787/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 13.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

betreffend verstärkte Berücksichtigung der Energiespar- und
Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht

Zur Erreichung des Kyoto-Klimaschutzziels sind auch Maßnahmen zur ökologischen
Modernisierung des Wohngebäudebestands notwendig. Die vom Ministerrat im Juni 2002
beschlossene Nationale Klimastrategie hält dazu u.a. fest:

„Der weitaus größte Raumwärmebedarf fällt in Gebäuden für Wohnzwecke an (ca. 75%).
Die Treibhausgas-Reduktionspotentiale können in diesem Bereich sowohl durch
ordnungspolitische Maßnahmen als auch durch zielgerichtete Anreizfinanzierungen
(Wohnbauförderung) sowie Änderung sonstiger Rahmenbedingungen mobilisiert werden. Um
das angestrebte Reduktionspotential von 1,6 Mio t CO2-Äquivalent pro Jahr durch (zusätzliche)
thermisch-energetische Sanierungsmaßnahmen erreichen zu können, muss über einen
Zeitraum von 10 Jahren die thermisch-energetische Sanierungsrate von (in den 90er Jahren)
etwa 1% auf zumindest 2% des Altbestandes angehoben, und eine Verknüpfung mit
energetischen Verbesserungen/Optimierungen vorgenommen werden.

(....)

Als Alternative oder als Ergänzung zum förderungspolitischen Ansatz eignet sich auch der Eingriff
über das Ordnungsrecht. So sind von verschärften bauordnungsrechtlichen
Wärmeschutzanforderungen bei Sanierung bestimmter Gebäudeteile bzw. für
Generalsanierungen der Gebäudehülle längerfristig erhebliche Energieeinsparungen zu
erwarten. Anreize für wärmetechnische Sanierungen im zivilrechtlichen Wohnrecht (§3 Abs. 2
Z 5 MRG; Ausschussfeststellung zu § 31 Abs. 1 WEG 2002) können ebenso dazu beitragen,
die Sanierungsraten auf das für die Erreichung der Klimaschutzziele erforderliche Ausmaß zu
erhöhen. Auch im Neubausektor wären die in der Wohnbauförderung bestehenden Anreize
im Hinblick auf Ökologie und Energieeinsparung weiter zu verstärken bzw. als
allgemeine Förderungsvoraussetzung zu gestatten, und besondere Anreize für
Niedrigstenergie- und Passivhäuser zu schaffen.

Im Regierungsübereinkommen findet sich dazu nur folgender allgemeiner Satz:

Thermisch-energetische Maßnahmen im Wohnhausbereich sind vor allem durch
entsprechende Umschichtungen innerhalb der Wohnbauförderung zu forcieren.

Der Raumwärmebereich stellt mit einem Reduktionspotential von ca. vier Mio
Tonnen CO2-Äquivalent einen wichtigen Bereich im Hinblick auf die Erreichung des
österreichischen Klimaschutzzieles dar.

Neben den ökologischen Aspekten sprechen vor allem beschäftigungs- und
wirtschaftspolitische Argumente für eine thermische Sanierungsoffensive.


Das WIFO schätzt das Investionsvolumen im Bereich der thermischen Sanierung zur
Erreichung des Kyoto-Ziels auf jährlich 530 Mio €. Bis 2010 wären insgesamt 5.109 Mio €
notwendig, was einen Aufwand von 2.044 Mio € an öffentlichen Mitteln allein für die
thermische Sanierung voraussetzt. Dies bedeutet auf Basis der derzeitigen Förderintensität
einen zusätzlichen jährlichen Förderaufwand von 200 Mio €.

Damit könnte die Sanierungsrate bis 2010 von den derzeitig 0,5% auf 2% erhöht, jährlich
750.000 t CO2-Emissionen und 120 Mio € Energiekosten eingespart werden. Außerdem
entstünden laut WIFO 11.400 Arbeitsplätze jährlich!

Eine weitere Anhebung der Sanierungsrate auf 3% bis 2015 würde so möglich.

