusätzlich müssen Weiterbildungsmaßnahmen für AusbildnerInnen in
Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden forciert werden, damit LehrerInnen über
aktualisierte Anforderungen und Veränderungen in der Arbeitswelt rasch informiert sind.

10) Besondere Ausbildungsqualität muss honoriert werden

Betriebe, die besonderen Wert auf qualitativ hochwertige Lehrlingsausbildung legen, sollen
auch die Möglichkeit bekommen, dies öffentlich darstellen zu können und dafür auch
Auszeichnungen erhalten.

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales