441/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 09.07.2004
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Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Franz Riepl

und Genossen

betreffend Chancengerechtigkeit für Frauen

 

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Pensionsalterserkenntnis 1990 erkannt, dass ein unterschiedliches Pensionsanfallsalter für Frauen und Männer verfassungswidrig ist.

Daraufhin wurden folgende Maßnahmen gesetzt:

·        Anhebung des Frauenpensionsalters ab 2019 schrittweise bis 2033 bis zur Erreichung eines gleichen Pensionsalters von Frauen und Männern durch Verfassungsgesetz

·        „Gleichbehandlungspaket" (arbeitsrechtliche Begleitmaßnahmen zur Pensionsreform: Mutterschutz-Beschäftigungsverbote; Gleichbehandlungsgesetz für den Bundesdienst; Teilzeitbeschäftigung arbeitsrechtlich gleichgestellt; Behaltepflicht nach Karenzurlaub, Einführung der Pflegefreistellung,...

·        Berichtspflicht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen

Die zentrale politische Vereinbarung bestand darin, dass ein gleiches Pensionsalter für Frauen und Männer dann gerechtfertigt ist, wenn die tatsächliche Gleichstellung der Frauen am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft erreicht ist. Bekanntlich sind erwerbstätige Frauen doppelt- und dreifachbelastet. Zentrales Ziel vieler Frauenorganisationen ist somit eine Umverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern, die erst die Voraussetzung für eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen in der Arbeitswelt und Gesellschaft ermöglichen.

 

Ein Teil der Gleichstellungsforderungen wie z.B. das Gleichbehandlungsgesetz für den Bundesdienst, die Kinderbetreuungsmillionen, die sozialversicherungsrechtliche Absicherung der geringfügig Beschäftigten, die Einführung der Pflegefreistellung, die Reform des Arbeitsmarktservice wurde im Zuge des Gleichbehandlungspakets und in den Jahren bis 2000 legistisch umgesetzt. Weitere Gleichbehandlungsschritte wie das Recht auf Teilzeitarbeit nach Karenz für alle ArbeitnehmerInnen wurden nur teilweise, die Absicherung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, oder Frauenförderung wurden noch gar nicht gesetzt.

 

Die tatsächliche Gleichstellung der Frauen kommt zum Ausdruck in

·        Einkommen

·        Beschäftigung

·        tatsächlicher Gleichbehandlung im Arbeitsleben (Einstufung, Qualifikation, Führungspositionen, Einstellung,...)

 

Wesentlich dafür ist die faktische Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Frauenförderung im Arbeitsleben.

Die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern (selbst hochgerechnet auf Vollzeitbeschäftigung) steigen weiter an. Die Frauenbeschäftigung steigt zwar kontinuierlich an, besteht aber vor allem in Teilzeitbeschäftigung und atypischer Beschäftigung.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie liegt nach wie vor im Argen!

Verfassungsrechtlich gesehen ist der zeitliche Abstand zwischen Frauen und Männerpensionsalter geschützt. Der Vertrauensschutz für diese Regelung besteht darin, dass erst über einen langen Übergangszeitraum Gleichstellungserfolge erzielbar sind. Der Vertrauensschutz bezieht sich auf die gesellschaftliche Position der Frauen generell und weniger auf einzelne Ansprüche. Faktisch liegen das Pensionsantrittsalter von Frauen und Männer nicht um 5 Jahre auseinander, sondern nur um l,5 Jahre, denn Frauen gehen tatsächlich nur um 1,5 Jahre früher in Pension als Männer.

Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt trifft Frauen deutlich früher als Männer, Frauen gelten am Arbeitsmarkt bereits mit 35(!) als alt. Ihre Arbeitsmarktchancen sind in jüngeren Jahren durch mögliche Mutterschaft beeinträchtigt.

Ein höheres Pensionsalter würde die altersbedingte Arbeitsmarktdiskriminierung nicht aufheben, sondern verlängern.

 

 

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass die Rahmenbedingungen für die Gleichstellung von Frauen weiter ausgebaut werden, insbesondere:

1)      Die Rücknahme der seit 2000 beschlossenen frauenpolitischen Verschlechterungen wie z.B. die Verschlechterungen in der Pensions- und Krankenversicherung, die Abschaffung des Weiterbildungsgeldes nach Karenz, die Einführung von Studiengebühren, die Kürzung der finanziellen Förderungen für Frauenprojekte u.s.w.

2)      Die Umsetzung der noch offenen Punkte aus dem Gleichbehandlungspaket 1993 wie z.B. der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit nach Karenz für alle ArbeitnehmerInnen und nicht beschränkt auf Unternehmen mit mehr als 20 MitarbeiterInnen sowie mit Rückkehrrecht auf Vollzeitarbeitsplatz, die Absicherung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, den Entfall der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe.

3)      Schaffung einer eigenständigen, existenzsichernden Alterssicherung für Frauen im Zuge der Harmonisierung der Pensionssysteme.

4)      Keine Anhebung des derzeit bestehenden Regelpensionsantrittsalter von Frauen vor Erreichen der tatsächlichen Gleichstellung in allen Gesellschaftsbereichen, frühestens zu dem im Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten festgesetzten Zeitpunkt.“

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gleichbehandlungsausschuss