Wohnrechtliche Ansatzpunkte

Neben den förderungsrechtlichen Möglichkeiten des Klimaschutzes erscheinen bau- und
wohnrechtliche Änderungen als Ergänzung erforderlich. In einer jüngst vorgelegten Studie
„Innovation und Klima" werden detaillierte Vorschläge zur Verbesserungen des Mietrechts
gemacht, um den Einsatz von Energieträgern und damit auch Emissionen zu verringern.

a)     Berücksichtigung des Energiebedarfs bei Bewertung von Gebäuden

Für die Bewertung von Liegenschaften (Ermittlung des Verkehrswertes) sind
Wertmittlungsverfahren anzuwenden, die dem jeweiligen Stand der Wissenschaft
entsprechen. Als solche Verfahren gelten das Vergleichswertverfahren, das
Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Die Immobilie soll durch niedrige
Betriebskosten eine Wertsteigerung erfahren. Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, den
Energiebedarf möglichst gering zu halten, wodurch wiederum die CO2 Emissionen sinken.
Eine sinnvolle Maßnahme für die Bewertung von Liegenschaften könnte es sein auch jene
Betriebskosten, die direkt vom Mieter oder Pächter zu bezahlen sind, in die Bewertung mit
einfließen zu lassen.

Dies könnte einen Trend in Richtung energiesparenderer Gebäude ergeben, da diese eine
bessere Bewertung bekommen Die Bewertung könnte nach einzelnen gesellschaftspolitisch
relevanten Werten (CO2 Emissionen, Energiebedarf eines Gebäudes,...) durchgeführt
werden.

Die Bewertung könnte z.B. durch die Kombination der Errichtungskosten mit den
Betriebskosten auf einen bestimmten Zeitraum erfolgen. Diese Aspekte sollten in der
Honorarnote für die Gebäudebewertung berücksichtigt werden.

b)  MRG ... Mietrechtsgesetz:

Im Mietrechtsgesetz werden wärmedämmende Investitionen als Erhaltungsmaßnahmen
definiert und zählen damit zu der mietrechtlichen Erhaltungspflicht des Vermieters. Zur
Finanzierung kann der Mietzins bei bestehenden Mietverträgen erhöht werden.
Erhaltungsmaßnahmen können bei Untätigkeit des Vermieters auch durch die Mehrheit der
Mieter erzwungen werden.

Hemmnisse für die thermische Sanierung von Mietwohnungen sind derzeit unklare Kriterien
im Mieterhöhungsverfahren. Für die Erhöhung ist eine Entscheidung der Schlichtungsstelle
oder des Gerichts notwendig. Eine Erhöhung für wärmedämmende Sanierung ist nur dann
möglich, wenn die hierfür erforderlichen Kosten in einem wirtschaftlichen Verhältnis zu den
erwarteten Einsparungen stehen. Die Definition für den Wirtschaftlichkeits- und
Kosten/Nutzen Vergleich ist weitgehend unklar. Hier sollte der Gesetzgeber klarer
formulieren.


Spekulative Gründe, wie hohe Renditen durch Vermietung von abgewohnten Häusern an
ausländische Mitbürger oder hohe Grundkostensteigerung im dicht bebauten Gebiet sind
oft Gründe für unterlassene Sanierungsmaßnahmen. Hier könnte eine verpflichtende
thermische Sanierung (nach Abnützung oder Energiekennwerte) ähnlich der Einführung
des Katalysators Abhilfe schaffen.

Die meisten Mietwohnungen der Bauperiode von 1945 bis 1980 („kritische Periode") stehen
im Eigentum von Gemeinden oder sonstigen Gebietskörperschaften und werden zum
überwiegenden Anteil an einkommensschwächere Familien vermietet. Eine zusätzliche
Mietenanhebung zur Finanzierung der Wärmedämminvestitionen stellt ein soziales Problem
dar, über niedrigere Betriebskosten würde dies jedoch ausgeglichen. Darüber hinaus kann
durch Wohnbeihilfen ein Ausgleich erzielt werden.

c)  WGG ... Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz:

Im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zählen wärmedämmende Sanierungskosten, wie
beim MRG zu Erhaltungsarbeiten und es besteht ein Antragsrecht der Mehrheit der Mieter
für derartige Investitionen. Die Rahmenbedingungen zur Durchführung von
wärmedämmenden Maßnahmen sind durch die Zweckbindung von Erhaltungs- und
Verbesserungsbeiträge günstiger als bei privaten Mietswohnungshäusern.

d)  WEG... Wohnungseigentumsgesetz:

Im WEG ist die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile undAnlagen der
Liegenschaften im Sinn des § 3 MRG definiert. Damit sind wärmedämmende Maßnahmen
auch Erhaltungsmaßnahmen gleichzusetzen. Für die Durchführung von
Erhaltungsmaßnahmen und Verbesserungsarbeiten ist die Mehrheit der
Wohnungseigentümer entscheidend.

