1322/AB XXII. GP

Eingelangt am 12.03.2004
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Bundesministerium für Finanzen

Anfragebeantwortung

GZ 040502/14-I/4/04

 Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1307/J vom 13. Jänner 2004 der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Mag. Christine Lapp und GenossInnen, betreffend drohende Arbeitsplatzverluste von in Tabaktrafiken beschäftigten behinderten Menschen, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Die Besteuerung von Tabakwaren (vor allem Zigaretten) in den neuen Mitgliedstaaten (auch in den Nachbarländern Österreichs) liegt teilweise noch deutlich unter der EU-rechtlich vorgesehenen Mindestbesteuerung. In weiterer Folge liegt auch das Preisniveau noch deutlich unter jenem Österreichs. Die neuen Mitgliedstaaten (ausgenommen Zypern und Malta) sind allerdings verpflichtet, innerhalb der ihnen im Beitrittsvertrag zugestandenen Übergangsfristen (je nach Mitgliedstaat bis Ende 2007, 2008 bzw. 2009), die Tabaksteuer schrittweise an die EU-Mindeststeuer anzugleichen.

Natürlich werden die Zigarettenpreise auch bei Erweiterung noch deutlich unter dem österreichischen Preisniveau liegen (nach heutigem Informationsstand bis zu einem Drittel).

 

Was die Unterschiede im Wettbewerb zwischen Österreich und den neuen Mitgliedstaaten betrifft, ist zu betonen, dass die österreichischen Trafikanten den Schutz des Einzelhandelsmonopols genießen, während in den Nachbarländern Ungarn, Slowenien, Tschechien und Slowakei der Tabakwarenhandel dem freien Wettbewerb ausgesetzt ist.

 

Zu 3.:

Das Gesamtaufkommen an Tabaksteuer für Tabaktrafiken betrug in den Jahren:

2001                     1.234,10 Mio. €

2002                     1.296,90 Mio. €

2003                     1.328,70 Mio. € (vorläufig).

 

Zu 2. und 4. bis 6.:

Während der Dauer der den neuen Mitgliedstaaten - mit Ausnahme von Zypern und Malta - zugestandenen Übergangsfristen zur Erreichung des EU-Mindeststeuerniveaus im Tabaksteuerbereich - nicht jedoch im Bereich der Umsatzsteuer - werden die Mengenbeschränkungen im privaten Reiseverkehr aufrecht erhalten. Das bedeutet u.a., dass für Reisende mit  Hauptwohnsitz in Österreich die sogenannte "25-Stück-Regelung" weiter geführt wird. Auf die entsprechende Novellierung des Tabaksteuergesetzes 1995 in Artikel IX des Abgabenänderungsgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 124/2003, sei in diesem Zusammenhang hingewiesen.

 

Weiters wurde bereits mit der Novellierung des Tabakmonopolgesetzes 1996 im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003 (Artikel 61), die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der den Tabaktrafikanten zustehenden Mindesthandelsspanne verbreitert, und zwar in der Form, dass die Handelsspanne bei Zigaretten nicht niedriger sein darf, als jene Spanne, die sich bei der niedrigsten Preisklasse mit einem Marktanteil von mehr als 10 % (anstatt bisher 5 %) ergibt. Diese Regelung wird sich bereits in diesem Jahr positiv auf das Einkommen der Trafikanten auswirken.

 

Aufgrund der dargestellten Maßnahmen im Tabaksteuer- und im Tabakmonopolbereich sollte es zu keinen nennenswerten Umsatzeinbußen kommen. Zweifellos werden Einkäufe in den benachbarten neuen Mitgliedstaaten nicht gänzlich zu verhindern sein, jedoch sollen diese nach der Erweiterung durch mobile Kontrollen, hauptsächlich im Landesinneren, fallweise jedoch auch an den Grenzen, eingedämmt werden. Tatsächlich könnte die beabsichtigte spürbare Erhöhung der Tabaksteuer und die damit verbundenen Preiserhöhungen in Deutschland zu einem Einkaufstourismus nach Österreich und dadurch zu Umsatzzuwächsen für Trafikanten in den angrenzenden Bundesländern führen.

 

Ergänzend sei festgehalten, dass Österreichs Volkswirtschaft im letzten Jahrzehnt stark von der zunehmenden wirtschaftlichen Integration der Europäischen Union mit den mittel- und osteuropäischen Reformländern profitiert hat. Die mit Mai 2004 in Kraft tretende Osterweiterung der Europäischen Union vertieft nun diese Wirtschaftsbeziehungen weiter und führt zu einer weiteren Marktöffnung in diesen Ländern. Dies eröffnet gerade österreichischen Unternehmen viele neue Marktchancen. Daher wird die EU-Osterweiterung insgesamt deutlich positive wirtschaftliche Auswirkungen auf Österreich haben. Für sensible Wirtschaftsbereiche in Österreich wurden jedoch in den Beitrittsverhandlungen mit den zehn neuen Mitgliedstaaten angemessene Regelungen und Übergangsfristen (siehe unter Punkt 1.) erreicht.

 

Österreich hat sich in den letzten Jahren auf diese EU-Osterweiterung durch weitere Wirtschaftsreformen in Österreich selbst gut vorbereitet. Österreich konnte seine Standortattraktivität als Mittel- und Osteuropazentrale weiter erhöhen, u.a. durch:

·        Schaffung neuer Rahmenbedingungen für eine moderne und gute Ausbildung qualifizierter Arbeitnehmer.

 

Der Reformprozess in den Nachbarstaaten hat in Österreich zu einem kumulativen Wirtschaftswachstum von zusätzlichen 6% geführt. Dadurch sind etwa 56.000 Arbeitsplätze neu geschaffen worden. Die EU-Erweiterung wird in Österreich in den kommenden Jahren zu einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von 0,75% beitragen. Bis 2010 könnten dadurch 30.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

Bei Branchen mit zusätzlichem Bedarf an Arbeitskräften wie dem Pflegebereich hat das BMWA angedeutet, dass künftig analog zu den Grenzgängerabkommen eine Art Arbeitskräfteübereinkommen mit den Nachbarländern geschlossen werden könnte. An der Saisonierregelung will der Wirtschaftsminister festhalten. So wird ein Ungar oder Slowene auch in Zukunft nur saisonal in Österreich arbeiten können, wenn er in das Kontingent fällt (derzeit 8000 Personen pro Jahr).

 

Die Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ermöglicht es Österreich, in den nächsten sieben Jahren den Arbeitsmarkt in eigener Verantwortung so zu steuern, dass es durch den Beitritt der 10 Mitgliedsländer zu keinem Nachteil für den österreichischen Arbeitsmarkt kommt.

 

Hinsichtlich vorgesehener Maßnahmen bei allfälligen Arbeitsplatzverlusten verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfragen Nr. 1309/J des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit sowie des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (Nr. 1308/J).

 

Mit freundlichen GrüßenKarl-Heinz Grasser eh.