111/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.04.2003
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Anfragebeantwortung

Bundeskanzler

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Stadlbauer und GenossInnen haben am
13. Februar 2003 unter der Nr. 110/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend Angelobungsfeier am 7. Februar 2003 in Linz gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1, 3 und 4:

Die Beantwortung dieser Fragen ist nicht Gegenstand der Vollziehung.

Zu Frage 2:

Bei den Diskussionen im EU-Konvent geht es freilich nicht um die „Aufgabe der Neu-
tralität", wie dies in ihrer Anfrage angedeutet wird, sondern - was den Bereich der
europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik betrifft - um die vorbehaltslose
Analyse der gegenwärtigen ESVP und die effiziente Weiterentwicklung des gemein-
samen Instrumentariums. Ich möchte nachstehend zu Ihrer Information einige we-
sentliche Punkte aus diesem Kapitel erwähnen.

Im Rahmen der Konventsdiskussionen widmete sich eine eigene Arbeitsgruppe (VIII
„Verteidigung") speziell den Fragen der europäischen Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik und der Weiterentwicklung der ESVP. Seit 16. Dezember 2002 liegt
bereits der Schlußbericht dieser Gruppe vor (CONV 461/02), der auf knapp 30 Seiten
eine Analyse der gegenwärtigen Herausforderungen anstellt und in seinem zweiten
Teil auch Empfehlungen der Gruppe enthält.

Nach diesem Schlußbericht fand in der Gruppe eine Klausel weitgehend positive Auf-
nahme, nach der sich der Grundsatz der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten,
der in Art. 1 des Verfassungsvertrags verankert werden soll, weiter ausführen ließe.
Gemäß dieser Klausel könnten für Maßnahmen im Gebiet der Union, die insbeson-
dere dazu dienen, terroristische Anschläge zu verhindern, die Zivilbevölkerung und
die demokratischen Institutionen zu schützen und einen Mitgliedstaat auf dessen
Hoheitsgebiet gegebenenfalls bei der Bewältigung der Folgen eines terroristischen


Anschlags zu unterstützen, sämtliche der Union zur Verfügung stehende Instrumente
mobilisiert werden. Somit ginge es darum, den interdisziplinären Charakter des Uni-
onsansatzes zu nutzen, um auf die neuen Herausforderungen wirksam zu reagieren.
Diese Klausel wäre keine kollektive Verteidigungsklausel, die zu militärischem Bei-
stand verpflichtet.

Einige Mitglieder der Gruppe schlugen vor, daß das Konzept der Solidarität in einer
umfassenderen Klausel über die Solidarität und die gemeinsame Sicherheit zum
Ausdruck gebracht werden sollte, die im Verfassungsvertrag verankert würde. Da-
raus resultiere eine Fortentwicklung der EU zu einer Sicherheits- und Verteidigungs-
union.

Mehrere Mitglieder der Gruppe schlugen schließlich eine Klausel der kollektiven Ver-
teidigung vor. In diesem Zusammenhang wurde auch angeregt, daß es den Mitglied-
staaten, die dies wünschen, möglich sein sollte, die im Brüsseler Vertrag verankerten
Verpflichtungen zum gegenseitigen Beistand zu übernehmen, was das Ende der
Westeuropäischen Union bedeuten würde.

An diesen Varianten, die als Ergebnis der Diskussionen in der Arbeitsgruppe VIII des
EU-Konvents genannt werden, zeigt sich auch, daß die Diskussionen derzeit noch im
Fluß sind. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form die verschiedenen Empfehlungen
der Gruppe VIII „Verteidigung" Eingang in den Vorschlag für entsprechende Verfas-
sungsartikel des Präsidiums finden werden bzw. wie dann das Ergebnis der Beratun-
gen durch das Plenum aussehen wird. Erst nach Vorliegen eines derartigen Ergeb-
nisses werden Rückschlüsse auf die österreichische Situation möglich sein.