Hemmnisse für die thermische Sanierung von Eigentumswohnungen sind
Eigentumswohnungen sind oft vermietet und die vermietenden Eigentümer kümmern sich
meist kaum um die Angelegenheiten des Hauses, weil sie nicht direkt betroffen sind. Sie
entscheiden aber genauso über Erhaltungsmaßnahmen und Verbesserungsarbeiten mit.
Wohnungseigentümer wollen die laufenden Kosten möglichst gering halten und
entscheiden sich deshalb für niedrige Beiträge zur Reparaturrücklage, die nur für die
laufend anfallenden Erhaltungsarbeiten ausreicht. Für zusätzliche Verbesserungsarbeiten
(Wärmedämmung) müsste der monatliche Beitrag erhöht werden, eine solche Erhöhung
erfordert aber einen Mehrheitsbeschluss. Mangelndes Know How und wenig informierte
Hausverwaltungen tragen nicht zu einer Verbesserung der Wärmedämminvestitionen bei
Wohnungseigentumshäusern bei.

Hier könnte eine verpflichtende Qualifikation für Hausverwaltungen ab einer gewissen
Objektgröße eine sinnvolle Gegenmaßnahme sein.

Zusammenfassung

Die drei Wohnrechtsgesetze (Mietrechtsgesetz MRG, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz

WGG   und   Wohnungseigentumsgesetz   WEG)   spielen   bei   der   Durchführung   von

Sanierungen eine wichtige  Rolle.  Es fehlt vor allem  an wirksamen und zwingenden

Vorschriften (ähnlich Neubau), die bestimmte Standards bzgl. des Energiebedarfs eines

Gebäudes vorschreiben. Dies sollte mit der BauRL 6 (Umsetzung der EU Gebäuderichtlinie)

fixiert werden.

Anzudenken wäre eine „zwingende Sanierung" (nach Energiekennwerten) ähnlich der

Einführung des Katalysators beim PKW, oder die Vorschrift einen gewissen Prozentsatz der


Rücklagen für thermische und Anlagensanierung (auf in BauRL 6 (Umsetzung der EU
Gebäuderichtlinie) festgelegten Energiebedarf) zu verwenden.

Problematisch sind Gebäude mit geteilten Eigentumsverhältnissen (Mietkauf), wo MRG und
MEG gemeinsam gelten. Hier müsste mit besonderen legistischen Instrumenten agiert
werden, um Sanierungen voranzutreiben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Hinblick auf Energieeinsparungen und
der Erreichung des Kyoto-Klimaschutzziels rasch entsprechende förderungs-, bau-
und wohnrechtliche Maßnahmen umzusetzen, um die Rahmenbedingungen für eine
Intensivierung und Ausweitung von Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen im
Bereich der Wohngebäude zu schaffen bzw. zu verbessern und dadurch die
Sanierungsrate bis 2010 auf mindestens 2% anzuheben.
In der Folge sollte als Ziel die Anhebung auf 3% bis 2015 angestrebt werden.

Im Zuge der nächsten Novellierungen von MRG, WOG und WEG (bzw. in einem
neuen Gebäudebewirtschaftungs-Gesetz) werden die folgenden Aspekte
berücksichtigt:

         Klarere Ausgestaltung des Begriffs der Erhaltungsmaßnahme nach § 3 (2) Z 5
MRG   unter   Berücksichtigung   der  neueren   oberstgerichtlichen   Judikatur
(thermische Sanierung wird als ortsübliche Erhaltungsmaßnahme definiert);

         Verbesserung    der   ökonomischen    Grundlage   für   die    Sanierung    im
Wohnungseigentum (Präzisierung des Begriffs „angemessene Rücklage" im
WEG);

         Verlängerung der Refinanzierungszeiträume bei erhöhtem Mietzins im MRG
bzw.  erhöhtem Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag im WGG (dzt.  10
Jahre).

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuß vorgeschlagen.