1272/AB XXII. GP
Eingelangt am 19.02.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundesministerium
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin
Lichtenberger, Kolleginnen und Kol-
legen vom 19. Dezember 2003, Nr. 1264/J, betreffend zielführende und
verursachergerechte
Maßnahmen zur Reduktion der Staubbelastung im oberösterreichischen Zentralraum,
beeh-
re ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu Frage 1:
Die Statuserhebung für das Jahr 1999
bezieht sich auf Überschreitungen des Grenzwerts für
Schwebestaub als Tagesmittelwert an den drei Stationen Linz-ORF-Zentrum, Linz-24er-
Turm und Steyregg-Weih am 25. Jänner 1999. Als wahrscheinliche Verursacher
wurden in
der Statuserhebung Anlagen der Agrolinz Melamin und der Voest identifiziert.
Die Status-
erhebung verwies auf geplante bzw. bescheidmäßig bereits angeordnete Maßnahmen
bei
diesen Anlagen (Außerbetriebnahme des Löschturms 1 Ende 1999,
emissionsmindernde
Maßnahmen beim Stahlwerk LD3, Errichtung einer Gießhallenentstaubung für die HO
5 und
6 bis 2005/06, Projekt Optimierung Düngemittelproduktion), die die
Staubemissionen erheb-
lich senken würden.
Zu Frage 2:
Das Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
(BMLFUW) hat zur Statuserhebung für das Jahr 1999 folgende Stellungnahme
abgegeben
(Auszug):
„Das ho. Ressort teilt die Auffassung, dass die derzeitigen
Staubemissionen insbesondere
der Industrie im Raum Linz im Zusammenwirken mit ungünstigen meteorologischen
Bedin-
gungen zu Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte für Schwebestaub maßgeblich
bei-
tragen. Dies bedeutet, dass auch in Zukunft bei bestimmten meteorologischen
Gegebenhei-
ten mit dem Auftreten erhöhter Schwebestaubbelastungen zu rechnen ist, wenn
keine ent-
sprechenden Maßnahmen gesetzt werden. Für das BMLFUW stellt sich daher die
Frage, ob
seitens des Landes OÖ die auf Seite 7f der Statuserhebung genannten, bereits
eingeleiteten
bzw. umgesetzten Maßnahmen für ausreichend angesehen werden, um eine
Überschreitung
des IG-L-Grenzwerts für Schwebestaub in Zukunft zu verhindern, bzw. welche
zusätzlichen
Maßnahmen vorgesehen sind, wenn die bereits bekannten Maßnahmen nicht
ausreichen,
um eine neuerliche Überschreitung zu verhindern."
Zu Frage 3:
Die Statuserhebung für das Jahr 2002
bezieht sich auf Überschreitungen des Grenzwerts für
PM10 (Feinstaub) als Tagesmittelwert an mehreren Messstellen im
Ballungsraum Linz, die
über die laut Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) zulässige Anzahl von 35
Überschreitungen
pro Kalenderjahr hinausgingen. Als Hauptemittenten wurden die voestalpine Stahl
GmbH mit
57% und der Verkehr mit 35% identifiziert, mit 8% spielten die übrigen
Emittenten (Chemie,
Fernheizwerk, Hausbrand) eine untergeordnete Rolle. Als Maßnahmen zur Minderung
der
Staubemissionen wurden Minderungsmaßnahmen im Bereich der voestalpine Stahl
GmbH
und im Bereich Verkehr sowie Maßnahmen zur Minderung der NOX- und SO2-Emissionen,
aus denen Feinstaub sekundär gebildet wird, identifiziert. Als Sanierungsgebiet
wurde das
Stadtgebiet von Linz mit Ausnahme einiger Katastralgemeinden und das
Stadtgebiet von
Steyregg genannt.
Zu Frage 4:
Das BMLFUW hat zur Statuserhebung für das Jahr 2002 eine
Stellungnahme abgegeben, in
der angeregt wurde, auch hohe Quellen und den Off road Bereich im Verkehr in
die Analyse
einzubeziehen sowie zu begründen, warum das potentielle Sanierungsgebiet so eng
einge-
grenzt wurde.
Zu Frage 5:
Es liegt mir derzeit noch kein
Jahresbericht für 2003 vor, in den Monatsberichten wurden an
mehreren Messstellen Überschreitungen des PM10-Grenzwerts als
Tagesmittelwert ausge-
wiesen.
Zu den Fragen 6 bis 12:
Die Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich
ordnet an, dass die voest-
alpine Stahl GmbH emissionsmindernde Maßnahmen im Bereich der Sinteranlage, des
Hochofens A, der Hochöfen 4, 5 und 6 sowie des Stahlwerks zu setzen hat, so
dass sie ab
1. Jänner 2007 höchstens 887 Tonnen Schwebestaub, davon 696 Tonnen PM10
pro Jahr
emittiert. Da die voestalpine Stahl GmbH in der Statuserhebung als
Hauptverursacher mit
einem Anteil von 57% an den Gesamtemissionen identifiziert wurde, sind gemäß
dem Verur-
sacherprinzip bei der voestalpine Stahl GmbH jedenfalls Maßnahmen zu setzen.
Das BMLFUW als federführendes Ressort für die
Bundesstellungnahme zur Verordnung des
Landeshauptmannes von Oberösterreich hat dazu folgendermaßen Stellung genommen:
„Grundsätzlich stimmt der Bund mit der OÖ
Landesregierung überein, dass die Staub-
Emissionen der VA Stahl Gegenstand von Maßnahmen sein müssen, da sie 57 % der
Pri-
märemissionen in Linz darstellen. Eine Reduktion von mindestens 60 % ist als
erster Schritt
sehr zu begrüßen, es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass weitere
Reduktionen
notwendig sein werden.
Nicht ganz nachvollziehbar ist allerdings, dass die
zweitgrößte Emissionsquelle (Verkehr) in
Linz mit immerhin 35 % Anteil gar nicht berücksichtigt wurde. Die üblichen GW-
Überschreitungen von PM10
treten bei winterlichen Inversionswetterlagen auf, die zeitgleich
mit erhöhten Emissionen durch Streusplitt auftreten. Es ist daher davon
auszugehen, dass
an Tagen mit GW-Überschreitungen der Beitrag des Verkehrs (deutlich?) höher ist
als es
dem 35 %-Anteil an den Jahresemissionen entspricht. Insbesondere langfristige
Maßnah-
men zur generellen Reduktion des Stadtverkehrs und Reduktion von
Winterstreuungen wä-
ren in Betracht zu ziehen.
Bei Neuerrichtungen und Leistungssteigerungen in der
Verkehrsinfrastruktur wäre eine Be-
wertung und Auswahl hinsichtlich der Vermeidung und Reduktion der PM10
Belastung für die
Stadtgebiete Linz und Steyregg naheliegend und deshalb zu empfehlen."
Da weder die Statuserhebung noch die
Erläuterungen zur Verordnung Angaben zu den Kos-
ten der Maßnahmen für die voestalpine Stahl GmbH enthalten, liegen mir keine
Informatio-
nen über die Kosten der Maßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit vor. Da vom OÖ
Lan-
deshauptmann keine Maßnahmen im Verkehrsbereich vorgesehen wurden, ist mir eine
Ab-
schätzung und Gegenüberstellung der Kosten nicht möglich.
Zu den Fragen 13 und 14:
§ 10 IG-L bestimmt, dass der Landeshauptmann mit Verordnung
einen Maßnahmenkatalog
zu erlassen hat, der Maßnahmen im Bereich der §§ 13 bis 16 IG-L enthalten kann.
Grund-
sätzlich ist davon auszugehen, dass alle vorgesehenen Maßnahmen mit einer
Verordnung
erlassen werden. Einer Ergänzung eines Maßnahmenkatalogs, wenn sich zeigt, dass
die
Maßnahmen nicht den vorausgesehenen oder angestrebten Erfolg haben, steht der
Geset-
zestext aber nach Rechtsansicht meines Ressorts nicht entgegen.
Zu den Fragen 15 bis 17:
Das IG-L sieht vor, dass im Sinne der Vorsorge bei
Anlagengenehmigungen die Einhaltung
der Grenzwerte des IG-L anzustreben ist. Aufgrund der Überschreitungen des PM10-
Grenzwerts in der Vergangenheit ist vorgesehen, das Stadtgebiet von Linz und
Steyregg als
belastetes Gebiet im Sinne von § 3 Abs. 8 UVP-Gesetz 2000 auszuweisen, wodurch
bei
Vorhaben, für deren Typ in Anhang 1, Spalte 3 des UVP-G 2000 ein besonderer
Schwellen-
wert für schutzwürdige Gebiete der Kategorie D („belastetes Gebiet -
Luft") festgelegt wurde,
bereits ab Erreichen dieses
Schwellenwertes eine Einzelfaltprüfung durchzuführen ist. Der
Entwurf einer entsprechenden Verordnung ist derzeit in Begutachtung.
Zu Frage 18:
Derzeit liegen mir keine Untersuchungen über die Umweltauswirkungen
eines generellen
Nachtfahrverbots für Lkw vor.
Zu Frage 19:
Die bereits festgelegten Abgasgrenzwerte
für das Jahr 2005 (Euro 4, Pkw und Lkw) bzw. das
Jahr 2008 (Euro 5, nur Lkw) sind leider nicht streng genug, als dass sie die
Markteinführung
von Partikelfiltern jedenfalls garantieren würden. Österreich muss
Neufahrzeuge, die diese
jeweils gültigen europäischen Abgasgrenzwerte erfüllen, zum Verkehr zulassen
und kann
damit national keine Partikelfilter oder vergleichbare Technologien vorschreiben.
Eine strenge zukünftige Abgasstufe, die Dieselpartikelfilter oder gleichwertige
technische
Maßnahmen erforderlich macht, ist deshalb höchst prioritär.
Österreich forderte bereits mehrmals im
Umweltministerrat die Notwendigkeit einer weiteren
Verschärfung der EU-Abgasgrenzwerte für Pkw (Richtlinie 70/220/EWG) und Lkw
(Richtlinie
88/77/EWG) und wird sich auch weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen.
Zu den Fragen 20 und 21:
Theoretisch könnte aufgrund des § 14 IG-L in
Sanierungsgebieten ein Fahrverbot für Fahr-
zeuge ohne Partikelfilter verhängt werden; aufgrund der noch sehr geringen
Verbreitung von
Fahrzeugen mit Partikelfiltern käme dies aber einem generellen Fahrverbot sehr
nahe, die
Verhältnismäßigkeit muss daher bezweifelt werden.
Aufgrund von § 22 IG-L können von der
Bundesregierung zur Reduktion von verkehrs-
bedingten Emissionen, die zur Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts
beitragen, ver-
kehrsspezifische Maßnahmen vorgesehen werden. Demonstrativ genannt sind:
• Verbesserung oder Neuerrichtung der
Verkehrsinfrastruktur,
• ökologische Optimierung der Verkehrsabläufe,
• Reduktion der Transporterfordernisse.
Diese Aufzählung schließt andere Maßnahmen nicht aus. Eine
(EU-rechtliche) Anordnung
der Ausrüstung von Fahrzeugen mit Partikelfilter kann sich allerdings nur auf
Neuzulas-
sungen beziehen, so dass ein kurzfristiger Effekt nicht zu erwarten ist.
Denkbar wäre auch
eine steuerliche Begünstigung solcher Fahrzeuge, dabei wäre aber zu überlegen,
ob es
sinnvoll wäre, sie nur im Sanierungsgebiet anzuordnen, da es ja im Wesen des
Verkehrs
liegt, dass die Emittenten nicht stationär sind.
Dem Umweltressort ist diese Problematik
bewusst. Jede Abgasminderungstechnologie, die
in den Abgasstrom eingebaut wird, vermindert geringfügig den Wirkungsgrad und
erhöht
damit den Verbrauch. Diese Verbrauchserhöhung kann bei einzelnen Modellen
zusammen
mit anderen das Fahrzeuggewicht erhöhenden Ausstattungspaketen zu einem Sprung
des
NOVA-Bemessungsfaktors führen.