122/AB XXII. GP
Eingelangt am 14.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfragebeantwortung
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag.
Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage
betreffend „Bericht des Europäischen Amtes
für Betrugsbekämpfung (OLAF und Österreich)" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu1:
Wie bereits in der Anfragebegründung und
in dem Vorwort des Generaldirektors
Franz-Hermann Brüner zum dritten Tätigkeitsbericht des Europäischen Amtes für
Betrugsbekämpfung (OLAF) ausgeführt, besteht die Haupttätigkeit von OLAF in der
Durchführung und Koordinierung von Betrugsbekämpfungsmaßnahmen zum Schutz
des Gemeinschaftshaushalts sowie von Untersuchungen über Betrugsfälle und
sonstige illegale Tätigkeiten in den EU-Organen und EU-Einrichtungen. In diesem
Umfang kooperiert OLAF in erster Linie mit den für die Verfolgung von
Finanzverge-
hen nach dem Finanzstrafgesetz zuständigen Behörden und Organen der Bundesfi-
nanzverwaltung (§ 197 FinStrG) und - soweit es zur Einleitung von gerichtlichen
Strafverfahren kommt - auch mit den staatsanwaltschaftlichen Behörden und Ge-
richten. Österreich ist - als Nettozahler - an einer wirksamen und effizienten
Verfol-
gung von strafbaren Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Ge-
meinschaft interessiert und unterstützt daher die Arbeit von OLAF auch in
personel-
ler Hinsicht, indem seit geraumer Zeit eine Richteramtsanwärterin für OLAF im
Be-
reich Magistrates, Judicial Advice und Follow up tätig ist. Über meine
Einladung hat
der Generaldirektor Franz-Hermann Brüner im Februar dieses Jahres Österreich
be-
sucht, hat beim Strafrechtsseminar in
Ottenstein einen Vortrag gehalten und ist mit
Beamten des Bundesministeriums für Justiz zu einem Arbeitsgespräch zusammen-
getroffen.
Zu 2 bis 23. 27 und 28. 35 bis 39 sowie 41 und 42:
Diese
Fragen betreffen Angelegenheiten, die der Zuständigkeit des Bundesministe-
riums für Finanzen unterliegen; ich verweise daher auf die Anfragebeantwortung
des
Herrn Bundesministers für Finanzen zur ZI. 119/J-NR/2003
Zu 24 bis 26:
Strafverfahren, die auf Meldungen von OLAF oder UCLAF beruhen, werden weder
vom Bundesministerium für Justiz noch von
den Staatsanwaltschaften oder den Ge-
richten statistisch gesondert erfasst. Eine systematische Auswertung der bei
den
Staatsanwaltschaften in den letzten Jahren anhängig gewordenen und in Betracht
kommenden Strafverfahren auf einen Bezug zu OLAF bzw. zu UCLAF ist wegen des
damit verbundenen wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Aufwandes und der be-
grenzt vorhandenen Ressourcen nicht möglich. Die mir vorliegenden Berichte zu
den bei den Staatsanwaltschaften bekannten Einzelfällen können daher nur einen
groben Überblick über die in der Anfrage relevierten Strafverfahren
verschaffen.
Die Staatsanwaltschaften berichteten über
24 inländische Strafverfahren mit OLAF-
bzw. UCLAF-Bezug. Bei diesen Verfahren handelt es sich zum weit überwiegenden
Teil um Finanzstrafverfahren. In elf dieser Fälle liegen bereits rechtskräftige
Urteile
vor, wobei in zehn Verfahren ein Schuldspruch erfolgte und ein Verfahren mit
Frei-
spruch endete.
In diesem Zusammenhang ist darauf
hinzuweisen, dass die Antworten des Bundes-
ministers für Finanzen zu diesen (gleichlautenden) Punkten der an ihn
gerichteten
Anfrage schon deshalb abweichen könnten, weil von den Finanzbehörden unter nur
einer Aktenzahl angezeigte Fälle von den Justizbehörden nach den Bestimmungen
der Strafprozessordnung unter bestimmten Umständen abgesondert verhandelt und
andere, von den Finanzstrafbehörden getrennt zur Anzeige gebrachte
Sachverhalte,
gegebenenfalls verbunden werden.
Zu 29 bis 31:
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) ist eine
verwaltungsbehördli-
che Einrichtung und arbeitet in erster Linie mit den nationalen
Ermittlungsbehörden
zusammen. Ich erlaube mir daher auf die
Anfragebeantwortung des Herrn Bundes-
ministers für Finanzen zur ZI. 119/J-NR/2003 zu verweisen.
Zu 32 bis 34:
Gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG)
Nr. 1073/1999 des Europäischen Par-
laments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäi-
schen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) ist der Direktor des Amtes
verpflichtet,
die bei internen Untersuchungen vom Amt eingeholten Informationen über gegebe-
nenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen den Justizbehörden des
betreffen-
den Mitgliedstaates zu übermitteln. Bei Informationen, die das Amt im Laufe
externer
Untersuchungen erlangt hat, besteht gemäß Art. 10 Abs. 1 leg. cit. die
Möglichkeit,
die zuständigen Behörden des Mitgliedstaates davon in Kenntnis zu setzen.
Nach den dem Bundesministerium für Justiz
zur Verfügung stehenden Informatio-
nen, die - wie erwähnt - mangels statistischer Aufzeichnungen auf
möglicherweise
unvollständigen Berichten der Staatsanwaltschaften beruhen, wurden bislang
keine
direkten Anzeigen von OLAF bzw. UCLAF an Staatsanwaltschaften in Österreich
übermittelt.
Zu 40:
Insgesamt haben aus dem Kreis österreichischer Richterinnen und Richter, Staats-
anwältinnen und Staatsanwälte sowie
Richteramtsanwärterinnen und Richteramts-
anwärter bislang 40 Personen Fortbildungsmaßnahmen von OLAF bzw. seiner Vor-
gängerorganisation UCLAF besucht. Es handelte sich dabei um Seminare zu den
Themen „Koordinierung der Betrugsbekämpfung der Europäischen Kommission"
und
„Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und Betrugsbekämp-
fung".
Zu 43:
Der Schutz der finanziellen Interessen obliegt in erster Linie dem Bundesminister für
Finanzen; ich verweise daher auf seine
Anfragebeantwortung. Der Beitrag der Justiz
kann nur in einer glaubwürdigen, wirksamen und abschreckenden Verfolgung von
Betrugsfällen bestehen. Darauf werde ich - wie in anderen schweren
Kriminalitäts-
bereichen - weiter hinwirken.
Zu 44:
Das Arbeitsprogramm von OLAF für das Jahr
2003 betrifft keinen Bereich der Voll-
ziehung meines Ressorts. Es handelt sich bei OLAF um eine Dienststelle der Kom-
mission, jedoch mit operativer Unabhängigkeit, einem eigenen Haushalt und einer
eigenen Verwaltung.
Zu 45 und 46:
Die Befugnisse von OLAF sind - unter Berücksichtigung der Ermittlungsbefugnisse
nationaler Dienststellen - als ausreichend zu beurteilen.
In den Schlussfolgerungen
des Rates zum zweiten Tätigkeitsbericht von OLAF wurde allerdings festgehalten,
dass weitere Anstrengungen zu unternehmen sind, um eine effiziente Kontrolle
von
OLAF bei der Durchführung interner Untersuchungen (in EU- Organen und EU- Ein-
richtungen) zu gewährleisten. Dieser Auftrag wird von mir unterstützt, weil mir
die
Bekämpfung von Korruption und anderen Bereichen der Schattenwirtschaft ein be-
sonderes Anliegen ist.
Zu 47:
Mit dem Beschluss des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von
EUROJUST zur Verstärkung der Bekämpfung schwerer
Kriminalität (ABI. L 63/1 vom
6.3. 2002) hat auf europäischer Ebene erst vor kurzem eine (justizielle)
Einrichtung
ihre Tätigkeit zur Koordinierung der Ermittlungen der nationalen
Staatsanwaltschaf-
ten aufgenommen. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Justiz sollten in
Über-
einstimmung mit Punkt 5. des Regierungsprogramms vorerst die Erfahrungen im Zu-
sammenhang mit der Tätigkeit dieser Behörde abgewartet und der allfällige
Bedarf
nach einer verstärkten Zentralisierung der Strafverfolgung analysiert werden.
Gege-
benenfalls sollte jedenfalls einer Weiterentwicklung von EUROJUST
(Initiativermitt-
lungsrecht) der Vorrang gegenüber der Schaffung einer „Europäischen Staatsan-
waltschaft" als supranationale Anklagebehörde eingeräumt werden.