334/A(E) XXII. GP
Eingebracht am 10.02.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Jarolim, Heinzl
und GenossInnen
betreffend Rehabilitierung von Justizopfern des
Austrofaschismus
Die Verhängung von standgerichtlichen Todesurteilen gegen
demokratische Freiheitskämpfer
im Februar 1934 zählt zu den dunkelsten Kapiteln der österreichischen
Geschichte. Es gilt
auch heute noch, aus diesen tragischen Ereignissen die richtigen Lehren zu
ziehen. Dazu
gehört die uneingeschränkte Achtung und Verteidigung der demokratischen Werte,
der
Menschenrechte
und der Freiheit der Meinung des Andersdenkenden, aber auch die
konsequente
Ablehnung der Todesstrafe. Eine Lehre sollte aber auch sein, dass die Opfer
dieser Ereignisse endlich auch eine juristische Rehabilitierung erfahren.
Nach 1945 wurden die durch die NS-Justiz verurteilten Patrioten
und Widerstandskämpfer
nachträglich rehabilitiert. Im Zuge der Erhebung der Arbeiterschaft gegen die
Bedrohung der
Demokratie um den 12. Februar 1934 wurden 21 Standgerichtstodesurteile gefällt
und neun
sozialdemokratische
Funktionäre, nämlich Karl Münichreiter, Emil Swoboda, Ing. Georg
Weissei,
Alois Rauchenberger, Johann Hoys, Koloman Wallisch, Josef Stanek, Josef Ahrer
und
Anton Bulgari zum Teil trotz schwerer Verwundung und mehr als zweifelhafter
Anklage,
so
dass sogar Standgerichte vergebens Begnadigungen befürworteten, hingerichtet.
Standgerichtlich hingerichtet wurden in Holzleiten in Oberösterreich weitere
acht
Sozialdemokraten.
Zu diesen Opfern kommen noch zahlreiche andere von Standgerichten zu
lebenslangen
oder langjährigen Haftstrafen Verurteilte.
Professor Hugo Portisch stellt darüber hinaus in seiner
vielbeachteten Dokumentation
„Österreich I. Die unterschätzte
Republik" wörtlich fest:
„Aufgrund neuer Forschungen glaubt man, dass die Zahl der
Toten auf Seiten des
Schutzbundes und der Zivilbevölkerung eher bei 250 lag und bei der Exekutive
bei etwa 125.
Weit
über 1.000 Menschen seien verwundet worden. 7.823 Männer und Frauen wurden
allein
in
Wien während der Kämpfe und danach verhaftet und eingesperrt. In ganz Österreich
dürften
10.000 Sozialdemokraten festgenommen worden sein."
Die hingerichteten und mit Kerkerstrafen belegten
Persönlichkeiten haben aus politischer und
demokratischer Überzeugung für den Erhalt der Ersten Republik gekämpft. Ihr Tod
kam nicht
zuletzt auch durch die proklamierte Exempelstatuierung, wonach in jedem
Bundesland mit
Kampfhandlungen
wenigstens zwei Exekutionen zu erfolgen hatten, zustande.
In einer Zeit, in der zurecht verstärkt die Aufarbeitung
der Vergangenheit als eine
Voraussetzung für die Gestaltung der Zukunft angesehen wird, scheint es den
unterzeichneten
Abgeordneten in hohem Maße angebracht, zu einer politischen und juristischen
Aufarbeitung
des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes beizutragen und sich für eine Rehabilitierung
der Opfer
auch
dieses Regimes einzusetzen.
70 Jahre nach Erlassung der rechtswidrigen Terrorurteile
eines grausamen Unrechtsregimes
ist es hoch an der Zeit, den Opfern dieses Regimes, die für Demokratie und
Freiheit
eingestanden
sind, endlich Gerechtigkeit zukommen zu lassen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschliessungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschliessen:
„Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, in
geeigneter Bezugnahme auf die nach
1945 erfolgte Rehabilitierung der durch die NS-Justiz verurteilten Patrioten
und
Widerstandskämpfer nunmehr dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten,
durch
welchen auch eine Rehabilitierung der Justizopfer des Austrofaschismus
ermöglicht wird."
Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss