83/A(E) XXII. GP

Eingebracht am 26.03.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Gabriele Heinisch-Hosek, Dr. Jarolim, Lackner
und Genossinnen

betreffend Berichte nach Änderung der „Suchtgift- Grenzmengenverordnung" und
des „Suchtmittelgesetzes (SMG)"

Mit 1. Juni 2001 ist die Änderung der sog. „Grenzmengenverordnung" in Kraft
getreten, dieser Änderung folgten im Jahr 2001 weitere Verschärfungen im
Suchtmittelgesetz, wie beispielweise:

o   Eine möglichst frühzeitige Überprüfung einer vermuteten oder vom Täter
selbst behaupteten Suchtmittelabhängigkeit (§§ 27, 28 SMG). Der Täter,
welcher der Beschaffungskriminalität verdächtigt ist, soll sich nicht auf eine
Suchtmittelabhängigkeit berufen können, die in Wahrheit nicht vorliegt, so die
damalige Argumentation der Blau-Schwarzen Mehrheit im Nationalrat.

o   Die Strafandrohung für das schwerste Verbrechen nach dem

Suchtmittelgesetz - SMG (§ 28 Abs. 5) wurde auf lebenslange Freiheitsstrafe
ausgedehnt. Davon betroffen sind Drogenhändler, die in einer Verbindung
einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung des Drogenhandels mit
einer großen Menge Suchgift führend tätig sind.

o   Weiters eine differenziertere Handhabung der probeweisen

Anzeigenrücklegung (§ 35 SMG), wenn der Täter innerhalb offener Probezeit
erneut wegen Erwerbs oder Besitzes einer geringen Menge Suchtmittel zum
eigenen Gebrauch angezeigt wird.

Auch das Bundesministerium für Justiz war an der Änderung der „Suchtgift-
Grenzmengenverordnung" des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und
Generationen beteiligt. Diese Verordnung ist für die Gerichte wesentlich, da in den
Strafbestimmungen des Suchtmittelgesetzes auf diese Grenzmengen verwiesen wird
und sich daran insbesondere der Strafrahmen orientiert bzw. Anordnungen von
„Therapie statt Strafe". Entsprechend dem damaligen Regierungsvorhaben wurde die
Grenzmenge für Heroin von bisher fünf Gramm auf drei Gramm abgesenkt.
Seit 1. Juni 2001 ist diese neue Regelung in Kraft. Daraus ergibt sich, dass ab 1.
Juni 2001 Personen nach § 28 SMG angezeigt werden konnten, deren Strafbestand
bis dahin unter § 27 SMG geregelt war. Das was früher ein „Vergehen" war, wurde
damit zu einem „Verbrechen", von einem Strafverfahren konnte nicht mehr
abgesehen werden (Strafe statt Therapie!).

Bereits der Entwurf zur Änderung zur "Suchtgift Grenzmengenverordnung"
(Herabsenkung der Grenzmenge bei Heroin von fünf Gramm auf drei Gramm) wurde
von den meisten Experten und allen 9 Bundesländern absolut abgelehnt. Mit der
vorgenommen Senkung der Grenzmenge auf drei Gramm wurde der Personenkreis,
der "Therapie statt Strafe" erhalten kann, massiv eingeschränkt. Dies führte - wie
jetzt nachgewiesen wurde - zu einer verstärkten Kriminalisierung von


suchtgiftkranken Personen. Insgesamt widersprach dies massiv den bisherigen
Intentionen der österreichischen Drogenpolitik.

Die verstärkte Kriminalisierung von Suchtgiftkranken führt zur sozialen Desintegration
der Betroffenen und vermindert deren Chancen auf Rehabilitation. Die Änderung
steht daher im krassen Gegensatz zu allen Maßnahmen, die in Österreich seit vielen
Jahren erfolgreich zur Stabilisierung der Drogenproblematik beigetragen hat.

Die Folgen waren absehbar und wurden in jüngster Zeit eindeutig bestätigt: Die
Verschärfung des Suchtmittelrechts führte zu mehr Anzeigen, U-Haftverhängungen
und Verurteilungen mit Haft. Durch die Herabsenkung der Strafmündigkeit waren
insbesondere „junge Erwachsene" betroffen. Dies wurde am 17.03.03 sogar vom
Justizministerium und vom Bundesminister selbst bestätigt. Grund dafür, dass
Österreichs Gefängnisse voll sind, seien vor allem die Verhaftungen wegen
Drogenkonsums. Diese sind von 2000 bis September 2002 um 60 % gestiegen. Die
Zunahme betrafen in ersten Linie Jugendliche ( plus 60 %) und junge Erwachsene
zwischen 18 und 21 Jahren (plus 35 %).

Diese Entwicklung bei den Haftzahlen hat sich diese Bundesregierung und
somit der Justizminister daher selbst zuzuschreiben. Law und Order-
Philosophie in der Drogenpolitik führt zu Kriminalisierung und damit auch zu
steigenden Häftlingszahlen.

Die ehemals gültige Grenzmenge von Heroin bei 5,0 g lag dem Richtwert des
Gutachtens des Beirates zur Bekämpfung des Missbrauchs von Alkohol und anderen
Suchtmitteln aus dem Jahre 1985 zu Grunde sowie den Anforderungen des § 28
SMG nach einer ausgewogenen Berücksichtigung sowohl kriminalpolitischer als auch
gesundheitspolitischer Überlegungen.

Die sogenannte "Grenzmenge" ist die Untergrenze, ab der eine Suchtgiftmenge als
"große Menge" gilt und bildet die Trennmenge zwischen leichteren und schweren
Suchtgiftdelikten. Es stellt darüber hinaus aber auch die quantifizierte Trennlinie für
den gesamten gesundheitspolitischen Aktionsbereich dar, die das Suchtmittelgesetz
unterhalb dieser Grenzmenge für Suchtmittelkonsumenten aber auch für
Suchtgiftkranke (besonders für junge Menschen) eröffnet.

Eine Resozialisierung von Suchtgiftkranken wird allerdings durch gerichtliche
Vorstrafen erschwert, wenn nicht manche dadurch überhaupt entmutigt werden, was
letztendlich zu weiteren öffentlichen Kosten führt. Damit wurde jedenfalls der
bisherigen gesundheitspolitischen Intention des Suchtmittelgesetzes, die der Sucht
als Krankheit im psychosozialen Kontext durch den Weg "Therapie statt Strafen"
Rechnung trägt, die nur bei Suchtgiftdelinquenz unterhalb der "großen Menge" zum
Tragen kommt, nicht mehr entsprochen.

Allen gesundheitspolitischen Interessen widersprechend war auch die Begründung
für diese Änderung: Es wurde nämlich als Grund für die Senkung der Grenzmenge
für Heroin die im ersten Regierungsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ
formulierte "Absenkung der erlaubten Grenzmengen" zitiert. Auch die Zitierung einer
OGH Entscheidung war verfehlt, da diese Judikatur von 1997 zum damals geltenden
Suchtgiftgesetz ergangen ist und eben bei dieser Judikatur bei Erstellung der
Grenzmengenregelung im Jahr 1997 nicht gefolgt wurde.


Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher den nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert

1. einen Bericht für die Zeiträume von 1 Juni 2001 bis 31 .Dezmber 2001 sowie
1.Jänner 2002 bis 31.Dezember 2002 vorzulegen, der alle Anzeigen nach dem
SMG, U-Haftverhängungen, Freisprüche, SMG-Verurteilungen sowie Haftstrafen
(jeweils nach Alter der Täter gegliedert) beinhaltet,

2. einen Bericht mit den entsprechenden Zahlen nach Ziffer 1 für die Zeiträume
1. Juni 1999 bis 31.Dezember 1999
1. Juni 2000 bis 31.Dezember 2000
1. Jänner 1999 bis 31.Dezember 1999
1. Jänner 2000 bis 31.Dezember 2000
1. Jänner 2001 bis 31.Dezember 2001
vorzulegen,

3. die Anzahl der angeordneten gesundheitlichen Massnahmen (Therapie statt
Strafe) sowie nach dem SMG für die in Ziffer 1 und Ziffer 2 genannten Zeiträume
in diesen Berichten mitzuteilen, sowie

4. die ausschliesslich durch die Änderung der Suchtgiftgrenzmengenverordnung
veranlassten Anzeigen und rechtskräftigen Verurteilungen nach dem SMG für die
Zeiträume nach Ziffer 1 den Berichten anzuschließen."

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss